½ 6 mit der Feldküche weggeritten. Es wird ein wundervoller Tag. Hinauf, dann links und hinüber auf die Grande TranchéeLGrande Tranchée.41Die Tranchée de Calonne, eine Landstraße die Hattonschâtel mit Verdun verbindet. Nach etwa einer Stunde fängt die französische Artillerie an, auf die TranchéeLGrande Tranchée vor uns zu schießen. Wir müssen halten, wie auch die anderen Wagen neben uns. Ich reite mit dem Pferd etwas seitwärts in den Wald. Endlich wird’s mir zu lang; ich will mit dem Burschen durch den Wald zu Fuß gehen; doch soll der Wald bald zu dicht werden. Wir warten also ab. Schließlich hört’s auf. Als wir ein gutes Stück weiter sind, fängt’s wieder an, ziemlich nah’ bei uns. Wir beeilen uns, auf unseren Seitenweg von der TranchéeLGrande Tranchée wegzukommen. Ich freue mich, dass ich dabei so vergnügt und munter bleibe. Die Infanteristen auf der Straße sausen immer gleich, wenn’s los geht, in Graben, Wald oder Unterstände oder was da ist. Endlich am Halteplatz. Leutnant PaechPPaech, Adolf, †1917, Leutnant dort, und alle Essenholer. Post und Essen wi wird lange verteilt. Währenddessen mal wieder Artillerieschüsse und alles duckt sich in einen nahen kleinen Graben. Dann nimmt der Bursche (ZabierskiPZabierski, Rudolf Carnaps „Bursche“) meinen Rucksack auf seinen Tornister 🕮 und wir gehen in die Stellung. Die Herren haben mir von dem primitiven Unterstand erzählt, ein neu303er soll gebaut werden. Ich bin aber angenehm überrascht. Er ist gut gemauert, sauber, Decke betoniert; genügt wohl auch gegen Artilleriefeuer. Tisch, 2 Stühle, Lagerstatt mit Strohsack, offen. Hinterausgang zur „Veranda“; daran Leiterchen ins Freie. Mein Unterstand in einem kleinen Tal, kann von den Franzosen nicht eingesehen werden; also nur Artillerie zu fürchten. Deshalb kann man hier ruhig herausgehen. Gegenüber der Unterstand meines rechten Flügelgewehrs. Der Gefreite holt mich, nachdem er Kaffee getrunken hat, ab und wir gehen durch meinen ganzen Abschnitt (West) kilometerlang. Dann noch ein Gewehr in der Winterstellung. Mehrere französische Gewehre. Wir werden recht warm auf dem langen Weg. 11h zurück. Da hat mein BurschePZabierski, Rudolf Carnaps „Bursche“ schon das Mittagessen fertig. Es kommen aber gerade Leu Oberleutnant BaeßlerPBaeßler, Oberleutnant (Kompanieführer) und Leutnant HertwigPHertwig, Leutnant =? Härtwich (Abschnitt Nord). BaeßlerPBaeßler, Oberleutnant zeigt mir auf der Karte noch 5 Gewehre hinten in der Winterstellung, die der Zugführer West einmal während der 5 Tage revidieren soll; außerdem soll ich das Fliegergewehr rechts von mir beaufsichtigen. Nach dem Essen etwas hingelegt. Dann auf die Veranda gesetzt. 1h. Herrliche warme Sonne. Geschrieben. Gelesen (LönsPLöns, Hermann, 1866-1914, dt. Schriftsteller RosengartenBLöns, Hermann!1911@Der kleine Rosengarten, Jena, 1911).42Siehe LL . Rings der zerschossene Wald. Darin singen noch die Vögel und der Kuckuck ruft, obwohl immer, mit kleiner Unterbrechung, Artilleriefeuer, näher oder ferner; nur selten ein Infanterieschuss. Auch mal MG (auf Flieger). Großer blauer Himmel, weiße Wolken, warmer Wind. Es ist ganz herrlich, die Granaten stören nicht im Geringsten, sind auch meist weiter weg. Ich lese die LönsliederBLöns, Hermann!1911@Der kleine Rosengarten, Jena, 1911 mit Genuss, möchte sie am liebsten singen; jedes einzelne will gesungen sein. Ich denke an 🕮 Mignon‚43Vgl. oben, S. , Fußnote . und weiß nicht, wen ich damit meine; ob ChaPCarnap, Elisabeth, 1895–1987, auch Cha oder Chacha, Grafologin, Tochter von Luisa und Heinrich Schöndube, von 1917 bis 1929 verh. mit Rudolf Carnap, oder MäuschPRothe, Gabriele, *1900, verh. Smith, gen. Mäusch, Tochter von Elisabeth und Karl Rothe, Mitglied des Serakreises, oder das kleine Kind mit dem hellroten Kranz in der Beethovenstraße, von dem ich geträumt habe (ich glaube nicht, dass das ein erotisches Bild war). Kaffee getrunken. An AgnesPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann und DodoPGabert, Dorothea, 1896-1957, geb. Czapski, auch Dodo, Tochter von Margarethe und Siegfried Czapski, heiratete 1917 Erich Gabert geschrieben. Fliegergewehr besehen. Abends viel französische Flieger, daneben die Schrapnellwölkchen, bleiben weit ab, die Flieger machen oft plötzliche Wendungen um auszuweichen. Das MG oben schießt auch; natürlich alles ohne Erfolg. Früh schlafen gegangen; nachts doch noch ziemlich kühl. Zuweilen schießt die Artillerie noch.