59Tagebuch 30. VIII. 1954 – 31. XII. 1956 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag So 17. X. 1954

11-3:15 Kalish hier. (Über seine Aufsatz „Logische Form“; er hat schon selbst die Fehler bemerkt. – Er erklärt mir Tarskis unveröffentlichtes AS der Mengenlehre. – Über Psychoanalyse. Ich erzähle von meiner, dann er auch von seiner. Erstaunlich ähnliche Schwierigkeiten: Unfähigkeit für Aggression, für Emotionsausdruck, für Eifersucht zu sehen, für Ambivalenz zu sehen. Sein Vater ist erfolgreicher Geschäftsmann, war gegen Philosophiestudium; er ist immer noch sehr bemüht, alles dem Vater zu Gefallen zu tun. Seine Frau war aggressiv, auch gegen ihren russischen Vater, war eifersüchtig und wünschte, dass er es auch wäre. Er sagt, er hat oft Leute bei sich, Wunsch für Bejahung, kann auch nicht die absagen, die er nicht sehen möchte. Über Loyalty Eid. Er war sehr dagegen; aber Dennes und sogar Tolman rieten den jungen Leuten nachzugeben; Kaplan und Platt besuchten zu Anfang des Sommers Sproul und gaben dann nach, schließlich er auch. Platt war arg geknickt dadurch, weil er am Anfang im Senat (unter Einfluß von Alkohol) 🕮 entschieden erklärt hatte, er würde nie unterschreiben; dadurch und durch Alkoholismus kam er ganz herunter, schließlich vor einem Jahr noch der Tod des Sohnes im Meer. – Zu Ina über Kaplan: dieser war ganz geknickt, dass Olaf und nicht er uns am Flugplatz abgeholt hatten, er hatte dann abends bei Kalish einen Tränenausbruch!; er hat den Ehrgeiz, auf vielen Gebieten Bescheid zu wissen, auch Musik, wo er nicht genug verstehe.) Ich liege zwischendurch für ½ Stunde, sonst die ganze Zeit auf. –