60Tagebuch 1. I. 1957 – 4. III. 1959 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mo 6. I. 1958

Ich rufe Heyting an, ob er vielleicht doch für Diskussion herkommen will. Micheline hatte vor, ihm L.A. zu zeigen, sie bringt ihn her. 10 – 11 ½Gespräch mit Heyting allein. (Ich erkläre meine Auffassung über Grundlagenprobleme und frage nach seiner. Ich über Beobachtungssprache, beschränkt, und theoretische Sprache. Das findet er akzeptabel; aber er möchte doch die intuitionistische Mathematik in einer verstandenen Sprache haben. Ich: Man kann ja die Beobachtungssprache ausdehnen, mit Arithmetik; aber dann lieber meine beschränkte Sprache I aus Syntax, auch geeignet als Metasprache. Für ihn ist keine scharfe Trennung von Objektsprache und Metasprache; Sprache ist sekundär; Anschauung und Denken ist primär; die Logik ist sekundär zu Arithmetik, weil wir für Logik schon Einheiten und Unterscheidung brauchen. Ich versuche ihm klar zu machen, dass \(\not =\) schon in der Logik ist, aber noch nicht Arithmetik; aber er sieht nicht klar den Unterschied zwischen Unterscheidung von Elementen, und den Zahlen. – Nach dem Essen noch ½ Stunde. Er fragt, wie meine Auffassung vereinbar wäre mit der des Wiener Kreises. Ich erkläre, dass ich zwar Entitäten, auch abstrakte, akzeptiere, aber die Realitätsfragen für Scheinfragen halte; ausgenommen den wissenschaftlichen Realitätsbegriff, der nicht mehr besagt als Existenz. – Er ist gut, klar und ruhig im Gespräch. Wir verstehen nun unsere Auffassungen besser.) Er und Micheline zum Lunch hier. durchgestrichener Gedankenstrich Er hat 4 Uhr über Intuitionismus, er sagt: populär. 6-8 ist Dinner für ihn und Stevenson. Da es nicht ein extra dinner ist, und ich schon viel Zeit für Heyting gegeben habe, sage ich ab. (Abends 8 ½ ist Vortrag Stevenson über „Interpretation in der Kunst“; ich gehe nicht hin.)