RUDOLF CARNAP. Tagebücher und Leselisten. 1908–1919 |
(Inzwischen 3 Sitzungen ausgefallen, weil der Doktor weg war.) Ich: Ich war froh, dass er gestern anrief und sagte, dass heute wieder eine Sitzung sein wird. Ich war sehr kurz angebunden am Telefon; das bin ich oft; viel mehr als wenn ich jemand sehe. Nachher sagte ich noch „Ich bin froh“, aber da kam schon der Klick durch sein Abhängen. Zugleich war ich aber auch etwas besorgt, weil ich keine Träume hatte; wie ein Schüler ohne die Hausarbeit. Ich berichte: Gestern abend, als Ina abwesend war, plötzlich beim Tanzen kleiner Schmerz im Rücken; ich erschrak, schließe Bruch aus; im Bett tastete ich den Rücken ab und beruhigte mich allmählich. Später stand ich wieder auf und tanzte ein wenig, aber nach einer Minute war ich zu tense und empfindlich und legte mich wieder hin. Er: Was wollte ich wohl mit diesem Rückenschmerz demonstrieren? Ich: Vielleicht, dass ich ängstlich wegen der Besorgnis; aber das glaube ich kaum. Ich glaube eher: Am Telefon hatte ich gesagt, es geht mir „fein“; wenn ich nun berichte, dass ich auch ohne ihn auskommen könnte, so könnte er vielleicht sagen, dann brauchen wir nicht fortzufahren; und darum wollte ich ihm demonstrieren, dass ich noch
(zwischendurch mal:) Er: Er möchte meine Philosophie näher kennenlernen. Ich: Warum? Er: um zu verstehen, was mich dabei so anzog. Ich: Oh, das ist erstaunlich, ohne in die Einzelheiten zu gehen; es ist ein Feld, das mir sicher schien, weil möglichst unpersönlich; abstrakt, und entfernt vom wirklichen Leben.
Ich (beim Aufstehen): Ich bin wirklich froh, dass er zurückgekommen ist; und heute war eine gute Stunde, da ist allerhand herausgekommen, und ich bin sehr froh, dass ich es sagen konnte.
[Ina sagt nachher im Auto: Sie ist sehr froh, sie versteht gut, dass es wirklich Mut brauchte, das alles zu sagen; viele in meinem Alter kämen gar nicht so weit; und dies ist ein ganz wichtiger Schritt vorwärts. – Ihr liebes Verstehen rührt mich sehr; und beim Erzählen kommen mir Tränen; und ich bin sehr froh über das, was sie sagt.]