66Tagebuch 23. V. 1962 – 31. XII. 1962 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 9. XI. 1962

9 AM: 98.1, später 98.5. Ich telefoniere Dr. Forde: Ich fühle mich etwas besser. Er: noch im Bett bleiben, bis die Temperatur normal ist für 24 Stunden: er sagt: das polio vaccine hat keine Beziehung hiermit. – Ich trinke AM, dann Boysenbeerensaft. Bald nach einem Trinken von letzterem bricht Schweiß aus, auf der Stirn, und der Magen fühlt sich ungemütlich. Dann auf einmal heftiges Erbrechen; ich habe eine Wanne dafür bereit, aber es kommt mit großem Schwung aus Mund und Nase. Ich läute, und Ina kommt. Alles ist rot bekleckert: Pyjama an der linken Schulter, ein großes Stück vom Leintuch, und es trifft an der 🕮 Seite der Matratze. Später zeigt sie mirfOriginal mit. auf dem Pyjamaärmel etwas, das sieht aus wie geronnenes Blut. – Nach, 2h, Ina telefoniert mit Dr. Forde (und berichtet über das Erbrechen. Er: Blut aus dem Magen sieht nicht so aus, sondern so wie Kaffeesatz. Er sagt: einstweilen nichts trinken, nur Stückchen Eis im Mund. Dann abends Tee, und wenn ich etwas essen will, weiches Ei und trockenen Toast.) – 5h Ina ruft nochmal an; er ruft zurück nach 6h von seinem Haus in Malibu (Ina fragt: Könnte es eine leichte Gehirnerschütterung sein, von dem Aufschlagen meines Kopfes? Er: nicht leicht, weil der Zeitabstand zum Erbrechen so lang war, und weil ich keine Kopfschmerzen hatte.) – 7h esse ich (1 ½ weiche Eier (das erste war versalzen) und Toast.) – 7 ½zweites heftiges Erbrechen (vorher spüre ich Schweiß auf der Stirn; etwas Übelkeit; und dann kommt es auch schon.) – (Ina telefoniert mit Dr. Kulka; die meint, es ist wahrscheinlich gastro-intestinal flu. – Auch noch mit Mia, die wiederum mit Dr. Pierce spricht; und mit Olaf. Die bestärken sie, dass wir noch einen Doktor kommen lassen sollten heute Abend. Schließlich gebe ich nach. – Ina macht verschiedene Anrufe. Dr. Davis sagt, es hat keinen Zweck, heute noch zu kommen, weil er doch keinen Test machen kann; er will morgen 9h kommen mit einem Mann, der eine Blutprobe nimmt, um Darmgeschwür zu testen. Später sagt sie ihm ab, um morgen früh doch noch zu versuchen, 🕮 Dr. Forde zu bekommen. Es ist nun nach 9; trotzdem will sie noch versuchen, irgendeinen anderen Doktor für heute Abend noch zu bekommen. Aber das will ich nicht, ich sage, sie hat alles Mögliche versucht, und die Doktoren sind der Ansicht, dass es nicht so dringend ist, dass heute noch einer kommen müsste; darum scheint es mir vernünftiger, es aufzugeben und bis morgen warten.) Aber, ca 10h, kommt Dr. Kulka, selbst herüber (in Pyjama und Mantel; sie konnte uns telefonisch nicht erreichen); sie sagt, ein Dr. Halpern, den sie gut kennt, und der auch an UCLA arbeitet, wird selbst kommen! ca 10hDr. Halpern kommt. (Wir berichten alles. Er misst den Blutdruck, sowohl liegend wie sitzend, und sagt: es ist ein bleeding ulcer, ich habe schon eine Menge Blut verloren; ich muss sofort ins Hospital gebracht werden für Bluttransfusion. Ina sagt ihm, sie hat von einem der Doktoren erfahren, dass in UCLA, St. John’s und Sta. Monica Hospitälern kein Bett mehr frei ist. Er ruft Cedar of LebanonHosp. an; sie haben nur ein Bett in einem 5-Bett-Zimmer! Er nimmt es trotzdem an; er sagt, sie sollen spezielle nurse bestellen, und Blut für Transfusion bereit halten. Bei beidem sagen sie, es geht nicht so schnell; aber er besteht darauf, dass es dringend ist und gemacht werden muss. Er sagt mir dann: die Transfusionen 🕮 sind so dringend; wenn nötig, würde er ein Bett in den Korridor stellen lassen.) ca 11hAmbulanz kommt; Ina fährt mit; sie hat inzwischen schnell meine Sachen gepackt. ca 12h Mitternacht im Hospital. (Zimmer 204; nur 2 Betten. Das zweite ist durch Schirm an meinem Fußende abgetrennt. Ich glaubte, es wäre leer; erst dachte ich, dies sei ein Raum für Transfusion, und ich erwartete, sie würden mich dann in ein 5-Bett-Zimmer bringen. Dr. Halpern ist gerade angekommen; er ordnet alles an mit Transfusion; zuerst nur Glukoselösung, später Blut.) Um 1h fährt Dr. Halpern ab (er nimmt Ina mit; sie wollte in Beverly Hills, wo er wohnt, ein Taxi nehmen; aber er bringt sie noch nach Hause.)