Vormittags A. und F. erzählen von Mexiko und Guatemala, und von ihren Plänen (sie wollen? im Bus durch nördliche Staaten nach Osten fahren, nach Chic; dann nach Pittsburgh und Philadelphia, wo sie Freunde haben und vielleicht 2 Wochen bleiben wollen; dann mit Schiff oder isländischem Flugzeug nach Deutschland zurück.) – 5 ½Kuhns kommen herzum (Lary aus Rand, Pauline und Lora von zu Hause. Wir sitzen zunächst im Wohnzimmer, und sie erzählen von Neutra; Lary hat 2 Bücher von N. mit vielen Fotos von Gebäuden mitgebracht. 6h supper zusammen. Dann fahren wir alle zu Neutra (San Diego FrW N!, dann Ventura FW. Golden State FW, zum Silver Lake Blvd. Das Haus ist dicht am Gehsteig, aber vom Haus aus ist die Straße abgeschirmt durch Mauer und Sträucher; man sieht den See, und auf der drübigen Seite des Sees die Reflektion der Lichter am Abhang des drübigen Hügels, der vielleicht schon zum Griffith Park gehört. – Zunächst sitzen wir im unteren Wohnzimmer; eine große Türöffnung zum Musikzimmer wird weit geöffnet; drüben setzt sich Frau N16Dione Niedermann Neutra, geb. Niedermann (1901-1990); vgl. https://neutra.org/the-neutra-legacy/dione-neutra/ an den Flügel und singt Schubertlieder (eine wunderbare Stimme, noch mit 70 Jahren; sie singt ohne Noten, sehr sensitive und fein, mit starkem Gefühl. Ich sitze ganz dicht an der Türöffnung und kann sie gut sehen und hören. Später holt sie ihr Cello. Dann singt sie Lieder, meist Schweizer und deutsche Volkslieder; sie sagt nachher, dass sie im Schweizer Wandervogel war, und Hanne sagt, dass ich in der deutschen Jugendbewegung war, und auch in Freiburg studiert habe. Sie begleitet ihr Singen mit dem Cello; wunderbar, mit schönem Ton und klar, und fein komponiert. Es macht mir großen Eindruck, dabei auch ein Marienlied (Eia Poppeia …); die Volkslieder 🕮 kenne ich alle, außer einigen französischen. Ich sage ihr später, dass es mich stark bewegt hat, und sie freut sich.) – Da sind eine Reihe von anderen Gästen. Die waren vermutlich zum Dinner hier; wiederum sagte N. zu Kuhns, dass wir ja nicht vor 8 kommen sollten; er gab als Grund an, dass er nicht wollte, dass wir das Haus bei Tageslicht sehen [!] Später geht die Frau mit uns zum zwei Treppen hinauf, zum obersten Stock. Dort kann ich bequem auf einem ganz niedrigen Polster, mit Rückpolster, sitzen, vor einem Tisch, wo N.s Bücher ausgebreitet sind. (Nachher sagt Annette, ich sollte doch auch meine Bücher auf dem Tisch im Wohnzimmer ausbreiten, vielleicht im Scherz.) Frau N. berichtet, dass sie nicht nur Frau und Mutter ist, sondern auch Sekretärin. N. diktiert alle mss ihr in die Maschine, und sie muss dann noch den Text aus. Sie steht morgens um 4h auf, er um 5 (ob das nicht übertrieben ist?) Sie macht auch fleißig Gymnastik. Bis zu 35 push-ups. sie sagt, eine Phys hat gefunden, dass auch Leute mit Herzattacke so wie sie besser? fleißig Übungen machen, weil dann außer der Hauptarterie für Herz auch die anderen Arterien sich ausweiten. Ich frage Frau N., ob seine Ideen nicht verwandt sind mit denen vom Bauhaus; sie meint: vielleicht etwas. Später kommt N. selbst, vermutlich nach Abschied der anderen Gäste, und setzt sich neben mich. Ich frage auch nach Bauhaus; aber er schiebt es beiseite (nachher, auf der Heimfahrt, sagt Ferdinand, dass N. das merkwürdig abgetan hat; es sei ganz offenkundig, dass N. viel vom Bauhaus und Corbusier gelernt habe.) N. zeigt uns schöne große Fotos von Häusern; dabei auch seines in der Schweiz, 2500 m hoch! Viel Schnee im Winter; das sind besondere Probleme; die Aussicht aus den großen Fenstern auf die Berge, auch die Jungfrau, sind großartig. Ich frage ihn, wie er die Baumaterialien dahin gebracht hat; er sagt: mit funicullair (es ist nicht klar, ob das nur für Materialien war oder eine große Personenseilbahn). – Um 10 ½ sage ich, dass ich gehen möchte; wir steigen wieder die Treppe hinunter; dabei wird mit erst richtig klar, wo Glasscheiben sind, und wo Spiegel; durch beides wird der Eindruck von großer Weite gegeben; N. sagte: Dies ist wichtig; das Haus selbst ist so klein, das würde einengend wirken; das Grundstück hat sehr kurze Frontlinie. Alles ist ganz offen; die Treppenstufen sind nicht von unten her unterstützt, sondern hängen an runden Metallstangen, die man gleichzeitig als Anhalt für die Hand nimmt; diese Stangen sind oben an einer Metallschiene befestigt. – Heimfahrt mit H. und Erika in unserem Auto; H fährt nur ca 20 – 25 Minuten. Wiederum Golden State FW‚ Ventura FW, S. D. FW, Sunset. sagt: N. ist sicherlich ein sehr bedeutender Architekt mit neuen Ideen; aber er ist zu ehrgeizig, will anscheinend die anderen nicht anerkennen, auch wenn er Wesentliches von ihnen gelernt hat; das muss dann wohl auch schwierig sein für den Sohn, der mit ihm arbeitet.) – Ich lese nicht mehr; schlafe gut, ohne Unterbrechung!