65Tagebuch 06. X. 1952 – 03. VIII. 1955 [Analyseprotokolle] [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 8. IV. 1955

Ich berichte: Am 6., nach Kaplans Besuch, ein plötzlicher kleiner Twitch im Rücken. Sorge, ob es etwas Ernstes ist; deprimiert. Am nächsten Tag fand ich im Tagebuch: nach Kaplans Besuch 7.9.54 auch etwas Rückenschmerz, und am nächsten Tag viel im Bett gelegen. Erstaunliche Parallele! Der Doktor fragt nach Beziehung zu Kaplan. Ich: Erst ausgezeichneter Student; später mehr freundschaftlich, aber nur selten gesehen; dann hier näher zusammen, aber Kaplan hielt immer eine gewisse Reserve. Der Doktor: Es scheint, ich halte immer die Reserve; ich sprach mit Feigl und Hempel oft über sehr persönliche Dinge. Der Doktor: Was hat es mit dem Rücken zu tun? Warum wollte ich demonstrieren, dass ich nicht stehen kann. Ich: Vielleicht fühlte ich, dass ich im Gespräch mit Kaplan zu aggressiv gewesen war; oder vielleicht ich fühlte, dass ich zu wenig aktiv gewesen war; wie ich gewünscht hatte; aber beides im Konflikt miteinander. Der Doktor: Meine Beklagung über Kaplans Reserve klingt genau wie meine Gefühle zu ihm, die früher mal zum Ausdruck kamen: dass er kalt und zurückhaltend sei, während ich Wärme und Nähe wünschte. Ich: Ja. Er: Wenn ich mehr über ihn wissen wollte, stellte ich nicht Fragen? Ich: Das ist doch nicht am Platz 🕮\(_{51}\) in der Analyse; ein Analytiker vermeidet doch über sich selbst zu sprechen. Er: Unsinn; nicht alle Fragen würden unbeantwortet bleiben; nur gewisse, wenn Gründe dagegen sprechen, z. B. dass Resistenz vermehrt werden würde. –Ich: Am Morgen nach Kaplans Besuch hatte ich einen Traum; ist es jetzt zu spät dafür? Er: Warum habe ich damit gewartet bis zum Ende? Jetzt erzählen, nächstes Mal besprechen. –Ich: Traum vom 7.: In Zelten im Gebirge, ich alleine in einem Zelt, Grete und jemand ein anderes Zelt, noch ein Mann in einem Zelt. Am Morgen packen wir zusammen; ich habe im Rucksack etwas, womit man bestimmen kann, ob etwas richtig ist oder nicht, vielleicht zum Messen, es hat zu tun mit Schuhen; ich möchte, dass Grete es benutzt, aber ich will sie nicht drängen. [Noch keine Assoziation.]