68Tagebuch 1. I. 1964 – 31. XII. 1964 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 6. VIII. 1964

6 ½ auf. Letzte Sachen gekramt. Mia und David kommen und helfen. 10 ½ Abfahrt zum Flughafen. (Ich bekomme wirklich den gewünschten Fenstersitz, den Rento für mich erbeten hat. Herzlicher Abschied von beiden. 2 Abflug.O[Flug] Wir fliegen erst noch ein großes Stück über das Meer. Weil das Flugzeug besetzt (und vielleicht Gegenwind), fuel stop in Winnipeg. Alle in den Wartesaal. Dort mache ich meine Übungen. Ich habe bald nach Abflug meine Schuhe ausgezogen und slippers angezogen. Über Hudson Bay und Labrador. Der Sitz ist ganz angenehm, obwohl der Rücken des Stuhles sich nur ein wenig zurückschieben lässt. Die Sonne steht lange am Horizont, dann geht sie unter um 6:30 (LA Zeit). Im dunkeln mache ich die Augen zu, und lehne den Kopf an an ein Kissen gegen die linke Wand. Erst nach 8 (LA Zeit) wird Abendbrot serviert, und bald danach fängt schon wieder Do. 6. die Morgendämmerung an. Dann sehen wir die Ostküste (ich glaube von Südgrönland; da ist aber anscheinend kein Eis. Über den Ozean, dann Irland, schließlich Frankreich.) In Paris mit einer Stunde Verspätung (7:50 anstatt 6:50 Pariser und deutsche Zeit); um 8h fliegt das beabsichtigte Flugzeug Air France nach München ab, 🕮 ich kann es nicht mehr erreichen. Im Pan Am Center geben sie mir ticket für jugoslawische Linie JAT nach München. Zum Postamt. Vergeblicher Versuch, Angermanns anzurufen, keine Antwort; nachher sagt der Mann mir die „richtige Nummer“, in Wirklichkeit die neue; aber auch dann keine Antwort. Telegramm geschickt. Ich kaufe Ansichtskarte und Briefpapier, wandle den langen Korridor nach außen zu; dann aber, mit Rollwägelchen die schwere Aktenmappe, Mantel und Jacke, wieder zurück. Auf eine Polsterbank im Korridor, wo viele vorbeikommen, aber niemand sich hinsetzt, lege ich mich eine Weile hin. Dann schreibe ich Brief an Mia. Wieder zum Postamt. Anruf Freiburg , keine Antwort. Ich gehe in den oberen Stock, man schaut über den hinaus. Dann ins Restaurant (dort ein Jugoslawe, fast genau so wie ich, der nach 55 Jahren wieder zurück nach Belgrad fährt). Zum Pan Am Center; dann zum Wartesaal unseres Flugzeugs; dort auf einer Bank Tropfen genommen.) 14h Abflug, über den Rhein, durch Bayern, Augsburg, München Ankunft 15:25. Lini und Christoph holen mich ab; Lini begrüßt mich sehr herzlich. Durch ihre Fürsprache lässt der Zollmann mich durch ohne Koffer zu öffnen. Wir fahren ¾ Stunde hinaus nach Stockdorf.OStockdorf (Dort ist Chacha, schon aus der Schweiz zurück, und Annemarie, inzwischen aus Freiburg schon hier angekommen. Herzliche Begrüßungen. Ich bin ganz eingenommen von dem 🕮 schönen Haus, das Wohnzimmer mit vielen Blumen, und dem Garten mit Reichtum an Blumen. Ich erzähle von Pech in Paris, Briefe sind da, von Flitners, Stegmüller und anderen.) Telefoniert mit Agnes, die anrief; und mit Hanneli und Johannes. – Sehr gut geschlafen die ganze Nacht (mit kleinem Nemb.)