65Tagebuch 06. X. 1952 – 03. VIII. 1955 [Analyseprotokolle] [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 16. I. 1953

Ich berichte: Muskelkrampf an Stahlgürtel am 13. Ich musste ihn sofort ablegen, und war enttäuscht, dass nach längerer Zeit ein Krampf wieder aufgetreten ist. Er: Am besten, ohne Gürtel; da doch jetzt durch Injektion die Gefahr von Rückenattacke besiegt ist; und wenn es vorkommt, kann er wieder Injektion machen; wenn ich wünsche, könnte er immer das B12 dafür bereit halten im Refrigerator. Ich: Das heilt aber aber doch nur, wenn die Annahme von Neuralgie als Ursache richtig ist; das ist doch ungewiss. Er: Diese Diagnose war nicht nur meine Historie basiert , sondern auch auf Phänomen von paresthesia, d. h. gespürten Empfindungen über Stellung des Rückens, Temperatursinn, Tastsinn usw. [Ich weiß nicht, worauf sich das bezieht; vielleicht, weil ich gesagt habe, der Rücken fühlt sich zuweilen wacklig oder unsicher an; oder etwas gestörte Sinnesreize der Hautempfindungen in den Füßen, einer ist weniger kratzig.] Er fragt, ob ich bereit wäre, in seiner Gegenwart mal ohne Gürtel aufzustehen. Ich: Gewiß. Ich setze mich auf, stehe auf, gehe ein paar Schritte und schnell wieder zurück. Er sagt, ich tueoverbreathing, obwohl ich nur hie und da einen tiefen Atem hole, aus Spannung und Erregung. Er sagt, ich soll beim Gehen oder vorher schon einige Zeit den Atem anhalten. Überatmen nimmt zu viel Kohlensäure aus der Lunge und erzeugt daher alkalosis im Blut; hauptsächlich dadurch kommt das Zittern der Knie usw., mehr als aus psychologischen Gründen; vielleicht auch der Krampf neulich. (Ebenso auch bei einem Vortrag usw. das Zittern der Stimme; es sei leicht zu vermeiden durch Atemanhalten kurze Zeit vorher; besser zu viel als zu wenig Kohlensäure; das Zittern kommt, weil der Körper schnell Muskelarbeit tun will, um wieder Kohlensäure zu erzeugen.) – Die Magenbeschwerden in der Nacht kommen möglicherweise auch von Überatmen bei aufregenden Träumen (wie ein Hund im Traum gewaltig schnauft und schließlich die Beine zittern). Ich soll versuchen, ob Atem anhalten es besser macht. Beim Gehen setze ich zuerst Fußspitze auf, unbeweglich, um den Fuß abzustützen; ich soll stattdessen mit der Ferse auftreten und den Fuß abrollen wie beim normalen Gehen; sogar auch, wenn ich die Stufe bei meiner Türe hinabgehe. – Er meint, nach den Injektionen seien gewisse Phänomene (cringes usw.) nicht mehr aufgetreten. Ich sage: Kein beobachtbarer Unterschied; die Muskelschmerzen oder druckempfindlichen Stellen sind zuweilen da wie vorher. Er: Die kommen vermutlich durch das viele Liegen; das Liegen auf gewissen Stellen oder Anspannen gewisser Muskeln im Liegen.