67Tagebuch 31. XII. 1962 – 31. XII. 1963 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mi 3. VII. 1963

An Gardner ms (weiter die getippte Revision in ch. XV durchgelesen. – 3 ½ – 5 ½ wir besuchen Heini & Dolly Schoendube (10539 Bellagio; ein fabelhaftes Haus, wie ein italienisches Barockschloss, mit Terrasse, Schwimmpool, schöner Aussicht weit über den eigenen Garten wie auf einen Park. Sie sagt, sie haben 18 Jahre darauf gewartet, dass dies Haus verkauft würde, und hat dann 3 Monate verhandelt, um den Preis herabzukriegen. Der Garten sei verwildert gewesen, sie bringen ihn jetzt in Ordnung. Das Haus haben sie innen neu dekoriert und „antike“ Möbel dafür gekauft. Sie wollen hier immer nur 1-2 Wochen sein; ihr Haupthaus bleibt das in S. B., das sie besonders lieben, weil es am Meer liegt. – Dolly nennt mich erst „Professor“, später sagt sie: „Ina“ und „Rudolf“, und wir sagen „Dolly“. Sie hat schwarze Brille auf, auch im Haus; endlich setzt sie sie ab; ich sage, das ist gut, ich sehe sie zum ersten Mal jetzt. Sie redet immer sehr lebhaft, über ihre Reisen in Europa, 🕮 Wien, die Oper, die Lippizanerpferde, usw. Aber die vornehme Atmosphäre: Der Butler empfängt uns an der Türe, und später bringt er Kaffee usw. – Zuerst sitzen wir nur mit ihm auf der Terrasse, sie ist noch im Haus mit Dekorateuren beschäftigt. Er erklärt die Geschichte von Diederichsens Geschäftskollaps von seinem Gesichtspunkt aus: Er habe vor vielen Jahren das Holzgeschäft besessen, Grundstück, Maschinen, Holzvorräte und alles. Um der Familie zu helfen, habe er es Walter gegeben (vermutlich als Partner). Die Geschäftslage in den letzten Jahren sei ungünstig gewesen. Walter geriet immer tiefer in Schulden; er habe den Gläubigern, Banken usw. falsche Bilanzen vorgelegt! Vor 4 Jahren habe Heini dem Walter schon gesagt, er solle den Gläubigern die wahre Lage sagen, solange er das noch könne ohne kriminelle Anklage! Aber Walter habe in ganz verrückter Weise immer weitergemacht, sodass jetzt die Schulden bei weitem die assets überwiegen; er habe nicht nur gegen die fremden Geldgeber, sondern auch gegen die Schwestern Schöndube Vertrauensbruch begangen und sie um ihren Anteil gebracht. Heini sei kürzlich wieder in Mexiko gewesen, habe nochmal viel (10 T Dollar?) hineingesteckt, damit Walter einen anderen Anwalt bekommt. – Er spricht sehr schlecht über Sven; „Mamajunge“ und „Halunke“; sagt aber, dass er anscheinend ein guter Architekt ist und guten Geschäftserfolg hat, und jetzt den Eltern hilft. Sie haben das Pedregal Haus vermietet für 5000 Peso monatlich ($ 400). 🕮 Davon müssen sie aber noch hohe Hypothekenzinsen zahlen, zahlen anscheinend auch an Chacha das Monatsgeld weiter. – Schließlich sagen sie, vielleicht sehen sie uns nochmal; er will auch Auskunft über Transport des Hundes und Regeln für Rückkehr einholen und uns telefonieren. Über nochmaligen Besuch sind wir aber zurückhaltend.) –Yvonne, Richard, und Steffi hier ½ Stunde. – Nachher sind wir beide müde.