65Tagebuch 06. X. 1952 – 03. VIII. 1955 [Analyseprotokolle] [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mo 20. IX. 1954

Ich sage: 63 Jahre; ich hörte, dass das Alter häufig den Analytiker abschreckt, aber Dr. Wallis sagte, für mein Alter sehr guter Fortschritt. Ich beschreibe die Schwierigkeiten, die ich noch habe: Stehen sehr ermüdend, auch Sitzen auf geradem Stuhl; ich fürchte mich besonders vor Bücken. Ich erzähle wieder von dem plötzlichen Schmerz Frühjahr ’53 beim Bücken, und den Assoziationen. Er fragt: Kamen die spontan, oder auf spezielle Frage? Ich: Im Moment spontan, aber Suggestivwirkung früherer Bemerkungen nicht ausgeschlossen. Über Sex; neulich Scheide. – Meine schwankenden Gefühle über Fortschritte. Meine Projektion von „Erwartungen“ und „Forderungen“. Ina über Freud über Agoraphobie. – Im Mai 2 Vorträge gehalten. – Jetzt lebhaftere Sexgefühle, auch mehr Zärtlichkeiten ausgedrückt bei Tage. – Er fasst zusammen: „Sie haben die Eindruck, starke emotionale Wandlungen durchgemacht zu haben“. Ich: Ja; Djane über „Fellow Sufferer“. – Er: Eine Frau als Analytiker wäre nicht so gut für mich, weil mein Hauptproblem ist, dass ich nach 7 Jahren keinen Vater gehabt habe und jetzt Schwierigkeit habe, mit den Vaterfiguren; vielleicht zu früh selbst in die Vaterrolle gekommen. – Er will mich selbst weiter behalten; zunächst 2 Stunden; er will später entscheiden ob vielleicht mehr, es könnte sein, dass intensivere Behandlung gute Aussicht gäbe. Ich: Wenn das so ist, wäre ich gleich dafür, mehr Stunden zu nehmen. Er: Er kann jetzt nicht; vielleicht etwas später. Er: Dr. Wallis hat einen sehr guten Job getan, ich aber auch.