74Tagebuch 15. XII. 1969 – 28. VIII. 1970 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Di 20. I. 1970

9:30 Grete holt uns ab. – Zuerst zu Mexicana (dort sagen sie: der ermäßigte Preis für Rundtrip ist nur für 30 Tage. Daher muss ich jetzt je $ 26 zuzahlen! (Wir wollen morgen wieder hingehen; ich habe nicht genug Geld bei mir.) Dann fährt sie uns zur Universidad (die schönen Gebäude, die murals auf der Libr9Abkürzung für Library. Sie zeigt uns, wo große Wandanschreibungen der revolut. Studenten überstrichen sind. Sie sagt, es ist meist zurückzuführen auf auswärtige Agitatoren. Ich: vielleicht aus US? Sie: vielleicht; aber sicher auch aus Kuba. Sie sagt: Sie haben keine wirklichen Anliegen, die werfen oft einfach 🕮\mit Grete nach Xochim.; zu Diederichsens Haus) / (zu Boehms)\ alle Fensterscheiben ein. Der jetzige Präsident hat ihnen zugesagt, dass alle ihre Anliegen gern angehört werden und, wenn möglich und berechtigt, erfüllt werden; aber nicht, wenn sie Gewalt anwenden und Sachen zerstören. – Dann zum Pedregal; auch durch Agua und ihr früheres Haus, und durch Nubes und Svens früheres Haus. Dann die Olympiastraße hinaus: das Olympiadorf (Villa Ol.), das jetzt als Wohnungshäuser gebraucht wird. – Nach Xochimilco. (Recht elende Stadt, die Häuser oft noch kümmerlicher als in Oaxaca. Zum Boothafen; aber wir wollen dann doch nicht Boot fahren. H. will lieber Markt ansehen. – Dann zu Diederichsens Haus. Ich liege wieder auf dem schönen Liegestuhl im Gärtchen. Dann essen wir. HA ist schon wieder abgeflogen heute morgen. Auf der Fahrt sprechen wir über ihn; ich sage: Er war recht munter, was Grete bestätigt; ich erinnere daran, wie rührend er mir in Hamburg geholfen hat: zum Internisten, zum Krankenhaus weit hinaus; dann immer abends meinen Rücken verschmiert. Sie sagt: Zu Hause in Hamburg ist er nicht so munter (Hanne sagte mir auch, dass er oft am Tisch ganz schweigt, wenn keine anderen Menschen da sind. Vielleicht will Grete andeuten, dass HA sich bei ihnen oder mir wohl fühlt, aber bei Hanne nicht; das ist wohl wieder ihre alte Kritik gegen Hanne.) Danach lege ich mich zum nap auf Walters Bett. (Nachher Bauchentleerung, ziemlich dünn; ich frage H. und dann auch Grete, ob das die „Turista“ sein könnte; beide sagen: nein; dabei fühlt man sich von Anfang an sehr elend und fiebrig und ich fühle mich wohl; das beruhigt mich.) – Grete fährt uns zu Boehms (ich rede auch Fritz und Brigsi10Bei Boehms handelt es sich um Mädele und ihren Mann Fritz. In der Literatur (zu einer Textilsammlung im Museum) wird der Name der Tochter als Brigitte angegeben. Offenbar war Brigitte Boehm Schoendube, genannt Brixi (1938-2005) eine Ethnologin; vgl. https://es.wikipedia.org/wiki/Brigitte_Boehm gleich mit „Du“ an, wie 1959, vor 10 Jahren im Pedregal; ich erinnere Bri daran, dass ich sie damals oft im Garten sah; und schließlich sagte sie, dass sie die Ankunft eines Freundes erwartete (aber das war nicht Pepe). Nachher gehen wir ins Haus. Der Garten ist sehr schön, das Haus auch; aber es ist in einer ziemlich elenden Umgebung. Dann wird ein Kaminfeuer angezündet; Tee und Apfeltorte. Nachher frischen Fritz und H. allerhand alte Erinnerungen auf. – 7h sage ich, dass 🕮\Jan. 1970. (Mex. D.F.) / (Teotihuacan) (de Gontari)\ wir nach Hause wollen. Sie wollen uns fahren; wir widersprechen lebhaft, aber erfolglos, dass sie uns nur bis zu einer Taxistelle fahren sollen. Fritz leiht mir für die Fahrt einen warmen Mantel. Dann Abschied; wir lassen es offen, ob wir uns noch mal sehen können.)