69Tagebuch 31. XII. 1964 – 31. XII. 1965 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 8. VII. 1965

Mit Reinhard beim Frühstück. (Er stimmt zu, dass es für Hanneli besser ist, wenn alles Finanzielle getrennt wird. Er meint zuerst, dass man eine Eigentumswohnung doch wohl beliebig verkaufen könnte; als ich ihm aber erkläre, dass dies mit staatlichem Zuschuss gebaut ist, ist er auch zweifelhaft.) – Vormittags noch am Gardner ms, und Brief darüber geschrieben. – Nachmittags Vortrag für London überlegt (zuerst fing ich an, neue Notizen zu schreiben. Aber dann schienen mir die alten Notizen für APA meeting Vortrag in LA Dez. 1963 so gut, dass ich beschloss, sie wieder zu verwenden.) – 7-9 Gerhard Kaufmann zum Abendessen hier. (Sie müssen anscheinend ziemlich sparen, denn er sagt, darum ist Helga wieder in ihren Beruf gegangen (als Lehrerin?). Er fragt verständige Fragen über die Politik von Amerika und de Gaulle; ich erkläre, warum ich gegen den Vietnamkrieg bin; dass de G. weiser war durch Frankreichs Erfahrungen in Vietnam und Algerien, aber ich stimme ihm zu gegen de G. Ablehnung von England. Inzwischen wird klar, dass Agnes und Reinhard im Herzen noch für die Monarchie sind! Agnes hat einen „sehr guten“ Vortrag des österreichischen Thronerben Otto gehört. – Zuletzt sagt Gerhard seinen 🕮 Eltern ruhig, er möchte ihnen sehr raten, sich nicht ein Haus zu bauen, weil das der Firma sehr schaden würde (weil das Bauen jetzt übermäßig teuer ist; vielleicht meint er: Die finanzielle Belastung würde für die Firma zu hoch sein), sie sollten besser nach Bergneustadt ziehen, in Adolf Krawinkels Haus; er habe ja auch durch die Änderungen in der Firma von Vollmerhausen weg müssen. Er bittet sie, seinen Rat gut aufzunehmen, sie könnten dann ja selber entscheiden; aber es wäre ja besser, es jetzt auszusprechen. Sie stimmen zu, dass das besser ist, aber machen ein kühles Schweigen darüber, was sie dazu denken. Das weiß er ja auch eh schon. Nachher fragt Agnes, was sie dazu denken wollen; Reinhard sagt einfach: Da kümmern wir uns überhaupt nicht drum (!). Anscheinend besteht in dem Punkt schon eine längere Spannung zwischen ihnen. Vorher waren sie beide sehr freundlich mit ihm, und verabschieden sich dann auch in Frieden. – Langes Telefonat mit Hanneli (sie sagt, WerneriOriginal Gerhard. wird gegen einen Verkauf der Eigentumswohnung sein; er habe sich das immer als Rückhalt gedacht, weil er von der (privaten) Schule keine Pension bekommt, und die Wohnung als investment und auch als Wohnung für sich im Alter haben möchte. Andererseits sieht sie auch klar, dass es wünschenswert wäre, alle finanziellen Verbindungen zu trennen. Sie will es mit dem Rechtsanwalt von Annemarie in Stuttgart besprechen. Ich sage, beim Rückflug von London könnte ich in Stuttgart einen Aufenthalt machen für eine Stunde, und sie ist sehr dafür.) 🕮\Barmen und Ronsdorf\