70Tagebuch 1. I. 1966 – 5. I. 1967 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag So 20. III. 1966

Vormittags fährt mich Mia wiederum zum Konferenz meeting. 9:30-12:30 (Grover Maxwell liest ms über „Die philosophische Relevanz der Kausaltheorie von Perzeption“. Da ist oft die Rede von realism und dergleichen. David stellt kritische Fragen, und ich unterstütze ihn.) – Mittags fährt David mich nach Hause (da ist auch Renée und Jordan. Sie fragt mich, ob David schon mir gesagt hat, dass sie ein Kind erwarten im August. Ich sage: ja; erst nachher fällt mir ein, dass es nicht David war, sondern Kalish. – David zeigt zwei Negern, Bailey und Hall, von Bootstrap, sein Auto; sie sind bereit, es für 100.– zu kaufen. Ich gebe ihnen für diesen Zweck 2 Schecks (50 als donation, 50 als Darlehen), und sie appreciaten es sehr; er zeigt mir auf meine Frage, dass ihre Broschüre sagt „non profit corporation“, demgemäß kann ich die geschenkte Summe als contribution vom Einkommen abziehen für Einkommensteuer. –Nachmittags 3:45 – 6:30 zum meeting (Hanneli fährt mich hin; Travis zurück.) Sehr lebhafte Diskussion in dieser Schlusssitzung. Thomas Nagel aus Berkeley erklärt seine Auffassung. David spricht viel, immer gut. Ziemlich spät sage ich, dass ich meine Auffassung über die Natur des Problems aussprechen möchte; um zu erklären, warum ich nicht sehe, dass hier eine „puzzling und perplexing situation“ vorliegt. Ich sage: Wir stellen uns vor, dass eine Messperson schnell 🕮\(Feigl Konferenz)\ seine Sinnesempfindungen und Gefühle usw. niederschreibt, dazu auch Kalender und Uhr-Ablesungen. Andererseits schreiben Beobachter oder Registrierinstrumente nieder: sein beobachtbares Verhalten, und vor allem seine Gehirnzustände, bis zu Mikrobeschreibungen. Nachher nehmen wir als Wissenschaftler beide Beschreibungen und vergleichen sie; wir finden dann \(\psi{}\)-\(\varphi{}\) Korrelation wie sind Korrelation zwischen wissenschaftlich festgestellten Eigenschaften oder Größen von Systemen. Ebenso mit anderen Objekten. Und schließlich stellen wir eine Art dictionary auf; Richtung: eine Korrespondenz, und schließlich allgemeine Gesetze: wannhOriginal wenn. immer hier etwas von dieser Art, dann drüben etwas von jener Art. Das ist schwierig und umständlich; aber zunächst sind hier keine fundamental unlösbaren Probleme. Dann können wir als Philosophen Analyse die Methode des Verfahrens und den Sinn der \(\psi{}\)-\(\varphi{}\)-Korrespondenzen analysieren. Um ein neutrales Wort zu haben, würde ich vorschlagen, zu sagen, dass die entsprechenden Sätze \(P\)-äquivalent sind, oder systemisch oder nomologisch äquivalent; um zu vermeiden das mögliche Missverständnis, dass es sich um logische Äquivalenz oder Synonymie handle. Hier ist dann eigentlich kein tiefes ungelöstes philosophisches Problem mehr. Einige wenden ein: Hier nehme ich aber schon an, dass, wenn die Person schreibt „Ich sehe rot“, sie wirklich eine sensation von Rot hat; man könnte doch auch die Niederschreibung rein physikalisch-physiologisch erklären. Ich: richtig. Hier ist zunächst die Frage nach einem Entschluss über das basic framework. Ich sage hierbei nicht, dass wir das übliche, natürliche frw. akzeptieren, bei dem wir anderen Personen auch mentale Vorgänge 🕮\Feigl bei mir\ zuschreiben. Es ist ein Entschluss; denn wenn einer die solipsistische Haltung einnimmt, können wir ihn nicht widerlegen, da er es ganz konsequent tun kann. Sie sagen: Das ist doch nicht nur ein Beschluss, es ist doch falsch. Ich sage: Ich habe zuweilen mein Gerüst geändert; z. B. in Wien erklärte ich Sätze wie „Dieser Stein denkt“ als sinnlos; jetzt erkläre ich sie als falsch. –