68Tagebuch 1. I. 1964 – 31. XII. 1964 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Sa 5. IX. 1964

Die Arbeitsgemeinschaften von Feigl und Kohler26Möglicherweise der österreichische Psychologe Ivo Kohler: https://de.wikipedia.org/wiki/Ivo_Kohler machen gemeinsame Sitzung. Zuerst Vortrag Feigl (über Determinismus. Außer der Hauptthese, dass Determinismus vereinbar ist mit Freiheit, 🕮 die er ausführlich erklärt, auch mit allerhand weniger wichtigen Nebenbemerkungen, spricht er dann leider sehr ausführlich auch noch über die zweite These, dass die Situation in der Quantentheorie nicht wesentlich anders ist. Dann mache ich einen Vorschlag: zunächst die Diskussion auf die Hauptthese zu beschränken, weil das das Wichtigste ist. Stattdessen spricht er noch lange weiter, im ganzen eine Stunde, ohne sich auf das erste zu beschränken, ohne die Diskussion anfangen zu lassen.) Dann Pause; dabei reden Roh und Flitner mir zu, die Lenkung der Diskussion stärker in die Hand zu nehmen; ich sage, das kann ich als Besucher nicht. (Trotzdem mache ich nach der Pause den Vorschlag, zuerst die Diskussion über Determinismus zu machen. Aber man sagt mir, das sei unmöglich, weil zuerst Kohler als Leiter der anderen Arbeitsgemeinschaft zu Wort kommen müsse. Er spricht ganz im Sinne der phänomenologischen Psychologie. Er sagt, von diesem Standpunkt aus seien die Sehqualitäten Rot und Violett mehr verwandt als blau und gelb, obwohl die Physiker dagegen sprechen (dies ist natürlich ein Missverständnis. In der Diskussion fragen Verschiedene, was all dies mit Determinismus zu tun habe. Darauf werden nur ausweichende Antworten gegeben.) Mir scheint, die Sitzung war gänzlich fruchtlos, weil kein gemeinsames Thema für die beiden Gruppen genommen war. Ich schließe aus der Unfruchtbarkeit dieser und der gestrigen Sitzung, dass es besser für mich ist, mich nicht in Gruppendiskussion einzulassen, wenn ich keinen Einfluss auf Thema und Durchführung habe. – Abends in der Dämmerung Spaziergang mit Roh. (Er schlägt vor, ich könnte ein Zimmer in ihrem Haus mieten. Ich sage, ich kann nicht für mich selbst kochen, und es ist wahrscheinlich 🕮 zu weit, zu einem Restaurant zu gehen. Er meint, ich könne mit ihnen essen. Aber ich sage, es wäre sehr verkehrt, so etwas auf längere Dauer zu tun, denn sie müssten doch ihre Privatheit haben.) – Abends gehe ich doch mit zum „Lustigen Abend“. Aufführung von Szenen zur Veräppelung der Gründer und Leiter von Alpbach.