62Tagebuch 30. XII. 1959 – 24. XII. 1960 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 4. XI. 1960

Heute fühle ich mich besser als gestern. (Es ist blauer Himmel; darum beschließen wir schließlich, doch hinauszufahren, trotz Wettervoraussage von Regen.) 10 ½ – 11 ½mit Zetkins zu Soblers. (Ich fahre ganz hinaus. Wir sitzen im Wohnzimmer. Zetkins erzählen von ihrem Haus und Leben in Kanada, und zeigen Fotos. Benedikt ist sehr daran interessiert, er liebt auch British Columbia. Benedikt zeigt die Fotos, die er am 23.9. von uns gemacht hat, die Farbenfilme, wo ich bedächtig spreche (ohne Stimme), anscheinend erklärte ich den logischen Positivismus. – Ich frage über Pasternaks Dr. Schiwago. Benedikt sagt: interessant, aber er ist doch ein poseur. Kostja sagt dagegen: Er ist ein ehrlicher Mensch. – Ich frage auch über Kazantzakis-Gebäude; Benedikt liebt es. Ich sage, dass ich Zorbas sehr liebte. Benedikt nannte noch ein anderes: „Freiheit und …“, über den alten Freiheitskampf in Kreta gegen die Türken27Freiheit oder Tod, deutsch von Helmut von den Steinen, Berlin (West): Herbig 1954. – Sie sprechen über BeckettjOriginal Bennett.Godot“; Benedikt ist eher dagegen, weil nihilistisch; aber Raya sagt, dass er und auch Joyce, uns auf Grenzen und andere Empfindungen aufmerksam machen; sie war puritanisch erzogen und fand das zuerst schocking. Benedikt sagt, dieser „Strom des Bewusstseins“ taugt nichts. Ina sagt, wir sind zu sehr intellektualisiert, wir müssen wieder die Sinne lernen. Ich stimme zu; ich sage, in der Kindheit war das alles höchst wichtig für uns; wir haben es verdrängt; durch meine Erfahrung in Psychotherapie bin ich darauf gekommen, dass es wichtig ist, die unterdrückten Empfindungen und Gefühle wieder lebendig zu machen.) Abfahrt 4 ½, um noch Tageslicht zu haben; Ina fährt. – Es war ein schöner Tag. Ich bin froh, dass ich es so gut machen konnte, trotz wenig Schlaf. – Abends gebadet.