68Tagebuch 1. I. 1964 – 31. XII. 1964 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Sa 24. X. 1964

11 ½ – 12 ½Richard Martin hier. (Er erzählt von dem gekauften Haus; es macht allerhand Schwierigkeiten. Ich bedanke mich wieder für sein freigiebiges Angebot, dort zu wohnen. – Er arbeitet jetzt an der Logik von Glaubenssätzen, ohne Operationen. Er sagt, er schreibt auch etwas über Ramseysatz, angeregt durch Bohnerts Vortrag.) 12¾-3 ½zu Oppenheims. (Dort sind außer uns: Frau des Statistikers Tukey41John Tukey: https://en.wikipedia.org/wiki/John_Tukey, Frau Rorty (ihr Mann hatte nicht Zeit); Prof. Berkmann42Vielleicht eher Valentine Bargmann, auch Einstein-Assistent: https://en.wikipedia.org/wiki/Valentine_Bargmann43Es könnte sich um Peter Gabriel Bergmann (1915-2002) handeln, einen deutsch-amerikanischen Physiker, bei Philipp Frank promoviert, früherer Assistent von Einstein. und Frau; Psychologe Brody und Frau. Bei Tisch sitze ich zwischen Gabi und Frau Berkmann; sie ist blond, hat Doktorat in physikalischer Chemie in Zürich gemacht; sie spricht von dem mangelnden Kontakt zwischen Professoren und Studenten.

Nach dem Essen höre ich, dass Berkmann zu Paul spricht über den zweit Einwand gegen den zweiten Hauptsatz. Ich setze mich zu ihnen. Aber bald 🕮 monopolisiert Paul das Gespräch so, dass ich nichts Vernünftiges mit Berkmann sprechen kann; ich hatte mich auf einen Endstuhl von dreien gesetzt in der Hoffnung, dass Berkmann sich in die Mitte setzen würde; aber Paul tat das und dadurch dominierte er das Gespräch. Das ging lang, und es wurde langweilig; außerdem machte das viele laute Sprechen der 10 Personen das Verstehen für mich schwierig. Ich dachte: Ich will nie mehr zu so einer großen Party gehen. (Ich besprach es später mit Hempels, wie es wäre, wenn ich mal wiederkomme; sie meinen, ich könnte wegen schlechtem Hören leicht sagen, dass ich lieber mit nur 2 Hempels zu ihnen zum Tee käme, anstatt der großen Mittagstafel, und dann Gespräch bis 3 ½, wo ich schon schläfrig bin.) – Dann spreche ich noch mit Brody, der jetzt auch für Paul arbeitet, über verschiedene Typen von Denkern und dergleichen; er ist auch interessiert an Fragen von statistischen Schlüssen für Psychologie; er sagt, dass viele Leute jetzt unbefriedigt sind von der Neyman Pearson Methode, z.B. Willkürlichkeit der Wahl von \(\alpha{}\), und dergleichen; und dass unter Statistikern und solchen, die Statistik anwenden, interessiert sind am Bayesian approach und einige auch an meiner Methode. Ich sage, dass der Unterschied zwischen Bian Methode, z.B. Savage, und meiner Auffassung nicht gross ist, dass wir im wesentlichen übereinstimmen.) –

Abends langes Gespräch mit Hempels (über Deutschland und Amerika, und was mich hier und dort anzieht. An einem Punkt wird Diane auf einmal sehr heftig gegen die Deutschen, die soviel klagen darüber, was sie im Krieg erlitten haben, und die sich nicht bewusst sind, wie schrecklich das ist, was Deutschland angestellt hat, besonders mit der Vernichtung von Juden; und dass die Nazi Denkweise doch noch immer in Deutschland bestehe; sie ist voll Hass gegen alles Deutsche! Ich sage‚ Evas Vater, Arendt44für Nachname Ahrends?, dessen Vater schon getauft war, und der sich daher nicht mehr als Jude fühlte, 🕮 der aber jetzt noch immer mit ihnen Korrespondenz hat; er ist jetzt in Amerika; sie verabscheut ihn. Ich sage, dass Hempel und ich doch auch Deutsche sind; sie sagt: nein, da wir aus Deutschland fortgegangen sind. – Sie bringen von sich aus die Frage auf, wie ich über Lini denke (siehe Notizen auf Blatt „Eline“); sie finden, dass sie bei Weihnachtsgeschenken und dergleichen gleich behandelt werden sollte.)