🕮XII / 1914aDas Dokument beginnt erneut mit Einträgen zum 22. und 23. XII., die sich auch am Ende des vorigen Dokumentes finden. Carnap wechselt hier auf ein größeres Papierformat, ohne vorformatierte Datumsangaben. Außerdem sind die Tagebucheinträge nicht mehr, wie in den vorangegangenen Dokumenten, großflächig durchgestrichen.ONaumburg 128von NaumburgLNaumburg, Abschied von SassePSasse, Major von (Gefreiter), an am BahnhofLNaumburg!Bahnhof RäubersPRäuber, Erwin, 1879-1952, genannt Räuberdoktor, Gymnasiallehrer in Naumburg, Verbindung zum Serakreis, WV, verh. mit Hedwig RäuberPRäuber, Hedwig, geb. Stortz, verh. mit Erwin Räuber, MargretPArends, Margret, †1941, auch Mat, Naumburger WV, Schneiderin, Mitglied des Serakreises, heiratete Mitte der 1920er-Jahre Julius Wiener, Elisabeth KaßnerPKaßner, Elisabeth, Naumburger WV-Mädchen, Kranz um den Helm. In JenaLJena LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman und LisiPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner; NürnbergLNürnberg keine OttiPUlmer, Ottilie, auch Otti, Wirtschafterin auf Schloß Mainberg und später in Elmau, verh. mit Josef Ulmer; MünchenLMünchen‚OMünchen abgeholt, alle möglichen Waffen, GymnasiumLMünchen!Gymnasium, unterwegs BierkneipeLMünchen!Bierkneipe mit jungen Musikanten.
Kaffee im HackerbräuLMünchen!Hackerbräu, LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz ist da; auf dem HofLMünchen!Hof üben durcheinander Infanterie, roter Husar, Pioniere usw.
Nachmittags von dem neuen GymnasiumLMünchen!Neues Gymnasium ins alte Luitpold-GymnasiumLMünchen!Luitpold-Gymnasium gezogen. Abends mit ClauderPClauder, Soldat Kopfwäsche und TietzLMünchen!Tietz.1Vielleicht das Warenhaus Tietz am Bahnhofvorplatz in München. Nachts Fenster auf zu aller Entsetzen.
Morgens Einteilung: 2. Bataillon, 5. Kompanie LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz ist Gefreiter in meiner Kompanie.
Einer von JenaLJena IIIFreischar (SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II).2Steht für Freischar Jena II.Weihnachtsfeier in der AulaLMünchen!Aula. LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietzschenkt mir einen Dolch. Mit ihm zur PostLMünchen!Post. Mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II gebummelt. RathauscaféLMünchen!Rathauscafé. Nachts im Helm zur FrauenkircheLMünchen!Frauenkirche geführt, HochamtLMünchen!Hochamt, Chor und Orgel. Gefreiter WeißPWeiß, Soldat führt uns.
Appell. Mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II gebummelt, vegetarisch gegessen. Nachmittags Kammerspiel HauptmannsPHauptmann, Gerhart, 1862-1946, dt. Schriftsteller Biberpelz (allein). KaserneLMünchen!Kaserne, gegessen, etwas geschlafen. Abends Kammerspiel StrindbergPStrindberg, August, 1849-1912, schwed. Schriftsteller: Gläubiger und „Mit dem Feuer spielen“. Mit ClauderPClauder, Soldat.
Dienst: 7h Vortrag bei beschränktem Feldwebel; Infanterie-Dienst auf dem Hof. Marsch- und Geländeübung. Abends zur Maschinengewehr-Abteilung eingeteilt.
Mit ClauderPClauder, Soldat zum Automat gefahren.
Im Wittelsbach-GymnasiumLMünchen!Wittelsbach-Gymnasium. 8 – 11 Maschinengewehr gelernt:
Auseinandernehmen und Zusammensetzen; vorher zeigt mir Doktor LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz193 JosuasPCarnap, Josua, 1867–1914, dt. Bandfabrikant, Halbbruder von Rudolf Carnap, lebte seit 1905 in München, verh. mit Marie Carnap Todesanzeige‚3Carnaps Halbbruder Josua Benjamin fiel am 7. 12. 1914 bei Rzegocina in Galizien. Vgl. Carnap an seine Mutter, 27. XII. 1914 (RC 25‑09‑38). an MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann telegrafiert und nachmittags Karabiner am BahnhofLMünchen!Bahnhof abgeholt; spät abends im Dunkeln heimgebracht. Mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II im ColosseumLMünchen!Colosseum gegessen, und ins CaféLMünchen!Café.
Maschinengewehrdienst. Brief von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann. \XII 1914 – V 1915 2\🕮
MG-Dienst.
MG-Dienst.
MG-Dienst.
Briefe von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann (MagdalenaPKreitz, Hannah Magdalena, 1860-1927, geb. Carnap, Magdalena genannt, verh. mit Otto Kreitz, 1857-1903, Bandfabrikant, Halbschwester von Rudolf Carnap aus der ersten Ehe seines Vaters, GertrudPCarnap, Gertrud, 1870-1947, geb. Mannesmann, zweite Frau von Joseph Johannes Carnap, Tochter von Reinhard Mannesmann (1814-1894, dt. Fabrikant)) und MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises.
Abends mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II im CaféLMünchen!Café Briefe geschrieben (an MiechenPCarnap, Marie, geb. Braus, 1871–1925, auch Miechen, verh. mit Josua Carnap).
MG-Dienst. Mittags Skisachen besorgt.
3h auf die Skifahrt; mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und ClauderPClauder, Soldat und 3 Leutnants in 2. Klasse nach GarmischLGarmisch.OGarmisch Abendessen im BraustüblLGarmisch!Braustüble. Skifahrt, zu wenig Schnee. Dann im Werdenfelser MichelLGarmisch!Werdenfelser Michel, mit Damen, ich drücke mich; LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz schon im Bett, ich schreibe etwas. Mitternacht. „Du.“
I / 1915 Draußen die Berge im Mondschein. | Füße verbunden, um 9h erst los, zu wenig Schnee, endlich oben mehr. Zum Kreuz BerghausLKlöck-Berghaus; herrliche BergeLGarmisch!Berge ringsum, GarmischLGarmisch und PartenkirchenLPartenkirchen im flachen TalbodenLGarmisch!Talboden. Abfahrt, geschwinde, häufig warten, schwierige Stellen, schlimme Schneise: schneidiger junger Leutnant. Letzte steile Wiese mit wenig Schnee, im Dunkeln abgeschnallt; mit ClauderPClauder, Soldat und LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz um 7h zurück. Der „Dicke“: Ein Kind. JuttaPLietz, Jutta, 1888–1975, verh. mit Hermann Lietz, Tochter von Georg und Bertha von Petersenn noch nicht da.
OMünchenMG-Dienst.
MG-Dienst.; mit ClauderPClauder, Soldat im Tietz. Umzug in die Turnhalle;
Mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz im Café geschrieben.
MG-Dienst.
3 – 4 MG-Dienst.; Weihnachtspaket von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann (aus NaumburgLNaumburg, Brief von RäubersPRäuber, Erwin, 1879-1952, genannt Räuberdoktor, Gymnasiallehrer in Naumburg, Verbindung zum Serakreis, WV, verh. mit Hedwig RäuberPRäuber, Hedwig, geb. Stortz, verh. mit Erwin Räuber), 6 – 10 ½Tristan (große Müdigkeit und Husten). Großer Lärm in der TurnhalleLMünchen!Turnhalle.
MG-Dienst.
MG-Dienst.
Abends ist BregazziPBregazzi, Werner, 1895-1974, Arzt, Mitglied des Serakreises da. 🕮194
MG Dienst; mittags: fotografieren lassen.
MG-Dienst.
Abends mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz Einkäufe: Spielzeug für seine Jungen.
MG-Dienst.
Nachmittags eingekleidet. Noch ein Paket von BergneustadtLBergneustadt.
Abends mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II im CaféLMünchen!Café, aber keine Ruhe.
Königsgeburtstag: Parade auf dem OdeonsplatzLMünchen!Odeonsplatz.4Ludwig III., von 1913 bis 1918 der letzte König von Bayern, hatte am 7. I. Geburtstag.
Nachmittags mit StehrPStehr, Soldat (dem „Langen“) im CaféLMünchen!Café geschrieben; auch LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II dort.
Abends mit dem LangenPStehr, Soldat und BregazziPBregazzi, Werner, 1895-1974, Arzt, Mitglied des Serakreises im VegetarischenLMünchen!Vegetarisches Restaurant. LisisPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner Brief von BrügmannsPBrügmann, Karl, 1889–1914, Mitglied der Jenaer Freistudentenschaft und des Serakreises, stud. Germanistik, Anglistik und Geschichte in Jena, Leipzig und Berlin, Dortmunder WV Tod.
MG-Dienst.
MG-Dienst.
Im CaféLMünchen!Café geschrieben; im Bett RugardsPRohden, Rugard von, 1894–1971, Studienrat, Sohn von Christine von Rohden, Vetter von Rudolf Carnap, Mitglied der AV Marburg Brief gelesen, der Leutnant revidiert die TurnhalleLMünchen!Turnhalle.
MG.
MG; die Gewehre in unser GymnasiumLMünchen!Gymnasium gefahren.
Im CaféLMünchen!Café.
Appell; …, 3 – 6 mit dem langen StehrPStehr, Soldat im SchauspielhausLMünchen!Schauspielhaus „Rose Berndt“ von Gerhart HauptmannPHauptmann, Gerhart, 1862-1946, dt. Schriftsteller; zusammen im VegetarischenLMünchen!Vegetarisches Restaurant.
MG.
MG.
Abends alleine in der Stadt: AntiquarLMünchen!Antiquar (BjørnsonPBjørnson, Bjørnstjerne, 1832-1910, norweg. Schriftsteller) und Buchhandlung; vegetarisches Restaurant.
MG.
MG.B von MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises: ManniPBraschoß, Manni, †1914, Mitglied des Serakreises gefallen!
Abends Paket von AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann: Esssachen (Äpfel und Süßes). Mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II im Stamm-Café. 🕮
MG.
MG (auf den IsarwiesenLMünchen!Isarwiesen auf Scheiben gezielt).
Abends allein im Stamm-Café. 195
MG.
Mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und seiner FrauPLietz, Jutta, 1888–1975, verh. mit Hermann Lietz, Tochter von Georg und Bertha von Petersenn zu deren VaterPPetersenn, Georg von, 1849-1930, verh. mit Bertha von Petersenn, Vater von Jutta Lietz‚5Georg von Petersenn. dann durch die Straßen zu einem Kameraden.
MG.
Auf der Kammer; aber umsonst; Briefe geschrieben.
Mit BregazziPBregazzi, Werner, 1895-1974, Arzt, Mitglied des Serakreises und 2 anderen im vegetarischen „Ethos“LMünchen!Restaurant Ethos.6Vegetarisches Restaurant in der Ottostraße.
MG auf der TheresienwieseLMünchen!Theresienwiese (vor der BavariaLMünchen!Bavaria).
Appell usw. bis abends; inzwischen Briefe geschrieben.
Abends mit von SchmudePSchmude, von, Leutnant (kennt MalotkiPMalotki, Hans von, 1890-1914, stud. in Jena Naturwiss., Mitglied des Serakreises) und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II im Stamm-Café.
Nach den Schießständen bei FreimannPFreksa, Friedrich, 1882–1955, dt. Schriftsteller zum Scharfschießen (2 Schüsse auf den Männchen, selbst kein Reihenfeuer), auf dem Lastauto zurück. 5 – 5.
Abends Einkleiden bis 9h. Essen bis 10h.
Zur Bataillonskammer: Skistiefel. Mittags auf dem Hof fotografiert.7Vgl. Abb. .
Nachmittags Einkleiden meiner Korporalschaft, bis abends 11h; dann selbst gepackt bis ½ 2 Uhr nachts.
Dann bei hellem Licht geschlafen (DienerPDiener, Soldat packt bis 5h).
Ich nehme den eignen Rucksack, in den andern geht nicht alles hinein. 🕮
Skier nach JenaLJena, Sachen nach BergneustadtLBergneustadt. Allgemeine Geldnot.
Veilchen von Frau LietzPLietz, Jutta, 1888–1975, verh. mit Hermann Lietz, Tochter von Georg und Bertha von Petersenn. Im VolksbadLMünchen!Volksbad mit ClauderPClauder, Soldat geschwommen. Einige Einkäufe.
½ 1 feldmarschmäßig angetreten. Zum BahnhofLMünchen!Bahnhof gezogen. Unterwegs Professor PetersennPPetersenn, Georg von, 1849-1930, verh. mit Bertha von Petersenn, Vater von Jutta Lietz. Gesungen. Vor dem BahnhofLMünchen!Bahnhof gestanden. ½ 3 – 7 nach GarmischLGarmisch.OGarmisch Mit von RüttenPRütten, von, Soldat ins QuartierLGarmisch!Quartier (Keinzen FranzPKeinzen, Franz), Betten! Schönes Zimmer. 10h Befehlsübergabe an die Korporalschaftsführer, in den „3 Mohren“LGarmisch!Hotel Drei Mohren.8Hotel Drei Mohren in Garmisch.
Bis 12h Leute bestellt, die am andern Morgen Skier abladen.
8h antreten; Gebirgsskier verpasst. 11h antreten. Nachmittags sehr langer Appell, Einteilungen, immer wieder umgeschmissen: Karpatenläu196fer, oder teils Schützen, teils zu den Döberitzer MG. Schließlich Löhnungs-Appell und lange Skier weggebracht. Dann mit LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und Unteroffizier in KonditoreiLGarmisch!Konditorei; eine Dame bezahlt für alle Soldaten. Nach dem Abendessen mit DienerPDiener, Soldat und von RüttenPRütten, von, Soldat auf den Berghang; in Eile zurück.
8h antreten, zur Garage, die MG-Wagen werden auf Kufen gestellt. Wir hängen dran, hinaus gerückt. Abgabe unserer MG an andre Kompanie. Nach Hause gefahren (alles eben). Brief von LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman. Nachmittags Übungsfahrt mit Leutnant GraebschPGraebsch, Leutnant; die schlechten Läufer werden aufgeschrieben. Abends 8h Befehlsausgabe für die Korporalschaftsführer, dauert lange.
Alle Infanterie exerziert (Leutnant GraebschPGraebsch, Leutnant). Mittags 1h feldmarschmäßig antreten und Marsch ins Tal nach Westen. Biwakplatz, großes Zelt wird aufgeschlagen. Wir stattdessen in den Heustadel, mit Mantel und Brotsack. 7 – ½ 2. Schwedisch gesprochen. Ins Zelt; von RüttenPRütten, von, Soldat kocht uns einen Thee.
2 – 3 Posten auf dem Hügel. Wie schnell vergeht die Stunde. Dann Patrouille mit AbramPAbram, Soldat, ClauderPClauder, Soldat, WeißPWeiß, Soldat usw. Rucksack und Karabiner, mehrmals gefallen. Am Feuer gewärmt. Aufbruch. Schützenlinie unter Feldwebel NietzschkesPNietzschke, Feldwebel Führung. AbramPAbram, Soldat schickt mich mit zweien vor. Verfolgung. Finde RostPRost, Soldat allein dann NietzschkesPNietzschke, Feldwebel Schützenlinie; immer abzählen. Hahn und Herr im Walde. Sammeln; während der Besprechung üben wir Ski. Zeltabbau. Heimweg in der Mittagssonne; müde. Um 1h zu Hause. 5h wieder antreten. 🕮
Zum Scharfschießen; weil neblig, Skifahrt unter Leutnant Graebsch’PGraebsch, Leutnant Führung; Abfahrt korporalschaftsweise mit ThiloPThilo, Soldat. Dann doch scharf geschossen auf aufgesteckte Schützenköpfe. ½ 3 erst zurück.
3 – 5 stehen wir, es soll Gewehrappell sein.
Ich bekomme Geld; endlich aus der Klemme. 7h angetreten, 8h wieder.
Nachts Schwedische Bücher von TillyPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte; drin gelesen: FrödingsPFröding, Gustaf, 1860-1911, schwed. Lyriker Värmlands GedichteBFröding, Gustav!Värmländska låtar.9Siehe LL . Nachts bis 1h Rucksack gepackt.
8h angetreten; genaue Einteilung. Von RüttenPRütten, von, Soldat hat sich streichen lassen, weil nicht Gebirgsläufer. Alles fertig gepackt; Bücher usw. im Militärrucksack nach Hause geschickt. ½ 12 gegessen; Abschied; die spröde blonde Haustochter schenkt mir Zigarren. 197
12h feldmarschmäßig angetreten. Esspäckchen von AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann. Noch Karabiner. Schweres Gepäck. Zum BahnhofLGarmisch!Bahnhof. Abschied von LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz, von seiner FrauPLietz, Jutta, 1888–1975, verh. mit Hermann Lietz, Tochter von Georg und Bertha von Petersenn. Rede von Hauptmann PaulckePPaulcke, Hauptmann =? Wilhelm Paulcke, 1873–1949, dt. Geologe und Pionier des alpinen Schilaufs. In der Bahn HilfenummernIDie Hilfe, Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst10Die von Friedrich Naumann herausgegebene Zeitschrift Die Hilfe, die Carnap abonniert hatte. Vgl. Carnap an Agnes Kaufmann, 1. X. 1914 (RC 25‑01‑23). gelesen. ½ 2 – ½ 6 nach MünchenLMünchen.OMünchen Bis 10h Listen geschrieben usw.
Regimentssachen gepackt. Einkäufe. 11h eigene Sachen abgeschätzt bekommen. Bilgeri.11Bezeichnung für eine Skibindung. Vgl. TB 28. I. 1915R. Sachen empfangen, Einkäufe. Abends Hauptstraße gebummelt, Einkäufe; Bilgeri Stamm-CaféLMünchen!Café; geschrieben, FrödingsPFröding, Gustaf, 1860-1911, schwed. Lyriker GedichteBFröding, Gustav!Värmländska låtar gelesen.
Sachen Empfang; zum Schuster. Dort auch geschrieben. Nachmittags Sachempfang, Paket nach Hause gepackt, Rucksack möglichst reduziert, wiegt trotzdem 25 kg. Ein Paar Reserveskier zu BirknerPBirkner gebracht, Bilgeri aufmontieren lassen. Brief an TPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte und ChaPCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf Carnap. 8h Patronenempfang. 9h Skier abgeholt. Mit schwerem Rucksack angetreten, Gaststube, zum HauptbahnhofLMünchen!Hauptbahnhof; saumäßiges Gepäck. Mit den 6ern im Coupé.
HettmerPHettmer, Soldat und RothePRothe, Soldat in Hängematten geschlafen, ich auf dem Boden.
Morgens ganz früh in SalzburgLSalzburg Tee im BahnhofLSalzburg!Bahnhof. Ganz verschneite Landschaft, EnnstalLEnnstal. Mittags warmes Essen in Attnang-PuchheimLAttnang-Puchheim. Nachmittags herzlicher Empfang in LinzLLinz, mit Musikkapelle, viele Offiziere; Oberleutnant LenzPLenz, Oberleutnant bringt ein Hoch auf Kaiser FranzPFranz Joseph I, 1830–1916, Kaiser von Österreich, König von Ungarn und Böhmen aus. Kaffee usw.
Nachts in WienLWien‚OWien rumrangiert, weiter. 🕮
Weiter, leider nicht nach BudapestLBudapest hinein; durch UngarnLUngarn.
Wir haben einen halben Tag Verspätung; Mittag lange Pause in DebrezinLDebrezin.ODebrezin [Debrecen] Schon viele deutsche Soldaten sind durchgefahren. Viele ungarische Soldaten (Lieder mit Klarinette). Reis und Konservenfleisch. Apfelsinen gekauft.
Kalte Nacht, nicht geschlafen, ohne Heizung. ½ 4 – 5 Uhr nachts auf der Lokomotive.
II / 1915 Immer lange Haltepausen. Morgens freundliche Müllersleute, Schinkenbrot und Speck. Über die TheißLTheiß. Mittags in CsapLCsap.OCsap [Tschop] Apfelsinen, Äpfel, Nüsse, Schokolade im Ort gekauft, alles Judenläden. Alles läuft zum PuffLCsap!Puff. Abends MssLMunkacs‚OMunkacs [Mukatschewe] schöne BurgLMunkacs!Burg Palanok auf dem Hügel; Löhnung verteilt. Schnell gelaufen und Speck gekauft. Zum Glück fuhren wir weiter. (Nachmittags Zeltbahn und Schnürschuhe zur Bagage gebracht.) In M unkacsLMunkacs198 preußische Verwundete, und russische Gefangene. Abends noch weiter ins Latoneza-TalLLatoneza-Tal. Zum Glück, sonst hätten wir die ganze Steigung marschieren müssen.
Morgens langer Aufenthalt in ZanykaLZanyka‚OZanyka unten halb vereister Giesbach, gegenüber im Wald Eisenquelle. Die ersten 6 paar Schüsse hörbar. Weiter nach WolowezLWolowez.OWolowez EndstationLVoloez!Endstation, wir bleiben aber bis nachmittags im Zug. Hier oben endlich ziemlich viele schneefreie Hänge und endlich ausgestiegen; der 1. Flieger über uns. Zum Biwakplatz. Im Dunkeln Zelt aufschlagen, Stroh am BahnhofLVoloez!Bahnhof geholt, ebenso Brot und Fleischkonserven. Im Zelt mit der 1. Korporalschaft, geschlafen zwischen dem bärigen ProschPProsch, Soldat und dem alten ToppPTopp, Soldat, der Wachhabender ist. Schönes Feuer im hängenden Rost. Trotz Mantel ziemlich kalt. Weste aus dem Rucksack zu holen stört leider zu sehr. Dem ToppPTopp, Soldat ist’s zu eng, er geht, nachher tausche ich mal mit ihm. Einmal kurz eingeschlafen, schreiend erwacht. Der Frost schüttelt mich, also an Schlafen nicht zu denken. Dadurch zuweilen miese Stimmung: Werde ich aushalten, wenn’s so weiter geht, und schlimmer wird? Aber die andern, zum Trost, schlafen meist auch nicht. Nachts einmal hinaus, prachtvolles Lag Lager mit den „Lappenzelten“ im Vollmond.
Morgens wird man frischer. Es wird Kaffee gekocht, ungezuckert, mit Brot. Man tritt hinaus. Alle haben gefroren. Die Sonne kommt, man ist munter. Zelte abschlagen, aufpacken. Bilgeri zum 1. Mal angeschnallt, losmarschiert. Schweres Gepäck (zwar Zeltbahn und Schnürschuhe zur Bagage gegeben), aber ganz erträglich. Viele Kolonnen, buntes Bild, ruthenische Tracht, weiße Lederjacken mit buntem Lederbesatz. Schönstes Wetter, schöne Berge (PikulLPikul), wieder hinunter, der Rucksack wird zu schwer, ich baue mit von SchmudePSchmude, von, Leutnant einen Schlitten. Unten ein Dorf, Zucker bei einem Juden gekauft. Abends nach AlsovereckeLAlsoverecke.OAlsoverecke [Nyzhni Vorota] Die Unteroffiziere und wir für sich, die andern suchen sich Quartier. Mit ThiloPThilo, Soldat zum Juden und Schokolade gekauft. Mit AuerPAuer, Soldat in der Wolldecke geschlafen (der Schreiber mit dem großen Schnurrbart). Mit DienerPDiener, Soldat gekocht: Erbsensuppe, Gulasch. 🕮
½ 8 Uhr weg; zuerst 1h Rucksack geschleppt, Quälerei. Schlitten. Zum Verezka-PassLVerecke-Pass hinauf, immer Zickzack. Von unten die vielen Kolonnen oben. Oben die Grenze nach GalizienLGalizien, 2 Häuser, dann hinunter. Viele Unterstände am Weg. Unten über den Fluss, zu durch das ganz zerstörte Dorf KlimieĉLKlimieĉ.OKlimieĉ [Klymez] Es wird dunkel. Wir müssen trotz Protestes anschnallen und aufsacken. Aufstieg zur LysaLLysa (1000 m). Alle werden elend müde. 199 Oben Artilleriekolonnen. Abfahrt. Unten wieder viel Stockung. 11h im Dorf TucholkaLTucholka.OTucholka [Tukhol’ka] Ein paar Pausen von ½ Stunde haben wir, trotzdem nur 25 km zurückgelegt. Quartiersuche. Schließlich zeigt Feldwebel VogtPVogt, Soldat uns ein Haus. Mit Oberjäger MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat oben im Stroh geschlafen.
Morgens müde, alles antreten; Freiwillige zur Patrouille vor. Ich sofort mit. Weißer Windanzug, ThiloPThilo, Soldat und ClauderPClauder, Soldat auch mit. In langer Kolonne (30 Mann) die Straße vor zum Divisionskommando. Hungrig und müde; Kehrtmarsch. Bei Feldküche auf der Straße Halt, gut und reichlich. Dann Befehl: Weil wir noch unbekannt und russische Skiläufer gesehen, zu gefährlich. Nach Hause. Leutnant sagt, wer diese Patrouille gemacht hat, braucht 2 \(\times \) nicht Wache zu stehn. Die Infanterie unten in der warmen Stube ist weg; wir ziehen ein. Wir kochen Kakao, Tee. Auf der Bank geschlafen. Nachts kommen MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat usw. von einer Patrouille. Ich lege mich auf den Boden.
Ausgeschlafen. Um 10h erst hinunter, die Köche sind da. Anscheinend kein Dienst. Mal wieder gewaschen. Die Es sind 30 Leute auf Patrouille. Mit ClauderPClauder, Soldat usw. kleine Übungsfahrt, die Kommandos für die Haubitzen telefonieren gehört: Gabel 62/630012Militärische Ortsangabe. erschossen, Feuer frei, Wirkungsschießen. Bei der Artillerie unten Essen bekommen. Bei den Haubitzen zugesehen, 7200, etwa 45o Erhöhung. Schließlich ½ 5 gibts Essen von der Kompanie. 6h antreten, nichts los. 8h antreten, Kaffee, Brotverteilung. Ziemlich kalt. Die Korporalschaft endlich mal besucht (ThiloPThilo, Soldat und die 6er). Sie erzählen von der Patrouille, unser Oberleutnant von Renz?PRenz, von, Oberleutnant scheine leichtfertig vorzugehen. Ins Quartier, enger Platz auf dem Boden, aber warm.
7h der Befehlsempfänger bringt nichts, 8h ebenso, 9h9h ich besuche ThiloPThilo, Soldat usw., noch kein Befehl. Mittagsessen, noch kein Befehl. Beutezug mit ClauderPClauder, Soldat usw. nach Zucker und Backobst, nichts gefunden. Abends noch kein Befehl. Endlich: Am andern Morgen feldmarschmäßig.
½ 8 mit vollem Gepäck antreten, Kaffee. Es soll neue eiserne Portionen geben, also schleunigst noch mit ClauderPClauder, Soldat 1 Gulasch gegessen. Wir sollen den Rucksack erleichtern. Ich hole mir stattdessen sogar noch meine lang entbehrten Schnürschuhe wieder. Mittagessen, dann bepackt antreten. Langes Zusammenzählen, bis alles stimmt. Die Straße ist zu schmutzig, wir müssen auch noch die Skier tragen. Schwere Last. Nieder200drückend. Endlich mal Pause. Vor MowaraLMowaraOMowara auf der Höhe Artilleriestellung, die mit Schrappnells beschossen wird. Wir gehen weiter, aus dem Wald hinaus. Feindliches Feuer. Kolonne zu einem, 20 Schritt Abstand und ruhig weiter. Das Gesicht weggedreht; Wölkchen beobachtet: Dann auch Infanteriefeuer, unangenehmes 🕮 scharfes Pfeifen. Schließlich Deckung hinter der rechten Straßenböschung. Auch die Bagage kommt nach. Ich zähle die Korporalschaft; SockelPSockel, Soldat verwundet (Penis), OttoPOtto, Leutnant kommt ohne Skier durch den Schnee nachgekrochen. Von SchmudePSchmude, von, Leutnant ist der Skistock angeschossen und der Fußknöchel angeprallt. Leutnant GraebschPGraebsch, Leutnant läuft vor, wir bei einbrechender Dunkelheit mit 20 Schritt Abstand. Inzwischen angebrannte Graupen aus der Feldküche. Die Dorfstraße zwischen den Bauernhäusern fortwährend beschossen von Infanterie und Maschinengewehren.
PoharLPohar.OPohar Langgezogenes Dorf. Endlich kein Schießen mehr. Das Gepäck wird schwer. Endlich vor dem StabsgebäudeLPohar!Stabsgebäude. Schließlich ins QuartierLPohar!Quartier. ThiloPThilo, Soldat hat gutes für uns gefunden, für die ganze Korporalschaft, daneben der Pferdestall. Bei den Infanteristen bekommen wir Pflaumenreis. 8h mit den Unteroffizieren beim Leutnant. Verteilt die Nachtpatrouillen. Bin müde, aber ThiloPThilo, Soldat sucht nach Leuten für seine schwierige Aufgabe; will mit, aber es sollen noch Leute für den folgenden Tag bleiben. Tee gekocht, zwischen den Fahrern GüttlerPGüttler, Soldat und ErnstPErnst, Soldat geschlafen, nicht so recht warm.
½ 5 Uhr kommen Feldwebel NietzschkePNietzschke, Feldwebel und ProschPProsch, Soldat; ich muss mit allen, die nicht auf Patrouille gewesen sind und einigen aus andern Korporalschaften bei der KircheLPohar!Kirche Doppelposten stellen und außerdem 4 Mann Patrouille nach Norden schicken. Wir finden die KircheLPohar!Kirche mit den drei Holztürmen. Nahe dabei guter Platz für Posten. Licht am Haus, WachstubeLPohar!Wachstube. Frauen und Kinder können kein Deutsch. Machen uns aber Licht. Brief an MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann. Bouillon gekocht. Tagebuch. Draußen schon sonnige Schneelandschaft. Inzwischen kommt mal Doktor BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier rein, der alte Balkankrieger; soll zu besonderer Vorsicht mahnen; er versteht das Requirieren, die Leute sind freundlich. Um 8h kommt Befehl, bis nachmittags 5h zu bleiben. Geschrieben an RäubersPRäuber, Erwin, 1879-1952, genannt Räuberdoktor, Gymnasiallehrer in Naumburg, Verbindung zum Serakreis, WV, verh. mit Hedwig RäuberPRäuber, Hedwig, geb. Stortz, verh. mit Erwin Räuber und EvaPBergemann, Eva, 1896–1983, geb. Rothe, Ärztin, heiratete 1919 Friedrich Bergemann, Tochter von Elisabeth und Karl Rothe, Mitglied des Serakreises. Einzelne Leute gehen und holen Sachen zum Essen usw. Mittags gekocht. Prachtvolles Sonnenwetter. Auf der Galerie im Warmen gesessen. Um 5h schick’ ich zum Feldwebel um Befehl zum Einziehen der Wache. Plötzlich kommt der ganze Trupp vorbei, im Windanzug; NietzschkePNietzschke, Feldwebel sagt uns: Schnell nach Hause Dauerlauf und nachkommen. Alles zusammengerauft, schnell in den Ort. Socken vom Ofen, Schuhe, usw. schnell in den Rucksack, Mantel drauf, an die Bagage gehängt, Windanzug dran, angehängt, Skier an, los. Es wird dunkel. 201 Man sagt mir, warum ich nicht Windanzug anziehe; na, wenn ich auch so durchkäme; also Umgehungsversuch der Russen? Ich horche von Zeit zu Zeit, möchte nicht gerne in russische Gefangenschaft geraten. Endlich kommt NietzschkePNietzschke, Feldwebel. Dann bald Rucksackdepot. Eben laufen die übrigen ab. Wir warten auf die Bagage, Pferde und Wagen werden geordnet. Mit Gepäck ein paar Häuser weiter, ich komme zum Sanitätsunteroffizier Doktor BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier ins Haus. Man erfährt die gespannte Lage. Wir müssen den Ort unbedingt halten. Doppelposten ausgestellt. Ich gehe um ½ 9 mit LorenzPLorenz, Soldat auf Patrouille, sollen den Berghang sichern und mit II/43 Fühlung gewinnen.13Vermutlich II. Bataillon des Infanterieregiments 43. Wir steigen die Wiese schräg nach rechts hinauf, bis zu dem Einschnitt im Bergrücken, der zur KircheLPohar!Kirche ausläuft. Oben auf dem Kamm, auch hinübergeschaut. Nichts zu sehen. Prachtvoller Sternenhimmel. Rechts auf dem Berg Gewehr- und MG-Feuer, hier aber nichts zu hören. Weiter, zuweilen über den Kamm ins Tal geschaut, zuweilen durch den Wald oder diesseits den Wald umgangen. Oft schwierige Fahrt. LorenzPLorenz, Soldat wird müde. Zuletzt sehr steiler Hang, schwierig hinunter zu kommen. Stehe unten und warte auf LorenzPLorenz, Soldat, esse kalten Gulasch aus der Konservenbüchse. Wir fahren hinab zur Straße im Tal und sind richtig schon etwas über unser Quartier hinaus. ½ 12 wieder dort. Melde BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier‚ 🕮 bin betrübt, dass weder Kompagnie noch Russen gefunden; man ist aber zu meiner Freude befriedigt von der ordentlich durchgeführten Patrouille, Leutnant GraebschPGraebsch, Leutnant ist auch im Quartier. Wir sitzen weiter in Alarmzustand, umgeschnallt, Karabiner in der Hand. Alle Viertelstunde wird abgezählt, um die Leute zu wecken. Schließlich wird das abgeschafft, und man schläft, wenn man kann. Auch ich, auf der Bank. Ganz früh zu ProschPProsch, Soldat hinauf. Oben sieht man schon die herrlichen sonnigen Höhen.
Es werden immer weiter Posten und Patrouillen ausgestellt. Ich laufe vormittags eine Patrouille auf dem gegenüberliegenden Berg, wo auf einen Mann 6 Schüsse abgegeben sein sollen. Mit SchmudePSchmude, von, Leutnant usw. beobachte ich oben bei einem Häuschen, an das wir uns nur zaghaft herantrauen, weit weg auf dem hintern Berg einen Schützengraben und Leute, die in Kolonnen zum Graben hinaufsteigen. Wieder hinab. Unterdessen ist eine Stafette eingerichtet nach KryweLKrywe zu, der Patrouille entgegen, die MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat mit 12 Mann nach DolskiLDolski gemacht hat. Aber MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat kommt bald selbst schon an. Er hat die Verbindung mit der 3. Gardedivision gefunden, die haben ihm aber im Übereifer einen Mann erschos202sen. Nachmittags macht Infanterie 43 die Stafette. Abends gehe ich mit von SchmudePSchmude, von, Leutnant und BirkePBirke, Soldat, alle leicht müde, auf Patrouille, um den linken Flügel unserer Infanteriestellung aufzusuchen. ½ 6 – ½ 9. Erst wieder auf den alten BergLPohar!Alter Berg, dann hinab zur KircheLPohar!Kirche, getretener Weg, verharscht. Wir schnallen ab. Oben der Feldwebel links in der HolzhütteLPohar!Holzhütte, links auf der Spitze der letzte Graben, kann zum Glück den Taleinschnitt und gegenüberliegende Kuppe sichern. Hinab, ich allein angeschnallt. Zum Leutnant, dem Zugführer von 43. Ziemlich ungnädig, dass man über seine Leute anders verfügt habe! Zurück, BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier gemeldet, Meldung geschrieben, zum Leutnant gebracht. Schläft schon, ist zufrieden, den Fehler hat nicht er, sondern NietzschkePNietzschke, Feldwebel ohne sein Wissen gemacht. Er erzählt mir vom Beförderungsvorschlag und gratuliert schon. Über die Meldung des gegenseitigen Sicherungsentschlusses recht zufrieden; sei ihm wichtiger als die andere Meldung, die die anderen so aufregt: Ein Infanterist ist von KryweLKrywe durchgekommen und sagt, starke russische Patrouillen durchsuchten dort die Häuser. GraebschPGraebsch, Leutnant hält es für nicht so ernst, trotzdem ist verschärfter Alarmzustand befohlen. BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier hat aber für uns Erleichterungen erbeten, wir dürfen schlafen, aber umgeschnallt. Er hat mir auch schon vorher (nach meiner Patrouille) von der Beförderung verraten. Er hat ein gutes Herz, bei all seiner großen Strenge und kriegerischen Härte (in Bezug auf Disziplin). Ich vertrage mich sehr gut mit ihm, der doch so leicht anschnauzt und Strafwachen hageln lässt, da er sieht, dass ich mich anstrenge. Die Nacht verteilt er, ich bin nicht Wachhabender; habe ja auch in der vorigen Nacht meist den Dienst versehen, während HagmannPHagmann, Soldat viel schlief. Trotzdem helfe ich viel und komme nur wenig zum Schlafen. Gegen morgen wird erlaubt, abzuschnallen.
Weitere Erleichterung, wir dürfen ins Freie ohne zu fragen, aber nur dicht beim Hause (Windanzug ausziehen, abschnallen). DienerPDiener, Soldat hat vormittags Wache, ich ruhe mich noch aus, sorge etwas für den kranken ThiloPThilo, Soldat, lese eine BachPBach, Johann Sebastian, 1685–1750, dt. Komponist-Sonate, esse geröstetes Brot mit requirierter Butter und Käse. 12h Waffenappell, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II putzt für mich. Für Löhnung ist noch kein Geld da. 1h plötzlich Befehl: Windanzug an, antreten mit Skiern. Schon kommt der Leutnant mit der Karte: Unsere Aufgabe, einen Umgehungsversuch einer russischen Kolonne um den linken Infanterieflügel zu erkunden und eventuell verhindern. Aber 🕮 wo und wie weiß der Major selbst nicht. „Ich erwarte, dass der Gefreite Carnap besonders schnell fertig ist und mit 3 Mann die Spitze übernimmt.“ Also fix, die Skier noch flüchtig gewachst. Mit KrumteichPKrumteich, Soldat, DienerPDiener, Soldat und RohdePRohde, †1915, Soldat. Nur trockenes Brot 203 eingesteckt. Aus der Feldküche noch schnell etwas kaltes Essen von gestern gelöffelt. Los. Auf halbem Weg zur KircheLPohar!Kirche links auf die Wiese schräg rechts hinauf. Dann in einer Bachrinne senkrecht. Plötzlich ein Schuss. Geht’s wirklich los? Schließlich zurück und weiter unten um den Berg herum. Der Leutnant kommt. Wohl verirrte Kugel, da wir keinen Knall hörten. Also weiter. Oben schimpft er, weil wir, die Spitze, uns nicht sorgfältig genug in Deckung gegen Sicht halten. Schließlich führt er; ausgezeichnet, am Waldrand, oft horchend. Im andern Tal kaum was zu nichts zu sehen, auf den Bergen drüben Schützengräben, auch Leute sieht man dabei herumspazieren. DienerPDiener, Soldat auf dem Damm, sieht nichts. Kriegsberatung im Heuschober. Offenbar hat der Major selbst nicht recht gewusst. Man schießt auf uns von dem gegenüberliegenden Berg, aber immer viel zu hoch. So viele Leute halten sich doch nicht vorsichtig genug hinter den einzelnen Tannen in Deckung. RohdePRohde, †1915, Soldatwird zum linken Infanterieflügel, den ich ja zeigen kann (man sieht den Schützengraben) geschickt. Er spricht dort mit dem Feldwebel; die wissen nichts von Umgehung. Rückmeldung an den Major, wir gehen nach Hause. Alle sind allmählich das viele Postenstehen und Patrouillieren müde. Die Nacht muss aber noch eine weitere Dauerpatrouille gestellt werden (2-stündig), am ganzen Berghang entlang, von der Schlucht bis zu dem Einschnitt an der KircheLPohar!Kirche, am unteren Waldrand entlang. Wir kochen noch Kakao und Tee usw.; ich wärme mir noch gestriges Essen auf der Feldküche auf. BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier schickt einen Bericht an den Feldunterarzt (siehe hinten in diesem Notizbuch).14Dieser Bericht ist nicht überliefert. Ich bin aber noch relativ munter, würde mich zu einer interessanten Patrouille sofort melden, weiß allerdings nicht, woher ich die Leute dazu bekommen sollte. Ich bin zuerst Wachhabender. Um 9h kommt das Essen, für mich und die Posten noch aufgewärmt. Um ½ 12 löst DienerPDiener, Soldat mich ab. Ich lege mich auf der Bank schlafen.
Um 7h übernehme ich wieder die Wache. Um 8h kommt Befehl: 9h Appell mit geschmierten Schuhen und geölten Skiern. Wir haben nur noch wenig zu essen, ich breche meine „eiserne“ Schokolade an. Während des Wachtdienstes schreibe ich etwas. Von uns 6 Oberjägern sind glücklich 4 krank, und BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier und ich müssen uns einfach abwechseln. Um 1 kommt DienerPDiener, Soldat doch und nimmt mir die Wache ab. Nachmittags wird auch BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier krank, kotzt und scheißt, ebenso wie ThiloPThilo, Soldat schon längst. Also ich halte es wirklich am besten von allen aus? 4h in den Ort zum II/43, 204 Löhnung holen. Aber der Zahlmeister noch nicht da. Vergeblich warten. Die Infanteristen singen und erzählen. 7h zurück. Essen aus der Feldküche aufgewärmt (9h). Helfe KrumteichPKrumteich, Soldat etwas, der zum ersten Mal Wache hat. Es kommen wieder unsinnige Alarmnachrichten oben von ProschPProsch, Soldat; umschnallen und Windanzug; immer 6 Mann auf Posten. ProschPProsch, Soldat glaubt, dass seine Vorposten heftiges Gewehrfeuer haben, dabei ist’s ganz hinten weit auf dem Zwinin IILZwinin II.15Die Bezeichnungen „Zwinin I“ und „Zwinin II“ beziehen sich auf die Himmelsrichtung, aus der man auf den Berg schaut. Um 1h allerhand Aufregung: 2 Infanteristen sollen auf Befehl von Leutnant GraebschPGraebsch, Leutnant je einem Skiläufer mitgegeben werden‚ 🕮 um nach KryweLKrywe und in die Schlucht aufzuklären. Es werden Leute geholt, das dauert BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier zu lange; außerdem wie kommt ZimmermannPZimmermann, Soldat erst auf den 2. ausdrücklichen Befehl her und weigert sich dann, als ihm befohlen wird, um 3h wieder zur Wache zu erscheinen.
Um 3h nachts übernimmt DienerPDiener, Soldat die Wache. Ich schlafe bis 7, oder länger. Dann übernehme ich die Wache für BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier, der schlapp macht und sich hinlegt, aber schließlich durch Eieressen wieder munter wird. 2. Gesundheitsbericht, siehe Notizbuch hinten.bNicht überliefert. Endlich Löhnung, aber kl kein Kleingeld. Vorher um 8h Appell. Wir stellen tags nur 4 Posten, daher Zeit zum Ausruhen. Ich schreibe etwas. ThiloPThilo, Soldat ist so munter, dass er mittags wieder die Wache übernimmt. Abends ½ 9 kommt der Leutnant auf die Wache, Befehlsausgabe. Er berichtet auch ostpreußische Erfolge, und von der Mannschaft der Emden und Karlsruhe.16Die SMS Emden und die SMS Karlsruhe waren deutsche Kriegsschiffe. Ich habe Wache bis Mitternacht. Schreibe an MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann weiter. Dann schlafe ich endlich mal auf dem Boden, infolgedessen vorzüglich bis ½ 8.
Schöner Morgenkaffee; gestern ist Zucker und Speck verteilt worden; 8h Appell, es gibt Brot. Also Schlemmerei. Warmes Tauwetter, deshalb 2‑Stunden Posten. Ich habe heute frei, schreibe. Mittags Leutnant GraebschPGraebsch, Leutnant und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat zum Huhnessen eingeladen. Der Leutnant erzählt, dass man mit den Beförderungen Schwierigkeiten macht, von vorge den zum Gefreiten vorgeschlagenen 5 wird’s wahrscheinlich 1, von mir sagte er nichts. Übernehme von 3 –  2 – 8 Wache, gehe aber ½ 4 – ½ 7 mit ThiloPThilo, Soldat und OttoPOtto, Leutnant auf Patrouille. Links vom PetroleumwerkLPoha!Petroleumwerk den Weg hinein, rechts hinauf, durch Wald, schwierig. Dann abgeschnallt und durch beintiefen Schnee zur Höhe eines Vorberges des Zwinin IILZwinin gestapft. 205 Von dort prachtvoller Überblick über den Kamm der ganzen Kette Zwinin IILZwinin II. Wir sehen 2 große und etwa 5 kleine Schützengräben, ThiloPThilo, Soldat zeichnet Ansichtsskizze. Wieder hinab, Skier an und an der Zwinin-KetteLZwinin-Kette rechts hinüber gefahren; unterdessen dunkel. Auf Fahrweg um unsern vorliegenden Berg herum, purzelhafte Abfahrt. NietzschkePNietzschke, Feldwebel ist im WachtlokalLZwinin!Wachtlokal und wird geneckt. BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier ist auf Spionssuche; schließlich sind im ganzen 8 Leute hier versammelt, werden aber nach Hause geschickt, da man doch nichts nachweisen kann. Schlafe zum Glück wieder auf dem Boden. Fast alle haben sich allmählich wieder erholt, zum Teil auch durch Eier und das Huhn.
¾ 5 geweckt, übernehme Wache für HagmannPHagmann, Soldat. Schreibe. Es regnet, ich freue mich aber nicht, wie die andern, hoffe immer noch auf einen Dienst, der dem Charakter der Truppe besser entspricht. Von 8 – 2 weiter Wache. Wegen der schwindsüchtigen Frau zieht ThiloPThilo, Soldat um, ich will mit ihm. KrumteichPKrumteich, Soldat ist krank, geht abends weg. Gegen 4h mit BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier in den OrtLPohar Petroleum holen, begegnen Doktor LenelPLenel, Feldarzt. HätmerPHätmer, Soldat ist mit, sieht schrecklich aus, traurig. BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier ist betrübt, dass ich umziehen will. Abends hinüber. Gut geschlafen in dunkler, ruhiger Stube, aber morgens etwas kühl. 🕮
8h Appell; ich bekomme den Ortsdienst; es sind wieder 63 Köpfe statt 56 von den 83. Brot und Speck wird verteilt. ThiloPThilo, Soldat hat Wache und skizziert, ich schreibe. Nachmittags mache ich die Aufzeichnungen fertig (bis Blatt 12) und schicke sie mit 2 Briefen an MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann und AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann fort, durch KottPKott, Soldat, der wieder nach MünchenLMünchen kommt.17Vgl. Carnap an seine Mutter, undatiert (RC 025‑09‑53), wo diese Aufzeichnungen und die zwei Briefe erwähnt sind. Die Aufzeichnungen selber sind nicht überliefert. Vgl. TB 15. III. u. 7. IV. 1915. Ich habe Ortsdienst, deshalb keine Wache. ½ 11 zum Leutnant, stelle mit ihm und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat den Doppelposten am Wald auf. bis¾ 12 bis ¾ 2 Posten revidiert. 2 – 4 geschlafen; ich war sehr müde geworden durch das Gehen im Harsch, der immer durchbricht.
4h wieder auf Revision. Zuerst Schluchtposten. RohdePRohde, †1915, Soldat und SeifertPSeifert, Soldat sind eben abgelöst und kommen mir entgegen. SeifertPSeifert, Soldat hat um 2h im Wald Lichter und sich bewegende Gestalten gesehen. Da kommt auch schon der Doppelposten HeidrichPHeidrich, Soldat— ? zurück und meldet, dass 3, 4 Leute, eine förmliche Schützenlinie sich sprungweise über die Wiese bewegt. Ich schicke SeifertPSeifert, Soldat zur Wache, um zu melden. Ich gehe mit RohdePRohde, †1915, Soldat weiter, 206 um näher zu untersuchen; RohdePRohde, †1915, Soldat immer 10 Schritt voran. Ich sehe mich um, der Doppelposten folgt uns nicht; weiter über den Punkt des Postens, Wegkreuzung, Tanne, bis zum Haus, nah am Waldrand. Nichts zu sehen und zu hören. Zurück. Unten kommt Leutnant und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier, RothePRothe, Soldat usw.; alles ist alarmiert. Wir sollen nochmal vor und näher untersuchen, ob Spuren am Waldrand sind. Mit RohdePRohde, †1915, Soldat und RothePRothe, Soldat ums Haus und an den Waldrand. Alles zurück. Hinter dem Verhau liegen Leute, die übrigen mit Gepäck angetreten an der Wache. Der Leutnant spricht von Gespenstersehern und lässt durch MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat erklären, dass ein Posten immer erst näher zu untersuchen hat, wenn er etwas Verdächtiges sieht, entweder durch Nähergehen oder durch Schießen. Müde hingelegt um ½ 7; 8h wieder Appell, dann Wache 8 – 2. Besuch des Majors, er kommt aber nicht zur Wache. ½ 1 zum Leutnant, die Korporalschaftsführer. Der ganze Trupp muss in den Schützengraben, bis das Bataillon Verstärkung von einem Ersatzbataillon bekommt. Zuerst soll die Gruppe, die schon oben ist, abgelöst werden, dann weitere hinauf, so dass immer 3 oben, 3 unten sind. Schnell noch gegessen, Strümpfe umgezogen, Windanzug grau angezogen. 3h angetreten. ½ 4 weg. Schweres Gepäck. Bald Befehl: 10 Schritt Abstand. Einige Kugeln pfeifen. Quartier gesucht. Bei unserm alten Quartier schmeißt uns der Feldwebel raus. Wir besehen am Bach die Müttich-MühleLPohar!Müttich-Mühle, mit starkem Rauschen. Aber ohne Beleuchtung und zu eng. Wir finden gutes Quartier, die ganze Gruppe, und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat; der muss abends noch rauf. Wir unterhalten uns über NietzschkePNietzschke, Feldwebel, er wird kräftig geneckt.
Infanterie liegen mit uns im QuartierLZwinin!Quartier, wir beneiden sie um die gute Verpflegung, täglich warmes Essen und außerdem eine Gulaschbüchse, österreichischer Zucker-Kaffee, Honigbonbons usw.; sie schenken uns 2; einer probiert Skilaufen usw. Nachmittags kommt plötzlich ThiloPThilo, Soldat: Sofort fertig machen zum Schützengraben. Rucksack kräftig erleichtert, weißes Bündel unten gelassen. Wir müssen Skier mitnehmen, um als Patrouille zu untersuchen, ob die russischen Gräben wirklich geräumt sind. Um 4h los. Auf den ersten Hügel; deutsches MG. Hinunter, kräftiges Feuer, einige Zeit im Wald in Deckung gelegen. Zweimal über freie Flächen, immer einzeln im Dauerlauf; auf jeden Einzelnen wird geschossen, niemand getroffen. LorenzPLorenz, Soldat begegnet uns mit Meldung: 3 Leichtverwundete, 1 schwere Verwundung: RohdePRohde, †1915, Soldat mit Gehirnschuss. 🕮 Dann begegnet uns BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier, den Arm in der Binde; betrübt, weil noch keinen Schuss abgegeben. Will nach MünchenLMünchen fahren, auf Wiedersehen in 3 Wochen. Da die Russen heftig feu207ern ist Patrouille überflüssig, wir lassen die Skier im Tal. Schon dunkel, letzter Anstieg, wir werden heiß und nass; oben Vorsicht, dass wir die schönen Unterstände nicht eintreten. Deren Dach ist aus Tannenzweigen mit Heu und Erde bedeckt, dem Erdboden gleich. Alles zur Besichtigung in den Graben gekrochen. DienersPDiener, Soldat Korporalschaft zieht hinab und schleppt den schwer verwundeten RohdePRohde, †1915, Soldat mit. Der Leutnant: „Da haben mir die Schweine meinen besten Schützen abgeschossen.“ Posten werden aufgestellt und Schanzarbeit verteilt. Ich revidiere 9 – 10, greife auch selbst zur Picke. Wecke dann die Nächsten und instruiere. ½ 11 schlafen gelegt, mit HirschfeldPHirschfeld, Soldat, SeifertPSeifert, Soldat und 3 andern. Wirklich gemütlich und warm. Nach einiger Zeit bekomme ich Schüttelfrost, das zappelt immer durch von oben bis unten, sehr ungemütlich. Ich vermute Influenza, deshalb nicht dicht an die andern gelegt. Endlich bin ich eingeschlafen. Um 1 durch Infanteriesoldaten geweckt, die uns ablösen, die Verstärkung der 43er. Wir wären lieber diese Nacht noch oben geblieben. Also zusammen gepackt, einen Skistock aus dem Schützengraben geholt. Fühle mich sehr schlapp, liege mit Rucksack und Karabiner wartend. Beschwerlicher Abmarsch, starke Leibschmerzen. Unten müssen wir noch die Skier nehmen. Es geht schwer. Links, wo der Berg flacher ist, hinüber, hinab ins Dorf. Zuweilen jagt uns eine Leuchtkugel der Russen nach: Kolossal helles grünes Licht, lange leuchtend, die Russen treffen aber niemand. Im DorfLPohar ein paar Mal ausgeruht. Vor dem FeldwebelhausLPohar!Feldwebelhaus an die Straße gesetzt und geruht; dann ins QuartierLPohar!Quartier, vollständig besetzt; schlage mich dicht an die Tür vor den Ofen und schlafe.
Morgens, m als alles aufsteht, mit OttoPOtto, Leutnant ins große Bett und weiter geschlafen. 8h weckt uns MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, die andern sind schon zum Appell. Auch hingegangen, später mit BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier gesprochen, der schickt mich ins Revier. Habe Kopfschmerzen, bin sehr schlapp, der weite Weg fällt mir schwer. „Fieberhafte Erkältung“, bin erfreut, keiner Spur von Drückebergerverdacht zu begegnen; nur Zwieback und Tee, schlafen. Beim Feldwebel krankgemeldet und im Hinterstübchen schlafen gelegt. Es kocht mir keiner Tee, ich habe schrecklichen Durst. Nachmittags kommt BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier, er will doch nicht nach MünchenLMünchen, es lohnt nicht. Er will nach MunkaesLMunkaes fahren, in einem Wagen Tag und Nacht, Schokolade usw. einkaufen und Post holen. Ich bewache sein Gepäck. Inzwischen zieht alles um, westlich, in die Nähe der KircheLPohar!Kirche. Ein Schlitten nimmt zum Glück mein Gepäck mit, bis zum Appell, dann schlepp ich’s weiter in ein Quartier wo RothePRothe, Soldat, HauschildPHauschild, Soldat, BirkePBirke, Soldat, OttoPOtto, Leutnant, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II wohnen. Koche mir Bekomme endlich Tee 208 und koche dann auch, schmeckt mir aber nicht. Ich habe fast keine Lust zu essen. Früh schlafen.
½ 8 Revier, bolus alba18Medikament gegen Verdauungsstörungen. wegen etwas Dünnpfiff. Immer noch Fieber und keinen Appetit. Schlafe weiter. Abends brützeln alle Brot oder Zwieback in Speck usw., ich beneide sie um den Appetit. 7h abends aufs Revier, um wieder bolusalba zu trinken. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat gratuliert mir, mir ist noch nichts bekannt gegeben. Zu ThiloPThilo, Soldat auf die Wache, gegenseitig gratuliert.19Beförderung zum Oberjäger. Vgl. Rudolf an Anna Carnap, 24. II. 1915 (RC 25‑01‑45). Ins QuartierLPohar!Quartier, RothePRothe, Soldat gratuliert. Die 4 Sechser gehen auf Wache, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II unterhält sich mit der MatkaPMatka, zeigt ihr Fotos usw., sie wäscht ihm Hemd dafür. Schlafen. Nachts kommt SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II von der Wache, soeben sei die Post gekommen. 🕮
Tauwetter und Regen. ½ 8 umgeschnallt bis Revier, gesund, nur noch bolusalba. Zum Feldwebel und Leutnant gemeldet. Auf der Wache die Post für mich; 13 Päckchen, 3 B, 1 K. Übernehme die Wache 10h. Packe teilweise aus und in Beutel. Lese die Briefe, von SchmudePSchmude, von, Leutnant näht mir die Tressenecken an den Kragen. ThiloPThilo, Soldat, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und von SchmudePSchmude, von, Leutnant essen von meinem Gebäck und Quittenschnitten, ich Zwieback und 2 herrliche Pflaumen. Bis nachmittags 6h. Abends zum Leutnant, RohdePRohde, †1915, Soldat ist gestorben, seine Korporalschaft hält die Nacht Ehrenwache. Wir haben Warnung vom Regiment, der Leutnant sagt, es ist diesmal besonders gefährlich, der Oberst hatte viele Offiziere versammelt. Also viele Posten zu stellen, umgeschnallt geschlafen. Es passiert aber nichts. Am andern
11 – ½ 3 Patrouille mit HagmannPHagmann, Soldat und 2 Leuten, ob die Schützengräben zwischen 1038 und 943 wirklich verlassen seien.20Die Zahlen sind militärische Ortsangaben. An der KircheLPohar!Kirche hinauf, Stellung der 5. Kompanie passiert, zur Unteroffizierwache. Selbstverständlich seien die Gräben noch besetzt, diese Nacht seien auf den Posten noch Salven abgegeben worden. Zum Bach hinunter, hinüber, entlang, zu einem Wald hinauf. Abgeschnallt, Windrock grau angezogen, durch den Wald hinauf. Ich noch ziemlich müde. Zuweilen durch freiere Stellen, vorsichtig geäugt, dann hinüber. Oben deutliche Aussicht nach rechts auf die Gräben; durch ThilosPThilo, Soldat Glas sehe ich deutlich die Gestalten sich erheben, bewegen und miteinander sprechen. Durch das Waldstück nach links, da sieht man die Gräben links bis 1038, meist nur Doppelposten. HagmannPHagmann, Soldat zeichnet alles; wieder hinunter. Dem Leutnant mündlich 209 gemeldet. Ins QuartierLPohar!Quartier: Nachmittags 4h soll RohdesPRohde, †1915, Soldat Begräbnis sein; hinten weit zu seinem Grab gegangen, er wird auf dem Schlitten aufgebahrt. Der Major wünscht aber, dass auffälligere Ehrenbezeugungen wegfallen. Ich bekomme wegen der Patrouille keine Wache. Die andern wollen wegen der Flöhe umziehen, ich deshalb mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II ins WachlokalLPohar!Wachlokal zu MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und ThiloPThilo, Soldat. Doch besinnen sich die andern, und wir bleiben zusammen wohnen. Ich kaufe zum ersten Mal Eier, mache Spiegeleier.
5 ¼ früh kommt Nachricht: 6h Abmarsch nach Westen. Also alles plötzlich zusammenpacken. Welches Glück, dass ich jetzt alles leicht habe! Die vielen Liebesgaben machen den Rucksack dick und schwer. Zu spät angetreten, der Feldwebel ist unzufrieden. Losmarschiert, wieder die alte Gepäck-Plage. Vor dem alten Bagage-Platz gehalten, in die alten Quartiere, ich mit BirkePBirke, Soldat und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II zusammen. Der Leutnant kommt ½ 9, erklärt einen Befehl, dass 3 Unteroffizierposten mit je 6 Mann am Weg nach KryweLKrywe Unterstände bauen und immer 24 Stunden dort bleiben sollen, und dann abwechselnd ein Tag die alte Dorfsicherung. Er selbst zieht los, um die Plätze zu suchen. Dann kommt der Major, und es wird zum Glück alles wieder über den Haufen geworfen. Wir bleiben hier, HagmannPHagmann, Soldat besetzt mit seiner Korporalschaft das ÖlberghausLPohar!Ölberghaus, wir sollen Schützengräben bauen usw. Hauptsache sei: Verhindern, dass russische Patrouillen durchdringen, die die Stellung der österreichischen Mörserbatterien erkunden wollen. 1h mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat den Platz für den Schützengraben besehen, vom Major ungenau bezeichnet, von unserm Feldwebel halsstarrig festgehalten. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II und DrewskiPDrewski, Soldat fangen an zu arbeiten, es schneit; hoffentlich kommen bald andere zur Ablösung. Es finden sich noch 6 andere, so dass je 4 eine Stunde arbeiten. DienerPDiener, Soldat ist mit 5 anderen zur Infanterie befohlen, sie sind mit 2 Infanteriegruppen auf eine Höhe südlich des Weges PoharLPohar KryweLKrywe gestiegen. Abends kommen WagnerPWagner, Soldat und als Wegweiser OsthagenPOsthagen, Soldat zurück: Die Infanteristen sind oft bis an den Bauch in den Schnee gesunken und so erschöpft, dass sie kein Essen 🕮 holen können. Es wird beschlossen, 24‑stündig abzulösen. Morgen geht RothePRothe, Soldat mit 5, nimmt Decken, Essen usw. mit, übermorgen ich. Abends schneit es kräftig. Und die ganze Nacht durch. Abends spät kommt ThiloPThilo, Soldat: Man wird uns ein MG zuweisen, ich melde mich als Führer, die Begleitung wird gesucht, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II als Richtschütze. Da heißt es, der MG-Führer kommt mit, also trete ich zurück; 5 aus DienersPDiener, Soldat Korporalschaft melden sich, holen das MG und gra210ben’s ein.
Alles prachtvoll mit viel Neuschnee zugedeckt. 8h Appell, ganz wenig Leute: HagmannPHagmann, Soldat sitzt im ÖlberghausLPohar!Ölberghaus, ProschPProsch, Soldat oben, DienerPDiener, Soldat bei der Infanterie, einige beim MG; wir sind der Rest. Der andere Trupp soll also die Vollendung des Schützengrabens übernehmen. Gemütliches Frühstück, Tee, Ei, Backobst. Mittags gehen 5 von der Korporalschaft unter RothesPRothe, Soldat Führung zur Feldwache 1037 hinauf, und lösen DienerPDiener, Soldat ab; sie nehmen Wolldecken usw. mit. OsthagenPOsthagen, Soldat führt sie, ThiloPThilo, Soldat geht mit; dieser erzählt nachher, dass OsthagenPOsthagen, Soldat sie wieder fehlgeführt hat. Abends gemütlich mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II und BirkePBirke, Soldat, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II erzählt von seiner elektro-technischen Arbeit in der SchweizLSchweiz. Abends befiehlt der Leutnant Alarm Alarmquartier, und in jedem eine Feuerwache; wir legen uns aber schlafen. Abends Verteilung der Löhnung an die Korporalschaftsführer. Nachts kommt MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat (Unteroffizier vom Ortsdienst) und klopft, endlich werde ich wach. Der Leutnant hat Alarmzustand befohlen. Wir ziehen uns die ausnahmsweise ausgezogenen Stiefel an, legen die Sachen bereit, schnallen aber nicht um.
8h Appell, nur SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II von meiner Korporalschaft: „3. Korporalschaft – weggetreten“. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II und ich und 4 andere sollen mittags auf die Feldwache; vorher Karte an AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann und Brief an LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman geschrieben. Dann fertig gemacht. Da bringt MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat Befehl: Das Regiment zieht die Feldwache ein; ich übernehme freiwillig mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II die Benachrichtigung. ½ 1 Uhr sind wir fertig mit weißer Windjacke, umgeschnallt, Wegskizze von ThiloPThilo, Soldat und ebenso Fernglas. Da kommt ThiloPThilo, Soldat mit der Meldung: Schleunigst raustreten, HagmannPHagmann, Soldat (im ÖlberghausLPohar!Ölberghaus) liegt im Gefecht mit Russen. Also fix Brotbeutel weg, mehr Patronen, Skier an, wir stehen mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II fertig, von anderen Korporalschaften noch nichts zu sehen : ThiloPThilo, Soldat schreit vergeblich nach seinem Gewehr, das einer zum Putzen hat. Also die 3. Korporalschaft wieder am schnellsten auf dem Plan. Darf ich vor? Nein, am Dorfausgang warten. Dort wunderbares Bild: Von der Höhe links kommt ein Skiläufer nach dem anderen mit eingestemmten Stöcken und Karabiner um den Abhang hinab, voran ProschPProsch, Soldat mit dem großen Bart. Wir stehen da, fragen den Posten; der hat nichts gehört; also wohl nur Probealarm. Mit ThiloPThilo, Soldat usw. schleunigst hinauf, es ist ernst. HagmannPHagmann, Soldat hat eine russische Patrouille von 25 zwischen sich gehabt, alle erhoben die Hände, da hat ein Schafskopf losgeschossen und alle sind weggelaufen. Jetzt große Treibjagd. Schwieriges Laufen im Walde. Ich glaube schon nicht mehr an Einholen. Doch auf der Lichtung sehen wir welche. Es liegt sehr tiefer Schnee. WeißPWeiß, Soldat geht voraus und nimmt einige gefangen, 211 redet Polnisch mit ihnen. Wir haben Schüsse auf sie abgegeben, die ersten, die ich schieße. Dann von oben großes Einkreisen. Schließlich 4 Tote, etwa 🕮 10 Gefangene, darunter mehrere Verwundete. Sanitäter MathesPMathes, Sanitäter vom 1. Trupp ist da und verbindet sie, Doktor LenelPLenel, Feldarzt und SeifertPSeifert, Soldat sollen sich bei einem plötzlichen Schusse wieder gedrückt haben. Sogar NietzschkePNietzschke, Feldwebel ist mal oben gewesen. 5h nach Hause, den Schnee abgeschüttelt. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II kommt hocherfreut mit einem russischen Rubel. Zur Benachrichtigung der Feldwache ist DienerPDiener, Soldat schon gegangen. Abends sollen wir wieder eigentlich auf Feldwache sollten, zu HagmannsPHagmann, Soldat Verstärkung hinaufziehen. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat dispensiert mich davon. Mit der Feldküche soll Post kommen, sie bringt sie nicht mit. Ich schicke 2 hinunter. (Der Feldwebel ist ja wieder aus Angst vor der „exponierten“ Lage ins MitteldorfLPohar!Mitteldorf ins alte Quartier gezogen). Spät abends kommt die Post; endlich auch mehr Geschriebenes: K von LisiPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner, Brief von HeinzPRohden, Heinz von, 1892–1916, Sohn von Gustav und Agnes von Rohden, Student der Theologie, Mitglied der AV Marburg, MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises. Und die HilfeIDie Hilfe, Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst. Rührender Brief von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann. Wir lesen noch lange.
Zum Ortsdienst kommandiert. GraebschPGraebsch, Leutnant führt jetzt beide Trupps, ThiloPThilo, Soldat unsern. Faules Leben, geschrieben. HilfeIDie Hilfe, Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst gelesen. Abends Instruktionen für die Nachtpatrouille bekommen. Abends noch bei der Lampe Zeitung gelesen. Um 11h kommt DienerPDiener, Soldat wieder und berichtet die Schwierigkeiten, besonders Unterholz – 1 Posten revidiert: . Früh um 4h wieder auf.
Früh 4h mit DrewskiPDrewski, Soldat, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II, WeißPWeiß, Soldat, WagnerPWagner, Soldat auf Patrouille nach feindlichen Fußspuren. Durch die Schlucht hinauf, mühsam, glatte Skier. Immer am Bach, ich vermeide DienersPDiener, Soldat 2 Stunden im Unterholz. Dann drüben über die Hänge, wo wir vorgestern die Gefangenen gemacht haben. Oben in den Wäldern laute Stimmen. Mit WeißPWeiß, Soldat auch noch das Häuschen oben untersucht. Abfahrt an den beiden Leichen vorbei. ÖlberghausLPohar!Ölberghaus, rechts ab, auf den SW-Hang des ChochnowkaLChochnowka, DienersPDiener, Soldat Spur nach; bald umgekehrt, wo er auch. Gerade zum Appell 8h zurück. ThiloPThilo, Soldat ist unzufrieden, dass wir nicht weiter bis Sa-KryweLSa-Krywe gegangen sind. Mittags 1h wieder Postverteilung, die 3. Abends infolgedessen wunderbares Essen: Gemüsekonserve, Bratkartoffel, Wurst, usw. Hinterher noch Lieder gesungen.
Fauler Tag. Beim Abendappell (6h) Befehl: Es ist ein Angriff für den frühen Morgen geplant. Eine Patrouille soll die Anmarschwege für die Kolonnen erkunden. DienerPDiener, Soldat und ich melden uns freiwillig als Führer. Sofort fertig machen, mit 4 andern (SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II usw.). Mit ThiloPThilo, Soldat und GraebschPGraebsch, Leutnant zum Bataillonsstab. Der Hauptmann erklärt uns mit der Karte: Die Schlucht 212 gabelt sich; nach links Sicherungskolonne gegen 1038, nach rechts Angriffskolonne gegen Zwinin ILZwinin I. Wir kriegen noch zu essen, fettige Grütze; der Leutnant kotzt sie gleich wieder aus. Richtung wird vom Felde rechts oben als N festgestellt. Rechts vom Bach, der Leutnant voran, eine Gruppe Infanterie hinter uns. Über den Bach: Abgeschnallt und gesprungen. In die Seitentäler schickt der Leutnant immer 2 Skileute und 2 Infanteristen. Bald sind keine mehr da. DienerPDiener, Soldat und MertensPMertens, Soldat rechts den Weg hinauf. Ich mit 4 Infanteristen am Bach weiter; der Leutnant und ThiloPThilo, Soldat zurück. Mehrmals durch den Bach, nasse Skier. Abgeschnallt, will rechts durch den Wald hinauf, wo damals mit HagmannPHagmann, Soldat. Wegen Deckung noch weiter, dann hinauf. Gestampft, immer vorne, sehr ermüdend. Russische Fußspuren zum Heustadel. Oben in den Wald. Der Weg durch die Schneise aufwärts ist ja klar. Also zurück. Unten sammeln sich die andern allmählich. Die ersten Seitentäler zu untersuchen war sinnlos. Die rechte, handförmige Schlucht müsste noch für den Angriff untersucht werden. Wer ist noch frisch? Keiner. Also gehen DienerPDiener, Soldat und ich am Bach vor. 🕮 Es zeigt sich, dass DienerPDiener, Soldat im Walde oberhalb der Schlucht gewesen ist. Also zurück. 12h Meldung beim Hauptmann. Der kleine dicke Kerl ist unzufrieden: Ich hätte weiter sollen und die Stellung selbst erkunden, DienerPDiener, Soldat auch weiter und Verbindung der oberen deutschen Stellung nehmen sollen. Himmel, wir haben Angst, er schickt uns nochmal. Es ist halb so schlimm. Wir können uns im Hause neben dem Stab ausruhen. Etwas Stroh auf der Erde; schlechte Ruhe, aber geschlafen, weil sehr müde.
III / 1915½ 3 beim Stab angetreten. ThiloPThilo, Soldat hat 6 frische Leute als Melder geschickt. DienerPDiener, Soldat und ich stehen da, die 4 andern kommen noch nicht. Der Hauptmann verteilt uns an die Kompanien, die in langen Schlangen heraufmarschieren und auf der Straße stehen. Ich führe die linke Kolonne: 8. Kompanie, BartezkiPBartezki, Soldat kommt noch zu mir. Wir marschieren zuerst los, diesmal links vom Bach; die Infanteristen bremsen, wir müssen langsamer fahren. Immer weiter am Bach, manchmal ziemlich schwierig; in der Eile auch durchs Wasser. Schließlich rechts hinauf, durchs Bachbett auf den Wald zu. Der Leutnant kommt; ob wir abends noch weiter gegangen sind. Ob wir nicht müde werden; ob wir nicht eigentlich durch die Schlucht sollen. Ich erkläre, dass ich den linken Waldrand oben für geeigneter halte, weil er höher liegt und ich vermute, dass dieser Hügel sich ohne Zwischental an den Kamm anlehnt. Durch den Wald hinauf bis zu der Stelle, wo wir abends waren. Gehalten. Der Leutnant kommt wieder. BartezkiPBartezki, Soldat und ich sollen weiter suchen, einige Infanteristen hinter uns 213 her. Durch den Wald hinauf, eine Art Schneise, die wir öfter überkreuzen. Plötzlich sehen wir mal 100 m oberhalb eine Reihe schwarzer Köpfe. Wir stehen still, auch 2 Infanteristen sind noch bei uns. Ob’s Köpfe sind? Wir müssen es näher untersuchen. Zur Seite in Wald; zwischen den Bäumen durch Lücken hinauf. Plötzlich wieder 20 m vor mir die „Köpfe“. BartezkiPBartezki, Soldat sofort auch still. Sie rühren sich nicht. Langsam in die Kulissen zurück, miteinander gesprochen, BartezkiPBartezki, Soldat hält es für Baumstümpfe. Wir tauschen die Plätze. Da sieht es nicht mehr so täuschend wie Köpfe aus. BartezkiPBartezki, Soldat geht darauf zu. Wir konstatieren: Baumstümpfe, ein ganzes Feld voll. Ich erkenne das Feld, an dem wir mit HagmannPHagmann, Soldat waren. Infolgedessen tapfer hinauf und am Waldrand vor. Oben stehen wir plötzlich auf einer Kuppe. Zwischen uns und dem Kamm liegt noch eine Senkung. Ob nun links in der Schlucht die Kolonne besser hinauf geht? Lieber erst hierhin, dann kann von diesem prachtvollen Aussichtspunkt der Leutnant selbst die Stellung wählen. Ich bin zu müde, BartezkiPBartezki, Soldat fährt hinunter und schickt im Wald einen Infanteristen hinunter. Ich ruhe mich aus, esse etwas, auf der schönen Kuppe, den ganzen Kamm in unbestimmtem Lichte vor mir. Schließlich zu ungemütlich (im durchschwitztem Hemd), zum Heustadel; angelehnt und etwas gegessen. Die Kolonne kommt, ich lasse noch in Deckung halten. Der Leutnant kommt, und noch einer. Hinauf auf die Kuppe. Ich erkläre die Lage des Kammes, der russischen Stellungen, des \(\bigtriangleup \) 1038 und des Zwinin ILZwinin I. Der Tag bricht bald an, es wird Zeit; der Leutnant entschließt sich für diesen Punkt, im nächsten Wald oben (ob der schon am Kamm liegt?) will er Posten ausstellen. Hier einen gekrümmten Graben anlegen. Er rühmt das schöne freie Schussfeld. Ich sage, dass ich nur die Funktion habe, hier hinauf zu führen; BartezkiPBartezki, Soldat bleibt als Melde. Ich bin entlassen. Ich kratze das Eis von den Skiern. Schöne Abfahrt zwischen den Bäumen, dann auf freiem Feld neben dem Wald. 🕮 Unten im Wald kommt ein Infanterist RehleinPRehlein, Soldat an. Über den Bach, lasse den „Pohar“LPohar links, will durch die KirchschluchtLZwinin!Kirchschlucht nach Hause. Falle aus Müdigkeit eine kleine steile Böschung hinab kopfüber, Karabiner auf den Hinterkopf. Unten breiter Bach, komme wirklich nicht trocken hinüber. In einer Blockhütte, wie sie da viele stehen, ausgeruht, gegessen. Eis abgekratzt. Fühle mich wieder erfrischt; gemütlich heimgefahren. Unterwegs zum Leutnantshaus. Ihm Karte zurückgebracht, erzählt. Auch von des Hauptmanns Unzufriedenheit. Gibt mir die neuen Zeitungsnachrichten. Ins Westdorf; zu ThiloPThilo, Soldat. Der hat keine frischen Leute zur Ablösung mehr. Hat auch die Nacht nicht viel schlafen können. Im Quartier gegessen, ausgeruht; dann schlafen gelegt; kann aus Übermüdung im hellen Licht nicht schlafen. Nachmittags ein 214 wenig geschlafen. Für die übliche Nachtpatrouille um unsern Berg sind nicht genug Leute da. Ich laufe deshalb die erste (6 – 8h) mit BartezkiPBartezki, Soldat. Oben liegt eine Feldwache. Auf der andern Seite unten auch noch um die Hütte gesucht. Auf dem „Anmarschweg der russischen Kolonne“ um den Berg herum von links zurück. ½ 8 schon wieder da. Schönes Abendessen; MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat ist in unser Quartier gezogen. Es gibt noch Post, Pelzweste und Pelzsocken, Butter.
Feste ausgeschlafen. Gelesen und geschrieben. Nachmittags und abends kommt ThiloPThilo, Soldat herüber, er ist sonst allein in seinem Quartier nebenan. Wir sprechen von LietzPLietz, Hermann, 1868–1919, dt. Reformpädagoge, Begründer der dt. Landerziehungsheime, verh. mit Jutta Lietz und SeebohmPSeebohm, Richard, 1866-1934, dt. Major, studierte bei Gottlob Frege und WynekenPWyneken, Gustav, 1875-1964, dt. Reformpädagoge, Gründer der Freien Schulgemeinde Wickersdorf, er erzählt viel von WynekenPWyneken, Gustav, 1875-1964, dt. Reformpädagoge, Gründer der Freien Schulgemeinde Wickersdorf BiebersteinLBiebersteinIHermann-Lietz-Schule Schloss Bieberstein.21Schloss Bieberstein bei Fulda war seit 1904 eine Hermann-Lietz-Schule. Abends erzählt er von NarwikLNarwik, NorwegenLNorwegen, LapplandLLappland, den Erzdampfern. Es schneit und ist unsichtiges Wetter. Deshalb wird Angriff der Russen befürchtet. Befehl vom Leutnant kommt: Die Patrouillen sollen auf 3 Mann verstärkt werden, überall Feuerwache, erhöhte Alarmbereitschaft. Allmählich ist uns das tatsächlich lästig, wir glauben doch an nichts mehr. Und dabei soll ich noch als Oberjäger vom Ortsdienst 2x nachts die Quartiere revidieren! Es gibt noch etwas Post. HagmannPHagmann, Soldat kommt; er liegt im ÖlberghausLPohar!Ölberghaus, auf dem exponiertesten Posten, und ist so ruhig wie je. Er sagt auch, dass es Pflicht des Führers ist, die Leute zu beruhigen und nicht aufzuregen. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und der Leutnant sind sich nicht einig über die Zahl der Feldwachen usw. auf dem PoharLPohar und dem MG-BergLZwinin!Berg. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat will hinauf, nimmt mich mit. Auf dem MG‑Berg RothePRothe, Soldat, und 3 andere im Unterstand beim MG. 2 Skimelder schicken wir nach Hause; 2‚ die auf den falschen PoharLPohar gelaufen sind, nehmen wir mit. Hinab, über den Bach, hinauf, zur Feldwache auf den richtigen PoharLPohar, unserem Patrouillenberg. Ein Doppelposten steht dort vorn am Schützengraben, einer hinten am Waldrand. Der weiß nicht einmal, wo die Russen liegen. Weiter den Patrouillenweg. Zu den Hütten hinab. Den Kolonnenweg um den Berg; glatte Abfahrt, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat saust hinab. 12h sind wir zurück. Wir legen uns ruhig schlafen; selbst MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat ist durch die Fahrt ganz ruhig geworden und zieht die Schuhe aus. Das Wetter hat sich ja auch aufgeklärt, und wir hatten die ganzen Berge besehen können; das war ein Genuss und wirkt enorm beruhigend. Ich bin Wachhabender, schlafe aber und lasse mich einfach immer durch die Posten wecken. Meist höre ich sie an der Haustür und empfange sie schon mit der elektrischen Lampe. Ich träume dazwischen und wimmere mich wach.215🕮
Fauler Tag; lese die KronprätendentenBIbsen, Henrik!1872@Die Kronprätendenten, Berlin, 1872.22Drama von Henrik Ibsen. Siehe LL . Abends beim Feldwebel Löhnung geholt.
Vormittags Befehl vom Regiment: Patrouille soll Stellung der russischen Artillerie erkunden, die auf OrawaLOrawa schießt. Also Versuch, über den Kamm zu kommen. Ich melde mich freiwillig. Es kommt Nachricht vom Leutnant, er freut sich, dass sich Leute gemeldet haben, er hält die Sache aber für unausführbar und meldet das dem Regiment. Also brauchen wir nicht. Plötzlich Befehl: Der Major wünscht es trotzdem, er glaubt, dass links von \(\Delta{}\) 943, wo die rechte, angreifende Kolonne war, eine Lücke von 200 m ist. Wir essen noch Schokoladenreis, dann los. Mit DrewskiPDrewski, Soldat, von SchmudePSchmude, von, Leutnant, KochPKoch, Soldat. Zum LeutnantPGraebsch, Leutnant, er will nicht, dass wir uns unnötig aufs Spiel setzen. Vielleicht können wir wenigstens sonst etwas erkunden. Die russische Artillerie feuert heute nicht. Erst nach OrawaLOrawa. Der Posten weiß, dass gestern Schrapnells gekommen sind. Von NNW her. Fort fahren durch die Schlucht zwischen falschem PoharLPohar und Domberg, wie vorgestern Nacht. Dann rechts über den Bach. Da steht der letzte Posten. 5 min. Pause. Weiter hinauf. Nach einigen Minuten sind wir an dem Punkt, wo damals in der Nacht DienerPDiener, Soldat und MertensPMertens, Soldat schon umgekehrt sind, wie KochPKoch, Soldat berichtet. Weiter hinauf, fast immer durch Wald gedeckt. Einmal gewartet. Nahe Schüsse auf beiden Seiten. Übers Feld links hinüber. In den Wald gehorcht; nur Astgeräusch. Es wird schon bedenklich. Rechts hinüber. Schützengraben der 12. Kompanie. Weiter hinauf. KochPKoch, Soldat vermutet (vielmehr „weiß“) in jedem Walde Feldwache oder Besetzung. Schließlich nahe am Kamm. Noch etwas hinauf, Ausblick nach rechts. Vor jeder Höhe des Kammes Schützengraben; in dem nächsten Leute; vor den Sätteln einfache Drahtverhaue aus gekreuzten Stäben; 4 ¼h. Skizze gezeichnet. Zurück. Nach W hinüber. Schwierig Ich will nicht ganz hinunter, sondern auf halber Höhe zur Schlucht rechts von \(\Delta{}\) 1038. Abstieg in die erste SchluchtLZwinin!Schlucht beschwerlich; dann bald Skispuren (wohl von den Verbindungsleuten von vorgestern Nacht). Waagerecht hinüber. Auf die Lichtung, wo ich mit der 8 Kompanie hinaufgegangen bin. Auf dem HeustadelLZwinin!Heustadel¼ oder ½ Stunde Pause. Gegessen; Schnee und kalter Wind. Es wird dunkel. Hinüber an die Schlucht, rechts hinauf. KochPKoch, Soldat weiß wieder überall Feldwachen. Trotzdem weiter. Dann nach links über den Bach, und langsam weiter hinauf. Eine russische Fußspur kommt zum Bach hinab. An einer Stelle zögern wir. Dann zum Wald hinauf und am unteren 216 Wald entlang weiter, bis zur Waldecke. Da stehen wir, horchen lange und flüstern. 6 ½h vor uns weiße Fläche, dann der Kamm. Zu dunkel, um Gräben zu erkennen, links oben einiges Gehölz. Sollen wir wirklich weiter zum Kamm. Irgendwie müssen wir feststellen, ob vor uns Leute sind. Wir stehen lange. Da hören wir Husten, 1 – 200 m. Wir entschließen uns zum Umkehren. Bleiben diesseits der Schlucht. Hinab, über den Bach, zu PoharLPohar und MG‑Berg. Gleich zum Leutnant, 8h. Er hatte gerade Leute nach uns schicken wollen. Freut sich, dass wir so weit gewesen sind; über Skizze und genaue Angabe der Drahtverhaue. 🕮 Ich kriege Tee, während ich anhand der Karte die Meldung mit genauen Angaben schreibe. Dazu wird die Skizze gelegt. Nachher Er erzählt, dass HettmerPHettmer, Soldat ihm aus MünchenLMünchen geschrieben hat: Auf dem Bataillonsbüro sagt man, dass wir nicht aufgelöst, sondern dem Infanterieregiment 43 zugeteilt werden. Er ist energisch dagegen. RenzPRenz, von, Oberleutnant will nach MünchenLMünchen fahren, um das zu ändern. Nach Hause‚ 9h. Noch Post da; mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat usw. gemütlich gesessen und gegessen, auch ThiloPThilo, Soldat da. Erst 12h zu Bett.
Fauler Tag, KunstwartIDer Kunstwart, Zeitschrift gelesen. Etwas geschrieben. DrewskiPDrewski, Soldat zieht wieder los, um die Heustadel in Brand zu stecken, mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II und WagnerPWagner, Soldat. Gestern ist der Befehl dazu leider zu spät gekommen, nachdem wir schon weg waren. 6h abends halte ich Appell ab; nur Verlosung der Wachverteilung. Abends etwas Post, Briefe von TPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte und ChaPCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf Carnap.23Vgl. Elisabeth Schöndube an Carnap, 16. II. 1915, Briefkonzept (ES). Man hört aus MünchenLMünchen, wir würden der Infanterie überwiesen; aus BerlinLBerlin, wir würden aufgelöst. Man bespricht unsere Hoffnungen.
Nachmittags ½ 3 Übungsfahrt am Hang. Skikjöringübung auf der Straße. 6h Appell: MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat bekommt das Eiserne Kreuz; einige andere eine Belobigung. Abends etwas Post, RugesPRuge, Walter, 1891-1945, dt. Gymnasiallehrer, Mitglied des Serakreises und der AV Jena Brief. Alarmbereitschaft, weil morgens Angriff.
Der Leutnant ist unzufrieden, dass der Unteroffizier vom Dienst sich nicht mehr meldet und nicht mehr nachts revidiert (es stellt aber nur HagmannPHagmann, Soldat einen Posten, und auch nicht immer). Wunderschönes Winterwetter. Post muss kommen, die Vorräte sind alle aufgezehrt. Speck oder Schmalz zum Brot ist mir jetzt zu fett (weil nicht genug Bewegung?). Abends mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat Revision über den PoharLPohar und zum ÖlberghausLPohar!Ölberghaus‚ 6 – 8. 217
Früh 4 ¼ zur Revision des ÖlbergpostensLÖlberg. Vergeblicher Versuch, die Skier anzuschnallen, eingedrückter Backen.24Beschädigung der Skibindung. Zu Fuß auf den ÖlbergLÖlberg. Eisig kalt, schätze auf 15o. Die armen Kerle müssen da oben stehen. 6h beim Leutnant gemeldet; schriftliche Meldung über die Revision abgegeben. Nachmittags ½ 3 „Sportfest“. Skikjöring fällt aus, weil die Pferde nicht genug zu fressen haben. Übungsfahrt auf den PoharLPohar, allerhand Waldschwierigkeiten usw.; Beobachtung der russischen Gräben auf \(\Delta{}\) 1091; kein Mensch zu sehen. Abfahrt über die Wiese mit Stemmbögen, Hub. Feldwebel NietzschkePNietzschke, Feldwebel immer als letzter, will aber auch mit. Voll Sorge hat er gemeldet, dass bei seinem Hause immer Kugeln gehört werden; natürlich verirrte, über den PoharLPohar hinüber. Abends ein Fischlein (von zu Hause) geschlemmt. Müde, früh zu Bett.
Endlich 3 Briefe von zu Hause. Mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat etwas Ski geübt. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat hat Post, und wir kriegen Süßigkeiten, statt der ewigen Pellkartoffeln. Nachts soll wieder ein Angriff stattfinden. Deshalb mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und Leutnant auf den MG-Berg Falscher Pohar und die gegenüberliegenden Schluchten und Wälder besehen. Zum Regimentsstab hinunter. Da sagt uns der Leutnant, abends sollen sich 9 Mann, je 3 für die 3 Kolonnen, melden; das sei aber keine Aufgabe für Oberjäger. Infolgedessen gehen DienerPDiener, Soldat und ich nicht mit. 8 – 10 mit ProschPProsch, Soldat PoharLPohar-Patrouille. Dann sitze ich noch mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und RothePRothe, Soldat zusammen, der über das Schicksal von HauschildPHauschild, Soldat und den andern Skiläufern, die die Infanterie führen 🕮 sollen, sehr beunruhigt ist. Er glaubt, sie würden trotz der Verhaltensmaßregeln unseres Leutnants zu sehr ausgenutzt werden und immer vorgeschickt werden, wenn es gälte, eine Feldwache aufzuheben oder eine Stellung zu erkunden. In Wirklichkeit war’s aber nicht so schlimm.
Es kommt Nachricht, dass einige feindliche Stellungen genommen sind, aber unter Verlusten. 370 Mann sind gefangen und 3 MG genommen. Wir Noch immer keine Post. Wir leben aus der Gulaschkanone und von MiddeldorpfsPMiddeldorpf, Soldat Sachen. Abends 8 – 10 mit HauschildPHauschild, Soldat PoharLPohar-Patrouille, starkes Schneetreiben und kalter Wind. Die beiden Melder auf dem PoharLPohar weise ich an, 3 \(\times \) nachts eine 1‑stündige Patrouille nach NW hin zu laufen. Alarmbereitschaft!
Der erwartete Nachtangriff der Russen ist nicht eingetroffen. Infanteriekolonnen kommen durch, teils von über DolskiLDolski her, teils waren sie zur Sicherung in Unterständen zwischen hier und KryweLKrywe. Einige ko218chen bei uns Kaffee, und wir geben ihnen Speck usw. Es schneit wieder den ganzen Tag. Ich bin die Nacht Wachhabender, laufe also keine Patrouille. Die Infanterie macht wieder Angriffe. Es schneit den ganzen Tag, und nachts ist kalter Schneesturm. Abends sitzen wir noch lange zusammen, mit ThiloPThilo, Soldat. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat wird wegen der Ansichtskarte der Schauspielerin geneckt. Es kommt Nachricht, dass die einjährig Gedienten zu Offizierskursen in die Heimatsregimente zurückgerufen werden sollen; ThiloPThilo, Soldat freut sich kolossal.
SchmudePSchmude, von, Leutnant kommt als Melder vom Regimentsbüro zurück und erzählt. Die Infanterie hat einige Gräben genommen, aber viele Verluste. Viele haben erfrorene Gliedmaßen; manche sind gefangen genommen, weil sie mit den steifen Fingern nicht abdrücken konnten. Es sind aber auch Russen gefangen genommen. Ein Kriegsfreiwilliger der Infanterie hat gesagt, dass er wahrscheinlich auch zum Kursus nach Hause gerufen wird; am 20. III. Ob das auch für uns Artilleristen gilt?!
Prachtvolles klares, kaltes Winterwetter. HagmannPHagmann, Soldat läuft wegen des Befehls für Offiziersaspiranten zum Bataillon; dort ist tatsächlich ein Divisionsbefehl steckengeblieben. Der wird gebracht: Geeignete Einjährige der Infanterie, Schützen und Jäger, sollen zum 20. zu den Ersatztruppenteilen zurück; am 24. beginnen die neuen Kurse. Große Aufregung allerseits und Besprechung in unserem Quartier. Es wimmelt, ThiloPThilo, Soldat und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat legen Vorteile und Nachteile für uns Artilleristen dar. Wir entschließen uns dazu, als MG. Abends Liste derer, die sich dazu melden, zu NietzschkePNietzschke, Feldwebel; dieser lässt leider noch das alte Regiment dazuschreiben, sodass wir als Artilleristen usw. da stehen, (und nicht MG angeben (?)).
Morgens me kommt WagnerPWagner, Soldat vom ZwininLZwinin zurück und meldet, dass SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II verwundet ist. 4 Beinschüsse, aber nur Fleischschüsse. Sie sind zu der alten Stelle des Bataillonsstabes gegangen; dieser hatte sich zurückgezogen. Sie kamen in mörderisches Feuer. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II fiel hin, WagnerPWagner, Soldat schnallte sich und SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II ab, und zog ihn etwas hinunter. Dann lief er zur Infanterie. Die Infanterie wollte nicht, aber der Feldwebel befahl streng, der Skiläufer müsse unbedingt geholt werden. Deshalb gingen 2 mit. Sie zogen ihn hinab in die Deckung. Dabei wurden beide Infanteristen verwundet. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II wurde dann sofort abtransportiert. WagnerPWagner, Soldat glaubte, er sei schon nach TucholkaLTucholka. Mittags Meldung, er sei noch da. Ich laufe etwa 7 km weit, bis hinter OrawaLOrawa, finde ihn nicht. Ich fahre mit HauschildPHauschild, Soldat und dem Schlitten zurück. Abends kommt Meldung, er sei in OrawaLOrawa und wünsche 🕮Wäsche. Ich fahre nachts mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat hin, wir finden ihn nicht. 219
Vormittags Meldung, SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II sei noch in OrawaLOrawa. Ich fahre mit WagnerPWagner, Soldat und dem Sanitätsgefreiten DornPDorn, Sanitätsgefreiter hinunter. Wir finden den Verbandsplatz. Der Stabsarzt gibt schriftlich, dass er nach TucholkaLTucholka transportiert ist, und gut und warm versorgt. Ich Bei der Rückkehr ist Post da. Ich muss aber noch erst zum Leutnant, um mich als Oberjäger vom Dienst zu melden. Abends die Patrouille oben auf der WaldwieseLZwinin!Waldwiese revidiert.
Früh 4h den Leutnant zur Revision abgeholt. Zur Feldwache auf den PoharLPohar hinauf. Zum Posten. Bald kommt unsere Patrouille (KönigPKönig, Soldat und einer von den 9 Neuen). Der Leutnant ist unzufrieden, dass die Patrouillen nicht auf den falschen PoharLPohar gelaufen sind. Zum Posten zurück und unter dem Wald entlang, über den Bach, und zum falschen PoharLPohar hinauf. Wir geraten aber in den Wald und brauchen 1 Stunde hinauf. Oben den Melder revidiert. Zurück, ThiloPThilo, Soldat wartet seit 1 Stunde auf die Rückkehr der Patrouille. Zum ÖlberghausLPohar!Ölberghaus.
Es sind viele Infanteristen einquartiert. ThiloPThilo, Soldat zieht zu uns; wir essen gut und reichlich. Abends ist RothePRothe, Soldat verschwunden. Er hat Dienst und will sich den PoharLPohar-Bachübergang ansehen. Er kommt spät. Er ist auf unsere Spur geraten, sehr lange im Wald geirrt, hat auf der freien Fläche dann tüchtiges Feuer bekommen.
Wieder gutes Essen mit DrewskisPDrewski, Soldat Mundharmonikamusik dabei. Zwischen 9 und 10h wird draußen so hell, wir gehen hinaus, oben auf dem PoharLPohar brennt ein Haus der Feldwache. Etwas wärmere Nacht. Ob bald Tauwetter? ThiloPThilo, Soldat prophezeit das für den 15. (Mondwechsel), ich glaube nicht daran.
Man hört, dass aus uns ein Gebirgsregiment in BerchtesgadenLBerchtesgaden gebildet werden soll; das könnte doch ganz fein werden!
Mittags kommt Post: Nähpäcklein, auch Zigaretten; Päckchen und Brief von LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman; B und Gedichtbüchlein von MargretPArends, Margret, †1941, auch Mat, Naumburger WV, Schneiderin, Mitglied des Serakreises, heiratete Mitte der 1920er-Jahre Julius Wiener; Karte von MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises, dass sie meine Aufzeichnungen hat.25Möglicherweise handelt es sich um die Aufzeichnungen, die Carnap am 16. II. 1915 zunächst an Mutter und Schwester geschickt hat. Vgl. auch unten den Eintrag zum 7. IV. 1915. Wir schlemmen abends hervorragend. Nachts bin ich Wachhabender = wir schlafen natürlich. Abends will noch Infanterie sich bei uns einquartieren. Der Leutnant lässt sich abschrecken, weil „Wachtlokal“.
Es taut ein wenig. Die Briefe noch einmal gelesen. Abends 6h plötzlich Befehl: Wir müssen diesen ganzen Teil von PoharLPohar räumen. Es Man 220 spricht von ganzen Infanteriebrigaden, die herangezogen sind. Wir suchen Quartier im Tälchen jenseits der ProschPProsch, Soldat-Höhe und ziehen mit vieler Männer Hilfe ab. Rührender Abschied von Luka KosilowitschPKosilowitsch, Luka und der MatkaPMatka. Ich schleppe alles allein und werde in der ¼ Stunde ziemlich ersch müde. Nettes geräumiges, helles Quartier, mit Webstuhl; abends noch lange gesprochen mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und ThiloPThilo, Soldat; als wir Mitternacht zu Bett gehen, reden die beiden noch lange weiter. Wir sprechen von Bügelfalten (Tedje)PWestphalen, Tedje, †1915, cand. chem., Mitglied der Freischar Freiburg als Bildungssymptom, vom Umgang mit Mädchen usw. Nachts MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat von einiger Enttäuschung als Fahnenjunker, will auf keinen Fall Landoffizier werden; denkt jetzt an sie oft, bedauert, nicht noch länger Zeit zur Entscheidung zu haben. Man merkt, welche Enttäuschungen er mit seinen jugendlichen, aber durchaus kräftigen Idealen erlebt hat. Am anderen Tag fällt mir sein hoher breiter Schädel über dem jungen Gesicht auf. Hoffentlich rettet er sich ins zivile Leben und kommt in geeignete Umgebung; der Instinkt dafür steckt schon in ihm. Mit seinem energischen Charakter kann man ihn im zivil-(kulturellen) Leben schon gebrauchen. Wie ich wünschte, dass er zur Universität gehen würde! Aber ich halte natürlich mein Maul, wirke auch nicht indirekt darauf hin. Bei solchen Naturen wirkt eine Beeinflussung ja leicht gegenteilig.
12h als Oberjäger vom Dienst beim Leutnant gemeldet. Ein Verbindungsmann, der im Kreise läuft, wird angeordnet. Der Leutnant erklärt mir auf der Karte, wie weit die Höhen östlich 943 und die Hänge zwischen 1038 und 943 schon in unserem Besitz sind. HagmannPHagmann, Soldat soll nachmittags eine Feldwache aufheben. Der Leutnant kommt selbst 🕮 zu unserem 1h Appell. HagmannPHagmann, Soldat kennt die russische Feldwache nicht. ThiloPThilo, Soldatund ProschPProsch, Soldat gehen mit dem LeutnantPGraebsch, Leutnant zum Stab. Es zeigt sich, dass eine ganz andere Feldwache gemeint ist, als die, die immer auf unsere PoharLPohar-Patrouille geschossen haben soll, eine, die ganz oben vor den russischen Stellungen liegt. Da lehnt der Leutnant ab. Ich habe Dienst. Bei der Abendrevision führe ich 8h die Patrouille PoharLPohar-Patrouille von DrewskiPDrewski, Soldat. Bei dem starken Harsch soll nämlich über den Kamm gelaufen und auf den Lichtungen lang gehorcht werden. Mitten auf Wir suchen die geeigneten Horchstellen auf. Mitten auf dem Kamm begegnen uns 5 Gruppen Infanterie, die das westliche HeuhausLZwinin!Heuhaus als Feldwache besetzen und Doppelposten auf die Lichtungen stellen sollen. Wir erschrecken sie durch plötzlich lauten Unteroffizier. Dem Leutnant gemeldet; unsere PoharLPohar-Patrouille wird als überflüssig aufgehoben. 221
Morgens 9h auf Revision. Auf dem ÖlbergLÖlberg oben ist HagmannPHagmann, Soldat mit einem der 3 gefangenen Russen (Überläufer), der Deutsch spricht und uns erklärt, in welche Wälder nachts die russischen Patrouillen kommen (ganz oben, einige 100 m vor den russischen Stellungen). Gewöhnlich lege sich die Patrouille, die die ganze Nacht gehen solle, oben in ein Heuhaus und schlafe. Die beiden Melder auf dem falschen PoharLPohar revidiert; es ist Telefon hinaufgelegt; ich melde dem Leutnant, die beiden Melder werden herunter geholt.
Abends lange mit ThiloPThilo, Soldat und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat aufgeblieben und gesprochen. Wir sind einig, dass die Anforderungen an geistige Fähigkeiten beim aktiven Offizier recht gering sind; MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat will deshalb auch keinesfalls zum Landheer. Dann spricht er von der „hohlen Gesellschaft“. Wir sprechen über das geistige und ästhetische Niveau der „Gesellschaft“ als Schicht und über deren Symptome: Die Abendgesellschaft, die zur Auswahlkriterien der Zulassung zur Gesellschaftsschicht (Beispiel: Volksschullehrer – gewissenloser Mensch aus dem HarringaBPopert, Hermann [s.a. Fidelis]!1910@Helmut Harringa, Dresden, 1910)‚26Popert, Helmut Harringa. Siehe LL . die Inkonsequenz in der moralischen Beurteilung von Menschen. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und ich sprechen recht scharf, ThiloPThilo, Soldat verteidigt. Wir sind aber einig in der gewissen Vorwürfen gegen die Gesellschaft, und dass mehr verlangt werden müsste an gesellschaftlicher Kultur‚ 🕮 Hinblick auf die GoethePGoethe, Johann Wolfgang von, 1749–1832, dt. Dichter-Zeit in WeimarLWeimar und die Renaissance; ich spreche vom Diederich’schenPDiederichs, Eugen, 1867–1930, dt. Verleger, Gründer des Serakreises und des Diederichs Verlags, Hrsg. der Zeitschrift Die Tat KreiseISerakreis. Hierin sind wir einig, nur ist ThiloPThilo, Soldat nicht so unbedingt anspruchsvoll und begnügt sich mit dem jetzigen Zustand, soweit er nicht direkt verwerflich ist und er selbst sich dabei gut unterhält usw. Er meint übrigens, er würde an meiner Stelle, wenn er so überzeugt von der besseren Idee und der Verwerflichkeit des jetzigen Zustandes wäre, mit aller Kraft für Verbesserung eintreten. Ich sage, ich bin kein Propagandist (siehe Abstinenz); glaube auch, der Allgemeinheit zu dienen (ich denke für mich „dem Objektiven“), indem ich meiner Befähigung entsprechend nicht Menschenbeeinflussung, sondern wissenschaftliche Arbeit leiste. Um 3h schlafen gelegt.
Diese Nacht Wachhabender. Die PoharLPohar-Patrouille ist ja nicht mehr, nur der „Pendelmann“ (Dorfpatrouille zur Verbindung: unser QuartierLPohar!Quartier – ÖlberghausLPohar!Ölberghaus – Leutnant – zurück), alle 3 Stunden.
Die Infanterie rückt immer weiter uns auf den Hals. Sie sitzt schon auf der ProschPProsch, Soldat-Höhe, links davon wird ein MG aufgestellt. Infolgedessen pfeift’s um unser Haus; mit dem Glas können wir sehr schön über die 222 ProschPProsch, Soldat-Höhe weg und durch die Schlucht zwischen PoharLPohar und ÖlbergLÖlberg die russischen Stellungen besehen. Geschrieben, gestern und gestern Kartenskizze gezeichnet und durchgepaust. NachtEs pfeift immer ums Haus, wahrscheinlich verirrte Schüsse, die der neuen Feldwache links auf dem PoharLPohar gelten; vielleicht auch gezielte, da anscheinend besonders heftig, wenn sich einer zeigt. Nachmittags Post: Ich habe kein Päckchen, nur Briefe von TPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte und MetzPMetz, Erich, Mitglied der Freischar Jena I. Ich spreche mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, ob er sich wohl befriedigt fühlen wird als Seeoffizier, ohne geistige Tätigkeit. Ich erzähle von meinem Studiengang, wie ich mir Zeit genommen, nicht gleich ein festes Ziel gewählt, und erst später meine Begabungen kennengelernt habe. Auch von BaedekerPBaedeker, Karl Wilhelm, 1877-1914, dt. Physiker, Prof. in Jena usw. Draußen regnet’s etwas. Man erzählt, es sei Nachricht vom 1. Trupp, der in TucholkaLTucholka liegt, dass wir 1. IV. in MünchenLMünchen aufgelöst würden, 25. III von VoloczLVolocz führen. Abends ½ 9 geh’ ich mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, der Dienst hat, auf Revision. ÖlbergpostenLÖlberg, HagmannPHagmann, Soldat sagt, dass anderntags auch MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat mit ProschPProsch, Soldat ins ÖlhausLPohar!Ölhaus soll. Ich bin zu müde und fahre nach Haus; fest geschlafen.
RothePRothe, Soldat kommt und erzählt, dass der Leutnant sich (den Trupp) der Infanterie immerfort anbietet, obwohl nichts mehr für uns zu tun ist, und sich dadurch lächerlich macht. Er ironisiert und bringt uns alle heftig zum Lachen, will zu Hause eine Operette über Leutnant und NietzschkePNietzschke, Feldwebel schreiben. Nachts mit ThiloPThilo, Soldat im Bett (zum ersten Mal in den KarpatenLKarpaten) als Wachhabender.
Prachtvolles Sonnenwetter. Schreibe. 1h nach dem Appell mit ThiloPThilo, Soldat losgefahren, etwas Bogen und Schwünge geübt, dann Revolverschießen auf die Hüttentür, und in den Schnee: Große Einschießlöcher. Hinauf zum DautskiLDautski; immer herrlicher der Blick auf den ZwininLZwinin. Die Berge rechts und besonders links vom ZwininLZwinin. Ganz hinauf. Auf die andere Seite. Prachtvoller Blick in das weite Tal drüben. Alles sieht so nah aus in der klaren sonnigen 🕮 Luft. Viele Wildspuren, Hirsche; Hasen. Hinüber in den BuchenwaldLBuchenwald, dann auf einen Rammelplatz.27Platz, an dem sich Hasen und Kaninchen paaren. Ein Revolverschuss scheucht keine Tiere auf. Abfahrt, erst etwas rutschig auf steilem Harsch, dann wunderbare Fahrt in elastischer Schwebe hinab; dann weiter auf die Vorhügel und hinunter. Bald kommt Post, viel Briefpost: LisisPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner Brief aus BerlinLBerlin, LenisPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman Brief mit BjørnsonsPBjørnson, Bjørnstjerne, 1832-1910, norweg. Schriftsteller Synnøve SolbakkenBBjörnson@Bjørnson, Bjørnstjerne!1909@Synnøve Solbakken, Stockholm, 190928Siehe LL ., KunstwartIDer Kunstwart, Zeitschrift, Kriegsflugblatt 223 für die Meißner JugendIFreideutsche Jugend, Zeitschrift (darin die WandervogelnovelleIWandervogel „Der Klotz und die Ursch“)‚BDerKlotz@„Der Klotz und die Ursch. Eine Wandervogel-Geschichte“, Otto Bojarzin (Hrsg.), Vom Wandern und vom bunten Rock, Wolfenbüttel, 1916 HilfeIDie Hilfe, Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst, WynekensPWyneken, Gustav, 1875-1964, dt. Reformpädagoge, Gründer der Freien Schulgemeinde Wickersdorf RedeBWyneken, Gustav!1915@Der Krieg und die Jugend, München, 1915..29Wyneken, Der Krieg und die Jugend. Siehe LL .
Abendessen. Man konstatiert, ich esse überhaupt zu viel; Nikotin und Alkohol schade weniger. Noch allerhand gelesen.
Es kommt Befehl vom Leutnant: ThiloPThilo, Soldat, HagmannPHagmann, Soldat, RothePRothe, Soldat und eine ganze Anzahl Schützen (namentlich bestimmte) sollen zu einer Patrouille kommen. Geheimer Befehl von der Division. Ich bedauere lebhaft, nach der langen Untätigkeit diesmal nicht mitzukommen. Wir vermuten, es handelt sich um Untersuchung von 1091 und RenzhöheLRenzhöhe und der Schluchten und russischen Stellungen dort; vielleicht ist bald ein Infanterieangriff in dieser Gegend geplant, als Überraschung; die Russen hatten hier bisher keinen Gegner vor sich liegen.
Mittags kommt die Patrouille wieder; Resultat: Die Zeichner nehmen die Gegend von verschiedenen Punkten auf, das ist alles. Nachmittags ½ 4 Besprechung beim Leutnant. Er schickt die Karten Skizzen der Zeichner mit angegebenen Anmarschwegen (8 bzw. 5 Stunden von der Straße bis zum Sammelplatz) nach TucholkaLTucholka an die Division, über Oberleutnant von RenzPRenz, von, Oberleutnant. Dabei Text, der auf die Schwierigkeiten genügend hinweist. Der Leutnant hat sich selbst überzeugt, dass diese Gegend zum Angriff jetzt, nachdem die Russen auch hier genügend Befestigungen angelegt, wohl ebenso viele Schwierigkeiten bietet, wie die bisherige (weiter rechts).
BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier besucht und ein neues Wachtbuch erbettelt. Auf dem PoharLPohar rechts und links bei den Feldwachen die Melder revidiert und die Gegend erklärt. Auf dem Kamm ist jetzt getretener Infanterieweg; in der Mitte auf einer Lichtung Schützengraben mit Doppelposten. 7h 7h zurück, Appell, dann ins ÖlhausLÖlhaus, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat besucht. ProschPProsch, Soldat geht gerade mit 4 Mann auf eine Patrouille. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat bewirtet mich gut. Wir sprechen über ThiloPThilo, Soldat, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat hält ihn für klug, ja schlau, aber doch auch oberflächlich; er meint, allerhand in BiebersteinLBiebersteinIHermann-Lietz-Schule Schloss Bieberstein30Hermann-Lietz-Schule im Schloss Bieberstein. Vgl. TB 2. III. 1915R. angelernt. Ich meine umgekehrt: BiebersteinLBiebersteinIHermann-Lietz-Schule Schloss Bieberstein hat den gesunden Kern in ihm entwickelt, während irgendwelche sonstige Umgebung ihn durch ihre Umgangsformen und Ton zur Oberflächlichkeit beeinflusst hat; Schwierigkeit der Erziehung bei so häufigem Wechsel, und früh aus dem Elternhaus. ÖlbergpostenLÖlberg oben revidiert.
6h beim Leutnant gemeldet. Hygienische Maßnahmen: Cholera-Impfung nachholen, Latrinegruben. Wieder wunderschöner Tag. BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier224 besucht uns. Geschrieben. Nachmittags Feldpost, Brief von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann (sie und AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann gehen jetzt auf Reise, DarmstadtLDarmstadt, FreiburgLFreiburg, LichtentalLLichtental) Gretel FathPRisse, Margarethe, geb. Fath, Gretel genannt, Lehrerin, verh. mit Otto Risse, Hans RothePRothe, Hans, 1894–1977, dt.-am. Übersetzer und Dramaturg, Sohn von Elisabeth und Karl Rothe, Mitglied des Serakreises. Nachmittags sind Leutnant, ThiloPThilo, Soldat, usw. auf Patrouille: Abends spät zurück, sie haben sehr schöne Fahrt gemacht, über den DauzkiLDauzki, bis zur Gardedivision. Inzwischen vertrete ich ThiloPThilo, Soldat bei Appell usw. und mache die Wacheinteilung; nur mit Mühe und ziemlicher Beanspruchung der Leute geht’s. 🕮
Morgens etwas wolkig, dann herrliche Sonne. In der Nacht haben wir starkes Feuer von Infanterie und MG gehört. Morgens Nachricht: Ein russischer Angriff ist abgeschlagen worden. Ich lese Synnøve SolbakkenBBjörnson@Bjørnson, Bjørnstjerne!1909@Synnøve Solbakken, Stockholm, 1909, sitze dann auf dem riesigen Schwellenstein am Türpfosten in der Sonne und vertiefe mich ganz ins Buch, lebe in einer andern Welt. Dann lege ich mich auf SchmudesPSchmude, von, Leutnant Lager, auf den Baumstamm gebettet, träume in den blauen Himmel hinein. LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman schrieb, dass sie bei den nordischen Erzählungen oft an mich denkt. Ich glaube ich, ich bin diesen Menschen irgendwie innerlich verwandt; ich kann so gut mit ihnen fühlen. Warme Sonne, blau-weißer Schnee auf allen Bergen, frühlingswarme Luft; man lebt auf. Man glaubt wirklich zu fühlen, jetzt muss es bald kommen: Sieg und Frieden (so schrieb auch Gretel FathPRisse, Margarethe, geb. Fath, Gretel genannt, Lehrerin, verh. mit Otto Risse (?), „Und ist doch noch so lang bis dahin.“). Nachmittags einen Lagerplatz im Schnee geschaufelt, ein Flieger brummt, etwas geschrieben. WynekenPWyneken, Gustav, 1875-1964, dt. Reformpädagoge, Gründer der Freien Schulgemeinde WickersdorfBWyneken, Gustav!1915@Der Krieg und die Jugend, München, 1915. gelesen. [Ziel des Krieges nicht politisch, sondern ethisch: Nicht „größeres DeutschlandLDeutschland“, sondern „jüngeres DeutschlandLDeutschland“; innere Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit. „Sorgen wir nur für Kultur in DeutschlandLDeutschland‚ – deutsche Kultur wird sie dann von selbst werden.“]
Oberjäger vom Dienst. 12h zum Leutnant. Wenn in der Schlucht zwischen ÖlbergLÖlberg und PoharLPohar tatsächlich vor unserm Posten ein Infanterieposten steht, soll unserer unbedingt weiter vor, um mit dem andern zu „konkurrieren“. Nachmittags Feldpost, sehr reichlich. 10 Pakete, ein großes Paket von Pfarrer FerlingPFerling, Pfarrer, in MuttersPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann Brief ein Brief von ChaPCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf Carnap an AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann, ein Brief von LottePFrankenberger, Lotte, 1893–1934, geb. von Baußnern, Schwester von Walther und Friedrich von Baußnern, heiratete 1918 Julius Frankenberger; germanisches HeldentumBNeckel, Gustav!Germanisches Heldentum, Jena, 1915.31Neckel, Germanisches Heldentum. Siehe LL . 6h auf Revision gefahren, es war Tauwetter, jetzt abends Harsch; schon viele schneefreie Stellen. PoharLPohar rechts, Kamm links, in die Schlucht hinab, ÖlberghausLPohar!Ölberghaus. Mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat hinein. ProschPProsch, Soldat bewirtet mich mit Bratkartoffeln und Sauerkraut. Aussichten auf baldiges Fortkommen werden besprochen. Mit ProschPProsch, Soldat ÖlbergpostenLÖlberg revidiert; linker Schluchtposten, weit vorgeschoben, 225 wird durch Rauschen des Baches gestört; es findet sich aber kein besserer Platz. Nach Hause. Zwischen 11 und 12. Noch etwas gelesen.
Den ganzen 6h beim Leutnant gemeldet. Wieder ins Bett. Den ganzen Rucksacküberzug vollgepackt, zumcOriginal zur.Rucksackerleichtern. Wir dürfen nämlich Sachen ins Depot TucholkaLTucholka schicken. Die Anzeichen, dass wir bald wegkommen, mehren sich. Auch Päckchen nach Hause geschickt. Gelesen, geschrieben. Ich lasse von Domrich32Buchhandlung in Naumburg. „Germanisches Heldentum“BNeckel, Gustav!Germanisches Heldentum, Jena, 1915 an 9 Bekannte schicken. An TPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte und ChaPCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf Carnap geschrieben.
Es kommt Befehl: Morgen muss ich mit meiner Korporalschaft ins ÖlhausLPohar!Ölhaus. Da gibt’s mehr Dienst, besonders für die Leute, aber ganz interessant: Selbstständigkeit, und weiter vorne. Ich würde mich freuen, wenn MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat dabliebe.
1h muss ich mit DrewskiPDrewski, Soldat zum Leutnant. Damals in der Nacht, als ich mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat fuhr, um den verwundeten SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II zu suchen, hätte ich nicht den DrewskiPDrewski, Soldat zum Stellvertreter ernennen sollen, der bald selbst wegmusste. ProschPProsch, Soldat hat gesagt, dass DrewskiPDrewski, Soldat und DienerPDiener, Soldat ihre Patrouille nicht gelaufen sind. DienerPDiener, Soldat hat zum Leutnant 🕮 gesagt, DrewskiPDrewski, Soldat habe das aus Müdigkeit vorgeschlagen. DrewskiPDrewski, Soldat ist empört. Der Leutnant sagt, er will die Sache auf sich beruhen lassen, um des Rufs des Trupps willen. DrewskiPDrewski, Soldat erzählt, dass DienerPDiener, Soldat überhaupt in seinem QuartierLPohar!Quartier hat bleiben wollen, aber ProschPProsch, Soldat sie auf die Patrouille gejagt hat. Dann hat DienerPDiener, Soldat, weil’s schon spät war, zur Rückkehr aufgefordert, unten wieder ProschPProsch, Soldat getroffen, und ist sehr erschreckt gewesen. Ich glaube DrewskiPDrewski, Soldat mehr; DienerPDiener, Soldat ist ein unzuverlässiger Charakter.
Nachmittags aus dem „Rucksackerleichterungsbeutel“ die HändelPHändel, Georg Friedrich, 1685-1759, dt.-brit. Komponist-Sonaten wieder herausgeholt.33Händel, Violinsonaten. Siehe LL . Jenen selbst zur Bagage geschickt. Wieder mal HändelPHändel, Georg Friedrich, 1685-1759, dt.-brit. Komponist gepfiffen.
Es gibt Feldpost. Nicht viel. Ein kurzer Brief von EvaPBergemann, Eva, 1896–1983, geb. Rothe, Ärztin, heiratete 1919 Friedrich Bergemann, Tochter von Elisabeth und Karl Rothe, Mitglied des Serakreises: Alle Gedanken bei der Arbeit, Verwundetenpflege.
Abends wird großes Trara mit dem Hauspärchen (FedorPFedor und MaruschkaPMaruschka) getrieben, mit Mundharmonika-Begleitung.
Am Palmsonntag Zug auf den Ölberg. Vormittags aller Kram zusammengesucht und gepackt. 12h abgerückt. Zum Glück erleichterter Rucksack. Deshalb angeschnallt und gut hingekommen. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat fo226tografiert uns mit den Infanterie-Feldwebeln. ProschPProsch, Soldat ist noch auf Patrouille. Schwierigkeiten der Einteilung, da jeder mal die verschiedenen Posten (Höhenposten auf dem ÖlbergLÖlberg, Schluchtposten links vom ÖlbergLÖlberg (leider am rauschenden Bach), KryweLKrywe-Patrouille alle 4h) kennenlernen muss. Die Kochkiste kommt; endlich mal wieder daraus gegessen. 5h zur Befehlsausgabe zum Leutnant, mit ThiloPThilo, Soldat, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, NietzschkePNietzschke, Feldwebel, BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier. Haupt Oberleutnant RenzPRenz, von, Oberleutnant vermutet, dass man die Einjährigen nach Hause schicken wird, um ihnen eine ihnen zukommende, gründliche Ausbildung zu geben, da Mangel an Chargen herrscht. Am 30. sind die Truppenführer nach TucholkaLTucholka befohlen. Da wird sich wohl einiges entscheiden. Es regnet in Strömen, und die Aussicht, in den Schützengraben zu kommen, wirkt daher jetzt beängstigend. Mit ThiloPThilo, Soldat und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat nochmal hinaufgegangen, um einige Sachen zu holen. Der Windanzug wird durchnässtdOriginal durchnass.. Feuerwachen eingeteilt, selbst bis 11 aufgeblieben, dann müde hingelegt.
Morgens ist die Stimmung allgemein besser, als es wieder hell wird. Es regnet auch nicht mehr. Holz gesägt. Mal ordentlich mit Tee gefrühstückt. 10h 2 Leute müssen aufs Revier, Einteilungsschwierigkeiten. 10h selbst Patrouille nach KryweLKrywe. 11h kommt der Leutnant, ordnet Verbindungsgang: PoharLPohar-Patrouille – Feldwache PoharLPohar Westausgang an. 12h laufe ich diese Patrouille mit BartezkiPBartezki, Soldat. Zu ThiloPThilo, Soldat ins „Thilodorf“ hinab, um 2 Ersatzleute zu holen. Sind schon zum ÖlhausLPohar!Ölhaus geschickt. Nachmittags Feldpost, reichlich, B von ChaPCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf Carnap, P und B von MargretPArends, Margret, †1941, auch Mat, Naumburger WV, Schneiderin, Mitglied des Serakreises, heiratete Mitte der 1920er-Jahre Julius Wiener. ½ 6 Befehlsempfang beim Leutnant. Nichts Besonderes. Dann BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier besucht, Kerze bekommen. Wir haben ja so schlechte Beleuchtung im ÖlhausLPohar!Ölhaus; die Feuerwache kann nicht lesen oder schreiben, wenn die erste Kerze aus ist. Abends noch gegessen und geschrieben, B an Gretel FathPRisse, Margarethe, geb. Fath, Gretel genannt, Lehrerin, verh. mit Otto Risse‚ 🕮 Karte an LisiPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner.34Carnap an Elisabeth Czapski, 29. III. 1915 (WF). Nachts verschläft sich SchmudePSchmude, von, Leutnant um eine Stunde, die Posten verschieben sich: KochPKoch, Soldat schimpft, weil er 3 Stunden gestanden hat. Es kommt aber alles wieder in Ordnung.
Neueinteilung der Posten mit übersichtlicher Tabelle. Um 5h früh kommt eine Anfrage vom Leutnant wegen Postenstellung auf den ChochnowkaLChochnowka, schon mit ablehnender Antwort von ThiloPThilo, Soldat; ich ebenso. Es kommt dann Befehl, je 2-mal bei Tag und bei Nacht eine Patrouille auf den „falschen Chochnowka“LChochnowka zu schicken; dazu bekomme ich 4 Mann Verstärkung. Mittags gehe ich selbst mit WeihrichPWeihrich, Soldat und DöllPDöll, Soldat hinauf. Vorgestern 227 war da ProschsPProsch, Soldat Patrouille, wo er beschossen worden ist. Seine Spur ist zu Ende. Ich gehe natürlich noch höher. DöllPDöll, Soldat: „Da sind wir ja beinahe auf dem Gipfel, wo die russische Feldwache ist.“ So wird man durch den Dummkopf doch etwas nervös; mit aller Vorsicht hinauf. Nichts oben, nur alte Spuren (werden Wildspuren gewesen sein). Hinunter. In die Schlucht. Den Schluchtposten 20 m nach rechts verlegt, damit der Bach nicht so stört; vorher mit WagnerPWagner, Soldat lustig auf allen den dort mündenden Wegen herumgelaufen. Im strömenden Regen zurück. Ich kriege kaum mein Zeug trocken.
½ 6 Befehlsausgabe beim Leutnant. Er war morgens beim Oberleutnant in TucholkaLTucholka; unsere Zukunft ungewiss, der Oberleutnant hat aber der Division gemeldet, dass er 50 Mann seiner Kompanie nach DeutschlandLDeutschland schicken muss, zur Ausbildung als Offiziersaspiranten. Hauptmann GiersbergPGiersberg, Hauptmann von der 6. Skikompanie in KryweLKrywe hat angeregt, und der Leutnant befiehlt jetzt: Die KryweLKrywe-Patrouille soll über den ChochnowkaLChochnowka laufen. Schwieriger Weg, Gefahr wegen des lauten Harsches. WeberPWeber, Soldat als Führer führt ½ 11 mit 3 andern. ½ 2 zurück.
Weg zu schwierig. Deshalb gemeldet. Morgens mit WeberPWeber, Soldat zum Leutnant. Zeigt uns die Skizze des Hauptmanns. Ist falsch, die Schlucht geht ganz hinauf, man muss also hindurch. 10h kommt der Leutnant selbst zu uns hinaus. Mit ihm, WeberPWeber, Soldat und HeidrichPHeidrich, Soldat auf den ChochnowkaLChochnowka. Die „Hexe“ auch mit, wird auch mal an die Leine genommen, als er sich verirrt hat. Blick vom Chochnowka-GipfelLChochnowka zum ZwininLZwinin hinüber, der Kamm im Nebel. Wir bemerken an scheinbar Flaggen oben an Sträuchern. Es sind Zettel in roter, grüner und weißer Farbe mit Antwort in polnischer Sprache auf die Zettel, die wir mal (in Russisch) an die HeustadelLZwinin!Heustadel gebracht haben. Es wird festgestellt, dass die Schlucht so unwegsam ist, dass eine ständige Patrouille hinüber nicht möglich ist. Wir suchen einen Platz für die Rufverbindung mit dem gegenüberliegenden Posten der 6. Kompanie und können uns auch gut damit verständigen. Abfahrt. Unterwegs viele Hirschspuren, sehen oft Fußspuren täuschend ähnlich.½ 1 zurück. Ich zeichne 2 Skizzen der Gegend (mit Höhenlinien) und schicke sie zum Leutnant (für Hauptmann GiersbergPGiersberg, Hauptmann und für die Division), der sehr zufrieden mit der Ausführung ist. ½ 6 Befehlsempfang beim Leutnant. Er erklärt nochmal die Wichtigkeit des ChochnowkaLChochnowka. Gefahr bei russischer Besetzung; Notwendigkeit und Günstigkeit deutscher Besetzung durch starke FW; schreibt GraebschPGraebsch, Leutnant auch an die Division. Nachmittags gab’s Feldpost, auch P und B von MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises. Abends nur die trüben Nachtlichter. HauschildPHauschild, Soldat hat eine Kerze. Aber bald aus. Deshalb schon ½ 11 zu Bett. 228 Die Leute haben jetzt immer 6h statt 4h Pause zwischen den Posten, weil ich die Verstärkung hier behalte, obwohl ich ChochnowkaLChochnowka-Patrouille und KryweLKrywe-Patrouille zusammenlege. 🕮
IV / 1915 Es schneit kräftig und es ist wieder alles weiß. 7h kommt StaudtPStaudt, Soldat mit der Meldung vom Leutnant, dass Hauptmann GiersbergPGiersberg, Hauptmann schreibt, er habe auf dem NW-Hang des ChochnowkaLChochnowka einen UO-Posten, den soll ich feststellen lassen. Ich schicke (meine) Skizze mit der 8h KryweLKrywe-Patrouille, dass Hauptmann GiersbergPGiersberg, Hauptmann oder schon der vorderste DP oben auf dem Weg den Standort einzeichnet. Der Hauptmann zeichnet es auf den NW‑Hang des ChochnowkaLChochnowka. Ich glaub’s nicht, auch nicht der Leutnant, den ich oben bei ThiloPThilo, Soldat finde. Dieser hat nach der Karte eine feine Skizze gemacht, schraffiert, bringt sie mit dem Bericht vom Leutnant selbst nach TucholkaLTucholka zur Division. Schneit feste, schon wieder alles weiß.½ 6 zum Befehlsempfang. Treffe am Dorfausgang den Leutnant, wir werden vom ZwininLZwinin durch die PoharLPohar-Schlucht tüchtig beschossen, nicht schlecht gezielt. Beim Leutnant kommt meine KryweLKrywe-Patrouille zurück, hat den sogenannten „Choch“-UO-Posten aufgesucht, der liegt aber jenseits der Schlucht.
Abends wird höchste Alarmbereitschaft von der Infanterie befohlen. HagmannPHagmann, Soldat revidiert und besucht uns. Er hält den Schluchtposten für zu exponiert. Ich ziehe ihn an die linke Seite des Drahtverhaus zurück, wo er den Weg am Bach und den Osthang des ChochnowkaLChochnowka sichert. Ich melde das dem Leutnant. Die Meldung kommt zurück mit Vermerk „einverstanden“. Wir schlafen umgeschnallt. Da alle Kerzen ausgebrannt sind und wir keine Petroleumlampen da haben, müssen die Feuerwachen im Dunkeln sitzen oder immer ins Feuer kucken.
Meldung aus KryweLKrywe. Die Quartiere der 6. Skikompanie sind gestern nachmittag mit 6 schweren Granaten beschossen worden. Sie bauen sich jetzt Unterstände. Um 8h bei MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, mit Apfelkraut35Süßer Brotaufstrich. bewirtet. Mit ihm, ThiloPThilo, Soldat und ClauderPClauder, Soldat zum DauzkiLDauzki hinauf. Von der andern Seite kommen der Leutnant und MertensPMertens, Soldat. Zum Artillerie-Beobachtungsstand. Wir lenken das Feuer der Haubitzen auf die Schützengräben, die den Schlucht-Posten und die Straße beim Dorfausgang beschießen. Sehr gute Beobachtung. Mehrere Treffer in den Graben. Der Major kommt und macht selbst die Beobachtung durchs schwere Fernrohr. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat fotografiert, auch die beiden Hunde des Leutnants. Prachtvolle Aussicht; in der Sonne sind wir warm geworden, dann frieren wir oben in der kalt klaren Luft. Schön 228 ist der Blick auf die andere Seite. Erst weites flaches Land, dann wieder hohe Ketten. Schöne Abfahrt. 1h zurück. Neue Wacheinteilung gemacht. Hinterm HausLPohar!Haus oben an dem SchuppenLPohar!Schuppen, der als Brennholz abgebrochen wird, in der Sonne gesessen und geschrieben.
Einige Tage keine Post mehr. Auch Brot wird 4 Tage lang nicht ausgeteilt. Schönes sonniges Wetter, wir liegen zuweilen in der Sonne auf dem Gras.
Staudt kommt ins ÖlhausLPohar!Ölhaus, die MG-Leute werden abgeschoben, dadurch einiges Durcheinander. … ? Der 15. Trupp kommt aus TucholkaLTucholka, soll sich 24-stündig mit uns ablösen, bekommt aber von Major DorndorfPDorndorf, Georg, Major Befehl, den ChochnowkaLChochnowka zu besetzen. MorichPMorich, Soldat meldet das nicht an GraebschPGraebsch, Leutnant, dem er doch unterstellt ist. Meine ChochnowkaLChochnowka-Patrouille meldet es. Der Trupp begegnet einer 30 Mann starken Patrouille, ein Mann tot, ein Gefreiter vermisst. Wir müssen also weiter unsern Dienst tun. 🕮 Wir bekommen aber 20 „Kombattanten“ Verstärkung (kommen erst am 7. abends). Ich ziehe in die vordere sonnige Stube, HeidrichPHeidrich, Soldat kocht. Brät uns immer von dem Kalb, das am Fenster hängt.
Mit Leutnant, Major und Leutnant GabrielPGabriel, Leutnant (von der Artillerie; der den Unterstand hat) auf Pohar-WestLPohar-West. Die Kombattanten bauen vorne einen langen Schützengraben auf unserm alten Patrouillen-Waldweg. Zum ÖlbergLÖlberg hinauf, dem Artillerie-Offizier wird’s heiß; der Leutnant meint, ihm macht’s nichts, da er ja Bergschütze werden wird. Post, und abends noch einmal. Brief von Onkel GustavPRohden, Gustav von, 1855–1942, auch Onkel Gustav, ev. Theologe, in erster Ehe verh. mit Agnes Dörpfeld, 1858–1907, einer jüngeren Schwester von Rudolf Carnaps Mutter, in zweiter Ehe mit Gertrud von Rohden, Vater von Agnes Crönert, Friedrich, Gotthold, Harald, Hedwig, Heinz, Luise und Wilhelm von Rohden, der meine Aufzeichnungen gelesen hat.36Vgl. TB 15. III. und 16. II. 1915 Brief von Hans RothePRothe, Hans, 1894–1977, dt.-am. Übersetzer und Dramaturg, Sohn von Elisabeth und Karl Rothe, Mitglied des Serakreises (seine Eltern scheinen mit seinen Plänen nicht einverstanden) und MäuschPRothe, Gabriele, *1900, verh. Smith, gen. Mäusch, Tochter von Elisabeth und Karl Rothe, Mitglied des Serakreises, mit Wollsachen, o weh! P von NohlPNohl, Herman, 1879–1960, dt. Philosoph, bis 1919 Privatdoz. In Jena, danach Prof. in Göttingen und Trude HoltzePZeilinger, Gertrud, geb. Holtze, Trude genannt, Musiklehrerin in Wickersdorf. Abends schleppe ich mit Kopfschmerzen noch einen Postsack herauf. Nusskörbchen von LisiPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner mit B, hat meine Aufzeichnungen von FlitnerPFlitner, Wilhelm, 1889–1990, dt. Pädagoge, heiratete 1917 Elisabeth Flitner, Mitglied der Jenaer Freistudentenschaft und des Serakreises, Mitbegründer der Volkshochschule in Jena bekommen. StaudtPStaudt, Soldat hat jetzt die Wache. Alarmbereitschaft. Wir machen alles fertig, entleeren den Rucksack bis auf das Notwendigste (dabei sind die Körbchen von LisiPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner).
Die ganze Infanterie-Feldwache mit dem Feldwebel zieht ab. Wir behalten die 20 Kombattanten mit ihrem Unteroffizier, die wir mit ihr teilen sollten, für uns. Sie besetzen die beiden Unteroffiziersposten links in der Schlucht und auf dem ÖlbergLÖlberg und helfen uns Postenstehen. Es gibt wieder Brot, ein „Trupp-Schwein“, usw.
Nachmittags habe ich Lust, mal wieder eine Patrouille zu machen, SchröderPSchröder, Soldat, PeterPMüller-Munk, Peter, 1904-1967, dt.-am. Industriedesigner, Sohn von Gertrud Müller-Munk und Franz Müller und WagnerPWagner, Soldat wollen hinauf. Der Leutnant hat nämlich gesagt, 230 die Division hat geschrieben, sie lege Wert darauf, dass das Gelände zwischen Zwinin IILZwinin II, 1091, 1038 durch Patrouillen erkundet wird. In der linken Schlucht holen wir uns am MG noch BartezkiPBartezki, Soldat: DienerPDiener, Soldat und die MGer necken uns: Wenn wir oben Damit sie sehen, dass wir wirklich bis oben zu dem weißen Schneefleck kommen, sollen wir von dort winken. Na, das haben wir ja schön getan. Links schräg aufwärts, aber oben der Sattel zwischen ChochnowkaLChochnowka und 1091 ist waldfrei, deshalb wieder etwas hinunter und ziemlich horizontal am steilen Waldhang entlang. Sehr ermüdend, tiefer Schnee, aber um die Bäume herum getaut. Durch mehrere steile Bachbetten. Schließlich in einen Hochwald. Anscheinend frisch gefällte Bäume. Es macht Spaß, mit mutigen Leuten zu gehen; wir müssen einen ungedeckten Hang zum Bach hinunter. In Abständen läuft einer nach dem anderen hinab. Auf der Renz-HöheLRenz-Höhe scheint kein Russe aufzupassen, oder kein Posten auf dieser Seite zu stehen. Eine ziemlich kahle Schlucht hinauf, oben an den Waldrand rechts, teils davor, teils dahinter. Ein Strohschober mit scheinbarem Zweigverhau harmlos. Ebenso gleich lange Pfähle, zeltartig an einen Baum gelehnt (mit BartezkiPBartezki, Soldat aufgepflanzt daran gegangen). Vom tiefen Schnee und Regen recht nass. Weiter hinauf. An den Schneefleck. Mal nach links hinüber, da wird’s aber unsicher. Rechts können wir von dem „Dreieck“ gesehen werden, doch fährt meist Nebel dazwischen. Mal glauben 2, drüben einen Mann vom Schützengraben hergehen zu sehen. SchröderPSchröder, Soldat und WagnerPWagner, Soldat lachen BartezkiPBartezki, Soldat aus, dass er immer noch höher will, um „die Leute im Schützengraben einzeln abzuzählen“. Mir tut’s leid, dass deren Mut jetzt doch seine Grenze erreicht hat. Ich fühle mich 🕮 gerade heute so ruhig und könnte noch viel weiter gehen. Wir sehen dann noch über eine Böschung hinüber, gehen an einem volleneOriginal vielen. Heustadel vorbei, weiter oben 2 schon abgegraste. Plötzlich geht der Nebel weg, und wir stehen ungedeckt den Schützengräben des „Dreiecks“ nahe gegenüber. Schleunigst zurück. Der Heustadel wird angesteckt 6h. WagnerPWagner, Soldat zündet sich noch eine Zigarette daran an. Da fängt’s aber auch schon an zu pinken37Niederdeutsch für funkeln, glitzern.. Ich überzeuge mich noch, dass die Flamme wirklich gefasst hat, dann schleunigst zum Waldrand und in Hast hinab in den steilen Wald, immer noch Schüsse hinter uns: Wir kugeln förmlich in dem glatten Urwald. Dann in Ruhe, aber doch ziemlicher Eile hinab zum Bach. Dann gemütlich nach Hause, meist im Bachbett. SchröderPSchröder, Soldat hat sich oben von uns verloren, er findet sich unten wieder. Über dem Wald 231 sehen wir starken Qualm, wie von einer Fabrik, die Flamme können wir leider nicht sehen. Das MG ist schon zur Prosch-HöheLProsch-Höhe geschleppt, die Leute haben nichts gesehen. 215 – 645. Der 7h-HöhenpostenLRenz-Höhe!7h-Höhenposten meldet, das Feuer gesehen zu haben. Es ist einer der ganz Neuen; „beinah ganz oben“ meint er. HeidrichPHeidrich, Soldat hat das Feuer noch bis 10h gesehen. Kurze Meldung an den Leutnant. MertensPMertens, Soldat erzählt später, er sei zufrieden gewesen, „das ist ja schneidig“.
Der 13 Trupp unter LöwenhardtPLöwenhardt, Soldat kommt auch noch, aus TucholkaLTucholka. Vormittags 8h Sturmangriff. Zwinin ILZwinin I und westlich davon wird genommen. Laute Detonationen der Minen und Gewehrgranaten. Abends ist der Kamm streckenweise in unserm Besitz.
1038 wird genommen. Es ist zu fatal: Man weiß gar nicht, was die andern Trupps unternehmen, wenigstens wird uns hier hinaus nichts gemeldet. Ich bin so enorm unternehmungslustig. Abends beim Einschlafen denke ich an nichts als Patrouillen, Überfälle und dergleichen auf dem ZwininLZwinin. Man hört, LöwenhardtPLöwenhardt, Soldat rückte mit dem ganzen Trupp hinauf, GraebschPGraebsch, Leutnant wolle auch hinauf, usw. Endlich Meldung: LöwenhardtPLöwenhardt, Soldat schickt 2 Patrouillen gegen 1091, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat sagt, wenn die uns früher als wir melden, die Stelllungen seien geräumt, so wird unser Leutnant unzufrieden. Wir schicken schleunigst BrennauerPBrennauer, Soldat gegen Renz-HöheLRenz-Höhe, dann StaudtPStaudt, Soldat links in die Schlucht; unser Höhen-Posten meldet, rechts von der Renz-HöheLRenz-Höhe sieht man schon Deutsche in bei den Gräben herumlaufen. Ob wir bald aufbrechen? Ich schicke schleunigst 3 P nach JenaLJena. Wenn unser Leutnant nur bald was unternähme oder irgendeine Verfolgungsaktion beföhle; schlimm dafür, dass LöwenhardtPLöwenhardt, Soldat, als der Dienstältere, den Befehl über die 3 Trupps hat, und er sehr unternehmungslustig ist. Womöglich zieht er mit seinem Trupp los, und wir sitzen hier. BrennauerPBrennauer, Soldat kommt mit einem Gefangenen aus einem Unterstand, und einer Handgranate zurück, StaudtPStaudt, Soldat erzählt, dass er auf der andern Seite in OrwachikLOrwachik gewesen ist. Nachmittags gehe ich zu ThiloPThilo, Soldat und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, um zu hören, was eigentlich geschehen wird. Wo ist der Leutnant? Auf dem DauzkiLDauzki. Aber zum Glück ist LöwenhardtPLöwenhardt, Soldat mit seinem Trupp nach TucholkaLTucholka zurückmarschiert. Ob ich mit einer Patrouille auf eigene Verantwortung losziehe? Ich habe nur Befehl: Sicherung des Abschnitts bis zum Kamm. Ich will lieber bis zum Befehlsempfang bleiben, um abzuwarten, was der Trupp unternimmt. ½ 6 zum Leutnant. Wir müssen lange warten. Dann kommt er endlich vom ZwininLZwinin, hat schöne bunt gestickte Hemden in den Unterständen gefunden, auch ClauderPClauder, Soldat eins. Regimentsbefehl: Für die verschiedenen Regimenter 232 und Bataillone werden ihre Auf Verfolgungsrouten und Stellungen vorgeschrieben. Wir sollen nach 1091 und Zwinin IILZwinin II Verbindung halten und ChochnowkaLChochnowka🕮 besetzen (MorichsPMorich, Soldat Trupp 15), und Sicherung des Dorfausgangs (unser Trupp). Vom ÖlhausLPohar!Ölhaus stellen wir nur noch den ÖlbergLÖlbergDP. Dadurch soll sich der Trupp für etwaige spätere Tätigkeiten ausruhen und Gelegenheit zu freiwilligen Patrouillen auf den Kamm und nach OrwachikLOrwachik gegeben werden. Ich nehme mir vor, des anderen Morgens möglichst früh mit wenigen hinaufzugehen, um in den Unterständen Sachen zu finden, und eventuell auch etwas weiter zu gehen. Wir schlafen natürlich diesmal ohne besondere Alarmmaßregeln. Plötzlich werden wir geweckt, StaudtPStaudt, Soldat ruft Alarm und alles fertig machen. Rucksack dalassen und ins Zimmer hinüberkommen! Es war nur ein Spaß. Das Befehlsbuch war gekommen (etwa ½ 11 Uhr): Divisionsbefehl die Trupps 14 und 15 rücken morgen nach TucholkaLTucholka ab, stellen aber den Infanteriebrigaden 1 und 2 je 2 Oberjäger und 10 Mann für Patrouille, und auch MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und Carnap. (Ob MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat das angestiftet hat, weil ich gestern so unternehmungslustig zu ihm sprach?) Die andern bemitleiden uns, die faulen Patrioten; nur einige mögen mit uns kommen.
Plötzlich kommt früh ClauderPClauder, Soldat, wir sollen uns beeilen, wenn der Trupp auch erst 12h abmarschiert; die Brigade habe einen neuen Angriff vor usw. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat schickt Nachricht, er nehme sich Zeit, ich soll ihm eine Liste schicken. WeberPWeber, Soldat (steht Post) und WagnerPWagner, Soldat (meldet sich freiwillig), die andern wollen nicht. Ich schlage noch BartezkiPBartezki, Soldat, Weiß FritzPWeiß, Soldat, SchmudePSchmude, von, Leutnant, DrewskiPDrewski, Soldat, HagmannsPHagmann, Soldat Leute vor. DrewskiPDrewski, Soldat kommt nicht mit, HagmannsPHagmann, Soldat Leute wollen anscheinend nicht ohne HagmannPHagmann, Soldat, bestimmen deshalb 4 von ProschPProsch, Soldat: WeihrichPWeihrich, Soldat, DöllPDöll, Soldat, ZimmermannPZimmermann, Soldat I (zu meinem Entsetzen!), SeilerPSeiler, Soldat. Wir sammeln uns bei MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat. Zum Leutnant. Er knurrt erst, dass wir so spät kommen (9h, und WeberPWeber, Soldat ist noch nicht da). Dann spricht er von dem ehrenvollen Auftrag; die Division habe uns beide genannt; der Oberleutnant habe vielleicht etwas damit vor. [Ob er uns bei der Bergschützentruppe halten will?] Schneegestöber. Nach 1038. Oben die Waldecke (damals mit SchmudePSchmude, von, Leutnant, KochPKoch, Soldat, DrewskiPDrewski, Soldat), erstaunlich hoch. Der Posten meint, die Brigade sei unten. Weiter über den Kamm, die Kolonnen und Offiziere wissen nichts von der Brigade. Ein Mann soll uns zum Leutnant VogtPVogt, Soldat führen. Unten in dem Unterstand ist er aber nicht mehr. Wir legen uns hinein. Einer mit dem Melder zurück. Wir liegen da, durchnässt, fröstelnd und essend auf etwas Heu. Die arme Infanterie, die Monate lang oft in solchen Unterständen hat übernachten müssen! Endlich kommt Nach233richt, ein Offizier meine, der Stab müsse in OrawaLOrawaOOrawa [Oryava] sein. Also hinab. Die Dorfstraße ganz unglaublich dreckig! Der Schlamm fußhoch, tiefe Löcher. Unser Sanitätswagen sitzt mit dem einen Rad bis an die Achse im Dreck, BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier daneben mit Unteroffizier SteimePSteime, Unteroffizier. Wir gehen nebenher über die Höfe und Wiesen usw., oft dick durch den Sumpf. Den Brigadestab finden wir nach 1/3 3 an der Straßenkreuzung in Orawa OstLOrawa Ost. Hinein. Der Adjutant (Haubmann)PHaubmann, Soldat mit einem Oberleutnant am Telefon. Wir übergeben die Meldung. Bald kommt Generalmajor von WedelPWedel, Hasso von, 1859-1935, Generalmajor, den MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat persönlich kennt. Wir sollen erst Quartier suchen. Schwierige Suche. Alles zersplittert in die Häuser. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat wieder zum Stab, wir hängen alles zum Trocknen auf. (Mit DöllPDöll, Soldat und SeilerPSeiler, Soldat). Wir sind heillos froh, dass kein Befehl mehr kommt für Nachtpatrouille, so müde, hungrig und kalt sind wir. Die Nacht sehr hart gelegen‚ 🕮 nur mit Mantel zugedeckt. Der Rock hängt noch nass im Ofen.
Nach 7h geht MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat wieder zum Stab; 11 – 3h statt seiner DöllPDöll, Soldat. Wir bekommen Brot und Fleischkonserven. Die Sachen sind immer noch nicht trocken. Etwas gelesen und geschrieben. Es werden Leute geschickt, unsere Skier zu holen, die wir noch am PoharLPohar vermuten, sie sind aber in TucholkaLTucholka. Nachmittags werden deshalb einige dorthin geschickt, auch um Post zu holen. Sie kommen abends nicht wieder. Ich nehme habe deshalb Wolldecken zur Verfügung; es wird auch so besetzt genug im QuartierLOrawa!Quartier.
Endlich kommen sie aus TucholkaLTucholka zurück, und haben nicht einmal meine Post mit. Beim Stab gesessen, werde sehr hungrig. Mittags nach Hause, Kaffee und trocken Brot. Dann schenkt mir MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat von seiner Post. Schließlich Essen von den MG-Leuten. Aufzeichnungen geschrieben, von den einzelnen Leuten, auch MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat.38Offenbar nicht erhalten. Nachmittags sehen wir den 14. und 15. Trupp von TucholkaLTucholka her vorbeimarschieren. Unser Trupp soll nach PoharLPohar, die beiden andern auf den Berg. Genaueres wisse selbst der Leutnant nicht, sagen sie. Singend ziehen sie in Kolonnen zu einem‚39In einreihigen Kolonnen. NietzschkePNietzschke, Feldwebel voran, über die schlammige Straße. Abends noch gemütlich mit den Kronprinzern‚40Das Ostpreußische Grenadier-Regiment Nr. 1 „Kronprinz“. darunter 4 Unteroffiziere, zusammengesessen; die Hamburger reden platt, wir singen etwas; 2 Leute gehen auf Kartoffelpatrouille, dann brät HeimsPHeims, Soldat 2 riesige Pfannen voll davon; bis 11h.234
Es heißt, ein österreichisches Regiment werde all die Quartiere auf dieser Seite beziehen. Ob auch wir hinausmüssen, mit unserm prima Auftrag? Es regnet in Strömen; schon gestern war aller Schnee weg. Nachts sah man nördlich großen Feuerschein, vielleicht KoziowaLKoziowa. Auch heute schießen am Bach immer die Haubitzen, unten in der Nähe der Brigade, dass die Fenster klirren und der Kalk herunterfällt. Plötzlich Meldung: Ein österreichisches Regiment bezieht alle diese Quartiere. Wir bleiben ruhig, wir sind ja von der Brigade kommandiert. Aber plötzlich heißt’s: Hier hinein kommt der Bataillonsstab. Also schleunigst zusammengepackt. Einer ist schon auf Quartiersuche geschickt. In den strömenden Regen hinaus, unsagbarer Schlamm, nach OrawaLOrawa hinein, alle Häuser besetzt. An der KircheLOrawa!Kirche hinauf. Oben steht ToppPTopp, Soldat bei einem stecken bleibenden Wagen, weiß nichts von meiner Post, die RothePRothe, Soldat in TucholkaLTucholka im QuartierLTucholka!Quartier gelassen hat. Finde kleines Haus mit 2 Infanteristen, große Kuh nimmt die ganze eine Wand ein. Dort Gepäck gelassen, weiter gesucht. Artilleristen weisen mich ins QuartierLPohar!Quartier, das gerade Leutnant MüllerPMüller, Leutnant vom MG 43 verlassen hat. Schnell für alle belegt. Die andern geholt. Endlich kommt auch MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, genehmigt das QuartierLPohar!Quartier. Schuh umziehen.41Bedeutung unklar. „Schuh“ könnte der Name einer Person sein (die oder mit der man umzieht) oder auch ein (einzelner) Schuh. Einige bleiben hinten wohnen, die von denen 2 dauernd sich beim Stab einquartieren. Gemütliche Schicke BartezkiPBartezki, Soldat zu NietzschkePNietzschke, Feldwebel, wegen Post zu fragen; liegt tatsächlich in einem Haus in TucholkaLTucholka. Gemütlicher Abend mit MitteldorpfPMiddeldorpf, Soldat, mit dem ich in der Offiziersstube bei der Familie wohne. Wir erzählen uns allerhand. Er zeichnet mir die Grundrisse seines Hauses auf, ich zeige ihm Fotos von zu Hause, seine kannte ich schon. Zusammen auf der Bank geschlafen; breit genug, aber zu kurz.
Wir hören, unser Trupp ist noch im Dorf, schleppt nur Essen hinauf für die beiden anderen, die im Schützengraben sind. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat geht zum Leutnant; NietzschkePNietzschke, Feldwebel hat keine Lust, meine Post holen zu lassen, WagnerPWagner, Soldat bekommt das Eiserne Kreuz; ThiloPThilo, Soldat glaubt, dass der Trupp bald wieder nach TucholkaLTucholka kommt; wird selbst Leutnant bei der MG-Abteilung. Mittags Schlemmeressen mit Spargeln 🕮 aus MiddeldorpfsPMiddeldorpf, Soldat Post. Nachmittags will geht SchmudePSchmude, von, Leutnant nach TucholkaLTucholka, um nach unserer Post zu forschen. Wir bekommen Löhnung (15‚80) mit Sätzen und Bismarckzulage. Währenddessen kommt schon die neue angefahren. Geschrieben, B an Mar235gretPArends, Margret, †1941, auch Mat, Naumburger WV, Schneiderin, Mitglied des Serakreises, heiratete Mitte der 1920er-Jahre Julius Wiener, Aufzeichnungen.42Offenbar nicht erhalten. Abends MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat erzählt von WeimarLWeimar, Tiefurter FestLTiefurt, Autofahrt, FreischarfestIFreischar, Freiburger MarktLFreiburg!Markt; GriechenlandLGriechenland.
Immer noch keine Patrouille; aber unser QuartierLPohar!Quartier ist schön. Nachmittags kommt SchmudePSchmude, von, Leutnant aus TucholkaLTucholka zurück; unser Postsack ist wirklich verloren, ich bin darüber sehr geknickt. Er war auch 2 Stunden beim Oberleutnant. Von Auflösung ist keine Rede. Frage ist nur: Form des Weiterbestehens. Er wird aus den Offiziersaspiranten auswählen und nach DeutschlandLDeutschland zurückschicken zu den Kursen; die werden Infanteristen. Er selbst reist bald ab, krank. Geschrieben, auch etwas gelesen; langweilig, weil unbefriedigt. Nichts zu tun; man träumt von Auszeichnungen und hat keine Gelegenheit dazu. Vom anderen Trupp kommen Leute vorbei. Sie seien täglich von der 2. Brigade auf Patrouille geschickt. Abends finden wir endlich Kerzen nach langem Suchen und machen uns gemütliches Essen; dann gelesen. Nachts aufgestanden und große Läusesuche veranstaltet.
MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat geht nach Tucholka zum Oberleutnant. Ich sitze alleine, schreibe Aufzeichnungen und an AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann, lese etwas (Lieder). Die Leute sorg (SeilerPSeiler, Soldat usw.) sorgen, dass ich nicht verhungere. Abends lege ich mich auf MiddeldorpfsPMiddeldorpf, Soldat Decke auf die Bank. Als er kommt, bin ich längst eingeschlafen. Er ist müde. Ich lege mich auf den Boden, wegen größerer Bewegungsfreiheit.
MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat erzählt, in etwa einem Monat wird er wohl Offizier. Der Oberst hat nun ans Bataillon nach KönigsbergLKönigsberg telegrafiert wegen seiner Versetzung zur Marine, und als Grund der Eile die bevorstehende Beförderung angegeben. GraebschPGraebsch, Leutnant kommt zu seinem Regiment zurück, die Division erfüllt ihm diesen Wunsch. Der Oberleutnant hat MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat die Führung unseres Trupps angeboten, er hat abgewinkt. Ich frage ihm übrigens zu viel; wenn er mal Leutnant sein wird! Er reitet spazieren; 4 Schützen gehen zum Spaß auf den ZwininLZwinin. Allen wird die Untätigkeit allmählich zu viel. Abends „Familie auf Gilje“BLie, Jonas!Die Familie auf Gilje, 1883 gelesen.43Lie, Die Familie auf Gilje. Siehe LL .
Herrlicher Sonnenschein. Mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat auf den ZwininLZwinin. Oben sitzen BregazziPBregazzi, Werner, 1895-1974, Arzt, Mitglied des Serakreises und SeilfeldPSeilfeld, Soldat, die Russen schießen sich mit Schrapnells auf uns 4 ein. Man hört sie vorher und geht dann immer in Deckung. Über den KammLZwinin!Kamm; gewaltige russische Gräben, einzelne hässliche Leichen. Das 236 grosse Holzkreuz. Feldkanonen; Gebirgskanone, feuernd. Schöner Blick in die Gegend nach N, KoziowaLKoziowa, Tal nach SkoleLSkole, weiße Berggipfel dahinter. Der Offizier und die beiden Pfarrer (Divisionspfarrer BockPBock, Divisionspfarrer und Oberpfarrer EmmelPEmmel, Oberpfarrer) halten uns für Österreicher. Das Gro SoldatenfriedhofLKoziowa!Soldatenfriedhof mit Massengräbern 2h wieder unten. Möglichst ausgezogen und in die Sonne gelegt. Die Post kommt, reichlich! MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat bekommt jetzt nichts mehr, ich muss schnell für ihn auspacken. Alter Brief von MargretPArends, Margret, †1941, auch Mat, Naumburger WV, Schneiderin, Mitglied des Serakreises, heiratete Mitte der 1920er-Jahre Julius Wiener; alter von MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises. Ein Sanitätsfeldwebel der Fußartillerie quartiert sich bei uns ein. Gemütlich, ungebildet, erinnert etwas im Temperament an Ernst PfeiferPPfeifer, Ernst, 1864-1930, Inhaber einer Handelsgärtnerei, verh. mit Elisabeth Pfeifer. Viele Kerzen sind gekommen, Bananen und Backobst. Wir lesen noch lange. KunstwartIDer Kunstwart, Zeitschrift, Jugend BismarcknummerIJugend, Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben‚44Die Bismarck gewidmete Nr. 13 des Jahrgangs 1915 der Zeitschrift Jugend.B von TPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte; Familie auf GiljeBLie, Jonas!Die Familie auf Gilje, 1883 zu Ende gelesen. Der Feldwebel gibt uns Insektenpulver, zum Glück recht wirksam. 🕮
B an AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann fertig geschrieben. Fauler Tag sonst. Abend kommt Befehl, die Kompanie rücke am nächsten Morgen nach TucholkaLTucholka, auch wir. Gepackt.
½ 5 kommt der Trupp vorbei, wir schließen uns an. Bei schönem Wetter durch OrawaLOrawa, dann über die Stelle unserer Feuertaufe, letzter Blick auf unser Tal und den ZwininLZwinin, nach TucholkaLTucholka.OTucholka [Tukhol’ka] 8 – 10 Ruhe am Grashang über der Bagage; Rucksack noch erleichtert (Kocher, Patronen usw. auf die Bagage; dann auch den Mantel). ThiloPThilo, Soldat kommt verwundet von der MG‑Abteilung, Salonschuss durch die Schulter; bleich (ziemlicher Blutverlust) aber vergnügt, wird wohl zu seinem Regiment zurückkommen. Viele Leute bekommen Helme, ohne Überzüge. Das lange Dorf TucholkaLTucholka; neues Lazarett, große Baracken der VerpflegungsstationLTucholka!Verpflegungsstation; Gefangene als Straßenarbeiter. Es wird warm. Wir sehen die 3 Serpentinen vor uns. Zum Glück kommen Wolken, und es geht gut hinauf. Oben neben der Straße noch 2 m hohe Schneewand. Auf der anderen Seite Rast. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat fotografiert RothePRothe, Soldat und OttoPOtto, Leutnant in Helmen. Hinab, wieder viele Gefangene, genießen die viele Freiheit. Unten wird’s warm und staubig. Bei den Baracken „Zweikaiserstadt“45Bezeichnung für ein Feldlager bei Klimiec [Klymez]. Mittagessen, Kaffee, Rast. Hinauf zum VereckepassLVereckepass, SchickPSchick, Soldat erzählt aus dem Lazarett von dem netten katholischen Pfarrer. „Heil“-Geschrei, als wir unsere gesegneten Flure erblicken. Darüber die hohen Schneegipfel vom StoyLStoy (1600), (hinter VolowezLVolowez), etwas Rast. Hinab, 237 wir schneiden ab. Unten leider noch ziemliches Ende46Umgangssprachlich für unangenehm lange Strecke. auf der Straße, wir singen; sehr viele Soldaten hinter der Front, meist Train;47Militärsprachliche Bezeichnung für eine zum Transport von Material bestimmte Einheit. Feldbäckerei. Also VereckeLAlsoverecke.OAlso Verecke [Nyzhni Vorota] Wir kommen im Dunkeln an. Auf dem Gehöft wird die Ankündigung von mir jubelnd begrüßt. Auf dem Boden des Magazinhauses. Noch Stroh hinaufgeholt. So wird’s zwar eng, aber erträglich; ungemütlich, dass wir erst im Dunkeln hinkommen. Dann noch Postverteilung, die sehr lange dauert; alle sind so müde, dass sie kaum mehr stehen können. 12 P. Ich esse aus dem Rucksack; habe zur Küche keinen Hunger mehr, aber schrecklichen Durst. Trinke viel Tee, wenn er auch Rumzusatz hat.
Schlecht geschlafen, wegen der Flöhe. Mit KototzerPKototzer, Soldat unter einer Decke stören wir uns immer gegenseitig durch das Jucken. Morgens wird Briefpost verteilt. B von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann mit Wiesnecker Grüßen, B von DodoPGabert, Dorothea, 1896-1957, geb. Czapski, auch Dodo, Tochter von Margarethe und Siegfried Czapski, heiratete 1917 Erich Gabert mit 2 Vorträgen von NohlPNohl, Herman, 1879–1960, dt. Philosoph, bis 1919 Privatdoz. In Jena, danach Prof. in Göttingen. Karte von FlitnerPFlitner, Wilhelm, 1889–1990, dt. Pädagoge, heiratete 1917 Elisabeth Flitner, Mitglied der Jenaer Freistudentenschaft und des Serakreises, Mitbegründer der Volkshochschule in Jena. Mittags sehr warm, einige gehen schon mit GraebschPGraebsch, Leutnant hinaus, um Bagage zu verladen. Wir erst nachmittags. Alle müssen sich Helm verpassen. Apfelsinenkauf. Schönes Küchenessen: Sauerkraut mit Schweinefleisch; aber doch immer nur Durst: Tee, und Apfelsinen. Vor dem Abmarsch noch FlitnersPFlitner, Wilhelm, 1889–1990, dt. Pädagoge, heiratete 1917 Elisabeth Flitner, Mitglied der Jenaer Freistudentenschaft und des Serakreises, Mitbegründer der Volkshochschule in JenaB vom 5. II. (!), unterwegs gelesen. Die Exzellenz, kommt der kommandierende General von BodmanPBodman, General kommt noch und begrüßt uns; sagt wiederholt, dass wir hier Gutes geleistet haben, und wir würden uns nach einiger Zeit wiedersehen. Beim Appell auch Beförderungen (SchmudePSchmude, von, Leutnant, DrewskiPDrewski, Soldat, WeißPWeiß, Soldat, ToppPTopp, Soldat werden Gefreite) (auch MuckPMuck, Soldat), HagmannPHagmann, Soldat Ver, ich und StaudtPStaudt, Soldat etatsmäßige 6 J. WagnerPWagner, Soldat bekommt das Eiserne Kreuz. Abmarsch, mit Gesang. Wir begegnen einrückenden Ersatztruppen für 43, 3 Kronprinzer; auch Landsturm. Als es hinaufgeht, lässt MagendantzPMagendantz, Leutnant abstimmen, wir sind für den steilen Fußweg. Uns holen unsere Train-🕮 Soldaten mit Pferden ohne Wagen ein, ihre Moll-Lieder singend. Das Volowez-TalLVoloz-Tal erscheint, Lichter, die Bahn und Palata! Singend die Serpentinen hinab, schon im Dunkeln. UntenOWolowez in größter Eile ein wenig gegessen, in Hast vergeblich nach dem Mantel auf der Bagage gesucht. Die Windanzüge werden ins „Skidepot“ abgegeben, unser Trupp und der halbe 3. fährt um 9h mit dem 1. Zug. Die andere halbe Kompanie kommt nach. Wir kommen in 2. Klasse, leider nimmt mir DienerPDiener, Soldat meinen Fensterplatz weg. Mit StaudtPStaudt, Soldat auf einer Bank gelegen.238
Beim Aufstehen Station BatynLBatyn, schon über MunkacsLMunkacs hinaus, wir biegen jetzt endlich nach Osten ab; also unser Schicksal, wie schon aus Anzeichen vermutet, besiegelt: Nicht nach MünchenLMünchen; vermutlich BukowinaLBukowina. Auf dem Zuge steht jetzt ein Zettel „Kolomea“LKolomea. Herrliche Hügel, blauer Himmel, Sonnenbäder auf dem flachen Güterwagen, stärker bewaldete Berge, darüber die Schneegipfel, schöne Birkenwälder, die breite DinaLDina. Viele winkende Gestalten in der bunten Tracht. Häufig Apfelsinen gekauft, fast nichts anderes gegessen; an MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann, AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann‚48Vgl. Carnap an Agnes Kaufmann, 23. IV. 1915 (RC 025‑01‑88) und Rudolf an Anna Carnap, 23. IV. 1915 (RC 025‑01‑94).MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises geschrieben. Aber ins Gebirge hinauf. Es wird kühl. Das Tal wird eng, steile Berge, teilweise felsig. Hier viel höher als bei PoharLPohar (bis über 2000 m, Czorna horaLCzorna hora).
Beim Aufstehen sind wir schon übers Gebirge hinaus im PruthtalLPruthtal; ordne Briefe usw., P an MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann und Frau TänzerPTänzer, Frau, schreibe an LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman und FlitnerPFlitner, Wilhelm, 1889–1990, dt. Pädagoge, heiratete 1917 Elisabeth Flitner, Mitglied der Jenaer Freistudentenschaft und des Serakreises, Mitbegründer der Volkshochschule in Jena.49Vgl. Carnap an Flitner, April 1915 (WF). Wenn der Zug langsam fährt, springt man leicht auf und ab und besucht so die verschiedenen Wagen. Die Sanitätsleute machen immer dollen Zirkusbetrieb. Hinter50Vielleicht umgangssprachlich für „dahinter“. mit DrewskiPDrewski, Soldat usw. auf dem Dach gesessen. Der Zug hat 53 Wagen, so ist es weit von uns (im ersten) bis hinten. Erzherzog Franz SalvatorPFranz Salvator, 1866-1939, Erzherzog von Österreich fährt an uns vorbei; während wir auf den Hofzug warten, Haare schneiden lassen. In KolomeaLKolomea heißt’s: Weiter. Nach CzernowitzLCzernowitz.OCzernowitz Über Brücken, die die Russen gesprengt haben, die Eisenkonstruktion ist bald wiederhergestellt worden. Dort hinten liegt die Stadt. Über den PruthLPruth hinüber, in die Stadt. Großes BahnhofsgebäudeLCzernowitz!Bahnhofsgebäude, wir fahren noch bis Station „Volksgarten“LCzernowitz!Volksgarten. Dort noch im Dunkeln lange gestanden, Schauspiel fürs Publikum. Ein österreichischer Feldwebel: Gott sei Dank, dass Ihr da seid. Unser langer Zug täuscht ein ganzes Bataillon vor. Singend in die AlbrechtkaserneLCzernowitz!Albrechtskaserne (Infanterie). Hohe Gestalt in schneeweißem Haar an der Straße: „Gott schütze Euch alle miteinander, DeutschlandsLDeutschland Kinder!“ Betten mit Stroh; mächtig Durst, unten gibt’s Wein; ich trinke kaltes Wasser mit Fluade.51Brausepulver, zu dieser Zeit beliebtes Erfrischungsgetränk.KG Endlich mal wieder gut geschlafen, leider nicht lange.
5h geweckt, 530 Antreten, zum BahnhofLCzernowitz!Bahnhof, abgeladen, mit Gesang wieder in die KaserneLCzernowitz!Kaserne (8h). 10h kommt Exzellenz (deutscher General), besichtigt 5. und 6. Kompanie und deutschen Train, der hier ist. Sagt, hat Gutes von unserer Leistung am ZwininLZwinin gehört. Hier würde es auch Arbeit 239 geben, dann sollen wir wieder so tüchtig sein, Schulter an Schulter mit den Österreichern. Fragt einzeln nach Eisernem Kreuz usw. Dann Ausgang bis ½ 4. Ich werde leider Unteroffizier vom Dienst, darf nicht ausgehen. Ich geh’ natürlich doch, die Leute mögen sich selber zum Essen führen. Eine Stadt wie CzernowitzLCzernowitz, europäisch und zugleich balkanisch (rumänische Sonntagstrachten usw.) sieht man so leicht nicht wieder. Unterhose, Lektüre, Notizbuch gekauft. Wannenbad „Türkenbad“ (= Puff) mit HauschildPHauschild, Soldat, OttoPOtto, Leutnant, RothePRothe, Soldat. Die Wonne! Dann mit RothePRothe, Soldat🕮 MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat getroffen; ins „Deutsche Haus“LCzernowitz!Deutsches Haus.521910 eröffnetes Kulturzentrum der deutschsprachigen Minderheit in der Bukowina. Der gute Professor KaindlPKaindl, Raimund Friedrich, 1866-1930, öst. Historiker und Ethnologe zeigt uns FestsaalLCzernowitz!Festsaal, Klubsaal der „Schlaraffia“LCzernowitz!Klubsaal der „Schlaraffia“531859 in Prag gegründete Vereinigung zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor. usw. Unten gibt’s leider nichts Warmes. Also mit RothePRothe, Soldat und MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat ins Polnische HausLCzernowitz!Polnisches Haus.54Neben der deutschsprachigen gab es in Czernowitz auch eine große polnischsprachige Minderheit. Gut gegessen. In die KaserneLCzernowitz!Kaserne zurück. Kein Mensch hat mich vermisst. Beim Abmarsch sorge ich, dass die Küche angespannt steht und sich anschließt. Weiter hab’ ich nichts zu tun. Ich möchte gern noch mal in die interessante Stadt, das bunte Gewimmel auf dem „Ringplatz“LCzernowitz!Ringplatz, und die wirklich sehr schönen Trachten: Weißer (blendend!) Anzug der Männer mit buntbestickter Weste darüber; Weiber barfuß Rock auf einer Seite aufgesteckt, unten und oben sieht man blendend weißes Unterzeug; schöne bunte Farben. Aber ich bleibe lieber zur Sicherheit in der KaserneLCzernowitz!Kaserne (ob man dem Feldwebel LangePLange, Feldwebel schließlich trauen kann?) und schreibe Tagebuch und Ansichtskarten. Um 7h bläst der Trompeter, um 8h geh’ ich schlafen, nach 10 kommt die Kompanie, schließlich kommt der Feldwebel KallenbergPKallenberg, Feldwebel und weckt mich, und dann sorge ich unten für Essen‑, Brot‑, und Wein-Ausgabe, bis beinahe 12h.
Vormittags mit DrewskiPDrewski, Soldat in die Stadt; Landesbazar mit herrlichen Panjehemden. Eins lasse ich verlängern, damit ich es tragen kann, 2 lasse ich für Friedenszeit zurücklegen (per Nachnahme zuschicken). Wir beide lange im Marktgewühle. Mittags mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat in die Stadt. Verliere ihn (ohne seine Absicht?). Ich kaufe Verschiedenes, gehe auf den StadthügelLCzernowitz!Stadthügel, dann zur KaserneLCzernowitz!Kaserne, ausgeruht und JugendIJugend, Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben gelesen, wieder hinaus, LandesbazarLCzernowitz!Landesbazar (Deckchen und Gürtel) treffe dort HirschfeldPHirschfeld, Soldat usw.; am MarktLCzernowitz!Markt zu Abend gegessen. 8h KaserneLCzernowitz!Kaserne.
Vormittags mit DrewskiPDrewski, Soldat gebummelt; in der KonditoreiLCzernowitz!Konditorei gegessen. Nachmittags mit DrewskiPDrewski, Soldat, es regnet zwischendurch, Verschiedenes ge240kauft, 4h ins Deutsche HausLCzernowitz!Deutsches Haus. Der ganze FestsaalLCzernowitz!Festsaal füllt sich allmählich. Wir sind zum Kaffee eingeladen. Kleine Mädchen singen Soldatenlieder. Deutscher Bukowinakalender. Professor KaindlPKaindl, Raimund Friedrich, 1866-1930, öst. Historiker und Ethnologe und noch ein anderer legen uns das Deutschtum in der BukowinaLBukowina ans Herz. Vor 7h drücken wir uns, MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat geht für sich (hat bis 12h Urlaub), mit SchmudePSchmude, von, Leutnant, RothePRothe, Soldat, HauschildPHauschild, Soldat, OttoPOtto, Leutnant im Delikatessenladen der HerrenstraßeLBukowina!Herrenstraße fein zu Abend gegessen. Mit SchmudePSchmude, von, Leutnant in den Puff. Enttäuschung, nichts los, Oberjäger HeroldPHerold, Oberjäger spielt etwas Mundharmonika, kann nicht mal Walzer. MattesPMattes, Soldat ist auch mit. Nach einiger Zeit verschwindet SchmudePSchmude, von, Leutnant. Später gehe ich hinaus, warte einige Zeit draußen, spreche mit österreichischem Feldwebel, gehe dann nach Hause. Treffe unterwegs ProschPProsch, Soldat und SchüchPSchüch, Soldat. Mit denen in den zweiten Puff. Dort sind AbrahamPAbraham, Soldat, MilschPMilsch, Soldat, MüllerPMüller, Leutnant, LangerPLanger, Feldwebel. Auch stumpfsinnig; hässlich angemalt. Die Feldwebel haben bis 12h Urlaub. Ich gehe bald weg. Bald kommt auch SchmudePSchmude, von, Leutnant nach Hause („ohne Liebe geht es nicht“). MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat ist auch dort gewesen, mit StaudtPStaudt, Soldat. Da es auch „nicht ging“, ist er schon gar nicht hinaufgegangen, auch Enttäuschung [aber dass er schon wollte!].
8h abmarschiert nach Osten, über CzahorLCzahor nach MolodiaLMolodia.OMolodia [Molodiya]555 km südöstlich von Czernowitz gelegenes Dorf. Wir kommen unter das Kommando eines österreichischen Oberstleutnants. Er erklärt uns Oberjägern, dass wir stärkere Truppen vortäuschen müssen und die rumänische Grenze bewachen, da man einen russischen Umgehungsversuch durch RumänienLRumänien fürchtet; und nicht zur Bevölkerung sprechen! 🕮 Ich melde mich gleich zur 1. Patrouille, von jedem Trupp 1 Oberjäger 10 Mann. SchmudePSchmude, von, Leutnant kocht noch schnell Rührei, dann los; nachträglich Decken und Mäntel geholt. Die Offiziere reiten vorn. Zum Schloss LukawizaLMolodia!Schloss Lukawiza; auf der Meierei bekommen wir Kaffee und Gulasch, freundliche Verwaltersleute. Dann wir beiden Patrouillen weiter. Ich soll ursprünglich nach WamaLWama. MorichPMorich, Soldat ändert, wir kommen nach MarmaritzaLMarmaritza. MorichPMorich, Soldat ordnet Doppelposten und nächtliche Patrouillen an. Zum Glück kommt 7h wieder der Rittmeister BornPBorn, Rittmeister …aus dem SchlossLMolodia!Schloss Lukawiza und sagt: Diese Nacht ausruhen, morgen bei Tage am Ufer zeigen. 2 saubere Häuser; liebenswürdiger Feldwebel vor versorgt uns mit allem. Tisch und Lampe, gemütlich. Der Panje56Hier „Herr des Hauses“, nach dem Polnischen und Russischen pan = Herr. spricht Ruthenisch, einige Worte Deutsch. Aber das Haus ist sauberer und reicher, als die in den KarpatenLKarpaten. Schlafe mit SchickPSchick, Soldat auf dem erhöhten Seitenplatz. 241
Morgens früh Patrouille nach WamaLWama, am GrenzbachLWama!Grenzbach entlang. Wir mit österreichischen Soldaten auf die GrenzbrückeLWama!Grenzbrücke, die rumänischen Soldaten begrüßt; sie kaufen Wein für uns. Wir melden uns dann bei dem Hauptmann BurdaPBurda, Hauptmann an der SchuleLWama!Schule; er fragt, woher wir stammen, wann unsere Formation entstanden, wer unser Kommandant ist, wo wir tätig waren; wundert sich, dass wir nicht im Gefecht waren. Über die Straße zurück. Schicke die Daheimgebliebenen auf demselben Wege aus. Kaffee getrunken. Inzwischen kommt die ganze Kompanie am Bach entlang. Ich melde MagendantzPMagendantz, Leutnant, was wir getan. GraebschPGraebsch, Leutnant kommt mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat und unserer Ablösung. Unsere Patrouille kommt zurück, wir packen zusammen. GraebschPGraebsch, Leutnant erzählt mir und HauschildPHauschild, Soldat, dass er selbst dem Rittmeister nicht traue und ihn deshalb beschwindelt. Nach WamaLWama. Die Kompanie hält Rast hinter der Hecke, in der Sonne etwas geschlafen. Rückmarsch mit 100 m Gruppenabständen, der Weg kommt mir recht lang vor. Schützengraben und Drahtverhau. In Mol.LMolodia gibt’s schönes Essen, auch gekochte Apfelschnitzen. Nachmittags und abends zum Feldwebel. 10h abends kommt Befehl: 6h früh antreten. Ich wohne jetzt mit SchickPSchick, Soldat und SchömbsPSchömbs, Soldat (HauschildPHauschild, Soldat und OttoPSchöndube, Otto, *1900, Bruder von Elisabeth Carnap sind draußen; uns abgelöst) bei deutschen Leuten, Mann trinkt, tüchtige Frau und Tochter. Schlafe nachts auf der Chaiselongue, die anderen auf dem Boden, in den beiden Betten die Kinder und die beiden Töchter.
6h angetreten, Verwaltungssachen. 8 – 10 Fußexerzieren, Zielübungen. So allmählich lernt man die Infanteriekommandos. SchmudePSchmude, von, Leutnant kommt aus dem Revier zu uns, „Gonorrhoe verdächtig“. Gespräch mit ihm und SchickPSchick, Soldat, was er später seiner Frau sagen wird; überhaupt über Keuschheit vor der Ehe; Verheiratung, wenn geschlechtskrank gewesen usw. Nachmittags kein Dienst; geschrieben und etwas gelesen; 9h abends nach Dienst erkundigt und alle Ansichtskarten zur Schreibstube gebracht, damit AbrahamPAbraham, Soldat sie morgen mit zur Stadt nimmt.
V / 1915 Die Arbeiterkolonnen haben vor dem österreichischen Leutnant in unserem Hause einen Maibaum aufgepflanzt, kommt um 6h und singen ihm eins, mit Geigenspiel. Ziehen dann mit unserer Lied- und Geigenbegleitung ab. 6h geht die Kompanie auf die Höhe, Richtung nach WamaLWama, von von wo wir BojanLBojan sehen können. Links ist zeitweise ein Fesselballon sichtbar, in großer Höhe; ein deutscher Flieger gibt der österreichischen Mörserbatterie Signale 🕮 durch Rauchstreifen, dann hört man immer den Mörser abschießen und 45 sek später schlägt’s drüben mächtig ein, und dann fahren die Feldgeschütze mit Schrapnells dazwischen. Wieder zu242rück, die Sanitäter besucht, MattesPMattes, Soldat spielt Geige. Etwas geschrieben. Nachmittags 3 – 5 exerziert, auch mal Zugführer markiert; dann über das ganze Feld vorgeschwärmt, schweißtriefend. Revisio penibilis57Viell. Privatausdruck für penible Ordnungsmache. (am anderen Tag fahren 8 ins LazarettLWama!Lazarett). Die anderen machen mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, HagmannPHagmann, Soldat, RothePRothe, Soldat und dessen Korporalschaft Bierabend im Garten hinten. Ich lese StrindbergPStrindberg, August, 1849-1912, schwed. Schriftsteller, gehe aber auch mal hinaus und höre zu. Nachher schlafen die anderen oben auf dem Boden, ich alleine im Zimmer.
Schöner sonniger Tag, warm. Helm geputzt, 9h angetreten. Protestantische KircheLWama!Protestantische Kirche gibt’s zwar nicht, Frau WeckendPWeckend, Frau: „Glaubt ihr denn, es gibt 2 oder 3 Götter?“ Die Katholischen werden kommandiert, alle anderen gehen freiwillig mit, da es „die deutsche Kirche“ sei. Nach 1 Stunde habe ich noch kein deutsches Wort gehört‚58Wohl Anspielung auf den Umstand, dass zu dieser Zeit katholische Messen noch immer auf Lateinisch gelesen wurden. gehe hinaus. Wir dürfen nicht weg, liegen auf dem Rasen unter den Bäumen. Dann mal ein Stück der langweiligen Predigt angehört. Nachmittags dienstfrei. Zuerst ist es sehr warm, die Milchfrau vergisst mich immer, die kleine 19‑Jährige seit 2 Jahren verheiratet. (Frau W.PWeckend, Frau hat übrigens mit nicht ganz 14 Jahren geheiratet, ohne es selbst zu wünschen; jetzt 35 Jahre alt, man merkt noch, dass sie schön gewesen ist, hat schon 9 Kinder gehabt; jetzt will sie nicht, dass EmmaPEmma =? Tochter von Frau Weckend früh heiratet.) Sonnenbad unter den Obstbäumen, Abwaschung in der Badewanne hinterm Schuppen. MattesPMathes, Sanitäter kommt mit der Geige und spielt allerhand. Nachmittags, als es kühler wird, gehen wir auf die große Wiese, den prachtvollen GemeindeangerLWama!Gemeindeanger, den man zwischen den Häusern frei gelassen hat. Alles Volk freut sich über den ersten Maisonntag. Wir bummeln zu den verschiedenen Gruppen, die sich auf dem Grase vergnügen. Die rumänischen Frauen und Mädchen mit ihren schneeweißen Tüchern haben so wunderbar anmutigen Gang; überhaupt ihre Haltung. Im Gegensatz dazu die ballspielenden deutschen Mädchen. Die rumänischen sollen tanzen, MattesPMathes, Sanitäter und MenzelPMenzel, Soldat spielen abwechselnd, nur eine ist zu bewegen, mit HauschildPHauschild, Soldat Walzer zu tanzen. Schließlich tanzen aber mal 2. HauschildPHauschild, Soldat hascht sich inzwischen mal die sogenannte „Angeluscha“PGrodno, Jelena (Angeluscha) (in Wirklichkeit Jelena). Nachdem die Geige und die anderen Leute weg sind, kommt’s endlich zu unserer großen Freude dazu, dass AngeluschaPGrodno, Jelena (Angeluscha) und eine andere „Hora“ tanzen, eine dritte spielt Maultrommel dazu. Dann spielt AngeluschaPGrodno, Jelena (Angeluscha) und die anderen 2 Tänze. Wir hören und sehen unermüdlich zu, BartezkiPBartezki, Soldat, der „Botzick“ ist noch dabei. Es wird dunkel; die Mädchen 243 gehen weg. Wir bummeln nach Hause. BartezkiPBartezki, Soldat sagt mir, die Mädchen haben darauf gewartet, dass einer mit ihnen geht, nach Hause, und mit der Familie zu Abend isst und mit der Freundin den Abend verplaudert. Ich erzähle das HauschildPHauschild, Soldat. Wir schlafen alle auf dem Boden, SchickPSchick, Soldat HauschildPHauschild, Soldat kommt erst spät nach Hause. Prachtvoller Sternenhimmel.