66Tagebuch 23. V. 1962 – 31. XII. 1962 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Di 4. XII. 1962

3 zu Dr. Mott. (Auf Drängen von Ina gehe ich zu ihm, um meine zwiespältigen Gefühle über Stanford zu klären. Ich berichte ihm über den Schwindelanfall beim Diktieren von comments zu Popper; und am Fr. 9. abends, wo kein Doktor erreichbar war, bis schließlich durch Dr. Kulka Dr. Halpern kam, mich ins Hospital brachte und Bluttransfusion machen ließ; blutender ulcer. 2 Wochen im Hospital. Ina war seit langem gegen Stanford; sie sah voraus, dass ich entweder den Erwartungen des Centers und der departments in Stanford und Berkeley zu viel nachgeben würde und mich dann über die verlorene Zeit ärgern, oder mit schlechtem Gewissen zu Hause sitzen würde, was mich auch bedrücken würde. Ich sagte dagegen: Man kann doch nicht einfach $ 8000 fahren lassen, vielleicht macht sie eine confusion mit 800. Aber sie sagte: Das ist alles Dein verdammtes Superego. Ich sage: Sie hatte recht, ich nahm es als eine moralische Obligation. Vielleicht sollte ich nicht. Er: Es ist sicher keine moralische Verpflichtung. Ich: 🕮 Wenn es das nicht ist, dann bin ich erleichtert. An sich möchte ich lieber das Geld aufheben, und dafür meine Ruhe und Unabhängigkeit haben. Ich erkläre, dass wir im stock market gut getan haben; und jetzt noch 2 ½ Jahre volles Gehalt von NSF bekommen werde, nur für research; und davon können wir auch noch sparen. Wir brauchen uns also finanziell keine Sorgen zu machen, und unser Haus hier können wir noch etwas behalten. Er sagt: Dann ist es wirklich das Beste, sich jetzt umzuschauen nach einem netten Haus, mit Garten für Ina; dann können wir nächstes Jahr mal eine Woche hinauf fahren, um Hempels zu treffen und andere Freunde. Ihm schien dies alles sehr einzuleuchten, nachdem er merkte, dass ich das am liebsten wollte. Dann sagte er: Aber es wäre wohl doch gut, wenn ich nochmal käme, zu derselben Zeit nächste Woche; um klarer zu sehen, was meine Gefühle jetzt sind nach diesen 2 Krisen. Ich: Oder was meine unbewussten Gefühle vorher waren, die dies einbrachten?) – Mit Ina zum Optiker an Bedford; wir suchen neuen Rahmen aus für Brille. – Abends beschließen wir, Stanford aufzugeben.