62Tagebuch 30. XII. 1959 – 24. XII. 1960 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag So 20. III. 1960

An Pr (II). – 12-3 zu Abe Kaplans. (Wir waren vor einer Woche eingeladen, mussten absagen, weil es mir nicht gut ging. – Jessica hatte ihren Fuß an einem Rechen verletzt; Iona war jetzt mit ihr zum Dr., nochmal Injektion, und Reinigen der Wunde. – Abe hat seinen schönen großen Mosaiktisch fertig. – Ich erzähle Abe endlich mal, wie wacklig ich in den Tagen vor dem St. Barbara Meeting war; und wie glücklich ich war, dass es dann doch so gut ging. – Über die Rolle der Logik in Philosophie. Ich sage: Montague betrachtet dies sehr wichtige Werkzeug, als ob es der Selbstzweck der Philosophie wäre; das ist eine Idealisierung des Werkzeugs. Abe hat in ähnlichen Termen gedacht: dass ein Instrument häufig zum Selbstzweck wird. Er sagt, er hat in den letzten Monaten mit Leuten an verschiedenen großen Universitäten gesprochen (darunter Davidson …). Die stimmten alle mit seiner Position überein, dass die humanistische Seite zu ihrem Recht kommen muss; meistens werden nur zwei Quarter Logik für alle Philosophiestudenten gefordert, dagegen bei uns hier 4 Kurse, also 2 Jahre. Er sagt, alle, die mich kannten, waren nicht mal überrascht, wenn er berichtete, dass ich auf seiner Seite sei. – Ferner hatte er den Eindruck, dass in anderen Departments oft unerfreuliche Situationen sind, schlimmer als bei uns; z.B. Leute fühlen sich mit Promotion zurückgesetzt, oder mit Gehalt. – Bei uns ist der Streit doch wenigstens im ersten Problem von Philosophie und Curriculum Policy. Er stellt Fragen über Erklärungsweisen in der Logik: Maupertuisprinzip der kleinsten Aktion und dergleichen; woher weiß das Tier, wie es sich 🕮 verhalten soll? Ich: Beispiel der Brechung von Lichtstrahlen; der Strahl nimmt den schnellsten Weg; in Wirklichkeit laufen Strahlen in alle Richtungen, aber durch Inferenzen kommt es in bestimmter Richtung am stärksten. Ich sage ihm von der früheren Hypothese über Gravitation: Durch random Bewegungen von unsichtbaren Partikeln; er ist entzückt darüber, sagt, dass die Erklärung durch random Vorgänge ihm am meisten verständlich ist. Ich: Wichtig ist auch die Ausschaltung von Aktionen auf Distanz; es bleibt aber, dass ein Körper auf seine unmittelbare Umgebung reagiert; aufgrund seiner Natur, d.h. Neigungen oder Disposition. Er: Aber wie soll man Disposition und „Natur der Dinge“ verstehen? Ich: In jeder Theorie wird irgendetwas als basic genommen, nicht weiter erklärt. – Später kommen Dr. und Ruth Pierce, sitzen mit uns am großen runden Tisch.) – Abends bin ich etwas deprimiert.