RUDOLF CARNAP. Tagebücher und Leselisten. 1908–1919 |
Ich: Voriges Mal einen Traum angefangen; gestern hatte ich neuen Traum. Welchen zuerst? Ich denke, zuerst den früheren, weil ich systematisch bin. Er: Ja, das ist eine Grundhaltung durch mein Leben. Ich: Ja; Ina nennt es das „Sammelprinzip“. Er: Ebenso auch, wenn ich irgendwelche Ausnahme mache, muss ich auch etwas dagegen sagen. Ich: Ich will immer eine Qualifikation machen, damit niemand mich angreifen oder widerlegen kann. Ich dachte früher: In theoretischen Fragen macht mir Kritik nichts aus. Aber im Grunde ist es doch immer mit persönlichen Gefühlen verknüpft. Popper schrieb scharfe Kritik; aber dann erstaunliche freundschaftliche Einleitung; Feigl sagt, er habe häufig gegen mich gesprochen, dass ich ihn nicht hinreichend anerkenne; vielleicht hatte er damals freundschaftliche Gefühle für mich, und wurde enttäuscht, als ich sie nicht erwiderte? Ryle schrieb sehr emotionale Kritik, ohne persönliche Beziehung; das wunderte mich sehr; kann es Eifersucht auf Einfluß auf junge Leute sein, auch ohne persönliche Beziehung? Gefühle zu Quine 1941; Eifersucht, als er sagte, er stimme nun ganz mit Tarski überein; gesagt hat zu einem Mädchen gesagt hätte, die Affäre sei vorbei, jetzt habe er eine andere. Er: Ja, exakt so. Ich: Charakteristisch, dass ich sagte, „wie ein Mädchen“, das war also meine Rolle, die ich unbewusst fühlte. Er: Aus meinen ganzen Äußerungen heute ist ersichtlich, dass ich den springenden Punkt bemerkt habe: Ich suche nach Sicherheit vor Angriff; wieder die Furcht vor der passiven Rolle.