Vorige Woche Montagnachmittag und Samstag, seitdem nicht mehr. Aber mehrmals die Pseudo-VorwerkPPseudo-Vorwerk mit dem der blauen Matrosenkappe. Einmal auf der WupperstraßeLBarmen!Wupperstraße mit StasPStas und KriegePKriege, Harry ihr so dicht begegnet, dass ich ihr auf dem Trottoir einen Moment ganz dicht vor ihr stand. Sie macht auch einen sympathischen Eindruck, aber das Gesicht der anderen ist lieber. „Das ewig Weibliche zieht uns hinan.“19Vgl. Goethe, Faust II, Schlussverse. Tante AnnePDörpfeld, Anna, 1860-1915, geb. Adler, Anne genannt, verh. mit Wilhelm Dörpfeld war hier. Auch Onkel HansPDörpfeld, Johannes, 1865-1923, Hans genannt, Bruder von Carnaps Mutter kurz, zur Konfirmation von FritzPDörpfeld, Friedrich Gustav, 1892-1966, Fritz genannt, Sohn von Anna und Wilhelm Dörpfeld, Autohofbesitzer in Berlin und ErnstPErnst =? Ernst Beckmann. Auch FriedrichPRohden, Friedrich von, 1886–1973, Arzt, Sohn von Gustav von Rohden, Mitglied der Freischar Freiburg, heiratete 1914 Marianne von Rohden. Er ist Atheist. Ich habe länger mit ihm gesprochen. Durch vieles Nachdenken und Skeptizieren ist er dazu gekommen, an keinen Gott und keine Unsterblichkeit mehr zu glauben. Ich habe ihm gesagt, dass ich sehr Verstandesnatur bin, dass mein Verstand im Verhältnis zum Gefühlsleben sehr überwiegt [was sagt eigentlich dazu der Drang zu ihr?] und dass ich sehr zur Skepsis neige. Wir haben uns gut verstanden, ich meine damit, wir sind nicht scharf aufeinander geraten, sondern haben versucht, uns gegenseitig zu verstehen. Er gibt selbst zu, in welcher traurigen Lage er ist, ohne Hoffnung auf ein Jenseits, „alles nur Wahn“. Ich freue mich, dass er gegen mich so aufrichtig war, dass er mich für würdig hielt, mir das zu sagen. HaraldPRohden, Harald von, 1888–1915, Lehrer, Sohn von Gustav und Agnes von Rohden sagt er sicher nichts davon, das meinte er auch. – Ich denke über mein Verhältnis zu ihr immer mehr und mehr real. Bald denke ich, wenn ich sie einmal träfe, in den Anlagen, auf einer Bank, oder sonst allein und ungestört, wollte ich sie fragen, ob ich ihr unsympathisch bin, und ob ich ihr Freund werden darf; meine Freundin ist sie schon lang. Dann denke ich wieder dran, ihre Adresse auszuspintisieren und ihr einen Brief zu schreiben und um postlagernde Antwort zu bitten. Aber die Eltern! Ich weiß nicht; ich bin doch noch so jung, dass ich höchstens in zehn Jahren an Verheiratung denken darf und trotzdem kommt es mir manchmal so vor, als müsste sie dann annehmen, ich verpflichtete mich durch so etwas für spätere 🕮 Jahrzehnte, was doch durchaus nicht in meiner Absicht liegt. Ob ich ihr einmal eine anonyme Postkarte schicke? Vielleicht weiß sie dann, von wem sie ist, weil ich sie so oft angeschaut habe. Aber ich glaube, das verdürbe die Sache nur. Oder wenn ich ihr ein schönes Geschenk zuschickte? Ein Schmuckstück? Zu teuer! Ein Buch? – ? Ich weiß nicht, ob mich das näher brächte, ich meine von ihrer Seite, also 72 richtiger, sie mir näher brächte. Wenn ich irgendwo bei einem Fotografen ihr Bild fände. Ob er mir da eins von überlassen würde? Vielleicht muss ihm das komisch vorkommen? Das würde mir wohl nicht zu teuer sein. Aber dies brächte sie mir nicht näher, wenn es mir auch viel Freude (oder Kummer?) brächte. – Und wenn nach langem Sorgen, kühnem Wagen und vielem Glück endlich das Ziel erreicht wäre, was dann? Ich hätte am ToelleturmLBarmen!Toelleturm eine Freundin, würde wegen Poussierens vielleicht ausgelacht, müsste mich immer scheuen vor der MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann, oder mindestens vor der SchwesterPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann und vor weiß wem auf der anderen Seite drücken. – Ich glaube mich noch zu entsinnen, dass in dem Leichenzug bei der Traueransprache am Krankenhaus meines Klassenkameraden SauerbronnPSauerbronn, der beide Eltern verloren hatte, ein Mädchen war, das weinte, und die anderen sagten mir, das sei seine „Liebste“. – Vielleicht ist die Sehnsucht, die ich jetzt habe, die schönste Zeit, wenn sie auch so leer, so unbefriedigend, so durstig, so weiterdrängend ist. – Ob ich vielleicht mal als Student, wenn ich unabhängiger bin (besonders von den Jungens FritzPDörpfeld, Friedrich Gustav, 1892-1966, Fritz genannt, Sohn von Anna und Wilhelm Dörpfeld, Autohofbesitzer in Berlin und ErnstPErnst =? Ernst Beckmann, aber auch von MutterPCarnap, Anna, 1852-1924, Tochter von Friedrich Wilhelm Dörpfeld, heiratete 1887 Johannes Sebulon Carnap, Mutter von Rudolf Carnap und Agnes Kaufmann und SchwesterPKaufmann, Agnes, 1890–1976, geb. Carnap, Schwester von Rudolf Carnap, heiratete 1912 Reinhard Kaufmann) mit dann mit einem schönen Mädchen, das ich dann liebe [wenn sie es wäre!] endlich Bande der Freundschaft anknüpfen kann. FriedrichPRohden, Friedrich von, 1886–1973, Arzt, Sohn von Gustav von Rohden, Mitglied der Freischar Freiburg, heiratete 1914 Marianne von Rohden hatte in seinem Notizbuch einen langen Brief an „Edith“PEdith stehen, auf seinen Wunsch habe ich ihn nicht gelesen. Es sei seine Freundin, sagte er. Ich glaube, er fügte hinzu‚ 🕮 er habe überall Freundinnen oder Freunde; oder irgend so etwas Ähnliches sagte er. Ich habe jetzt SchillersPSchiller, Friedrich von, 1759–1805, dt. Dichter Gedichte an Laura20Es gibt mehrere Gedichte Schillers, die eine Widmund „an Laura“ tragen. usw. usw. und GoethesPGoethe, Johann Wolfgang von, 1749–1832, dt. DichterGedichte gelesen; wenn ich so dichten könnte. Wenn ich ihr so eins schickte? Aber das fände sie vielleicht zu abgeschmackt, eins von GoethePGoethe, Johann Wolfgang von, 1749–1832, dt. Dichter oder SchillerPSchiller, Friedrich von, 1759–1805, dt. Dichter. Sie würde meinen, ich ließe in bequemer Weise andere für mich sprechen, und so würden wohl auch wie die Worte, die Gefühle fehlen. Ich wäre zu allem Möglichen fähig für sie. Ich könnte fürchterliche Schmerzen ertragen auf und leisten, ich weiß nicht was. Es ist eine latente Kraft, würde der Physiker sagen. Die Uhr ist schon aufgezogen; sie ist fähig, viel zu leisten. Warum stößt sie keiner an, um es zu nutzen. Soll diese Leistungsfähigkeit nutzlos verdampfen? Wenn ich als Minneritter ausziehen könnte im Dienste der „Frau“.