71Tagebuch 5. I. 1967 – 4. I. 1968 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mi 22. III. 1967

(Feigl ist heute früh abgeflogen, über San Francisco heute noch bis Minneapolis). –Wir Da es immerzu regnet, machen wir Umbuchung: Abflug schon morgen Mittag, anstatt Sa, 25. nachmittags. – Mittags treffen wir im Restaurant (mit Mia) Sopherl Angermann (75 Jahre), (die Schwester von Angermann, Vater von Max und Christof. Ich mag sie gleich gern, sie ist warm und natürlich; sehr interessiert an medizinischen Dingen, hat auch sehr viel gereist, auch in Südamerika, Peru usw. Sie fragt über meinen Eindruck von Max; ich sage: Ich wunderte mich, warum er so sehr seine Leistungen betonte, was für mich nicht wichtig ist; vielleicht fühlt er sich unsicher? Sie sagt: Ja, wahrscheinlich, er lege aber im allgemeinen nicht so viel Wert darauf; Hanneli sagt, er war vielleicht overawed durch meine reputation. Von Christof sagt sie, dass er eigentlich mehr künstlerisch begabt ist, während Max mehr ein theoretischer Gelehrter ist; aber da Max größere Intelligenz hat, fühlt Christof sich immer zurückgesetzt, obwohl er seinen Bruder liebt. Sie meint, er würde nie die Doktorarbeit beenden; er klagt, dass er jetzt eine Woche brauchen würde, um auch nur wieder hineinzukommen. 🕮\Gespräch? (Winnie und Cheng)\ Christof und Eline wollen immer das Beste kaufen, mit Stereosystem, Kleidung usw.; sonst wäre es eigentlich nicht nötig, dass sie sich mit der Graphologie so abrackern. – Sie sagt, sie hat noch uralte Aktien in Österreich liegen; sie scheut sich, sie zu verkaufen, weil sie nicht weiß, wie der Verkaufsgewinn berechnet werden soll für die Einkommensteuer hier, weil inzwischen so viel Währungsänderungen in Österreich waren. Ich: Wahrscheinlich kommen die gar nicht in Betracht; wenn sie ihre Bank drüben beauftragt, sie zu verkaufen, so werden die den Gewinn in ö. S. ausrechnen und ihr mitteilen; das kann sie dann in $ umrechnen; es wird wahrscheinlich nicht viel Steuer sein, weil es so lange her ist. – Sie sagt, sie ist so froh, dass sie mich kennengelernt hat. Ich: Ich auch; darf ich sie fragen, obwohl Hanneli mich gewarnt hat, ich müsse warten, bis die lady es vorschlägt, mit „Du“ und „Sopherl“. Sie ist sehr erfreut darüber. Ich sage, dass ich von allen in Deutschland, auch Chacha, gehört habe, dass sie sie sehr gern mögen; darum habe ich mich schon darauf gefreut, sie kennen zu lernen.) Ich nach Hause, zum nap. Dann hinüber zu Hanneli, wo Sopherl noch ist; ich gebe ihr einen Kuss und streichle sie über den Kopf; ich sage: Vielleicht sehen wir sie nächstes Jahr hier wieder. – 3 ½ – 5 ¾Diskussion in meinem Zimmer mit Winnie und Cheng. (Zuerst . Über meine Erwiderung auf Strawson, über Explikation von „Warm auch durch Temperatur“. Er scheint zu betonen, dass die natürliche Sprache unvermeidbar ist; ich stimme zu, aber sage, dass sie doch in einigen Hinsichten Verbesserung brauchen könnte, z. B. im grammatischen Typ der Zahlwörter („zwölf Apostel“). Er meint: „Mir ist warm“ kann nicht ersetzt werden durch Satz mit .9Unleserlich, da die untere Ecke der Seite umgeknickt ist Ich stimme zu, weil hier eine subjektive Empfindung aus🕮 aber für den Zweck von objektivem Bericht ist die Sprache mit „Temperatur“ besser als die mit „warm“. Im ganzen ist mir nicht ganz klar, worauf er eigentlich hinaus will. Ich frage mehrmals, was die Hauptidee ist, auf die er hinsteuert. Dazu kommt, dass er chinesisch beeinflusste Aussprache hat und hastig spricht, sodass ich oft ein Wort misse. – Später Winnie über Ramsey Satz (siehe extra Blatt). –Ich verspreche, jedem von ihnen den Schilppband zu schicken. (Aber vom Verleger; wenn ich später mal herkomme, will ich meinen Namen hineinschreiben.) – Abends essen wir zusammen in Hannelis Zimmer, mit Mia. –Es hat den ganzen Tag richtig geregnet; darum wollen wir morgen heimfliegen. Abends noch Karten geschrieben.