65Tagebuch 06. X. 1952 – 03. VIII. 1955 [Analyseprotokolle] [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mo 14. XII. 1953

Traum 102, erster Teil. Über „deprivation abend“ vor der Analyse; halb scherzhaft. Ich möchte Konsistenz gewinnen, nicht nur im wissenschaftlichen Denken, sondern auch in Haltungen. Z.B. ich bin zuweilen zaghaft, zuweilen mutig; das sollte in Harmonie gebracht werden. Er: Ambivalenz und Konflikt sind natürlich und allgemein; man soll nicht versuchen, eine Seite zu unterdrücken, so wie ich früher Gefühle von Aggression und Hostilität unterdrückt habe; die Eltern sagen oft einem Kind: Du bist böse. Ich: Sie schieben es auf Gott, der sieht alles. Ich selbst war dann strenger in der Beurteilung von was ich tat, als die Mutter; sie musste mich beruhigen und sagen, dass ich doch ein guter Junge war, auch wenn ich was Unrechtes getan hatte. Er: Erstaunlich, wie die Mutter versuchte, progressiv zu sein und aus der puritanischen Einstellung herauszukommen.