11Tagebuch [2] 22. XII. 1914 – 2. V. 1915 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 25. II. 1915

8h Appell, nur SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II von meiner Korporalschaft: „3. Korporalschaft – weggetreten“. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II und ich und 4 andere sollen mittags auf die Feldwache; vorher Karte an AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann und Brief an LeniPHolzman, Helene, 1891–1968, geb. Czapski, Leni genannt, Malerin und Lehrerin, heiratete 1922 Max Holzman geschrieben. Dann fertig gemacht. Da bringt MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat Befehl: Das Regiment zieht die Feldwache ein; ich übernehme freiwillig mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II die Benachrichtigung. ½ 1 Uhr sind wir fertig mit weißer Windjacke, umgeschnallt, Wegskizze von ThiloPThilo, Soldat und ebenso Fernglas. Da kommt ThiloPThilo, Soldat mit der Meldung: Schleunigst raustreten, HagmannPHagmann, Soldat (im ÖlberghausLPohar!Ölberghaus) liegt im Gefecht mit Russen. Also fix Brotbeutel weg, mehr Patronen, Skier an, wir stehen mit SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II fertig, von anderen Korporalschaften noch nichts zu sehen : ThiloPThilo, Soldat schreit vergeblich nach seinem Gewehr, das einer zum Putzen hat. Also die 3. Korporalschaft wieder am schnellsten auf dem Plan. Darf ich vor? Nein, am Dorfausgang warten. Dort wunderbares Bild: Von der Höhe links kommt ein Skiläufer nach dem anderen mit eingestemmten Stöcken und Karabiner um den Abhang hinab, voran ProschPProsch, Soldat mit dem großen Bart. Wir stehen da, fragen den Posten; der hat nichts gehört; also wohl nur Probealarm. Mit ThiloPThilo, Soldat usw. schleunigst hinauf, es ist ernst. HagmannPHagmann, Soldat hat eine russische Patrouille von 25 zwischen sich gehabt, alle erhoben die Hände, da hat ein Schafskopf losgeschossen und alle sind weggelaufen. Jetzt große Treibjagd. Schwieriges Laufen im Walde. Ich glaube schon nicht mehr an Einholen. Doch auf der Lichtung sehen wir welche. Es liegt sehr tiefer Schnee. WeißPWeiß, Soldat geht voraus und nimmt einige gefangen, 211 redet Polnisch mit ihnen. Wir haben Schüsse auf sie abgegeben, die ersten, die ich schieße. Dann von oben großes Einkreisen. Schließlich 4 Tote, etwa 🕮 10 Gefangene, darunter mehrere Verwundete. Sanitäter MathesPMathes, Sanitäter vom 1. Trupp ist da und verbindet sie, Doktor LenelPLenel, Feldarzt und SeifertPSeifert, Soldat sollen sich bei einem plötzlichen Schusse wieder gedrückt haben. Sogar NietzschkePNietzschke, Feldwebel ist mal oben gewesen. 5h nach Hause, den Schnee abgeschüttelt. SömmerPSömmer, Walter, Mitglied der Freischar Jena II kommt hocherfreut mit einem russischen Rubel. Zur Benachrichtigung der Feldwache ist DienerPDiener, Soldat schon gegangen. Abends sollen wir wieder eigentlich auf Feldwache sollten, zu HagmannsPHagmann, Soldat Verstärkung hinaufziehen. MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat dispensiert mich davon. Mit der Feldküche soll Post kommen, sie bringt sie nicht mit. Ich schicke 2 hinunter. (Der Feldwebel ist ja wieder aus Angst vor der „exponierten“ Lage ins MitteldorfLPohar!Mitteldorf ins alte Quartier gezogen). Spät abends kommt die Post; endlich auch mehr Geschriebenes: K von LisiPFlitner, Elisabeth, 1894–1988, geb. Czapski, Lisi genannt, dt. Nationalökonomin, heiratete 1917 Wilhelm Flitner, Brief von HeinzPRohden, Heinz von, 1892–1916, Sohn von Gustav und Agnes von Rohden, Student der Theologie, Mitglied der AV Marburg, MHPHörmann, Martha, 1888–1971, Lehrerin, stud. von 1910 bis 1915 in Jena und München Mathematik, Chemie und Biologie, Mitglied des Serakreises. Und die HilfeIDie Hilfe, Wochenschrift für Politik, Literatur und Kunst. Rührender Brief von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann. Wir lesen noch lange.