59Tagebuch 30. VIII. 1954 – 31. XII. 1956 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag So 9. IX. 1956

12 ½ – 3 Mia hier. (Während wir im Wohnzimmer sitzen, kommt Ina zuweilen von der Küche herein. Einmal fragt sie mehrmals, wovon wir sprechen; im lebhaften Gespräch sprechen wir alle drei und wir überhörten ihre Frage. Sie fühlte sich ausgeschlossen, relegiert als eine „Schani“ zu der Küche, war gekränkt und wütend und schlug die Tür hinter sich zu. Nach einer Weile ging Mia zu ihr, aber sie war noch nicht zugänglich. Nach dem Essen zog ich mich zurück. Dann fragte Mia Ina, worüber sie so aufgeregt gewesen war. Ina sagte, sie habe an sich nichts dagegen, dass wir „flirten“, aber das müsse Grenzen haben, und die seien überschritten, wenn sie ausgeschlossen wird vom Gespräch. Mia ist erstaunt über den Ausdruck „flirten“ und sagt, dazu gehören doch zwei. Ina macht ihr klar, dass sie meint, dass wir beide es täten. Mia sagt, wenn Ina es so empfindet, dann wäre es wohl besser, wenn sie nicht wiederkäme. Ina sagt: nein, sie soll gewiss wiederkommen, aber wir sollen sie nicht ausschließen durch Fachgespräche.) – Allerhand gelesen. – Beim Abendessen mit Ina über den Vorfall gesprochen. (Ich sage, ich finde ihre Eifersucht an sich verständlich, aber sie soll doch ein Überhören und dergleichen nicht als „Ausschließung“ und Kränkung nehmen. Sie sagt, das täte ich aber sehr oft, wenn andere da sind. Ich sage, sie ebenfalls.) Nachher, als wir im Bett zusammenliegen und 🕮TV ansehen, kann sie wieder lächeln und lieb sein, und ich bin auch lieb zu ihr.