RUDOLF CARNAP. Tagebücher und Leselisten. 1908–1919 |
Mit Hanne zur Elbe spazieren, in warmer Sonne. (Hanne sagt, dass es gut sei, dass ich in LA noch 2 Monate im Haus bleiben werde; man müsse die Erinnerungen nicht zu schnell aufgeben, sondern bewahren, sodass die Intensität des Schmerzes dabei langsam abnehmen kann. Sie erzählt von einem Bekannten, der nach Verlust seiner Frau sehr bald schon wieder heiratete; aber dann kamen später die beiseite geschobenen Erinnerungen heftig wieder hervor und brachten große Schwierigkeiten. Sie meint, die Tatsache, dass ich noch nicht wieder in den Straßen spazieren gegangen bin, zeigt, dass ich es noch nicht überwunden habe. Da sei eine Aufgabe, für die man sich genug Zeit geben muss. Ich erzähle ihr auch, wie ich mich wieder bald daran gewöhnt habe, in die Garage und in Inas Zimmer zu gehen; und von „Inas Tod“ als Zeitbezeichnung zu sprechen. Und ich bin froh, dass ich jetzt wieder leicht im Gespräch Redensarten von Ina oder dergleichen erwähnen kann, wie neulich „gefärbte Milch“; Hanne sagt, sie hat bemerkt, dass ich froh darüber war. – Über Beziehung zu Chacha. Ich sage, dass ich schon 1963 in Mexiko und jetzt wieder in Stockdorf gleich gut Kontakt mit Chacha wäre es wohl am besten und mit Chacha zu leben wünschte, wäre es wohl am besten, wenn wir nicht dort wohnten, sondern anderswo, bei München oder in Freiburg.) – 4-9 Martha Hörmann und Flitners hier. (Martha Hörmann hat nicht mehr das kleine, anmutige Gesicht, sondern ein volleres, etwas plumperes; ganz weißhaarig. Ihre Schwester Frieda kommt mit herein für einige Minuten. Ich sage „Sie“, wie in Briefen, und wie auch Flitners. Sie zeigt Fotos aus der Serazeit, und erzählt vieles. Sie weiß genau, wann und wo jedes Fest und jede Vagantenfahrt war, und wer dabei war;