65Tagebuch 06. X. 1952 – 03. VIII. 1955 [Analyseprotokolle] [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 5. XI. 1954

Ich berichte: Durch den jerk im Rücken am 1. (siehe oben) war ich erschreckt, und abends etwas down; Ina tröstete mich mit Zärtlichkeit, und zusammen, dadurch entspannt. Am 2. war mein Seminar; da ging es ganz gut. Aber am 3. etwas Fieber (bis 100.8); am 4.6. ohne Fieber, nur etwas müde; also keine richtige Flu, vielleicht nur „arrangiert“, um 2 ruhige Tage im Bett zu haben. –Als Kind „Buchführung“: vielleicht können Sünden durch gute Taten ausgelöscht werden. – Ich berichte , wie ich den Fluch gegen die Mutter an die Wand schrieb und dann eingestand. – Dann mit Oheim Siebel, wo ich falsch gesagt hatte „nein“; wochenlang darunter gelitten, und endlich ihm gebeichtet. Der Doktor sagt: Hier sieht man, wie ich Scheu und Furcht vor dem „Vater“ hatte, aber das Gewissen in mir selbst strenger machte, als der Vater gewesen war; ich needed einen Vater, denn die anderen bauten sich nicht so ein überstrenges Gewissen auf, weil sie sich stattdessen mit dem wirklichen Vater auseinandersetzten; ich sagte früher, dass ich in späterer Zeit moralisch und sexuell mich frei fühlte; aber dieses strenge Gewissen blieb doch wohl immer da und macht mir auch jetzt noch Schwierigkeiten.