65Tagebuch 06. X. 1952 – 03. VIII. 1955 [Analyseprotokolle] [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Di 8. II. 1955

(anstatt 7.) Traum (heute: Mendès-Fr. sitzt mit Ina und mir; er geht weg, kommt vielleicht morgen zurück. Wir gehen durch den Schnee, binden unsere Schuhriemen, kommen zu 2 Almenrestaurants. Im letzten kommen 2 Mädchen. –Assoziation: M. erinnert an den Doktor. M’s diplomatisches Lächeln, sogar zu Adenauer. Der Doktor: Sie meinen, ich lache zu Ihnen ebenso mit dislike? Ich: Beim ersten Mal, als ich kam, fühlte ich: das Lächeln ist ein freundliches Willkommen; aber dann dachte ich gleich dazu: es bedeutet nichts, ist professionelle Routine. Nicht: disl.; aber man wünscht, dass er einen persönlich mag, und das ist zuviel erwartet. – Zu M’s Weggehen: Vor einigen Wochen sagte er, im Psychologischen ist Gewisses erreicht, was wünsche ich weiter? Da dachte ich zuerst, dies ist Einleitung dazu, dass er die Analyse abbrechen will. Darum betonte ich dann, wie sehr ich sie noch brauche; weniger für die physikalische Behandlung, als für die denen zugrundeliegenden Ängste und inneren Hemmungen. Aber dann sagte ich mir: er wollte natürlich nicht abbrechen, sondern nur, dass ich das Ziel deutlich aussprechen sollte. – Ich erwähne alten Traum: Ich sitze mit bloßen Füßen im Wiener Restaurant und der Kellner kommt, ich bin in großer Verlegenheit. Der Doktor: Anscheinend fürchte ich sehr, dass in der Analyse Schamhaftes herauskommt. Ich: Früher glaubte ich das nicht; ich sagte zu Freunden: mir macht das Enthüllen in der Analyse nichts aus; aber jetzt merke ich, dass es das doch tut.