67Tagebuch 31. XII. 1962 – 31. XII. 1963 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag So 27. I. 1963

Zetkins hier zum letzten Mal, zum lunch. Ich auch nachmittags mit ihnen im Wohnzimmer, von 3 ½ ab, bis Abendbrot. (Ina zeigt ihnen uralte Fotos von mir, Agnes, meinen Kindern usw.; und eins von Sera Sonnenwende, was Gertrud sehr interessiert. Über Sozialismus, und ob für seine Einführung ein diktatorisches Regime nötig ist. Zetkin sagt, vielleicht ja; aber er findet es doch abschreckend, wegen der Wirkung auf die Menschen. Ich: Die über 40 Jahre in Russland haben doch die Menschen nicht geändert. Ich glaube, es ist für die Menschen besser, einige Jahre ohne zivile Freiheiten, als für Jahrzehnte hingezogen und mit der schlimmen Armut wie in Indien und Südamerika. Wir müssen doch froh sein, dass Russland und China schon sozialistisch sind; andernfalls würde es schlimmer in der Welt aussehen, und fast keine Chance für Entwicklung in Südasien, Afrika, und Südamerika.) – (Nach dem Abendbrot sehen wir alle TVOn the Beach“, nach der novel von Nevil Shute‚ Gertrud bei Ina, Kostja sitzt neben meinem Bett. Er versteht vom Gesprochenen gar nichts, ich wenigstens einen Teil (weniger als sonst mit Inas Hilfe); so sage ich ihm immer, was los ist. Ich ärgere mich, dass er da bleibt, obwohl er nichts versteht und sich überhaupt über das Stück ärgert. 8-10. Dann im Wohnzimmer kurz mit den anderen. Kostja reißt den Film herunter; ich sage, wie kann er ein Urteil geben, wo er doch nichts von den Worten gehört hat! – Herzlicher Abschied und Umarmungen; Gertrud küsst mich auf den Mund, Kostja küsst mich auf die Backe.) 🕮 Sie wollen morgen früh um 6h abfahren, wo noch nicht so viel Verkehr auf dem freeway. Sie wollen in Richtung Indio, vielleicht irgendwo campen, dann südlich zu Salton Sea, und später nach Ripley nach der Grenze von Arizona, wo sie Freunde haben.