72Tagebuch 4. I. 1968 – 31. XII. 1968 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 8. II. 1968

Am pr-ms. – 3 – 6 ½Mia hier. (Wir sprechen die ganze Zeit zu dritt über ihre Schwierigkeiten mit Ismar. Er ist oft kritisch und zornig gegen sie; und es ist unmöglich für sie, auch mal 🕮 in einer ruhigen Zeit alles durchzusprechen. Er will sie als Mutter haben, die für ihn sorgt und ihn liebevoll behandelt, aber er ist überempfindlich gegen Kritik. Er ist auch unwillig, an den Kosten des Hauses, des Essens, Telefon, Elektrizität usw. teilzunehmen; aber er ist immer bereit, Reparaturen und Gartenarbeit zu machen; sie darf auch nur selten mal Freunde einladen. Hanneli meint, vielleicht wäre es besser, wenn sie nicht so übermässig nachgiebig wäre zu seinen Anforderungen, sondern zuweilen mal auf ihren Rechte bestände. Sie regt auch an, ob Mia nicht mal wieder Therapie nehmen möchte. Aber Mia ist gegen beides. Sie könne nicht auf irgendetwas bestehen, um nicht die ganze Beziehung zu riskieren; und sie wolle nicht wieder allein sein; sie habe vorher erfahren, wie schwierig es ist, einen Gefährten zu finden.) – Nachher sage ich Hanneli, wie stark beeindruckt ich wiederum war über ihre psychologischen Einsichten; und dass ihre Bemerkung über Therapie mich wieder daran erinnert hat, dass sie neulich mal es auch mir vorschlug. Sie sagt, wie wichtig ihr die Therapiegruppe geworden ist; Dr. Bach betont immer: Das Problem ist „Information“, d. h. die Parteien müssen einen immer wissen lassen, was in ihnen vorgeht, was für Gefühle sie zueinander haben, und besonders auch, wenn etwas beim anderen sie ärgert. Ich sage: Dass das ist wirklich sehr wichtig.