Brief an NSF getippt (für Reiseauslagen). – (Heute ist dasTeach-in auf dem UCLA-campus, im Ballsaal der Student Union, von Mittag bis Mitternacht.)64https://leonletwin.wordpress.com/1965/11/12/1965-11-12-vietnam-teach-in-ucla/–Vater Schoenman telefoniert (er wird zum T.-in kommen und eine Botschaft von Russell vorlesen, gerade nach Sweezy, wo ich eh dort sein will. Russell hat mit ihm telefoniert; er hat ihm vom Teach-in gesagt; da hat Russell nach mir gefragt. – Nach 5h; Hanneli und ich holen Dr. Kulka ab, zum Teach-In (im Grand Ballroom der Student Union, ein riesiges großes Gebäude. Die Zuhörerschaft wechselt immerzu, man kann leicht Platz finden. Wir sitzen in der 4ten Reihe. Eine Zeitlang sitzt Kalish neben uns, aber da ist keine Gelegenheit, miteinander zu sprechen. Von hinter mir begrüßt mich jemand; ich wende mich um, und obwohl sein Gesicht mir ganz nahe ist, kann ich ihn nicht erkennen; es ist Dr. Mott; später ist er verschwunden. – Wir hören nur 3 Sprecher. Zuerst Phil Kerby (Herausgeber von Frontier, Kommentator an KPFK. Er redet geschickt und witzig; macht sich lustig über die „Spezialisten“ die vorgeben, allein die „Fakten“ zu erkennen. 15 Min.) Dann 45 Min. Paul Sweezy, Mitherausgeber von MR; weißhaariger guter Kopf. Er spricht nicht lebhaft, manchmal langsam; aber er geht den Sachen auf den Grund. Seine Hauptpunkte: Vor 400 Jahren gab es keine „unterentwickelten“ Länder; die Not und Armut ist erst durch die koloniale Ausbeutung gekommen, 🕮 besonders die Kapitalisten; aber auch vorher schon, Unterwerfung durch die Macht der Feuerwaffen. Diese Entwicklung geht immer weiter. Unsere vermeintlich „großzügige foreign aid“ ist in Wirklichkeit 80 % militärische, nur 20 % ökonomische, und die letztere geht größtenteils in die unrechten Hände. Militärisch kann Amerika natürlich Vietnam unterjochen, aber nicht die ganze Erde; die Überbevölkerung wird bald Hungersnot in großem Umfang bringen; und dann werden die Völker nicht mehr die Ausbeutung dulden. – Er spricht klar, und ich habe wieder den Eindruck, dass die Marxisten eine große Überlegenheit haben dadurch, dass sie einsichtig erklären können.) – Dazwischen: Schoenman liest Russell’s message vor. Russell sagt auch, dass gar keine Möglichkeit ist, President Johnson und seine Leute zu überzeugen; die können nicht heraus aus der Rolle, die sie angenommen haben. (Das scheint mir vielleicht ein Einfluss von Ralph Schoenman in Richtung auf marxistische Ideen.) Schließlich hören wir noch kurz St. Sheinbaum (vom Santa Barbara Center, Ökonom, war consultant beim Diem regime. Er sieht klarer als die Regierungsleute; aber er hat nicht die Einsicht der Ursachen, wie die Marxisten.) – Wir fahren nach Hause; schnelles Abendessen, Dr. Kulka (dann fährt sie mit Hanneli zu dem psychologischen meeting, wo Lomax auch spricht.) 🕮