62Tagebuch 30. XII. 1959 – 24. XII. 1960 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Sa 9. I. 1960

(Gestern abend Schwierigkeit zu pinkeln; ich nehme 2 von Inas Pillen; das scheint etwas zu helfen.). (Gut geschlafen; Ina kommt, ich bin erstaunt, dass es schon 9h ist.) (Ina geht heute nicht zu Dr. Palstrom.) Ich bin guten Mutes, stehe auf, gehe zum Waschen, sitze, nehme die Seife in die Hand. Da kommt plötzlich das Ziehen im Rücken. Schnell ins Bett zurück. Ich bin deprimiert und enttäuscht; gestern morgen, und dann wieder heute morgen, dachte ich, ich könnte nun wieder gut aufstehen. (Ich spreche mit Ina darüber; ich sage, ich war guten Mutes, wie können mich da die Ghosts doch verschrecken? Da kommt mir dann doch wieder die Idee, es muss was im Rücken sein. Sie sagt: Sie hat so oft Rückenschmerzen, wirklich arge, und achtet nicht darauf; bei mir wird wohl auch irgendetwas im Rücken sein; alle Menschen haben irgendetwas; der Unterschied ist nur, dass ich mich dadurch übermässig erschrecken lasse, als wäre es der Anfang von etwas Schrecklichem. Das leuchtet mir ein.) –TP Clifford gelesen (für letzten Spring). – 1h, ich rede mir gut zu, dass nichts Ernstes passieren kann, höchstens ein kleiner Muskel twinge, und dass ich ja, wenn ich Verabredung hätte, doch imstande wäre heute zu Dr. Mott zu gehen. So stehe ich auf, lockere Arme und Beine, und gehe zum Study; ich setze mich einige Minuten in den Sessel. Dann stehe ich auf, doch etwas jittery, gehe zum Schlafzimmer; dort drehe ich um und will nochmal durch den Korridor gehen; da kommt wieder plötzlich das Ziehen im Rücken, und ich eile ins Bett zurück. Danach überhaupt nicht mehr aufgestanden. – Nachmittags Clifford TP gelesen, formale Ableitungen über Auswahlaxiom ohne jeden erklärenden Text, nicht mal ein erklärendes Wort zu den Definitionen; das Meiste gar nicht gelesen; 4 Ableitungen. A. Dann Überarbeitung von Inas Transkription von Sta Barbara Vortrag 🕮 über theoretische Begriffe. Ich merke , dass es viel mehr Zeit nimmt, es in druckfertige Form zu bringen als ich dachte. Aber es ist wohl nicht nötig, denn ich will es nicht nur dittoen, sondern doch auch drucken. Auch in Hilbert-Bernays II2https://en.wikipedia.org/wiki/Grundlagen_der_Mathematik darüber gelesen. – Aussprache mit Ina hilft mir viel. Aber ich bin doch verzagt; ich weiß nicht, was ich machen kann, wenn morgen es wieder schlecht geht, wenn ich was im Rücken spüre. Obwohl ich weiß, dass das nichts Ernstes ist, beunruhigt es mich doch sehr. – Abends zusammen gesprochen und Musik gehört. – Ina hat mir ein neues Radio gekauft. Sie installiert es neben meinem Bett. Es ist ein Zenith mit FM und AM, relativ guter Ton, herabgesetzt von 130 auf 85 (ungefähr). Wir hören einiges darin, sehen etwas TV, sprechen das Problem von mir durch. Tags mehrmals und abends zweimal, weil ich faul bin! ½ Miltown, damit ich besser schlafe.