11Tagebuch [2] 22. XII. 1914 – 2. V. 1915 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 4. III. 1915

Vormittags Befehl vom Regiment: Patrouille soll Stellung der russischen Artillerie erkunden, die auf OrawaLOrawa schießt. Also Versuch, über den Kamm zu kommen. Ich melde mich freiwillig. Es kommt Nachricht vom Leutnant, er freut sich, dass sich Leute gemeldet haben, er hält die Sache aber für unausführbar und meldet das dem Regiment. Also brauchen wir nicht. Plötzlich Befehl: Der Major wünscht es trotzdem, er glaubt, dass links von \(\Delta{}\) 943, wo die rechte, angreifende Kolonne war, eine Lücke von 200 m ist. Wir essen noch Schokoladenreis, dann los. Mit DrewskiPDrewski, Soldat, von SchmudePSchmude, von, Leutnant, KochPKoch, Soldat. Zum LeutnantPGraebsch, Leutnant, er will nicht, dass wir uns unnötig aufs Spiel setzen. Vielleicht können wir wenigstens sonst etwas erkunden. Die russische Artillerie feuert heute nicht. Erst nach OrawaLOrawa. Der Posten weiß, dass gestern Schrapnells gekommen sind. Von NNW her. Fort fahren durch die Schlucht zwischen falschem PoharLPohar und Domberg, wie vorgestern Nacht. Dann rechts über den Bach. Da steht der letzte Posten. 5 min. Pause. Weiter hinauf. Nach einigen Minuten sind wir an dem Punkt, wo damals in der Nacht DienerPDiener, Soldat und MertensPMertens, Soldat schon umgekehrt sind, wie KochPKoch, Soldat berichtet. Weiter hinauf, fast immer durch Wald gedeckt. Einmal gewartet. Nahe Schüsse auf beiden Seiten. Übers Feld links hinüber. In den Wald gehorcht; nur Astgeräusch. Es wird schon bedenklich. Rechts hinüber. Schützengraben der 12. Kompanie. Weiter hinauf. KochPKoch, Soldat vermutet (vielmehr „weiß“) in jedem Walde Feldwache oder Besetzung. Schließlich nahe am Kamm. Noch etwas hinauf, Ausblick nach rechts. Vor jeder Höhe des Kammes Schützengraben; in dem nächsten Leute; vor den Sätteln einfache Drahtverhaue aus gekreuzten Stäben;  4 ¼h. Skizze gezeichnet. Zurück. Nach W hinüber. Schwierig Ich will nicht ganz hinunter, sondern auf halber Höhe zur Schlucht rechts von \(\Delta{}\) 1038. Abstieg in die erste SchluchtLZwinin!Schlucht beschwerlich; dann bald Skispuren (wohl von den Verbindungsleuten von vorgestern Nacht). Waagerecht hinüber. Auf die Lichtung, wo ich mit der 8 Kompanie hinaufgegangen bin. Auf dem HeustadelLZwinin!Heustadel¼ oder ½ Stunde Pause. Gegessen; Schnee und kalter Wind. Es wird dunkel. Hinüber an die Schlucht, rechts hinauf. KochPKoch, Soldat weiß wieder überall Feldwachen. Trotzdem weiter. Dann nach links über den Bach, und langsam weiter hinauf. Eine russische Fußspur kommt zum Bach hinab. An einer Stelle zögern wir. Dann zum Wald hinauf und am unteren 216 Wald entlang weiter, bis zur Waldecke. Da stehen wir, horchen lange und flüstern. 6 ½h vor uns weiße Fläche, dann der Kamm. Zu dunkel, um Gräben zu erkennen, links oben einiges Gehölz. Sollen wir wirklich weiter zum Kamm. Irgendwie müssen wir feststellen, ob vor uns Leute sind. Wir stehen lange. Da hören wir Husten, 1 – 200 m. Wir entschließen uns zum Umkehren. Bleiben diesseits der Schlucht. Hinab, über den Bach, zu PoharLPohar und MG‑Berg. Gleich zum Leutnant, 8h. Er hatte gerade Leute nach uns schicken wollen. Freut sich, dass wir so weit gewesen sind; über Skizze und genaue Angabe der Drahtverhaue. 🕮 Ich kriege Tee, während ich anhand der Karte die Meldung mit genauen Angaben schreibe. Dazu wird die Skizze gelegt. Nachher Er erzählt, dass HettmerPHettmer, Soldat ihm aus MünchenLMünchen geschrieben hat: Auf dem Bataillonsbüro sagt man, dass wir nicht aufgelöst, sondern dem Infanterieregiment 43 zugeteilt werden. Er ist energisch dagegen. RenzPRenz, von, Oberleutnant will nach MünchenLMünchen fahren, um das zu ändern. Nach Hause‚ 9h. Noch Post da; mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat usw. gemütlich gesessen und gegessen, auch ThiloPThilo, Soldat da. Erst 12h zu Bett.