70Tagebuch 1. I. 1966 – 5. I. 1967 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Di 25. X. 1966

An UCLA: Teach-in (vom University Vietnam Committee, wo ich auch beigesteuert habe) über Vietnam& die Nov. Elections. Ich und Hanneli hören: 3h Lawrence Sherman („Warum ich ein Friedenskandidat wurde“. Dies ist der congressman Kandidat in unserem Bezirk ? Ich habe auch 30 $ für seine Wahlcampagne beigesteuert. Er erzählt sehr gut, wie er Geschäftsmann war, in viele Länder kam, interessiert an Landwirtschaft und Ernährung der Bevölkerung; und wie er überall, besonders in Indien und Südamerika schrecklichen Hunger fand, weil die Landwirtschaft keinen Kunstdünger anwendet, und die reichen Klassen keine Bodenreform erlauben. Und so jetzt in Vietnam. Der ganze Krieg ist aus kolonialistischen Gründen, und die Rederei von Johnson über „Wohl und Selbstbestimmung der Völker“ ist Humbug. Wenn er gewählt wird, will er für Aufhören des Krieges kämpfen. Er macht sehr guten Eindruck; solide und zuverlässig, und stark motiviert. – 3:30 Robert Scheer, Haupteditor von „Rampants“, mit Bart; jugendlich-lebhaft, aber gut und wirkungsvoll, Autor des Buches „Wie U. S. in Vietnam involviert wurde“; er spricht über „Vietnam und die politische Rechte“; die Kommunisten gelten, seit dem Kalten Krieg, einfach als der „Feind“, als grundböse, und schuld an allem Übel; er spricht leidenschaftlich, stark emotional, aber sieht die Dinge richtig. 4 – 4:30 David Cattell, Professor Politische Wissenschaft, UCLA, Spezialist in Sowjetsachen. Er erklärt die 🕮\(mit Feigl telefoniert) (Erika hier)\ Beziehungen zwischen Russland und China; er sagt: jetzt gänzlicher Bruch, kaum reparierbar. Die Russen haben mit Zögern Vietnam Hilfe gegeben; sie möchten nicht wirklich in den Krieg verwickelt werden, aber konnten nicht anders, weil sie sonst ihren Einfluss in kommunistischen Parteien an China verloren hätten. China schimpft zwar heftig auf Amerika, aber will auch nicht in Krieg verwickelt werden und hilft weniger als Russland.) – Abends mit Feigl telefoniert (soeben war sein Brief gekommen, er fragt über Howard Stein; ich sage: Er ist sehr gut; ich schicke ihm Kopie meines Briefes nach Rochester University. Ich berichte über gute Ergebnisse von ärztlicher Untersuchung, und von Augenuntersuchung: zunächst noch keine Operation. – Er drängt mich, meine Ideen über „privacy“ auf tape zu diktieren; er will mir gutes Honorar dafür zahlen. Er sagt, Erna Löwenberg sei kürzlich in NY angekommen!)