RUDOLF CARNAP. Tagebücher und Leselisten. 1908–1919 |
(Eine Sitzung ausgefallen Weihnachten.) Ich berichte: Am 26. zum ersten Mal hinausgegangen, zur anderen Wohnung. Es ging erstaunlich leicht. Und gestern nochmals zusammen mit Erna. Ich kann mich im Freien richtig bewegen, ohne Angst. Ein großes Erlebnis, die „wirkliche Welt“ zu sehen und das natürliche Gehen zu spüren. Ich frage, wodurch ist dieser große Fortschritt gekommen? Wodurch ist die unbewusste Angst vor dem Vater verschwunden? Ich erwartete Erinnerung besonders Ereignis aus der Kindheit, aber die sind nicht gekommen, nur lebhaftere Vorstellung der Kindheitsumgebung. Er: Das mit besonderen Erinnerungen statt nur in den Büchern, ist nicht notwendig; das Wesentliche ist, dass ich den kleinen Jungen jetzt akzeptieren kann mit allen seinen Eigenschaften und Gefühlen und dadurch merke, dass da keine besonderen Sünden oder Hostilitäten waren, die ich mir verbergen könnte, sondern einfach die (positiven und negativen) Gefühle jedes Kindes zu Eltern und dergleichen, und dass der Vater, auch wenn er über mich lachte, nichts Böses meinte; wahrscheinlich war der kleine Junge in Buddenbrooks ein wichtiger Punkt von „Ich steh’ allein auf weiter Flur“). Er schlägt vor, mal wenn ich möchte, will er mich im Auto herumfahren. Ich: lieber mit Ina, um unsere Zeit für unsere Aussprache zu sparen; er stimmt dem zu. Außerdem, sage ich, lockt es mich mehr, zu gehen, um meine eigene freie Bewegung zu spüren. –Ich gehe mit ihm hinaus (nur mit Windjacke) zu seinem Auto; wir schauen zusammen die Schwärme von Staren und die Landschaft an.