71Tagebuch 5. I. 1967 – 4. I. 1968 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mi 26. VII. 1967

Jeffreys msThe whole truth“ gelesen; er macht sorgfältige Analyse und Aufklärung vom Paradox der Individualisierung (Poppers „Udolpho“). – Nachmittags sitzen wir mit Baers, sie erzählen von allerhand Reisen und Bergbesteigungen, und häufigen Begegnungen mit großen Mathematikern, wie Weyl, Norbert Wiener, und anderen. – Beim Abendessen sieht Chacha an einem anderen Tisch den Neger Luis Edward Smart, der morgen Abend als Sänger ein Konzert geben wird; sie sagt, er sieht so nett aus, auch anziehende, menschliche Züge; das ermutigt mich, zuzustimmen als sie nach dem Essen sagt, wir wollen versuchen, ihn irgendwo zu finden. Wir finden ihn in der Eingangshalle beim Schalter; als er sich herumwendet, begrüße ich ihn und sage „We are looking fowd. sehr auf ihr Konzert morgen“, und geraten in ein Gespräch mit ihm. Dann schlägt Chacha ihm vor, mit uns in die Teestube zu gehen, und lädt ihn zu einem Aperitif ein. Er taut auf und spricht ganz einfach und natürlich mit uns. Später stelle ich auch persönliche Fragen: Wie es kommt, dass er so ohne Bitterkeit ist, wenn er doch wohl auch als Kind Demütigung erfahren hat. Ich sage, einige meinen, die Neger in Jamaika und andere englischen Besitzungen sind nicht so gedemütigt worden, und können daher ungehemmter sprechen. Er sagt einfach: Er kann keine Menschen hassen, es liegt nicht in ihm. Er ist gegen Carmichael24https://en.wikipedia.org/wiki/Stokely_Carmichael und „Schwarze Macht“, aber für die „schwarzen muslims“, die pazifistisch seien. Chacha sagt, das sie mexikanisch-indianisches Blut in sich hat, und daher Verwandschaft mit allen Menschen spürt. Wir sprechen da von 8 – 10! Zum Schluss fragt er, wann er uns morgen 🕮\(Elmau) (Christiane reist ab) (Werner und Erika)\ zum Frühstück treffen kann! Vorher hat er erzählt, dass er in Seattle, Wash. aufgewachsen ist.)