61Tagebuch 4. III. 1959 – 17. XII. 1959 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Do 30. VII. 1959

Über Pr. – 4hErna Löwenberg kommt an. (Ina holt sie am Bahnhof in der Stadt ab. Wir sitzen im Patio. Sie ist entzückt vom Haus, den Obstbäumen. Sie sagt, sie ist jetzt 60. Sie plant, in 2 Jahren für dauernd nach Wien zu gehen. Dann wird sie $ 22 Wiener Pension haben, und etwas über $ 80 amerikanische. Letzteres wird auch ins Ausland bezahlt, unabhängig von Bürgerschaft. Sie will amerikanische Bürgerin bleiben, aus Prestigegründen, Erleichterung des Reisens usw. Aber dafür muss sie dann alle 3 Jahre für 6 Monate nach US zurück; das ist ein finanzielles Problem. Wenn sie bis Alter 65 anstatt 62 in Amerika arbeiten würde, würde sie erhebliche höhere Pension bekommen. Ich frage, ob das nicht ratsam wäre. Aber sie hat starke 🕮 Gefühle dagegen; wer weiß, wann man stirbt; und sie ist die Arbeit leid; sie möchte doch noch etwas vom Leben haben. Sie meint, sie wird in Wien noch etwas nebenbei verdienen können: Übersetzungen, Englischstunden, Fremdenführer für Amerikaner usw.; aber nicht offiziell angestellt, weil das in die Pension vermindern würde. – Sie ist lebhaft und heftig wie immer; heftig in der Kritik der amerikanischen Regierung, die die größte Gefahr für den Frieden ist.) 7h gehe ich mit Erna spazieren; wir nehmen Morli mit, die erstaunlicherweise auch gutwillig mitkommt. – Erna schläft in Inas Bett; Ina auf der neu gepolsterten Couch im Wohnzimmer.