61Tagebuch 4. III. 1959 – 17. XII. 1959 [Rudolf Carnap: Tagebücher], Eintrag Fr 24. IV. 1959

Früh rufe ich Chacha herüber, und wir sprechen eine Weile zusammen im Bett. – Beim Zähneputzen bricht meine obere Zahnplatte in 2 Stücke. – Ich telefoniere Ina, (1. über Berkeley, 2. Verabredung beim Zahnarzt machen.) –Helga fährt mich in Gretes Auto 10 ½ – 1 ½. (Zuerst zum Zahnarzt. Er will die Platte bis Nachmittag fertig haben. – Ich schlage vor, dass wir 🕮 hinausfahren, um miteinander zu sprechen. Wir fahren die neudu Straße, am Berghang neben einer Schlucht mit Felsen, W vom Ajusco. – Über Sven. Sie sagt auch, dass er aus dem Elternhaus wegziehen müsste. Er wolle es schon seit vielen Jahren, könne aber immer den Entschluss nicht aufbringen. Ich erkläre die Mutterbindung, und sie versteht es gut. Ich erzähle von meiner Psychoanalyse, und sie hat Verständnis und Interesse dafür. Walter habe es aber bei Sven als Unsinn abgelehnt, auch schon den Rorschachtest. – Über Walter ist sie äußerst kritisch; er habe den Kindern und Grete weder Zeit noch Verständnis gegeben. Sie sagt selbst, dass seine ständige Abwesenheit von der Familie von Freitagabend bis Montagfrüh eine Flucht sei. Ich sage, dass er einfach sei nicht schuld und deprimiert, aber zu lieb und zuverlässig. Sie kritisiert aber auch seine Geschäftsführung. Alles sei desorganisiert. (Vielleicht ist diese überkritische Einstellung mit verursacht durch seine Kritik an ihrem Mann.)) Wir fahren zurück, zu ihrem Haus, um das Baby Ingrid abzuholen; ich nehme sie auf den Schoß und wir singen „singen Duett“ zusammen. Zu Diederichsens Haus zurück, alle sind zum Mittagessen da. – Nachmittags fährt Grete mich zum Zahnarzt. (Nach längerem Warten bekomme ich die reparierte Platte, 40 Pesos.) In zwei Buchläden; wir können keine Ansichtskarten finden. (Ich deute Helgas Kritik an Walter an. Sie meint, es sei übertrieben. Walter müsse doch das Recht haben, sein Hobby zu betätigen, und er habe jetzt die Malerei. Ich habe das Gefühl, dass sie ihn in Schutz nehmen will. Sie spricht nicht so offen wie Helga, und hat auch nicht deren Verständnis für das Unbewusste.) – 7h wieder zu Hause. Mit Chacha im Wohnzimmer eine schöne Platte von Khachaturian gehört. – Abendessen, wir und Grete, später Walter. 9h Abschied von ihm; ich umarme ihn und bedanke mich herzlich. (Er fährt ab mit Auto nach Veracruz für Wochenende, also werde ich ihn nicht mehr sehen.) – Etwas mit Chacha und Grete im Wohnzimmer. – Später Chacha noch etwas bei mir. (Sie meint, Helga ist oft überkritisch.) 🕮