61Tagebuch 4. III. 1959 – 17. XII. 1959 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Mi 29. IV. 1959

10-1 Ajduk. hier. (Wir sitzen im Patio. Über die Natur der induktiven Logik. Er möchte Intuition beschränken auf die notwendigste; vielleicht auf das Deduktive; er glaubt, zeigen zu können, dass die induktiven Regeln eine allgemeine Methode bestimmen, die, wenn sie fortgesetzt wird, schließlich zuverlässig ist; damit meint er aber in Wirklichkeit: erfolgreich. Ich: Ich dachte früher auch so, z.B. Reichenbachs Rechtfertigung; inzwischen ist mir aber klar geworden, dass das nicht möglich ist; man muss außer den deduktiven auch induktive Intuitionen verwenden. Er fragt, wie ich meine induktiven Axiome begründe. Ich verweise für die fundamentalen Axiome auf de Finetti-Kemeny, aber das kennt er anscheinend nicht. Ich spreche von Invarianzaxiomen: Beispiel: Wette auf Pferderennen. Er meint zuerst, Laplaces Indifferenz Prinzip muss abgelehnt werden; auf totale Evidenz soll man nicht wetten. In dem Beispiel gibt er aber zu, dass da ein Unterschied zwischen fair und unfair gemacht werden kann. – Er sagt, er liest wenig Philosophie; der Stoff ist zu viel, und es kostet zu viel Zeit.) – 12-1 Lunch. Dann fährt Ina ihn zum Hotel. (Ich hatte ihm gestern einige Sektionen aus Schilpp gebracht, aber er hatte keine Zeit, darin zu lesen.) 2 ½ – 3 ½Mia hier. Dann fahren wir zum Campus, holen unterwegs Ajd. ab. 🕮 4 Ajduk. VortragA proposition as the connotation of a sentence“. (Ich führe ihn ein. Er spricht 1¼ Stunde, in seltsam ausgesprochenem Englisch, aber verständlich und klar. Er schreibt den Worten Indizes von syntaktischem Platz zu: dem genutzten Ausdruck ‚\(1\)‘ seinen Hauptfaktor ‚\(10\)‘, dessen \(n\)-tes \(\Gamma \) Argument Ausdruck ‚\(1‚n\)‘; von letzterem wiederum ‚\(1, n, o\)‘, ‚\(1, n, m\)‘ usw. Er schreibt den ganzen Ausdruck so, dass unter jedem Wort sein Index steht; dann kann die Reihenfolge der Wörter beliebig geändert werden. Das ist auch von Interesse für Übersetzungsmaschine. Definition: Die Konnotation eines Ausdrucks ist eine Funktion (also eine Klasse von geordneten Paaren), die jeder syntaktischen Stelle die Denotation des betreffenden Wortes zuordnet. Eine Proposition ist die Konnotation eines Satzes. – In der Diskussion sagt er, dass sein Begriff Konnotation ähnlich ist meinem Begriff von intensionalem Isomorphism. Ich: Er ist analog; aber da sein Begriff Denotation oder Extension zugeordnet, so ist es vielmehr ein extensionaler Isomorphism. – Ich erhebe Bedenken: nach seiner Definition haben alle Wörter mit derselben Denotation auch dieselbe Konnotation; das stimmt doch nicht mit der üblichen Auffassung. Er: Man Es gilt nur für einfache Wörter, nicht für solche, die Abkürzungen von zusammengesetzten Ausdrücken sind; z.B. haben. Aber z.B. Wörter ‚goblin‘ und ‚giant‘ haben dann dieselbe Konnotation. Er: Man soll als einfache Wörter nur solche nehmen, die direkt Wahrnehmbares bezeichnen, z.B. „blau“.) Beim Abschied sagt er, er sei sehr bewegt, dass er mich habe sprechen können und für die große Gastlichkeit. (Er geht heute abend mit Kalish und Montague nach Hollywood, vielleicht Nachtclub; dabei auch Mia, Ruth Anna, und andere.)