11Tagebuch [2] 22. XII. 1914 – 2. V. 1915 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 19. III. 1915

Die Infanterie rückt immer weiter uns auf den Hals. Sie sitzt schon auf der ProschPProsch, Soldat-Höhe, links davon wird ein MG aufgestellt. Infolgedessen pfeift’s um unser Haus; mit dem Glas können wir sehr schön über die 222 ProschPProsch, Soldat-Höhe weg und durch die Schlucht zwischen PoharLPohar und ÖlbergLÖlberg die russischen Stellungen besehen. Geschrieben, gestern und gestern Kartenskizze gezeichnet und durchgepaust. NachtEs pfeift immer ums Haus, wahrscheinlich verirrte Schüsse, die der neuen Feldwache links auf dem PoharLPohar gelten; vielleicht auch gezielte, da anscheinend besonders heftig, wenn sich einer zeigt. Nachmittags Post: Ich habe kein Päckchen, nur Briefe von TPNeovius, Tilly (eig. Mathilde), 1890–1975, Schwedin, die Carnap vermutlich 1911 auf Schloss Mainberg kennenlernte und MetzPMetz, Erich, Mitglied der Freischar Jena I. Ich spreche mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, ob er sich wohl befriedigt fühlen wird als Seeoffizier, ohne geistige Tätigkeit. Ich erzähle von meinem Studiengang, wie ich mir Zeit genommen, nicht gleich ein festes Ziel gewählt, und erst später meine Begabungen kennengelernt habe. Auch von BaedekerPBaedeker, Karl Wilhelm, 1877-1914, dt. Physiker, Prof. in Jena usw. Draußen regnet’s etwas. Man erzählt, es sei Nachricht vom 1. Trupp, der in TucholkaLTucholka liegt, dass wir 1. IV. in MünchenLMünchen aufgelöst würden, 25. III von VoloczLVolocz führen. Abends ½ 9 geh’ ich mit MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat, der Dienst hat, auf Revision. ÖlbergpostenLÖlberg, HagmannPHagmann, Soldat sagt, dass anderntags auch MiddeldorpfPMiddeldorpf, Soldat mit ProschPProsch, Soldat ins ÖlhausLPohar!Ölhaus soll. Ich bin zu müde und fahre nach Haus; fest geschlafen.