67Tagebuch 31. XII. 1962 – 31. XII. 1963 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mo 19. VIII. 1963

11-6 Grete hier. (Wir sprechen über Annemarie. Sie sagt, Annemarie war entsetzt, dass Ina angeregt hatte, ob sie zu Johannes über Verhütungsmaßnahmen sprechen könnte. Grete meint, Annemarie sei recht schamhaft, („genant27Vermutlich „schenant“, was lt. Rheinischem Wörterbuch zimperlich, schüchtern, zurückhaltend bedeutet.“). Aber ich sage, sie scheine mir frank und unbefangen; vielleicht war sie nur entsetzt über die Idee, dass man zu Johannes hierüber sprechen könnte. Grete fragte, ob Annem. auch über Kühn zu mir gesprochen habe, und ich erzählte einiges. Sie sagte, Annem. wäre anscheinend oft unglücklich mit Kühn; er habe ihr nicht nach Mexiko geschrieben (oder erst kürzlich); er komme immer zu Annem., wenn es ihm nicht gut gehe, aber er vermeide sie, wenn es ihr nicht gut ginge, körperlich oder innerlich. Sie habe mal gesagt, sie brauche eigentlich jemanden, an den man sich wirklich anlehnen könne. Grete macht sich ernstlich Sorgen um Annem., weil sie fürchtet, dass die Beziehung eher schlechter als besser werden wird, dass Konen sie niemals heiraten wird, und dass Annem., wenn sie noch lange bei Kühn bleibt, die Chance verliert, einen anderen zu finden. Sie meint, es wäre gut, wenn Annem. bei mir die Möglichkeit fände, sich mal wirklich auszusprechen, was sie mit anderen nicht kann.)