64Tagebuch 4. I. 1962 – 22. V. 1962 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 20. IV. 1962

Markovic 11 ½ (! anstatt 10:30)-3 hier. (Er sagt mir über das russische Buch, das ich in Stanford bekommen habe. Über seine eigene Einstellung: ein nicht starrer Marxismus, auch beeinflusst, zuerst durch Ayer, von Empirismus. Ich sage: Einiges, wodurch er sich von Empirismus unterscheidet, ist verwandt zu Dewey. – Beim lunch, er allein, weil die Frau mit Kind mit Freunden auf Ausflug ist, sprechen wir wieder über politische Fragen. Ich erkläre, dass hier überhaupt keine Linksbewegung existiert; dass die Arbeiter teilweise hohe Löhne bekommen, weil die Industrie hier die lateinamerikanischen Länder als Kolonien ausbeutet, dass die Situation der Presse verhindert, dass die Leute die wahren Zusammenhänge sehen. – Nachher sagt er zu Ina, dass er, nach Lesen meiner abstrakten Bücher, erstaunt war über meine menschliche Haltung und politisch soziales Interesse, und beeindruckt davon; dass er bei uns die besten Eindrücke in Amerika bekommen hat.) – 4-5 Dr. Weilgart hier, mit Frau und 2 kleinen Kindern. (Über seine „Weltsprache“11https://en.wikipedia.org/wiki/AUI_(constructed_language), apriori mit 20 Vokalen (!) und 20 Konsonanten, die die 40 🕮 Grundkategorien bedeuten. Daraus hat er 2000 Wörter gebildet; er habe schon Teile der Bibel und Shakespeare darin übersetzt! Er ist sehr begabt, hat Imagination, kennt 18 Sprachen, hat auch Psychiatrie studiert, hat Berechtigung für Psychotherapie in Kalifornien. – In Bezug auf seine Sprache ist er sehr naiv. Er liebt sie so, dass er sie richtig sprechen kann; er bringt immerzu wieder Beispiele und verschwendet damit Zeit. Schließlich sage ich ihm, dass ich glaube, dass eine apriori Sprache absolut keine Aussicht hat. Ich gebe ihm Bohnerts Adresse.) – An pr.