68Tagebuch 1. I. 1964 – 31. XII. 1964 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 28. V. 1964

10h Olaf bringt Hempel her. (Heute ein philosophisches Gespräch über Induktion. Er fragt: Warum müssen wir die totale Evidenz nehmen? Ich erzähle aus Mexiko: die 3 mexikanischen Freunde; mein Vortrag und Diskussion in der Universität. Dabei stellte Ayer gerade diese Frage. Er fragt aber weiter, wie Ayer: Warum ist es vernünftig, für Bestimmung von Entschluß Ev die Wahrscheinlichkeit in Bezug auf die gesamte Evidenz zu nehmen? Ich: Unser induktiver common sense sagt uns, dass dem so ist; ebenso wie unser deduktiver common sense uns die einfachsten deduktiven Beziehungen lehrt. Ich erinnere ihn an das, was ich beim Dezember APA meeting, bei dem er anwesend war, über induktive Intuition gesagt habe. Er meint, trotz meiner eingehenden Darstellung der Analogie zwischen deduktivem und induktivem Denken schon in meinem Buch glaube er doch, dass da wichtige Unterschiede sind.) –Mutzli und Diane kommen zurück von mit ihren Einkäufen (sie haben auch, nach langem Suchen, die blauen, niedrigen Trinkgläser gefunden! Und Diane schenkt sie mir.) Dann kommt auch Olaf, der sich wieder für den Rest des Tages frei gemacht hat. Wir plaudern und essen lunch. – (Nach dem nap): Ernest Moody hier (er hat Telegramm an NSF geschickt, dass sie mir doch das volle Gehalt zahlen sollen, ohne Abzug vom TIA Einkommen.) Er spricht von verschiedenen Arten von kleineren Appartments; und auch von Haushaltshilfe.) Nach 4 kommen Mutzli und Diane. 4 ½ herzlicher Abschied (ich sage Diane, dass ich wahrscheinlich hinkommen werde und danke beiden herzlich.) – 5 Dr. Mott. Ich spreche über Zukunftspläne. Die Freunde 🕮 raten, eine Haushälterin zu nehmen (aber das will ich sicher nicht) oder wenigstens eine zeitweise Hilfe (das scheint wohl nötig). Ich überlege mehr das Problem, eine persönliche Beziehung zu finden; eine Gefährtin. Ina sagte, Gusti war sicherlich bereit, mich zu versorgen; aber sie ist zwar sympathisch und hilfreich, aber redet so viel wie Agnes. Ich überlege, Annemarie zu fragen, ob sie für den Sommer oder vielleicht auch länger kommen könnte. Ich frage ihn, wenn ich mal eine Frau fände, zu der ich Zuneigung und vielleicht Liebe fühlen würde, so würde ich Bedenken haben, weil ich nicht mehr zu Sex imstande bin; ich wundere mich, wie Russell und andere eine viel jüngere Frau heiraten konnten. Er sagt, da dächte ich verkehrt, das sei meine Furcht vor „Erwartungen“; eine Frau im reiferen Alter wünsche sich affection und Zärtlichkeit, aber intercourse ist ihr noch weniger wesentlich wie dem Mann. Ich sage, dass ich jetzt nur von einer Frau weiß, dass ich sie lieben würde, nämlich Chacha. Sie ist mir auch anhänglich; aber sie kann praktisch natürlich nicht nur nicht Ina ersetzen, sondern auch nicht einmal solche Dinge wie Auto fahren und tippen. Er sagt, dass sei nicht wirklich wesentlich, auch in LA; man könnte die wenigen Mal ein Taxi nehmen, und das koste höchstens 40 im Monat, also viel weniger als ein Auto.) – Ich gebe ihm Scheck für $ 60, und bedanke mich herzlich, dass er gekommen ist. Er sagt, er könnte auch Sonntag wieder kommen, wenn ich es wünsche. Ich sage, das scheint mir nicht nötig. Die 3 Aussprachen haben mir gut getan. Vielleicht möchte ich ihn später mal wieder treffen sprechen. Er sagt, ich soll ihn dann anrufen. Er dankt nochmal für den Schilpp Band. Vorher sagt er noch, dass viele Frauen von mütterlichem Typ angezogen werden von solchen Männern wie ich, die weltfremd 🕮 sind, aber bedeutende Arbeit leisten; dabei wie ein kleiner Junge: offen wie Kinder, und auch naive Fragen stellend, aber praktische Hilfe brauchen.) –Mia ist inzwischen gekommen. (Wir sprechen zusammen; sie wäscht auf, und kocht dann Abendbrot: ein Porterhouse Steak für uns beide, mit grünem Salat, und Kartoffelbrei; wie Ina, aber nicht so gut. Sie denkt, die Idee über Annemarie seit gut; vielleicht könnten wir dann später nach Deutschland fahren, und dann auch Feigls in Wien besuchen. – Sie will sich nach einer Haushaltshilfe erkundigen, die vielleicht jeden Tag für einige Stunden kommen würde, z.B. einkaufen, kochen, aufwaschen, und jeweils ein Zimmer reinigen. – Wir bringen zusammen die beiden roten Eimer mit Papier und garbage hinaus.) Nach 9h geht sie. – Ich zu Bett (ich schreibe Tagebuch: die Einfügungen auf dem Extrablatt; und den heutigen Tag. – Erinnerung an den Spaziergang am 25. und die Einfügungen zum Gespräch mit Mott am 26; ich verstehe allmählich Inas Grundstimmung besser, die sie zu dem tragischen Entschluss gebracht hat. Yvonne sagte gestern am Telefon als erstes: „Denke, dass Ina jetzt Frieden hat“. Pastrom hat auch gesagt, als er es hörte, (von Mia oder Mutzli?): „Jetzt hat sie Frieden“. 🕮