71Tagebuch 5. I. 1967 – 4. I. 1968 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 20. VII. 1967

Beim Frühstück mit Christoph in Christianes Zimmer. (Er erklärt mir seine Pläne mit verkürzter Diss., und Chance für Anstellung in Würzburg. Ich erkläre mich bereit für finanzielle Hilfe. [Siehe hinten unter „Eline“ in Abteilung „Familie“!] –Humburg kommt 10 ½ (anstatt 9 weil sein Auto plötzlich eine Reparatur brauchte), und wir fahren nach Elmau.OElmau 🕮\(nach Elmau zurück, mit Humburg)\H. fährt nach Klais zurück, um Zimmer zu suchen. Ich gehe zum Mittagessen, mit 10 Min. Verspätung. Dann sehe ich auf einmal Flitners am Ende des Tisches; sie reisen aber dann ab. Möglicherweise kommt Wilhelm zum Wochenende nochmal herauf. – Nachmittags mit Humburg spazieren. (Er erzählt mir die tolle Geschichte, wie er jetzt durch 2 Jahre hindurch Schwierigkeiten mit dem Gericht hatte, was Stegmüller mir schon im Brief angedeutet hatte. Mit einem Mädchen, mit der er schon lange befreundet war, kam es endlich zu Sex; und nachher sagte das Mädchen der Polizei, er habe Versuch gemacht, sie zu vergewaltigen! Sein Onkel als Rechtsanwalt versuchte noch allerhand Schritte, die aber die ganze Sache unnötig verzögerten. Dann nahm er einen verständigeren Rechtsanwalt; und der brachte es zuwege, dass die Sache schließlich von einer Frau als Richterin, entschieden wurde. Dabei zog der Staatsanwalt seine Anklage zurück, und daher wurde er „wegen Mangels von Verdacht“ (nicht wegen Mangels von Beweisen) freigesprochen. Das Ganze hatte ihn sehr mitgenommen; er fürchtete um seine Laufbahn bei der Universität. Ich sage ihm, dass die Psychoanalytiker sagen, dass fast alle Anklagen von hysterischen Frauen wegen Vergewaltigung falsch sind; ich erkläre ihm die Ambivalenz in dem Mädchen, Konflikt zwischen Wunsch nach Sex und Furcht vor Sünde oder Schande. – Abends Konzert: eine Sängerin Frau von Stein; Chacha gefällt ihre Stimme nicht; trotzdem stimmt sie am Ende in das Klatschen (der kleinen Anzahl die noch bis zum Ende bleiben) ein! Nachher sagt sie mir, dass Humburg ihr unsympathisch sei, oder wenigstens seltsam; er benehme sich oft seltsam und sei wohl sicher ein Eigenbrötler; ich denke, das stimmt wohl.) 🕮\(Elmau)\