11Tagebuch [2] 22. XII. 1914 – 2. V. 1915 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mi 10. II. 1915

Es werden immer weiter Posten und Patrouillen ausgestellt. Ich laufe vormittags eine Patrouille auf dem gegenüberliegenden Berg, wo auf einen Mann 6 Schüsse abgegeben sein sollen. Mit SchmudePSchmude, von, Leutnant usw. beobachte ich oben bei einem Häuschen, an das wir uns nur zaghaft herantrauen, weit weg auf dem hintern Berg einen Schützengraben und Leute, die in Kolonnen zum Graben hinaufsteigen. Wieder hinab. Unterdessen ist eine Stafette eingerichtet nach KryweLKrywe zu, der Patrouille entgegen, die MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat mit 12 Mann nach DolskiLDolski gemacht hat. Aber MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat kommt bald selbst schon an. Er hat die Verbindung mit der 3. Garde­division gefunden, die haben ihm aber im Übereifer einen Mann erschos­202sen. Nachmittags macht Infanterie 43 die Stafette. Abends gehe ich mit von SchmudePSchmude, von, Leutnant und BirkePBirke, Soldat, alle leicht müde, auf Patrouille, um den linken Flügel unserer Infanteriestellung aufzusuchen. ½ 6 – ½ 9. Erst wieder auf den alten BergLPohar!Alter Berg, dann hinab zur KircheLPohar!Kirche, getretener Weg, verharscht. Wir schnallen ab. Oben der Feldwebel links in der HolzhütteLPohar!Holzhütte, links auf der Spitze der letzte Graben, kann zum Glück den Taleinschnitt und gegenüberliegende Kuppe sichern. Hinab, ich allein angeschnallt. Zum Leutnant, dem Zugführer von 43. Ziemlich ungnädig, dass man über seine Leute anders verfügt habe! Zurück, BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier gemeldet, Meldung geschrieben, zum Leutnant gebracht. Schläft schon, ist zufrieden, den Fehler hat nicht er, sondern NietzschkePNietzschke, Feldwebel ohne sein Wissen gemacht. Er erzählt mir vom Beförderungsvorschlag und gratuliert schon. Über die Meldung des gegenseitigen Sicherungsentschlusses recht zufrieden; sei ihm wichtiger als die andere Meldung, die die anderen so aufregt: Ein Infanterist ist von KryweLKrywe durchgekommen und sagt, starke russische Patrouillen durchsuchten dort die Häuser. GraebschPGraebsch, Leutnant hält es für nicht so ernst, trotzdem ist verschärfter Alarmzustand befohlen. BelgardtPBelgardt, Dr., Sanitätsunteroffizier hat aber für uns Erleichterungen erbeten, wir dürfen schlafen, aber umgeschnallt. Er hat mir auch schon vorher (nach meiner Patrouille) von der Beförderung verraten. Er hat ein gutes Herz, bei all seiner großen Strenge und kriegerischen Härte (in Bezug auf Disziplin). Ich vertrage mich sehr gut mit ihm, der doch so leicht anschnauzt und Strafwachen hageln lässt, da er sieht, dass ich mich anstrenge. Die Nacht verteilt er, ich bin nicht Wachhabender; habe ja auch in der vorigen Nacht meist den Dienst versehen, während HagmannPHagmann, Soldat viel schlief. Trotzdem helfe ich viel und komme nur wenig zum Schlafen. Gegen morgen wird erlaubt, abzuschnallen.