62Tagebuch 30. XII. 1959 – 24. XII. 1960 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mo 14. III. 1960

8h stehe ich auf, drehe Heizung an; dabei ein twinge im Rücken. Ich bleibe aber ruhig, geh’ ins Study, drehe das Fenster zu, mache Badezimmertür auf, alles wie gewöhnlich; erst dann zu Bett. (Ich bin bekümmert, dass heute die Rückenzwicken auftreten, wo ich doch dringend zu Dr. Mott gehen will, aber ich denke, es ist nicht schlimm; ich kann es doch schaffen. Ich mache mir Sorgen, wie es beim Waschen gehen wird, dabei kommt leichter ein kleiner Schreck im Rücken an; und das würde mich noch mehr entmutigen, und die Fahrt zu Dr. Mott noch schwieriger machen. Ina sagt, ich soll nicht zum Waschen gehen; sie bringe mir Waschlappen, einen fürs Gesicht und einen für unten; ich soll auch nicht die Heizung abstellen; lieber hier die Tür mal aufmachen, weil das leichter geht.) – 1 Miltown genommen, rasiert; Frühstück. Danach fühle ich mich ruhiger. – 12h gehe ich zum Schreibtisch; obwohl ich auf dem Weg ein wenig den Rücken spüre, gehe ich doch weiter und sitze ½ Stunde am Schreibtisch. – 2 zu Dr. Mott; Ina fährt mich; etwas wacklig beim Aufstehen und Anziehen; aber dann geht es doch ganz gut. (Ich erzähle von Samstagmorgen; schließlich doch aufgestanden. Schwierigkeiten mit . Er: Man muss nicht immer nur fragen: was war der Zweck der Symptome hiervon, sondern auch: was ging vorher? Was war am Freitag? Vielleicht masturbiert? Ich: Ich glaube Sa, Ina meint Freitag, sonst nichts Besonderes; abends ging Ina mit Mia aus. Er: Was tat ich dann? Ich: Gelesen, vielleicht TV, ich weiß nicht mehr, was 🕮 doch das 9h Stück, aber was war es? Ja, es hieß „Der Gefangene“, ich weiß nicht mehr es war. Ich überlege, dann: Es war der angeklagte Kardinal, mit einem kommunistischen Verhörer; packend die Konflikte in jedem; dass er seine Mutter nicht geliebt hat, überhaupt nicht die Menschen. Schließlich hat der Gr ihn so weit gebracht, dass er auch selbst sich selbst vor der Öffentlichkeit zerstört hat. Aber was hat das mit meinem Rücken zu tun? Er: Samstagmorgen Zusammenbruch meines Rückens, Freitagabend erlebe ich, wie der beachtete respektierte Mann zusammenbricht; ist das nicht klar? Und brain washing = Analyse. Ich: Aber Analyse zerstört nicht, sondern befreit. Er: Vielleicht fühle ich aber doch auch negativ darüber. – Nachher bin ich sehr erleichtert und gestärkt). Bei der Rückfahrt erzähle ich Ina Vieles; sie ist sehr daran interessiert. – Nachmittags im Bett. Aber ½ Stunde am Schreibtisch, und zum Abendessen aufgestanden.