\diary{68}{1.\,I.\,1964\,--\,31.\,XII.\,1964} \ersteseite{537653} %RC 025-77-02 \tbentry{1}{1}{1964}{}\ort{Los Angeles}\fnAD{Im Seitenkopf steht \original{(\textit{v. Wright})}.} Langen Brief an Stegmüller (auch über Humburgs\fnE{Jürgen Humburg} \textit{mss}.) und andere Briefe. \tbentry{2}{1}{1964}{} Briefe; und gelesen. \tbentry{3}{1}{1964}{} Bücher aussortiert (zum Fortgeben ans department). -- Gekramt \tbentry{4}{1}{1964}{} Bücher gekramt. -- \tbentry{5}{1}{1964}{} Gekramt. \tbentry{6}{1}{1964}{} \gestrunl{} 10\,\textonehalf{}\,--\,2\,\textonehalf{} \uline{\textit{\ulinesp{v. Wright}}} hier. (2\,\textonehalf{} Stunden gutes Gespräch, in meinem study im neuen Haus. (Siehe Notizen.) Nachdem ich ihm mehr über die $\lambda{}$-Funktion sage, was noch nicht veröffentlich ist, zieht er seine Einwände zurück, dass man aufgrund von Erfahrungen die $c$-Funktion anders wählen müsse. -- Nachher beim Essen sprechen wir auch über persönliche Dinge. Ich erzähle von Johannes, dem Pastor, von Onkel Gustav in Helsingfors; er sagt, er hat den Namen in den Gemeinde\blockade{}sitzungsberichten der finnischen philosophischen Gesellschaft gefunden, von den 90er Jahren. Seine Familie ist von schottischen Vorfahren; die wanderten aus nach den baltischen Provinzen, die damals zu Schweden gehörten, und einige später nach Finnland; ich erwähne Stackelberg, er kennt den Namen. -- Wie er auf Einladung nach England ging; und später, nach Jahren, wieder zurück, hauptsächlich um die Kinder nicht in fremder Kultur aufwachsen zu lassen. -- Zum Abschied sagt er, dass er zwar bei \textit{UCLA} ein Dauerarrangement mit regelmäßigem Herüberkommen abgelehnt hat, aber doch \neueseite{537655} gern mal wieder herkommt. Er hatte Freude an den Studenten hier, und den Diskussionen. -- Im August geht er zum Kongress nach Jerusalem. Wir sagen, dass wir wahrscheinlich nicht hinkommen.) \tbentry{7}{1}{1964}{} Mit Ina zu \textit{Sears} \& \textit{R}. (Ich probiere den ,,secretarial Stuhl`` aus, auf Olafs Vorschlag hin; und wir kaufen ihn. Wenn er sich nicht als befriedigend erweist, will ich dann doch noch einen swivel Stuhl kaufen. Ferner kaufen wir ein großes \textit{file} cabinet, mit 4 Schubladen. Beides im Ausverkauf.) -- Nachmittags 3\,\textonehalf{}\,--\,5 \textit{\uline{Zachary}} hier. (Er will contract aufstellen. Ich sage, dass ich hoffe, \editor{dass ich} die \textit{mss} für den ersten Band bis Ende April fertig habe. Siehe meine Notizen.) -- \tbentry{8}{1}{1964}{} \uline{Arbeit am \textit{AS}} wieder aufgenommen (nach langer Unterbrechung: seit Mitte November; damals dann am Gardner \textit{ms} gearbeitet; und dann kam Haussuche, Einpacken, Umzug, und hier wieder einrichten. -- Jetzt fahre ich fort an \textit{AS} \textsection{}\,18: (795) $\lambda{}$-Methode für $k=2$.) -- Nachmittags Zachary kommt eben vorbei (bringt contract, und 4 Bände Neyman\blockade{} Symposium IV, geschenkt von der Press, und \textit{mss} zurück.) \tbentry{9}{1}{1964}{} An \textit{AS} gearbeitet. \tbentry{10}{1}{1964}{} \textwh{An \textit{AS} gearbeitet.} -- Von Sears kommen Sachen (großer und kleiner file Kasten, und typist Stuhl). -- Mittags \textit{\uline{Yvonne}} hier (zum ersten Mal. Sie nimmt nur 2 Kurse, arbeitet fleißig dafür, und bekommt gute grades. Sie sagt, \neueseite{537661} dass sie mit Helmers nach deren Rückkehr von Europa im Juni nicht mehr guten Kontakt \editor{hat}; vielleicht seien die über etwas gekränkt.) \tbentry{11}{1}{1964}{} Am \textit{AS}. -- Nachmittags Richard Freeman und Steffi (kommen für etwa 1 Stunde. Er sagt, seit einem Jahr schon, und besonders seit ihrer Rückkehr von Europa seien Helmers schwer zugänglich. Es fing vor einem Jahr an in Palm Springs. Auf einmal sagt Steffi: Maggie wurde einmal sehr böse, weil Monika Steffi fragte, ob sie ihre (Monikas) Zahnfüllungen sehen wolle. Richard sagte, er habe bisher den Grund nicht gewusst. Maggie hat besondere Gefühle über solche Sachen, darum verbietet sie Monika, irgendwelche Süßigkeiten zu essen, und einmal haben sie Monika so etwas angeboten. Er sagt, er hat Maggie gut helfen können, als ihre Mutter vor dem Sterben war, und dann sich der Tod unerwartet verzögerte. -- Ich sage, wenn etwas zwischen Freunde kommt und man weiß nicht was, so soll man entweder sich unbefangen stellen, als wäre nichts gestört, oder mal ganz offen sich aussprechen.) \tbentry{12}{1}{1964}{} 10\,\textonehalf{}\,--\,12' \uline{David und Ren\'{e}e und Jordan} hier. (Ren\'{e}e hat das Haus noch nicht gesehen; sie findet es schön und hell. David hat mir meine Zeitschriften in weißen Kästen zurückgebracht. Sie reisen am 16. ab. Von seiner thesis werden Ozalid\fnE{https://en.wikipedia.org/wiki/Ozalid\_(trade\_mark)} masters getippt, sodass er dann copies machen lassen kann. Er hat auch noch Kapitel 4, erste Hälfte umgearbeitet, und summary von Kapitel 5 geschrieben.) \neueseite{537657} 1-3 \uline{Mia und Wim} hier. (Wim sagt: ,,Das Haus ist aber doch sehr schön``, genau wörtlich wie Ina es vorhergesagt hat. Er setzt den von Sears gekommenen secretarial swivel Stuhl zusammen; er zeigt dabei gute Mechaniker-Geschicklichkeit. -- Mia hat fleißig ihr Gesuch für \textit{NSF} auf ditto masters getippt; das San Fernando Valley College will es akzeptieren.) -- Nachmittags gekramt. -- Abends ist Ina wieder in trüber Stimmung, voll Sorgen, die sich jetzt auf die Europareise focussen, aber anscheinend unabhängig davon schon vorhanden sind. Es wird mir heute schwierig, sie zu beruhigen.) \tbmanyentries{\tbentry{13}{1}{1964}{} -- \tbentry{15}{1}{1964}{}} Am \textit{AS}. %\tbentry{14}{1}{1964}{} %\textwh{Am \textit{AS}.} %\tbentry{15}{1}{1964}{} %\textwh{Am \textit{AS}.} \tbentry{16}{1}{1964}{} Vormittags \textwh{am \textit{AS}}, nachmittags \uline{Mutzli} (zum ersten Mal hier. Sie geht jetzt wieder ins gym, sagt, dass es ihr auch psychologisch gut tut. Sie findet das Haus schön.) Auf einmal \uline{Mia} hier, 5-8. (Über die Europareise, Probleme mit Wiener Hotel. Sie ruft ihr Reisebüro an und lässt sich Zimmerpreise für Hotel Regina und France angeben!) \tbentry{17}{1}{1964}{} Am \textit{AS}. -- Nachmittags \uline{David} kurz hier (er bringt noch Zeitschriften und Bücher, hat aber Post vergessen. Sie wollten eigentlich gestern schon nach Ann Arbor fliegen, aber Ren\'{e}e \neueseite{537659} \gestrunl{} hatte etwas Erkältung und Fieber; sie wollen morgen abfliegen. Herzlicher Abschied mit Umarmungen.) \tbentry{18}{1}{1964}{} Am \textit{AS} (digression: 3 Prädikate, mit neuem Axiom: für zwei Teile der Familie wird $\lambda{}$-Methode genommen; $\lambda{}$ eindeutig bestimmt durch $\eta_{ij(23)}$\blockade{}.) \tbentry{19}{1}{1964}{} Am \textit{AS} (3 Prädikate). -- \gestrunl{} Mittags \uline{bei Helmers}. (Über ihre Europareise. Mutzli amüsiert sich, dass wir nicht in einem Zimmer schlafen können.) \tbentry{20}{1}{1964}{} \textit{pr} ,,Über 3 Prädikate`` beendet. -- Zurück zum \textit{AS}. \tbentry{21}{1}{1964}{} Am \textit{AS}. \tbentry{22}{1}{1964}{} Vormittags \textit{SD} gekramt. -- Am \textit{AS}. \tbentry{23}{1}{1964}{} Ina fährt mich zum Haarschneider; ich gehe zur Bank und zu Fuß nach Hause. -- 12\,\textonehalf{}\,--\,3 \uline{Mia} hier. (Ratschläge für Europareise.) -- An \textit{AS}. \tbentry{24}{1}{1964}{} Mittags \uline{Mia} hier. Nachmittags \uline{Wim}. -- Am \textit{AS}. \tbentry{25}{1}{1964}{} Am \textit{AS}. -- Vormittags \uline{Mia und Wim} einige Zeit hier (ich meist nicht dabei \gestrunl{}; Wim repariert eine zweite Stehlampe.) \tbentry{26}{1}{1964}{} Am \textit{AS}. -- \tbmanyentries{\tbentry{27}{1}{1964}{}, \tbentry{28}{1}{1964}{}} \textwh{Am \textit{AS}}. -- Abends am Schreibtisch bis 9. %\tbentry{28}{1}{1964}{} %\textwh{Am \textit{AS}}. -- \textwh{Abends am Schreibtisch bis 9}. \tbentry{29}{1}{1964}{} \textwh{Am \textit{AS}}. -- Mittags \uline{Richard Freeman} (Yvonne wollte kommen; aber sie ist im Bett, erschöpft, obwohl die \neueseite{537671} exams über\fnE{Wohl vom englischen ,,over``.} sind. Daraufhin ist er gekommen, vielleicht weil er dachte, dass Ina ihn braucht oder sonst enttäuscht wäre. Er spricht über seine Analyse; er scheint nicht sehr zufrieden damit, dass sie die Repression gewisser Dinge aufgehoben hat; er meint, das sei doch eine Beunruhigung, die ein noch teurer Preis sei als das Geld! Er war bei Hannah Fenichel\blockade{}. Er freut sich auf das Jahr in Spanien, das sie im Sommer 1965 anfangen wollen. Anscheinend werden sie dort das Meiste seiner Ersparnisse aufbrauchen (er hat zu Helmers gesagt: 25 \textit{T}.)) \tbentry{30}{1}{1964}{} Am \textit{AS}. (Mittags, weil Ina noch nicht zurück ist, gehe ich alleine spazieren und nehme Morli mit. Sie zieht nicht mehr so ungestüm wie früher, sondern ist gut und folgsam.) \tbentry{31}{1}{1964}{} 11-12 \uline{bei Helmers}, (\uline{Olaf im Bett}, mit Rückenschmerzen. Ich spreche mit ihm über Möglichkeit von disk; nachher sagt mir Ina, Mutzli hatte ihr gesagt, dass der Doktor disk vermutet, er möchte aber nicht, dass man es Olaf sagt.) -- Am \textit{AS}. \tbentry{1}{2}{1964}{} Am \textit{AS}, \textsection{}\,18. (Über $\lambda{}$-System. Ich habe neue Idee: eine niedrigere obere Schranke für $\lambda{}$ ergibt sich, wenn wir eine gewisse Forderung für Schätzung von \textit{rf} annehmen.) \tbmanyentries{\tbentry{2}{2}{1964}{}, \tbentry{3}{2}{1964}{}} Weiter am \textit{AS} (die neue Idee über $\lambda{}$). %\tbentry{3}{2}{1964}{} %\textwh{Weiter am \textit{AS} (die neue Idee über $\lambda{}$).} \tbentry{4}{2}{1964}{} \textwh{Weiter am \textit{AS} (die neue Idee über $\lambda{}$).} \neueseite{537665} (Endlich 11 \textit{pp}. Skelett über die neue Idee fertig. Aber soll ich das wirklich ins \textit{ms AS} aufnehmen?) \tbentry{5}{2}{1964}{} (Vormittags \textit{\uline{Yvonne}} bei Ina; sie bringt ihr Kleider zum Aussuchen.) -- Am \textit{AS}. (Obwohl ich mit dem Skelett von \textsection{}\,18 noch nicht ganz fertig bin, fange ich an, den Anfang des früher schon geschriebenen englischen \textit{ms} des ersten Teils durchzuarbeiten, weil Ina schon mit Tippen anfangen möchte.) \tbentry{6}{2}{1964}{} Am \textit{AS}. \tbentry{7}{2}{1964}{} \textwh{Am \textit{AS}} (wieder am Problem der kleinen $\lambda{}$-Werte). \tbentry{8}{2}{1964}{} \textwh{Am \textit{AS} (wieder am Problem der kleinen $\lambda{}$-Werte)}. Endlich klare Ergebnisse: $\lambda{}={1}/{5}$ ist schon zu klein sowohl für $k=5$ als auch für $k=2$.) \tbentry{9}{2}{1964}{} Am \textit{AS}. (Angefangen, \textsection{}\,18 zum Tippen fertig zu machen, obwohl noch nicht alles englisch geschrieben ist. Ina ist ungeduldig, bald zum Tippen zu\fnA{Original \original{sie}.} kommen. Sie fängt jetzt schon damit an.) \tbentry{10}{2}{1964}{} Am \textit{AS}. (Weiter \gestrunl{} \textsection{}\,18 zum Tippen fertig gemacht). \tbentry{10}{2}{1964}{} \textwh{Am \textit{AS}. (Weiter \gestrunl{} \textsection{}\,18 zum Tippen fertig gemacht).} (Ina mit Frau Jokl zum Kleider kaufen gefahren. Ich gehe alleine mit Morli spazieren, über \textonehalf{} Stunde. Später alleine lunch. -- Nachmittags kommt Ina; 2 Kleider: eines rot und braun, wollig, nett; eines schwarz, zipper funktioniert nicht ordentlich, darum will sie es zurückgeben.) 6\,--\,9\,\textonehalf{} \uline{Kalish} hier. (Zum ersten Mal in diesem Haus. Er \sout{Ich} spricht auch für Interview mit Pastrom, und dann vielleicht einmal wöchentlich. Er stimmt meiner Idee zu, \neueseite{537663} dass vielleicht ich allein für kürzer nach Deutschland reise. -- Er hat mit Susi Beziehung auf neuer Basis: nur mehr Freundschaft, und sie wohnt nicht mehr bei ihm; damit sie anderen Mann finden kann, weil sie sich Kinder wünscht. Er kann die Idee, kleine Kinder zu haben, nicht ertragen; er möchte eine Frau in seinem Alter finden, die schon Kinder hat.) \tbentry{12}{2}{1964}{} Endlich Brief von Sagoroff (wir hatten vor 4 Wochen angefragt um Verschiebung von Mai auf Juni; jetzt bewilligt er es.) -- Nachmittags \textit{Mia} hier. (Ich sage, auf Sagoroffs Brief hin werden wir also wohl nach Wien gehen.) Nachher sage ich Ina, dass ich Wien nur plane als Pflicht, um genug Geld zu verdienen für die Europareise. \tbentry{13}{2}{1964}{} (Ich dränge Ina, endlich auf dem Papier die Berechnung zu machen, wie viel Vorteil wir von der Wiener Unternehmung haben. Sie tut es. Es stellt sich heraus, dass sie immer schon Recht hatte mit ihrer Vermutung, dass außer ihrem Flugzeugticket nur unsere Wiener Ausgaben gedeckt sind, wenn man annimmt, dass wir auch für einen Teil der per diem Gelder Einkommensteuer zahlen müssen. Darauf sage ich ihr, dass ich dann vorziehen würde, alleine nach Deutschland zu fliegen, und gar nicht nach Wien. Ich berechne, dass das 1600\,\$ kosten würde, gegen \$\,1500 Auslagen, wenn wir beide gehen, und erst nach Wien. Mir scheint, ein ganzer Monat Hotelleben ist unerfreulich, wie sie selbst immer gesagt hat als Argument gegen die Europareise. \neueseite{537669} Sie versteht meine Gefühle, möchte mich aber nicht gern allein fahren lassen und allein zu Hause bleiben.) -- Nachmittags kommt \uline{Mia} 5\textsuperscript{h}\,--\,\luecke{}. (Wir sprechen alles nochmal durch, und ich erkläre ihr ausführlich meine Neigungen und Abneigungen. Sie meint, Ina könne mich doch ohne Sorgen reisen lassen, weil die Kinder für mich sorgen würden; sie lädt Ina ein, dann bei ihnen zu wohnen, aber nicht mit Hund. Sie sagt, wenn Ina aber sich gar nicht von mir trennen wolle, solle sie mich nicht zurückhalten, sondern mit nach Deutschland gehen, auch ohne Wien; das könnten wir uns doch leisten.) -- (Nachts nach 3\textsuperscript{h} Magenschmerzen; ich hole mir Milch und halb und halb; das hilft.) \tbentry{14}{2}{1964}{} Gutachten geschrieben (über Achinstein, für Promotion zum Associate Prof. Dann für \textit{NSF}: Nagel, Kyborg.) \tbentry{15}{2}{1964}{} (Gutachten \textwh{für \textit{NSF}}: Levi; Mia Reichenbach; den ganzen Tag!) -- Wir überlegen immer noch über Europareise (noch immer kein Beschluss). \tbentry{16}{2}{1964}{} (Langen Brief an Springer.) -- Ditto masters vom \textit{AS} korrigiert. \tbentry{17}{2}{1964}{} (Morgens bei den Übungen spüre ich plötzlich den Rücken ein wenig. Ich mache aber einfach weiter. Aber mittags gehe ich nicht spazieren.) (Weiter ditto masters korrigiert.) \neueseite{537667} Nachmittags \uline{Magda Jokl} hier. (Über unsere Europa Reisepläne. Sie meint, ich könnte gut alleine reisen, da die Familie doch für mich sorgen würde, mit transportation usw. Sie spricht auch über die Gruppen\gestrunl{}reise des County\blockade{} \gestrunl{} Museums; nur 360\,\$ Rundreise! Aber erst nach der \textit{season}, im Sept. Da könnten wir sogar beide reisen.) -- Auf mein Drängen hin hat Ina sich endlich entschlossen, Dr. Pastrom um \gestrunl{} eine Beratung zu bitten; (sie ruft um 11\textsuperscript{h} an, aber er antwortet erst um 5: Verabredung für morgen 10.) \tbentry{18}{2}{1964}{} (Weiter ditto master korrigiert.) (\uline{\ulinesp{Ina}}\ulinesp{ geht} \uline{\ulinesp{zu Dr. Pastrom}}, endlich, nach langem Zureden von mir. Er findet, dass sie in \uline{schlechterer Verfassung ist \gestrunl{} als je vorher}. Er rät ihr dringend zu, Therapie wieder aufzunehmen, zunächst einmal wöchentlich. Er \gestrunl{} meint, ihre Besorgnis um Geld steht für etwas Anderes, da sie in einigen Dingen bereit ist, eine Menge Geld auszugeben; wahrscheinlich ist es im wesentlichen Sorge um mich. Daher meint er, dass es doch am besten wäre, wenn wir zusammen blieben und darum nach Wien gingen. -- Ich fühle große Erleichterung, dass Inas Ergehen nun in den Händen eines guten Spezialisten ist; ich machte mir immer Sorgen, ob wir nicht etwas versäumen, was für sie getan werden kann. Merkwürdigerweise fühlt Ina nicht dieselbe Erleichterung; wahrscheinlich, weil sie sich Sorgen um die damit verbundenen Geldausgaben macht.) \neueseite{537675} \tbentry{19}{2}{1964}{} (An \textit{AS}, \textsection{}\,18; zurück zum Skelett für Ende des \textsection{}: Nachteile von kleinem $\lambda{}$.) -- 6-9 \textit{\uline{Lenzen}} hier. (Er ist wieder bei seinem Freund, dem Mathematiker Hall in Pasadena. Diesmal hat Alexander keine Zeit für ihn; darum kommt er eigens herüber, um mich zu sehen, Bus zum Flughafen, dann Taxi, ebenso zurück. Er zeigt mir Diagramme aus dem Buch, dass Hall und er jetzt veröffentlichen werden, über Gruppen von Ordnung $2, 4, \ldots ,64$; für jede dieser 6 Gruppen haben sie herausgefunden: alle invariante Teilgruppen. Er hat zwar Diabetes, aber merkt nicht viel davon, und ist im ganzen gesund. Eine Tochter von ihm (ich glaube: Mary), unverheiratet, ist im Januar in San Francisco gestorben an Gehirntumor. Die andere, Kate, ist verheiratet, wohnt in Berkeley. Er ist ganz allein in Chicago, wohnt im Windermere Hotel.) \tbentry{20}{2}{1964}{} (Ich lese Graefs\blockade{} notes über \uline{Montague} Seminar ,,Axiomatisierung der Physik`` über mein $T,C$-System.) -- 4 zu \uline{\ulinesp{Dr. Mott}}. (Ich berichte über Mexiko, Inas Sorgen vorher; dann den Verlust des Hauses, und Umzug, und jetzt \uline{Inas Beunruhigung über die geplante Europareise. Auch über Franz' Selbstmord}. Er sagt, er hat mit Dr. Pastrom darüber gesprochen; der kann auch nicht sagen, genau was die jetzige Depression ausgelöst hat; aber dass es jedenfalls eine Wiederholung des Kindheitserlebnisses ist, dass sie sich als unfähig fühlt für ihre Aufgaben und bedroht durch bevorstehende Gefahren und Verluste. Er meint auch, \neueseite{537679} dass es jetzt nicht richtig wäre, wenn ich sie alleine lasse. Aber wir bräuchten nicht den ganzen Europaplan aufzugeben; Dr. Pastrom habe Zuversicht, dass einige Zeit Therapie eine Besserung bringen werde. Er glaubt, wenn wir erst einmal in Wien sind, wird Ina es nicht mehr so negativ empfinden, sondern sich freuen über die Achtung, die man mir bezeugen wird. In Deutschland soll ich aber achtgeben, dass ich mich nicht ausschließlich den Kindern widme; Ina muss immer fühlen, dass sie für mich an erster Stelle kommt. -- Zum Schluss frage ich, ob ich ihn wieder anrufen kann, wenn ich später nochmal eine Aussprache möchte. Er sagt, selbstverständlich; und falls wir wünschen, sei er auch bereit, mit uns beiden zusammen zu sprechen, entweder bei ihm, oder er wäre auch bereit, zu uns zu kommen.) Ich bin froh über die Aussprache; ich habe jetzt mehr Zutrauen, dass wir die Reise machen können; und es scheint \gestrunl{} mir jetzt, dass dann Wien das Richtige ist. (Erst auf Inas Fragen hinterher merke ich, dass ich Folgendes vergessen habe, ihm zu sagen: erstens ihre übermäßige Sorge in Geldsachenn und allen Ausgaben; zweitens meine Bedenken über den langen Flug, und über die Zeit in Wien.) \tbentry{21}{2}{1964}{} An \textsection{}\,18 (ich berechne numerisches Beispiel für Gründe gegen kleine $\lambda{}$-Werte.) \tbentry{22}{2}{1964}{} (Ina 10\textsuperscript{h} zu Pastrom. Er beginnt Therapie, einmal wöchentlich.) -- \neueseite{537681} 4\,\textonehalf{}\,--\,7\,\textonehalf{} zur \uline{Party bei Robinsons}. (Ina hat sich dazu entschlossen, mitzukommen. Sie wohnen in einem sehr schön gelegenen Haus hoch im Mandeville Canyon, 2909, in einer linken Seitenstraße, das höchst gelegene Haus. Ein horizontaler Pfad führt vom Haus zum swimming pool. Oberhalb ist steiler Hang, dichter Wald, das gehört ihnen alles, 2\,\textonehalf{} acres. Alle übrigen Gäste sind Mathematiker, die ich nicht (oder kaum) kenne: Prof. Swift; \textit{\uline{Vaugue}} aus Berkeley, der Peter Krauss gut kennt; ein Neger, vielleicht Assistent, der bei \textit{Boone} gearbeitet hat; ein junger Mann (Abarid\blockade{} oder sowas), der nächstes Jahr nach Princeton zum Institut gehen wird, mit netter junger Frau; beide sind für Gedcare\blockade{}, sind bei Kaiser, er spricht heftig gegen die \textit{AMA}. Aber meist ist es langweilig. Ich kann nur Leute verstehen, die nahe mir sitzen; es gibt nicht genug Sitze, um mal den Platz zu wechseln, weil alle in einem großen Kreis sitzen, wo nirgends mehr Platz ist, anstatt in kleinen Gruppen. Frau Robinson bemüht sich, alle zu versorgen und geht selbst herum, bietet gute Sachen an; aber als es dunkel wird, kann ich nicht mehr erkennen, was auf der Schüssel ist. Robinson fragt mich über das Dogma der Einfachheit von physikalischen Theorien, Jeffrey's Ideen; er ist sehr skeptisch; ich sage, dass ich glaube, \neueseite{537673} dass trotz sicherlich großer Schwierigkeiten man schrittweise zu einer Explikation kommen wird.) \tbentry{23}{2}{1964}{} 12-3 \uline{bei Mia und Wim}. (Sie erzählen von einer schönen Fahrt über die ,,\textit{Rim of the} \textit{World} Straße`` \gestrunl{} am Mount Wilson hinauf, schließlich bis zu 8000'' Höhe! Schön, Skiläufer auf den Hängen; dabei schöne Sonne, und schöne Ausblicke.) \tbentry{24}{2}{1964}{} \sout{Noch} An \textsection{}\,18 (noch über kleine $\lambda{}$-Werte; Berechnungen.) \tbentry{25}{2}{1964}{} 10\,\textonehalf{} Zahnarzt (ich: Zähne reinigen; Ina zu Dr. Brann). Dann Haarschneider (am San Vince). -- Nachmittags und abends \textit{\uline{Mia}} hier. (Sie geht mit Ina einkaufen; auch für mich: Hemden und Pyjama. -- Beim Abendessen wieder über die Probleme der Europareise. Ina drängt mich, auch meine Bedenken zu sagen, besonders die gegen Wien.) \tbentry{26}{2}{1964}{} An \textsection{}\,18 (nach den langwierigen Berechnungen über kleine $\lambda{}$-Werte, zurück zum Skelett.) \tbentry{27}{2}{1964}{} \textwh{An \textsection{}\,18}. \tbentry{28}{2}{1964}{} (Auf Gardners langen Brief über ,,analytisch`` in theoretischer Sprache). \tbentry{29}{2}{1964}{} \gestrunl{} 10\,\textonehalf{}\,--\,2\,\textonehalf{} \uline{Matthews und Kuhns} hier (zum ersten Mal seit Juli! Ich erkläre Forderung zur Ausschließung von großen und von kleinen $\lambda{}$-Werten, aus \textit{AS} \textsection{} 18.) \neueseite{537677} \tbentry{1}{3}{1964}{} (Skelett für \textsection{}\,18 \gestrunl{} am Ende.) \tbentry{2}{3}{1964}{} Vormittags \uline{zum Reisebüro} (\textit{Pac. Pal}., \textit{Mr. Renato Redolfi}. Wir machen reservation für 30. Mai über Paris nach Wien; \textit{TWA und Amkn. A.L}.) -- An \textsection{}\,18. Skelett zu Ende revidiert. Aber ich beschließe, anstatt der jetzt im Skelett stehenden ausführlicheren Erörterungen für Ausschluss von kleinen und großen $\lambda{}$-Werten, hier nur kurze Andeutungen zu geben; und das Ausführliche auf spätere Artikel zu verschieben.) -- Ina ist sehr beunruhigt (vermutlich weil der Reiseplan durch die reservation jetzt so konkret nahe rückt. Ich sage ihr immer wieder, dass, wenn es ihr nicht gut genug geht, ich auch hier bleibe.) \tbentry{3}{3}{1964}{} An \textsection{}\,18 (englisches \textit{ms} über große $\lambda{}$). -- \tbentry{4}{3}{1964}{} Langer Brief von Feigl (er ist entzückt, dass wir im Juni anstatt Mai nach Wien kommen, und macht allerhand Pläne für gemeinsame Seminare und Kolloquien.) (Das bringt auf einmal wieder positive Gefühle in mir hervor über den Plan; in den letzten Tagen hatte ich manchmal gedacht, vielleicht sollten wir das Ganze aufgeben. Ich kann mir selbst nicht klar werden, wie stark ich es wünsche, da ich selbst auch Gegengefühle habe, unabhängig von Ina; und ich bin nicht klar, ob ich moralische Verpflichtung habe, die Kinder zu besuchen, wenn es mir möglich ist. Ich beschließe, nochmal eine Besprechung mit Dr. Mott zu machen, und ich rufe an und mache Verabredung für nächste Woche \textit{Do}.) (\uline{Nachts Magenschmerzen}, bis 4\,\textonehalf{}h; ebenso schon vorige Nacht. Ich besänftige es mit Half und Half Melba Toast; vorige Nacht ebenso. \neueseite{537691} Diese Nacht auch Heizkissen. Es fing an am 2. nachts; noch nicht Schmerzen, aber Säure und unbehaglich. Damals vielleicht die Erregung durch die Besprechung im Reisebüro. Und 4.3. ist Mutters Geburtstag.) \tbentry{5}{3}{1964}{} 10\,\textonehalf{} \uline{zu Dr. Seiff}. (Sehfeldtest; wenig Änderung; Druckmessung: normal. Ich soll in 3 Wochen wiederkommen. Nachher erinnert Ina mich, dass wir in 3 Monaten nach unserem Plan schon in Wien sind.) -- Zum office supply Geschäft an \textit{SM}. (Wir kaufen fluorescent \uline{Lampe} für meinen Schreibtisch. -- Nachher noch Nahrungsmittel gekauft in \textit{Ralphs\fnE{https://en.wikipedia.org/wiki/Ralphs}}. Ina ist enttäuscht, dass ich nicht mehr Vorschläge mache.) -- 4\textsuperscript{h} \uline{Halpern angerufen} (über die Magenschmerzen nachts. Er sagt: Jede Stunde entweder Maalox \gestrunl{} oder Nahrung, besonders Milch; ich soll morgen wieder anrufen.) -- (Nachts etwas besser; Schmerzen schwächer und nur 1 Stunde.) \tbentry{6}{3}{1964}{} Dr. Halpern angerufen (berichtet: etwas besser. Er sagt: Eine Woche weiter stündlich etwas nehmen. Danach zwei-stündlich, wenn es \gestrunl{} besser geht.) -- Dittoes korrigiert. -- Nachts (bis 2 gelesen; nachher Heizkissen. Fast keine Schmerzen.) (Gebadet; vorher sitze ich auf dem Badewannenrand, um Wasser zu regulieren. Meine linke Hand rutscht aus, bis auf den Boden der Wanne. Nur mit Mühe hampele ich mich wieder heraus. Die Armbanduhr war eine Weile unter Wasser, hat aber anscheinend nichts geschadet.) \tbentry{7}{3}{1964}{} An \textsection{}\,18 (weiter englisches \textit{m}s geschrieben.) -- (Nachts bis nach 1\textsuperscript{h} gelesen. -- Mit Heizkissen; keine Schmerzen, und endlich wieder gut geschlafen.) \tbentry{8}{3}{1964}{} An \textsection{}\,18 (englisches \textit{ms.}) -- 4\,--\,6\,\textonehalf{} \uline{Gerhard und Leontine \ulinesp{\textit{Tintner}}}\fnE{Leontine Tintner (1916-1994), Malerin, seit 1941 mit Gerhard Tintner verheiratet} hier. (Er ist jetzt \neueseite{537687}\textspns{Tintner} an \textit{USC}. Wir haben sie seit \textit{Chic}. nicht mehr gesehen. Sie waren inzwischen ein Jahr oder 2 in Pittsburgh; er kennt Grünbaum dort. Er war ein Jahr in \textit{Ecuador}, consultant der Regierung für ökonomische Planung, und gab Vorlesungen in Spanisch. Er war auch in Kalkutta, Indien. Diesen Januar war er in Wien, am Institut für \textit{adv. st}. Er sagt: Sagoroff\fnE{Slavtscho Sagoroff (1898-1970), der erste Direktor des Wiener Instituts für höhere Studien} ist persönlich sehr nett. Tintner gab 2 Seminare wöchentlich. Meist gingen alle Profs zusammen zum lunch in einem nahen Restaurant; \unl{} aber es ist nicht verlangt, dass jeder immer mitgeht. Da er allein war, ging er meist mit hin. Ökonomiestudenten wissen sehr wenig in Ökonomie, aber sind sehr interessiert daran, mathematische Methoden kennen zu lernen. Jeder Professor hat ein office, und einen Assistenten. Die Profs an der Universität fühlen das Institut als competition, haben etwas Gefühle dagegen. -- Sie haben hier ein Haus gekauft; zuerst gemietet: es sollte 40\,\textit{M} kosten; sie haben es schließlich heruntergebracht auf 36. -- Sie haben 16-jährigen Sohn Philipp; er litt unter der Übersiedlung und Verlust des alten Hauses. Darum hat \gestrunl{} sie sich bemüht, schnell ein Haus zu finden, und hat sich nach wenigen Tagen Suchen entschlossen. -- Er ist alter Freund von Marschak, und von George \textit{Brown}; und sie kennen Brunners gut. -- Ina sagt, dass ich abends nicht ausgehe. Sie sagen, sie möchten uns mal mittags bei sich haben.) \neueseite{537689} (Nachts keine Schmerzen, kein Heizkissen; gut geschlafen.) \tbentry{9}{3}{1964}{} Ich schreibe Entwurf von Schema für \textit{C}-Methode für viele verschiedene Sprachen (vielleicht für spätere Artikel). -- \ulinesp{Ina wird immer mehr deprimiert und verzagt} (jetzt mehr durch die Entdeckung, dass wir in den letzten Jahren nicht so viel gespart haben, wie wir dachten, und daher anscheinend mehr für Lebensunterhalt ausgegeben haben als wir dachten.) -- (Nachts gut geschlafen.) \tbentry{10}{3}{1964}{} Weiter am Schema (Definition von distrib. Funktion für stetige Skala!). -- Nachmittags an \textsection{}\,18 (\textit{ms }revidiert für Tippen). \tbentry{11}{3}{1964}{} \textwh{An \textsection{}\,18 (\textit{ms} revidiert für Tippen)}. \tbentry{12}{3}{1964}{} 12 \uline{\ulinesp{zu Dr. Mott}}. (Ich sage: Als ich vorige Woche anrief, war ich noch ganz unentschlossen. Ich selbst hatte starke Bedenken gegen Wien: die Last der Tätigkeit am Institut, das unbequeme Leben im Hotel, usw. Ich wollte Wien nur aus finanziellen Gründen. Andererseits war ich mir nicht klar, ob ich nicht eine moralische Verpflichtung hätte, die Kinder zu besuchen, jetzt wo ich endlich fähig bin, es zu tun. In der letzten Woche ist aber \ulinesp{{Inas Zustand so viel schlechter}} geworden, oder vielleicht mir klarer geworden, wie ihre depressions und Ängste sind, dass ich jetzt schon stark dazu neige, die ganze Reise aufzugeben. Er fragt, ob meine frühere Idee, \ulinesp{{alleine nach Deutschland zu reisen}}, nicht noch in Betracht kommt. \ulinesp{{Ich sage, das scheint mir jetzt ganz unmöglich}}; ich könnte sie nicht wochenlang alleine lassen. Sie hat so wenig Lebenswillen; sie sagt, wenn ich sterbe, würde sie nicht weiterleben wollen. Er: Das ist nicht sehr abnormal, sondern bei vielen Leuten der Fall, besonders älteren Menschen, die lange zusammengelebt haben \neueseite{537685} und nicht viel Außenkontakt hatten; das zeigt sich darin, dass in einem großen Prozentsatz von älteren Eheleuten beide im Abstand von weniger als 6 Monaten sterben; meist nicht durch Selbstmord, sondern verringerten Widerstand gegen Krankheit, oder verringerte physiologische Energie; auch den Selbstmord in solcher Situation sollte man nicht als abnorm oder shocking ansehen, sondern ein stärkerer Grad der Abnahme des Lebenswillens. Er sagt, ich müsse von jetzt ab nicht mehr wie früher die Rolle des Entscheidungsmachers Ina überlassen, sondern mehr selbst übernehmen. Wenn ich entscheide, die Europareise aufzugeben, wäre es sehr gut, wenn ich klarmachen und aussprechen würde, dass wir damit nicht alle Reisen usw. für die Zukunft aufgeben. Ich soll ab und zu die Initiative ergreifen und dann auch darauf sehen, dass Pläne gemacht und ausgeführt werden. Ich: Ich habe auch das Gefühl, obwohl durch lange Gewohnheit es nicht leicht für mich ist. \ulinesp{{Ich möchte vielleicht die Einladung von Ann Arbor für Ehrendoktor annehmen}}; mir scheint, \ulinesp{{ich könnte wohl Ina für etwa 3 Tage alleine lassen}}. Er meint, solche Unternehmungen, dies oder Ähnliches, zusammen oder alleine, wären sicher gut und auch für Ina notwendig, damit sie nicht zu starke Schuldgefühle über das Aufgeben der Europareise bekommt. -- Ich erzähle vom Entsetzen über die große Nachzahlung für Einkommensteuer. Ina war schockiert, und ihre Ängste um Geld sind dadurch noch erheblich verstärkt worden. Sie findet es jetzt sehr schwer, Sachen zu kaufen, Kleidung, Möbel, usw., immer ist die \ulinesp{{Geldangst}} störend dabei. Er sagt, auch hier müsse ich mehr die Rolle des Entscheiders übernehmen und dazu sehen, dass Dinge gekauft werden, damit das Nicht-Kaufen nicht zur festen Gewohnheit wird. -- Er hat \neueseite{537683} seit meinem letzten Besuch nicht mehr mit Dr. Pastrom gesprochen, kann daher nichts Weiteres sagen über Diagnose und Prognose.) -- 5\,\textonehalf{}\,--\,8 \uline{Mia} hier (wir sagen ihr, dass wir die Europareise aufgeben wollen. Ich betone, dass ich das nicht tue, um Inas Wunsch nachzugeben, sondern weil es in ihrem jetzigen Zustand sehr plagsam und unerfreulich sein würde, besonders in Wien, wo ich ohnehin schon allerhand Gegengefühle habe. Sie sagt, dass sie es versteht, und dass es gut von mir sei; zu Ina sagt sie noch, dass ich es ihr ja wirklich so leicht mache, wie ich kann, um Schuldgefühle zu vermeiden.) \tbentry{13}{3}{1964}{} An \textit{AS} (englisches \textit{ms} für \textsection{}\,18, am letzten Teil.) \tbentry{14}{3}{1964}{} (Von Ann Arbor Einladung zum Vortrag.) (Für \textsection{}\,18: Berechnung von Tabellen und Kurven für $C_j(t)$ für verschiedene $\lambda{}$). \tbentry{15}{3}{1964}{} \textwh{(Für \textsection{}\,18: Berechnung von Tabellen und Kurven für $C_j(t)$ für verschiedene $\lambda{}$)}. \tbentry{16}{3}{1964}{} \textwh{(Für \textsection{}\,18: Berechnung von Tabellen und Kurven für $C_j(t)$ für verschiedene $\lambda{}$)}. -- Lange Überlegungen für \uline{Absagebriefe an Universität von Michigan}, Ann Arbor: (1) an Präsident, für Ehrendoktor; (2) Department, für Vortrag. \tbentry{17}{3}{1964}{} \textwh{(Für \textsection{}\,18: Berechnung von Tabellen und Kurven für $C_j(t)$ für verschiedene $\lambda{}$)}. (Brief für Matressen\blockade{}.) \tbentry{18}{3}{1964}{} Noch Briefe (sehr zeitraubend, weil auch Ina jetzt schwerfällig im Formulieren ist.) -- An \textsection{}\,18 ($\lambda{}$ gleich für Familien von verschiedener Größe). \tbmanyentries{\tbentry{19}{3}{1964}{}, \tbentry{20}{3}{1964}{}} An \textsection{}\,18 (englisches \textit{ms} weiter). %\tbentry{20}{3}{1964}{} %\textwh{An \textsection{}\,18 (englisches \textit{ms} weiter)}. \tbmanyentries{\tbentry{21}{3}{1964}{}, \tbentry{22}{3}{1964}{}} \textwh{An \textsection{}\,18} (Skelett umgearbeitet). %\tbentry{22}{3}{1964}{} %\textwh{An \textsection{}\,18 (Skelett %umgearbeitet)}. \tbentry{23}{3}{1964}{} (Vormittags Brief an Annemarie, über Bruch mit Kühn\blockade{} \neueseite{537693} und unser Nichtkommen). -- Nachmittags an \textsection{}\,18 (Skelett). -- Abends ruft \uline{Hempel} an (sie kommen nicht diese Woche, weil er eben erst von der flu geheilt ist, und jetzt Toby damit anfängt. Er und Diane, ohne Toby, wollen später mal herkommen.) \tbentry{24}{3}{1964}{} An \textsection{}\,18. (Endlich mal wieder am englischen \textit{ms} geschrieben.) Immer noch regnerisch; aber doch etwas spazieren gegangen. \tbentry{25}{3}{1964}{} \uline{Mia und Wim} holen uns ab (für ,,eine Stunde Fahrt``, vielleicht \uline{auf den Mulholland}, wo man Schnee auf den Bergen sehen kann. Wir fahren den San Diego freeway \textit{N}, rechts hinauf zum Mulholland. Ich schlage vor, nach \textit{W} zu fahren, was ich immer schon mal sehen wollte. Wir fahren über die Brücke, die den freeway kreuzt, und weiter. Schöner Blick aufs \textit{SF} \textit{Valley}. \textit{MH} ist noch lange \textit{paved}, und geht immer höher. Auf dem höchsten Berg daneben ist eine Radarstation, Kontrollstelle für Nike Zeus missiles\fnE{https://en.wikipedia.org/wiki/Nike\_Zeus}; es ist nicht klar, ob die missiles selbst auch dort sind. Weiter gibt es wunderbar gelegene \gestrunl{} neue Häuser und Bauplätze an schon gebauten Querstraßen, manche mit Blick nach beiden Seiten (Mindestpreis 80\,\textit{M}!). Dann hört pavement auf, und wir müssen langsam fahren. Schließlich geht \textit{MH} langsam hinunter; da sind wieder umfangreiche neue Ansiedlungen, manche Häuser haben immer noch schönen Blick; aber hier ist es doch wohl im Sommer sehr heiß. Dann kommen wir zur \textit{Topanga Canyon Rd}., und fahren links hinauf. Auf der rechten \neueseite{537699} Seite sehen wir einen Park für \textit{Trailers}, richtige ,,\textit{mobile homes}``; alle sind sehr groß und stabilisiert, können aber woanders hingefahren werden; es kommt sogar gerade ein großer angefahren. Mia geht mit mir ins office; sie sagen, alle trailers sind Eigentum der Bewohner, sie vermieten keine trailers, sondern nur die Plätze dazu. Miete ist 60-85 im Monat. Dabei ist ein Community Gebäude. -- Wir fahren die Straße weiter hinauf. An der höchsten Stelle ist nahe bei wieder ein trailer Park, ,,\textit{Topopanga}`` (= top von podanga). Wir fahren hinein. Wir sprechen mit einer freundlichen älteren Frau; sie sagt, sie haben \sout{sich} diesen \uline{großen trailer} gekauft (1280 \textit{sq. ft}., 18\,\textit{M} \$, dazu noch allerhand für Waschmaschine, elektrischen Luft conditioner!, dishwasher, usw.; wir sehen von außen ein großes \textit{L}-förmiges Wohnzimmer; ferner haben sie 2 Schlafzimmer, Küche, 2 Bäder; draußen ist ein schöner Patio, erhöht und überdacht. Auf der anderen Seite ein überdachter Autostand; die Siedlung hat einen \textit{sewer}, und das Haus ist verbunden damit. Wir gehen zum office; ein Mann, der ein wenig deutsch spricht, sagt wieder, dass keine trailer vermietet werden; aber 2 wollten jetzt ihre trailer verkaufen, einer (,,double 10'er``) für 11\,\textit{M}. -- Dann fahren wir den ganzen Topanga canyon hinunter. Vielleicht ist es bedenklich wegen Feuergefahr. -- Ich sage, weil wir sie so viel weiter verführt haben, als sie geplant hatten, lade\fnA{Original \original{hatte}.} ich sie alle zum Essen ein. \neueseite{537697} Wir biegen auf der Ozeanstraße nach rechts und fahren ein ganzes Stück zum ,,\textit{Sea Lion}``; wir sitzen am Fenster, sehen direkt auf den Strand mit großen Steinen, und die ankommenden Wellen. Dann bezahlt Wim heimlich; ich protestiere sehr, dass sie mich beschwindelt haben; aber Mia will nicht nachgeben, sie seien so oft bei uns gewesen. 4\textsuperscript{h} bringen sie uns nach Hause.) -- (Abends rufe ich Professor Buck im Hotel Georgian an, gegen 10, weil er immer noch nicht geantwortet hatte; er ist gerade erst angekommen, wird morgen anrufen.) \tbentry{26}{3}{1964}{} 11\,\textonehalf{}\,--\,12\,\textonehalf{} wir fahren \uline{zu \ulinesp{Professor \textit{Buck}} von \textit{NSF}}, ins Hotel Georgian, in Lobby. (Siehe Notizen. Ich sage, dass ich Gesuch um Verlängerung erwäge. Ob mein Alter im Wege steht, und ob für 3 Jahre, und ob volles Gehalt. Er sagt, die \textit{NSF} hat keine Richtlinie; \gestrunl\sout{sie hält} sie gebe viel Gewicht auf \editorstr{die} das Urteil der Universitätsadministration. -- 12\,\textonehalf{} \textit{\uline{Moody}} kommt, um \textit{B}. abzuholen. (Ina sagt, dass \textit{B}. gesagt hat, dass das Urteil der administration wichtig ist, also vor allen seines.) Er sagt etwas vage: Ist da nicht etwas von der administration gekommen, dass dies ,,\textit{the last round}`` wäre? Er glaubte sich zu erinnern, weiß aber nicht mehr genau. Ich: Vielleicht kam etwas vom \textit{Account. Off}., weil Doris dort angefragt hatte, wie lange mein Gehalt noch laufen würde. Er: nein; er wüßte nichts von Doris' Anfrage, ,,es war irgendwas``, aber er weiß nicht mehr genau was!) -- (Nachmittags rufe ich Moody zu Hause an. Er hat im office in meinem \neueseite{537701} folder nicht das Dokument gefunden, von dem er sprach. Er will am Montag Doris danach fragen; jetzt sind gerade Osterferien.) -- Nachmittags \textit{R\'{e}nyi} Buch gelesen. (Interessante Axiome für bedingte Wahrscheinlichkeit.) \tbentry{27}{3}{1964}{} \textwh{Nachmittags \textit{R\'{e}nyi} Buch gelesen}. -- Brief an Chacha (dass wir nicht nach Deutschland kommen). \tbentry{28}{3}{1964}{} An \textit{AS} (\textsection{}\,18, englisches \textit{ms} weiter.) \tbentry{29}{3}{1964}{Ostern} Morgens findet Ina einen alten Brief von Doris an mich (vom 12.6.62. \uline{Sie schreibt, dass \textit{Dean Dunn}} ihr gesagt hat, dass die \uline{geänderte Gehaltsskala angewendet wird}, wenn genug Geld da ist. -- Also hatte ich doch recht, dass dies die Universitätspolicy ist. Ich bin sehr erleichtert; Ina hatte mich mit ihrer Besorgnis doch etwas angesteckt, aber Ina gibt ihre schreckliche Besorgnis doch nicht auf. Sie macht langes Telefongespräch mit Mia. Später ruft Mia an, wir sollen zum Essen hinüberkommen. Ich bin dafür; aber Ina glaubt, dass Frankie jetzt dort ist, und wir sagen ab.) -- An \textit{AS} (englisches \textit{ms} revidiert zum Abtippen). -- Abends Ina bei mir im Bett. (Es ist nichts Ordentliches am \textit{TV}, und sie will nicht Radiomusik anhören. Das half mir immer so viel in der elenden Zeit in Princeton; aber sie sagt, das hält sie nicht ab vom immer wieder Grübeln über Geldsorgen, den grant, usw. Schließlich singen wir zusammen viele Lieder; das tut uns beiden gut.) \tbentry{30}{3}{1964}{} An \textit{AS} (englisches \textit{ms} revidiert zum Abtippen.) -- (Morli ist krank; sie stöhnt immer, besonders wenn sie liegt.) \neueseite{537695} \tbentry{31}{3}{1964}{} An \textit{AS} (englisches \textit{ms} \textsection{}\,18 beinahe fertig geschrieben, bis auf die letzten \textit{ca 5 pp} allgemeine Bemerkungen.) -- (Ina telefoniert abends mit Olaf über ihre Besorgnisse, dass die Gehaltsauszahlungen vielleicht ganz bald aufhören werden, wenn die Universität bemerkt, dass sie mehr ausgezahlt haben, als im budget vorgeschlagen war. Ich höre es nicht mit an; ich kann es schon nicht mehr ausstehen, nachdem sie immer wieder damit kommt, und ich ihr immer gesagt habe, dass nach Doris' Brief von 1962 (siehe oben \textit{So}) keine Besorgnis mehr nötig ist. Olaf glaubt auf ihre Suggestion hin, dass die Situation bedenklich ist und sagt, jemand, nicht ich, sondern vielleicht Kalish, müsse mit der administration sprechen, und ihnen sagen, dass sie mich in große Schwierigkeiten gebracht haben, wenn das Gehalt plötzlich aufhört!). \tbentry{1}{4}{1964}{} Zum Haarschneider. -- Dann zu Yvonnes Haus, um Post abzuholen, die sie vom department geholt hat. (\gestrunl{}Im Haus ist nur \textit{\uline{Mrs. Courtenage}}. Sie spricht sehr freundlich mit uns. Sie ist mit Eisenbahn bis \textit{Mexicali} gefahren, 3 Nächte und 2 Tage, Pullman, Rundfahrt ca \$\,60; dann \gestrunl{} Bus hierher. Sie sagt, dass Richard Freeman 10 Tage nach Mexiko kommen wird für einen Kongress, und Steffi mitnehmen wird, die dann länger bei ihr bleiben wird; und schließlich wird Yvonne hinkommen.) -- Ich überlege, dean \textit{York} anzurufen und vielleicht Verabredung zu machen, über mein geplantes \textit{NSF} Gesuch. (Ich \uline{telefoniere Moody}, um vorher zu erfahren, ob er mein Gesuch befürworten wird. Er sagt, in seinem Brief am 30.3. an administration hat er nicht nur angesucht um Wiederernennung für mich, sondern auch von meinem Plan \neueseite{537709} um Erneuerung anzusuchen, geschrieben; dabei hat er geschrieben, dass er kürzlich mit Buck Harris\blockade{} gesprochen hat, und dass dieser ihm gesagt hat, dass die \textit{NSF} \sout{mein} das Gesuch um Verlängerung willkommen würde. Er sagt, dean York ist heute und morgen sehr mit einer Konferenz beschäftigt; da könnte ich ihn wohl kaum vor nächster Woche persönlich sprechen. Er schlägt vor, dass er ihn anrufen wird, um ihm meine Fragen vorzulegen, was die administration denkt über Gesuch für 3 Jahre, Vollzeit oder Teilzeit (so hatte ich gesagt, er nennt es ,,Halbzeit``); und dann wird er mich wieder anrufen.) -- Ina fährt noch mit \uline{Morli zum vet}. (\gestrunl{} Dr Sproul selbst ist nicht da; der Partner sagt, es ist eine Art \textit{dropsy,} Flüssigkeit in der Bauchhöhle, Folge von schlechter Funktion der Nieren; das affiziert auch das Herz; und das Stöhnen kommt durch Zwerchfell, die Flüssigkeit drückt darauf beim Liegen und macht Beschwerden. Ina überlegt, ein Ende machen zu lassen. Ich denke auch, das wird schließlich das Beste sein, aber ich bin unsicher, ob Ina es nicht später bereuen wird; darum rede ich ihr zu, zunächst mal die \gestrunl{} Medizin vom vet auszuprobieren. Aber in der vorigen Nacht hat Morli so viel Störung gemacht, das Stöhnen, und immer von Inas Zimmer zum Wohnzimmer und zurück. Ich rate, sie in die Garage zu tun. Aber Ina findet das zu arg für Morli, wo sie doch gewohnt ist, immer nachts bei Ina zu sein.) \tbentry{2}{4}{1964}{} An \textit{AS} (weiter \textit{ms} \textsection{}\,18 revidiert.) -- 6\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{Mia} hier. (Wir zeigen ihr Doris' Brief von 1962; \neueseite{537705} und ich sage, dass dies mich beruhigt, trotz der Formulierung in der neuen \textit{NSF}-Broschüre. Sie stimmt zu und versucht auch, Ina zu beruhigen.) \tbentry{3}{4}{1964}{} An \textit{AS} (\textsection{}\,18 fertig zum Abtippen.) -- Nachmittags gelesen und Briefe. \tbentry{4}{4}{1964}{} (Schwierigen Brief über Bohnert und Travis, Vergleich.) \tbentry{5}{4}{1964}{} R\'{e}nyis Buch gelesen. -- Briefe. \tbentry{6}{4}{1964}{} \gestrunl{} \uline{Moody} telefoniert (er hat mit dean \textit{York} telefoniert, der ist für research Sachen der grant division. Der hat ihm gesagt, dass Alter kein Gegengrund sei, und auch auf Delsasso\fnE{Vielleicht der Physiker Leo P. Delsasso: http://texts.cdlib.org/view?docId=hb9t1nb5rm;NAAN=13030\&doc.view=frames\&chunk.id=div00015\&toc.depth=1\&toc.id=\&brand=calisphere} und Knudsen\fnE{Vielleicht Vern Oliver Knudsen: http://www.pastleaders.ucla.edu/knudsen.html} als Beispiele hingewiesen; er sagt, die administration hat keine Bedenken gegen Vollzeit, ich könne das machen, wie ich wolle; ebenso mit 3 Jahren. -- Daraufhin scheint mir, dass es wohl nicht mehr nötig ist, dass ich auch noch mündlich mit York spreche.) -- Überlegungen für neues \textit{NSF} Gesuch. -- (Nach 2:25 bin ich noch wach; ich höre Morli stöhnen, und dann Ina schnarchen. Ich gehe ganz leise in den Korridor, sehe unter ihrer Türe Licht, gehe leise in ihr Zimmer und will ihr Licht abdrehen; sie hat noch die Brille auf und ein Buch offen vor sich, aber schläft und schnarcht. Morli macht Töne, während ich hereingekommen bin; davon wird Ina wach. Ich drehe ihr Licht ab. -- 20 Min. später höre ich Morli an meiner Schlafzimmertür, schließlich kratzt sie. Ich gehe hinaus, öffne Inas Türe und lasse Morli dort hinein. Sie \gestrunl{} fragt, und ich erkläre es, aber morgens erinnert sie nichts von meinem zweiten Hineinkommen.) \tbentry{7}{4}{1964}{} (Wir überlegen über Morli. Samstag hatte Ina schon halb beschlossen, sie fortzubringen zum Töten, und ich stimmte zu; aber dann gab sie es \neueseite{537711} doch wieder auf. Nach dieser Nacht denkt sie, es wäre doch richtig, es jetzt zu tun; sie ist dagegen, Morli nachts in die Garage zu tun, sie \gestrunl{} ist jetzt so verwöhnt, immer mit Ina nachts zu sein. Heute stöhnt Morli auch wieder, wenn sie sich hinlegt, und steht lange unentschlossen herum, bevor sie sich hinlegt. Ich stimme ihr zu, dass es das Beste ist; ich will mitfahren. Wir fahren \uline{zum City Pond (,,Humane Department``}); ich will alleine \uline{Morli hineinbringen}, aber Ina besteht darauf, dass sie sie führen will. Ein Mann nimmt sie an der Leine und führt sie hinein; ich frage, ob ich mitgehen soll, den Hund festhalten und beruhigen; der andere Mann dort sagte aber, das ist nicht erlaubt, es ist eh schon schwierig genug für alle Beteiligten. -- Nachmittags ruft Ina dort an und erfährt, dass Morli heute morgen sofort getötet worden ist; sie machte sich Sorgen, ob man sie vielleicht stattdessen in ein medizinisches Labor geschickt hätte. -- Bei der Rückfahrt vormittags hatte ich Tränen, \ulinesp{aber Ina kann nicht weinen, sie fühlt sich ,,wie tot``, sagt sie}. -- Zu Hause hat man das Gefühl der Leere; es fehlt ein kleines lebendiges Geschöpf.) -- Nachmittags an Gesuch für \textit{NSF}. -- Abends sehr müde (durch die Erregungen mit Morli, und später Inas Besorgnisse und Kummer.) (Nachts viel und gut geschlafen.) \ulinesp{Abends singen wir wieder zusammen}. \tbentry{8}{4}{1964}{} An \textit{NSF} Gesuch. \gestrunl\sout{(angefangen, den Text zu} \tbentry{9}{4}{1964}{} \textwh{An \textit{NSF} Gesuch} (angefangen, den Text zu schreiben.) \tbentry{10}{4}{1964}{} \textwh{An \textit{NSF} Gesuch} (weiter Text.) (Ina geht nachmittags zum department, spricht \uline{mit Doris} über das \textit{NSF} Gesuch, und auch über \sout{ihre} Inas Besorgnis, ob die erhöhten Gehaltszahlungen richtig waren. Doris telefoniert mit Sekretärin von Schaeffer; die rät ihr, mit jemandem \neueseite{537707} im \textit{Accountg. Off}. zu sprechen; das will sie am Montag tun. Doris meint, dass es richtig ist; aber Ina kommt nach Hause in Sorge, ob sie jetzt vielleicht eine große Untersuchung in Bewegung gesetzt hat. Ich versuche sie zu beruhigen, aber mit wenig Erfolg. Sie \gestrunl{} sagt sogar, ob wir vielleicht das ganze neue Gesuch aufgeben sollten! Ich bleibe ruhig, aber hinterher merke ich doch, dass ich mich geärgert habe, dass Ina dies angestellt hat. Andererseits ist es vielleicht gut, damit das Ganze geklärt wird und wir dann beruhigt sein können.) \tbentry{11}{4}{1964}{} Weiter am \textit{NSF} Gesuch geschrieben. (Ina ist unzufrieden mit meinem Entwurf; sie hat recht, er ist recht lahm. Ich versuche, es besser zu machen; das kostet viel Zeit. Ich übernehme vieles aus dem alten Gesuch, um Zeit zu sparen.) -- Brief von Chacha (sie und Annemarie sind sehr enttäuscht, dass ich nicht hinüberkomme). \tbentry{12}{4}{1964}{} Weiter am \textit{NSF} Gesuch (bis abends nach 9\textsuperscript{h}!) \tbentry{13}{4}{1964}{} \uline{Doris} telefoniert (sie hat mit Schaeffer gesprochen. Der hat gesagt, dass ich einen Brief an ihn schreiben soll, genau die Fakten angeben mit meinen Gehaltserhöhungen; und erklären, warum ich für andere Zwecke weniger ausgegeben habe, sodass es bisher gereicht hat. Er will dann anscheinend bei der \textit{NSF} ansuchen um nachträgliches \textit{approval}. Er hat auch gesagt, dass diese Erhöhungen üblicherweise gemacht werden; zuweilen hat dann ein Mann bei der foundation angesucht um zusätzliches Geld, damit die Gehaltserhöhung gesichert wird; er sagt aber nicht oder weiß nicht, ob das Erfolg hatte.) Ganzen Tag am \textit{NSF} Gesuch (bis abends 10\,\textonehalf{}!). \neueseite{537703} \tbentry{14}{4}{1964}{} Weiter an \textit{NSF} Gesuch (wir beschließen, gegen Inas Bedenken, doch volles Gehalt; und jährlich 10\,\% mehr). -- 4\,\textonehalf{}\,--\,6 \uline{\luecke{} \textit{Angermann}} hier (Christophs Bruder. Ist seit vorigem Jahr Ordinarius der Geschichte in Köln, 37 Jahre alt.\fnE{Diesen Angaben zufolge sollte es sich um Erich Angermann (1927-1992) handeln.} Er zeigt Fotos. -- Er ist selbstbewusst, betont seine liberale politische Einstellung.\sout{) -- Abends} Ina fährt ihn zum Claremont Hotel). \tbentry{15}{4}{1964}{} Ina fährt zum department (sie bringt die von mir gestern abends korrigierten ditto masters zurück. -- Sie bringt Doris Berechnungen von den \gestrunl{} Gehaltsbeträgen, die das budget übersteigen. -- Ich setze langen Brief an Schaeffer auf, zur Begründung vom 1.1.65 als Anfangsdatum.) \tbentry{16}{4}{1964}{} \uline{Telefongespräch mit Schaeffer} (1. Anfangsdatum 1.1.65 ist \textit{o.k}.; er fragt, ob ich die Gründe im Gesuch angebe. Ich: nein; Buck, im Gepräch hier im März, hat gesagt: Extra Brief an ihn am Ende April. -- 2. \sout{er sagt} Ich frage nun auch noch über \uline{das große Problem, das uns seit Wochen beunruhigt hat}: die Auszahlungen von \uline{höherem Gehalt \gestrunl{}, als im budget vorgesehen war}. Er sagt, es ist nicht nötig, \textit{NSF} um nachträgliche Erlaubnis zu fragen; vorausgesetzt, dass genug Geld vorhanden ist, und dass die Gehaltszahlungen im Einklang sind mit der Universitäts-Gehaltsskala.) \uline{So waren alle unsere Besorgnisse unnötig}! (\gestrunl{} Ich bin sehr froh und erleichtert. \gestrunl{} Ich hätte die ganzen Besorgnisse und Inas arge Bedrückung hierüber vermeiden können, wenn ich vor Wochen schon mit Schaeffer telefoniert hätte!) -- Nachmittags \uline{zum department}. (Ich mache die nötigen Unterschriften zum \uline{\textit{NSF} Gesuch}; Doris wird es morgen zu den deans für ihre Unterschriften bringen.) (Ina fühlt sich nicht wohl unter den vielen Leuten im department; auch das Fahren strengt sie an.) (Telefonanruf von der Bank in Phoenix: \neueseite{537717} Mr. \textit{Pacini} sagt, der Käufer des Hauses ist schon monatelang im Rückstand. Er wollte fragen, ob wir daran interessiert sind, das Haus zurückzunehmen; wir sagen nein.) \tbentry{17}{4}{1964}{} Gekramt. -- Brief an Chacha. \tbentry{18}{4}{1964}{} 11(!)-3 \uline{\textit{M}. und \textit{K}} hier. (Über \textit{MLC}. Ein Orion\blockade{} Verfahren, um die lineare Kombination zu erläutern. Ich schlage \textit{K}. vor, eine\sout{ graphische} numerische Tabelle aufzustellen für die Relationen zwischen den $\eta{}\ldots$, und den $\xi{}\ldots$; und dann vielleicht graphische Darstellung. -- Ich sage ihnen, dass wir nicht nach Europa gehen, weil es Ina nicht gut geht.) -- Nach dem nap kommt \uline{Ina} zu mir ins Bett. (Sie berichtet, dass heute \uline{Dr. Pastrom besorgt war, weil ihr Zustand schlechter anstatt besser wird. Er will mit Dr. Wechsler}\fnE{Möglicherweise der Psychologe Milton Wexler: https://en.wikipedia.org/wiki/Milton\_Wexler} \uline{darüber sprechen} und ihr Montag telefonisch Bescheid sagen; vielleicht soll sie dann zu Dr. Wechsler gehen für consulation, weil dieser anerkannt ist und größere Erfahrung hat. Ina ist sehr beunruhigt; anscheinend weniger wegen des möglichen Ergebnisses, als über die Kosten! Wechsler soll zuweilen hohe Gebühren fordern. Sie will gar nicht hingehen. Ich sage aber, dass \gestrunl{} es unbedingt ratsam ist; ebenso wie man sonst einen Spezialisten konsultiert.) -- \tbentry{19}{4}{1964}{} 12\,\textonehalf{}\,--\,2\,\textonehalf{} \uline{zu Helmers}. (Ich erzähle Olaf vom Telefonat mit Schaeffer; und er stimmt zu, dass jetzt alles im reinen ist. Ich spreche auch von Morlis Tod, dass wir es veranlasst haben wegen der Krankheit; ich wusste nicht mehr, dass Ina es ihm noch nicht gesagt hatte. -- Mutzli macht bittere Vorwürfe gegen die Yvonne, dass sie lüge usw. Ich versuche ihr klarzumachen, dass das nicht bewusste Lügen sind, sondern dass Yvonne stark imaginativ ist. Mutzli ist sich anscheinend \neueseite{537721} gar nicht bewusst, wie sehr sie selbst oft übertreibt und falsch interpretiert.) -- 4\,--\,5\,\textonehalf{} \uline{Mia und Wim} überraschend hier. Er richtet meinen Schreibtischstuhl her\fnA{Original \original{er}.}. Mia fragt nach nicht-euklidischen Geometrie\editor{n} im Gravitationsfeld; sie wundert sich mit Recht, dass, wenn ein Dreieck $\gt{}180^\circ{}$ hat, das Nachbardreieck $\lt{}180^\circ{}$ haben muss.) \tbentry{20}{4}{1964}{} Ich fange an, die \uline{Revision von Gardners \textit{ms}} (\textit{ch}. 26 über Ramseysatz, 27 über analytisch in Beobachtungssprache, und 28 über analytisch in theoretischer Sprache). \tbentry{21}{4}{1964}{} An Gardners \textit{ms} (\textit{ch}. 26 fertig; 27 angefangen). \tbentry{22}{4}{1964}{} \textwh{An Gardners \textit{ms}} (\textit{ch.} 27). -- (Ina geht für Stunden zum department; 2 Mädchen dort sollen den Rest von \textsection{}\,18 zuerst mit Ina durchlesen, dann auf paper tippen, und nach Korrektur auf ditto master. Doris ist sehr freundlich und hilfsbereit.) (Nachmittags ditto masters \textsection{}\,18 korrigiert). \tbentry{23}{4}{1964}{} (\textwh{ditto masters \textsection{}\,18 korrigiert}). -- 5-7 \gestrunl{} \uline{Mia} hier. (Ina nachmittags zum department, und einkaufen). -- \tbentry{24}{4}{1964}{} (Nachmittags telefoniert mit Dr. \uline{Richard Freeman}. Er sagt, \uline{Schock\-therapie} wird besonders in Fällen von suicid\editor{al} depression mit sehr gutem Erfolg verwendet. Wenn der Patient wirklich sehr unter seinem Zustand leidet, und besonders wenn Selbstmordgefahr besteht, ist es nach seinem Urteil unbedingt das Beste. In den allermeisten Fällen guter Erfolg; dass später Wiederholung nötig ist, tritt nur ein, wenn die erste Behandlung nicht zu Ende geführt wurde.) -- (Ich berichte Ina später das Ganze; sie hat aber starke Bedenken dagegen, auch durch die Eindrücke von Trenton, wo sie es mit angesehen hat.) \neueseite{537715} \tbentry{25}{4}{1964}{} (\uline{Ina ist zu Dr. Wexler.} Er ist freundlich, aber macht keine Entscheidung. Er spricht von ihrer Frustration; fragt, warum sie mich geheiratet habe, und sie gibt ihm nur magere Antworten. -- Er rechnet nichts für die Stunde; und das erfreut sie.) (Ina holt vom department die ditto masters von \textsection{}\,18; ich fange an, sie zu korrigieren.) \tbentry{26}{4}{1964}{} (Ditto masters korrigiert.) 12\,--\,1\,\textonehalf{} \uline{Olaf Helmer} hier allein (er ruft an, ob er kurz herüber kommen könne. Wir setzen zusammen auf ein budget für retirement; er nennt uns die Zahlen für monatliche Ausgaben, die er als ein ,,vernünftiges Minimum`` hält, für sich, zu 2 Personen, ohne Kinder. Es kommt zu monatlich 870, also jährlich 10,440.) \tbentry{27}{4}{1964}{} (Wir warten vergeblich auf Soblers oder Anruf; schließlich essen wir 1\,\textonehalf{}, und ich will mich hinlegen.) \uline{Plötzlich kommen Soblers}, unangesagt, um 2\textonequarter{}. (Ich gehe trotzdem zu Bett, wegen Shufro). 3 (anstatt 3\,\textonehalf{}) \uline{Shufro} kommt. (Er plaudert lange, erzählt ausführlich über einige der 40 Klienten in \textit{LA,} die er seit 28 Jahren regelmäßig aufsucht. -- Ich sage, dass ich jetzt 20\,\textit{M} Gehalt habe, dass aber vielleicht Ende Dezember aufhört oder vermindert wird. Er meint, dass wir unseren Lebensstandard nicht erheblich zu vermindern brauchen, da wir vom Gehalt auch die Einkommensteuer für die Einnahmen bei ihm bezahlen: Dividenden und Verkaufsgewinne. Er beschreibt, wie er für sich und seine Frau ein budget plant, und am Ende des Jahres Übersicht über die Ausgaben zusammenstellt. Siehe folder ,,budget``.) \neueseite{537719} \tbentry{28}{4}{1964}{} 11\,--\,2\,\textonehalf{} \gestrunl{} \uline{Soblers} hier. (Sie erwähnen verschiedene Häuser in oder nahe bei bei Orinda, die sie angesehen haben und für uns geeignet halten, die zum Verkauf waren für 26-30\,\textit{M}.; \gestrunl{} 20 Minuten Fahrzeit zum Berkeley campus. Sie sagen, die politische Atmosphäre dort, auch in San Francisco, ist viel liberaler als hier; weil \textit{LA} besiedelt wurde von retirierten Leuten, oft Farmern, während San Francisco mehr industriell wäre, und die labour unions seit langer Zeit stark wären. Sie \uline{laden uns ein}, bei ihnen zu wohnen (Schlafzimmer mit Einzelsofa; sie bieten sogar an, dass sie selbst in \uline{ein} Zimmer gehen, damit wir 2 getrennte Zimmer haben; aber wir sagen, wir wollen lieber in ein Motel gehen.) \tbmanyentries{\tbentry{29}{4}{1964}{}, \tbentry{30}{4}{1964}{}} \textit{Benacerraf}-Putnam Buch gelesen. %\tbentry{30}{4}{1964}{} %\textwh{\textit{Benacerraf}-Putnam Buch gelesen}. \tbentry{1}{5}{1964}{} Putnamsachen (und anderes) gelesen. \tbentry{2}{5}{1964}{} \textwh{Putnamsachen (und anderes) gelesen}. (Vormittags \uline{Ina zu Dr. Pastrom} ins Haus. Dr. Wexler, bei dem Ina am 25. war, hat mit Pastrom gesprochen. Er hat ihm gesagt, dass Inas Depressionen noch stark seien, und daher nicht leicht \unl{}ität zu befürworten ist. Er ist ,,vorsichtig hoffnungsvoll``. Pastrom hat früher Schocktherapie gesehen, viele Fälle; aber ist dagegen; es sei nicht klar, wieviel Gedächtnisverlust eintrete, besonders bei längeren Reihen; anfangs sei er allerdings stark beeindruckt gewesen durch die raschen auffälligen Erfolge bei Patienten, die vorher kaum zugänglich waren. -- Er hat vorgeschlagen, dass Ina einmal wöchentlich zu ihm kommen soll; wenigstens zunächst mal für 2 Monate.) Ina ist sehr \neueseite{537713} verzagt; ich sage \gestrunl{}, es ist doch gut, dass Pastrom mit Wexler gesprochen hat, und wir müssen nun abwarten, was die weitere Therapie helfen kann. \tbentry{3}{5}{1964}{} (An Putnam). 12\,--\,2\,\textonehalf{} \uline{Kalish} hier. (Er erzählt auf unsere Bitte über die Depressionen von Micheline damals. Sie war dann \textit{ca} 2 Monate im \textit{UCLA} Hospital; aber war \unl{} Nachteil, z.B. wurde sie demonstriert für die medizinischen Studenten \unl{}. Dann war sie \textit{ca} einen Monat in einem privaten hospital; das war teuer. Später war Scheidung, und sie ging zu ihrem Vater nach Mexiko. Jetzt ist sie eifrig tätig als Vertreter einer Computerfirma, reist in Frankreich, England, Amerika, Südamerika. Anscheinend ist ihr das Auftreten vor fremden Leuten leicht. -- Kalish wird vom 1. Juli ab chairman des departments sein; seine promotion ist hier gebilligt und braucht nur noch die Zustimmung von Präsident und regents.) -- Als ich schon im Bett liege, kommt er nochmal zu mir. Er hat eine Vermutung über einen Faktor, der Inas Geld- und Ess-Sorgen erklären könnte. Sie hat ihm damals gesagt, dass sie resented, dass ich in meinem Testament einen fund für meine Kinder aufgesetzt habe; anscheinend war das kränkend für sie, und es erzeugte Sorge, dass sie dann nicht genug Geld und Essen haben würde. Nachher spreche ich darüber mit Ina. Sie glaubt, sie hat damals schon mit Pastrom über diese Gefühle gesprochen; ich rate ihr, es nochmal mit ihm durchzusprechen.) -- Nachmittags über Putnam. \tbentry{4}{5}{1964}{} (Gusti ruft an; ob sie vielleicht doch hier über Nacht bleiben könnte, die Zeit wird so kurz sein; aber im Hotel. Ina sagt: Nein, es geht ihr nicht gut genug.) -- Um \gestrunl\gestrunl{} 1 fahren wir \uline{zum Flugplatz.} (Ina trifft \uline{\ulinesp{Gusti}}, die von San Francisco kommt. Ich nehme zuerst \neueseite{537731} meinen nap im Auto und gehe dann zu ihnen\fnA{Original \original{sie}.}, in \textit{United} building. Dann gehen wir zusammen quer über den ganzen riesigen Parkplatz zum \textit{TWA} building, und sitzen dort zusammen bis nach 4, wenn Gusti nach Albuquerque und Los Alamos fliegt. Gusti ist rührend in ihrer Liebe zu Ina und ihrem Zureden, dass Ina nicht die Hoffnung aufgeben solle, sondern irgendetwas unternehmen, um besser zu werden. Sie erzählt von einer befreundeten Musikerin Hambacher, die an schwerer Depression litt; alle möglichen Methoden wurden ohne Erfolg versucht, auch Schock; schließlich fuhr sie in die Schweiz, und kam nach einigen Jahren zurück, geheilt und munter; Gusti will sich erkundigen, was da so erfolgreich getan wurde. Zuletzt fragt sie auch nochmal, ob sie vielleicht über Nacht bleiben sollte. Ina ist schwankend, aber sagt dann doch, lieber nicht. Gusti sagt, dass sie oft englische Wörter nicht erinnern kann; vielleicht möchte sie schließlich nach Wien zurück, um in einer Deutsch sprechenden Umgebung zu sein; andererseits aber schimpft sie sehr über die Wiener \gestrunl{}.) \tbentry{5}{5}{1964}{} (Endlich den Brief über Putnam für Harvard fertig, abends nach 9. Ina tippt es, 2 enggeschriebene Seiten. Das Meiste meiner Zeit von 4 Tagen ist darauf gegangen!) \tbentry{6}{5}{1964}{} (In drugstore; zum Haarschneider.) -- Nachmittags Stegmüller und die neue note von Humburg. \tbentry{7}{5}{1964}{} (\textwh{Stegmüller und die neue note von Humburg}.) (Einiges zum dittoed \S{} 18). \tbentry{8}{5}{1964}{} An Gardners \textit{ms} (endlich wieder, nach 2 Wochen \gestrunl{}. \textit{ch}. 27: analytisch in Beobachtungssprache. Ich muss manches streichen und vieles korrigieren.) (Heute fühlt sich Ina \neueseite{537723} besonders schlecht; sie ist ,,frantic`` und ganz verzagt. Ich tröste sie, dass sie ja morgen zu Dr. Pastrom gehe. Aber sie sagt, das hilft gar nichts; sie weiß ihm gar nichts zu sagen. -- Ich bedauere, dass heute sowohl Richard Freeman wie Dr. Jokl zum Psychiaterkongress nach Mexiko abgereist sind; ich denke, wir hätten doch mit ihnen konsultieren sollen. Aber Ina sagt, das ist ihr gleichgültig, die könnten doch nichts helfen.) \tbentry{9}{5}{1964}{} (Ina zu Dr. Pastrom ins Haus. Er findet auch, dass es ihr jetzt schlechter geht. Sie habe sich die Einwirkung von ihrer Mutter Zustand und Tod und von Franz' Selbstmord noch nie richtig zugeben wollen.) -- An Gardner \textit{ch}. 28 angefangen. -- (Schlecht geschlafen; der Magen, und Sorge um Inas Zustand.) \tbentry{10}{5}{1964}{} \gestrunl\gestrunl{} An Gardner. -- 1-3 \uline{Mia und Wim} hier. -- Nachmittags Freges\blockade{} neues Buch gelesen. \tbentry{11}{5}{1964}{} Weiter an Gardner \textit{ch}. 28 (über $A_T$; viele Streichungen, Korrekturen; lange Einfügungen, die Ina tippt.) \tbentry{12}{5}{1964}{} Weiter an Gardner \textit{ch}. 28 (Ina tippt allerhand Seiten von Einfügungen). \tbentry{13}{5}{1964}{} Gardner \textit{ch}. 28 fertig (Brief an ihn über A-Postulate diktiert). -- (Ändere Brief.) \tbentry{14}{5}{1964}{} \uline{Ina} scheint es noch schlechter zu gehen als bisher. (Sie kommt spät zum Frühstück, und geht danach zurück ins Bett, aber nur darauf gekauert im Dunklen. Ich kann sie nicht dazu bringen, aufzustehen und etwas zu tun oder Dr. Pastrom anzurufen, aber auch nicht, \unl{} sich im Bett bequem unter die Decke zu legen und auszustrecken.) -- \neueseite{537729} Nachmittags 4-10 \textit{\uline{Jeffrey}} hier. Er \sout{(14.} ruft überraschend vom Flugplatz an. Er war in Stanford und Berkeley, hauptsächlich um einen Freund \editor{zu besuchen}, Soziologe mit 11-jährigem Sohn, dessen Frau vor kurzem Selbstmord begangen hat, durch Springen von der Golden Gate Brücke. Ich erzähle ihm vom Gespräch mit Richard Freeman über Schocktherapie. Er hat einen Cousin in Philadelphia, Psychoanalytiker, der aber auch in gewissen Fällen Schock anwendet. (Richard ruft am \textit{Fr} Morgen schon wieder an aus Princeton; er hat mit dem Cousin telefoniert; der empfiehlt 2 Psychiater: Dr. Stenberg\blockade{}, \textit{USC}, und Dr. \luecke{} \textit{UCLA}.) -- Ich zeige ihm die Beweise von Humburg für das Prinzip der Instanzrelevanz. -- Er wird nächstes Jahr \textit{NYCC} sein, \gestrunl{} head von department ist \textit{P.P. Wiener}; er wird aber in Princeton wohnen bleiben und commuten; er hat Freunde in Princeton und schätzt nicht das Leben in \textit{NY}, besonders mit Kindern. \tbentry{15}{5}{1964}{} Gelesen und gekramt. \tbentry{16}{5}{1964}{} \uline{Wim} kommt zu mir 10-11 (während Ina zu Dr. Pastrom geht. Wim hat mir Dr. Rossow\blockade{} gesprochen über Ina. Der meint, dass ich mit Pastrom sprechen könnte, \sout{um}\gestrunl{}\sout{(oder}\gestrunl{}\sout{Ich sage} um ihm zu sagen, dass ich mir ernste Sorgen mache, Ina könnte Selbstmord begehen. Ich sage ihm, Mott hat mir gesagt, er sei immer bereit, herzukommen und auch mit uns beiden zu sprechen. Er sagt, ich soll das unbedingt tun, und auch mit Pastrom. Er meint, wahrscheinlich wird Hospital nötig sein, nicht nur zur Sicherung gegen Selbstmord, sondern weil man dort stärke drugs anwenden kann, bei denen Überwachung nötig ist. Ich frage über Schock treatment. Er sagt, die Analytiker sind fast alle \neueseite{537725} ganz ablehnend; aber jedenfalls käme das ja auch nur in Betracht, wenn Ina im Hospital ist; es könne dann erwogen werden.) -- \uline{Ina} kommt zurück von Dr. Pastrom (sie hat ihm gesagt, dass sie schlimmer wird. Er sagt, er will einen Anderen konsultieren; vielleicht muss hospitalisation erwogen werden. Sie ist entsetzt darüber, sowohl die Kosten, als auch \sout{die} den Freiheitsverlust. Es ist schwer, sie zu beruhigen. Ich sage, dass gut ist, dass man endlich dann auch stärkere Methoden erwägen wird, drugs usw.) -- Nachher nur gekramt. Ich kann nichts Ernstes tun. \tbentry{17}{5}{1964}{} \uline{Telefoniert mit Richard Freeman} (er ist nur einige Stunden hier, zurück vom Mexiko Kongress, und fährt zu einm Kongress in Washington, und dann nach Kanada. Ich frage ihn nach den beiden Dr.-Namen, die Jeffrey angegeben hat; er sagt, beide kommen nicht in Erwägung. Ich sage, Pastrom hat Hayman vorgeschlagen; er sagt, der ist gut, sehr freundlich (,,\textit{sweet} \gestrunl{} und \textit{scholarly}``). Er selbst hält für den besten: Dr. George \textit{Wayne}, Psychoanalytiker, ungefähr 50, hat viel Erfahrung, auch mit Schockbehandlung; er besitzt selbst das \textit{Edgemont} Hospital hier; das ist aber in Vermont, also nahe bei \textit{Cadano}; wir sagen: Das\fnA{Original {Da}.} ist für mich zu weit entfernt. Er: Hayman arbeitet an Westwood Hospital, Barrington, das ist näher, und er schätzt den auch hoch.) -- Nur gekramt (folder \textit{Pr} Probleme geordnet). \tbentry{18}{5}{1964}{mein Geburtstag} \textwh{Nur gekramt (folder \textit{Pr} Probleme geordnet)}. -- 4-6 \uline{Mia und Wim} hier. (Sie bringen zum Geburtstag: 2 Platten mit Interviews von Russell; schöne lange Schwertlilie, und eine große Kirschtorte. -- Im Gespräch drängen beide wieder, dass ich bald mit Dr. Mott und Dr. Pastrom spreche solle. Dabei sagt Ina, dass \neueseite{537727} Dr. Pastrom ihr am Samstag gesagt habe, er wolle mich anrufen, um zu suggerieren, dass ich (!?) Ina hospitalieren solle. Sie habe energisch dagegen protestiert, und daraufhin habe er die Idee fallen lassen, und stattdessen (?) gesagt, er wolle mit Dr. Hayman konsultieren. Ina hat ihm gesagt, er dürfe mich nicht anrufen, wenn er es nicht gänzlich mit ihr verderben wolle.) \tbentry{19}{5}{1964}{} \uline{Ich telefoniere mit Dr. Pastrom} (Ich: Ina sagte mir gestern, dass Sie die Absicht hatten, mich anzurufen, dass sie aber sehr dagegen war. Ich bin beunruhigt, weil es Ina jetzt schlechter geht; besonders auch, \gestrunl{} dass sie oft mit der Idee von Selbstmord spielt. Er: Ja, darum \ulinesp{müssen wir vielleicht hospitalisation erwägen}. Ich: Ja, aber die Schwierigkeit ist, dass sie eine solche Abscheu gegen hospitals hat, das scheint ihr wie confinement; sie sagt, sobald das geplant wird, will sie ein Ende machen. Er: Er ist dabei, mit Dr. Hayman eine consultation zu arrangieren; der kennt auch die medizinischen Methoden wie drugs und Schock, aber wird das nur anwenden, wenn alles \gestrunl{} versagt, er ist auch Analytiker. Dann will er wieder anrufen. -- Über Wechsner sagt er noch: Er hat eigentlich vorgezogen, dass Ina zu einem anderen Analytiker gehen solle (!), aber sie wollte das zunächst nicht (!)). (Ina sagt hierzu: Sie hat damals ihm nur gesagt: Bei einem neuen ist es doch schwierig; es dauert lang, bis der sie gut kennt. Das hat er dann so verstanden, als würde sie lieber bei ihm bleiben. Mir scheint, sie war unentschieden.) \tbentry{20}{5}{1964}{} Gelesen und gekramt. \tbentry{21}{5}{1964}{} \textwh{Gelesen und gekramt}. (\gestrunl{} \uline{Dr. Hayman} ruft an, Ina spricht mit ihm, seine Stimme gefällt ihr nicht; er sagt, wir sollen Dienstag 4 zu ihm kommen.) -- (Nachmittags telefoniere ich mit Dr. Mott; \neueseite{537737} ich möchte gerne mit Ina zu ihm kommen für Besprechung. Er wird \textit{So}, 31. anrufen.) \tbentry{22}{5}{1964}{} Die Schilppbände kommen an. -- (10 Dr. Hayman ruft an, wir sollen heute um 1 hinkommen, anstatt erst am 26.) -- 1 \uline{wir zu \textit{Dr Hayman}}. (Er spricht zuerst mit uns beiden; er macht ruhigen und vernünftigen Eindruck; er sagt, er wendet Schocktherapie sehr selten an, überhaupt nicht in den letzten 2 Jahren; die verschiedenen anti-depressant drugs seien die besten Hilfsmittel, wenn sie auch bei einigen Personen Nebenerscheinungen haben. Dann spricht er mit Ina allein. Er lässt sie Fragebogen ausfüllen, wo sie angibt, mit Graden 1 bis 4, ob sie ,,f\textit{ear}`` hat, ,,\textit{shy}`` ist, und dergleichen, was uns sehr primitiv erscheint. Dann verschreibt er ihr \textit{Elavil\fnE{https://en.wikipedia.org/wiki/Amitriptyline}}, 3 mal täglich. -- Ich bitte, ihn einen Moment allein zu sprechen, und sage, dass ich sehr besorgt bin wegen der Gefahr von Selbstmord; \sout{und} er sagt, ich dürfe sie nicht allein lassen, und wenn ich mal fortgehe, soll ein Freund hier sein, und nachts in demselben Zimmer schlafen. Ich sage, dass wir das nie tun, und dass es für uns beide sehr störend sein würde; aber er sagt, das sei ,,\textit{up to you}``.) -- Wir fahren \uline{zum department} (wir sehen Moody, Furth, und Kalish). -- (\uline{Wim} telefoniert. Ina hat ihm von Dr. Hayman gesagt. Er findet das ganz verkehrt, weil ständige Überwachung das Vertrauensverhältnis zerstört; ich bin froh, dass er meine Einstellung unterstützt; er gibt Beispiele von seinen Patienten; er hat z.B. in keinem Falle einen die driver license abnehmen lassen.) \tbentry{23}{5}{1964}{} (Ina zu Pastrom; sie würde es versäumt haben, wenn nicht gestern Dr. Hayman ihr gesagt hätte, Pastrom erwarte sie.) Gekramt, Schilppband gelesen. \neueseite{537735} \tbentry{24}{5}{1964}{} Schilppband gelesen. \tbentry{25}{5}{1964}{} Brief an Feigl diktiert. -- Gelesen und gekramt. -- Heute beim \uline{Spaziergang} bemüht Ina sich, ab und zu zu lächeln und ihr ,,erfrorenes`` Gesicht wieder etwas auftauen zu lassen. \fnA{Einschub auf späterem Blatt \original{\uline{Einfügungen}} markiert mit \original{\uwave{siehe das übernächste Blatt!}}, dort mit \original{(zum 25.)}. Der Einschub ist offenbar als Ersatz für den im Original hier stehenden Text intendiert: \original{Beim Spaziergang bittet sie mich, das Lied vom Knochenmann zu singen; \sout{aber}}.}\lhaken Beim Spaziergang, auf dem Rückweg nach \textit{S} auf der 24. Straße bittet Ina mich, das Lied vom Knochenmann zu singen. Ich bin etwas gehemmt auf der Straße und sage, ich weiß die Worte nicht genau. Mit ihrer Hilfe singe oder spreche ich dann doch einiges aus der 2. Strophe ,, \ldots , Du schön' und zart' Gebild, \ldots , fürchte Dich nicht, ich bin nicht wild, sollst sanft in meinen Armen schlafen``.\fnE{Das von Franz Schubert als Lied (D 531) und Streichquartett (D810) vertonte Gedicht von Matthias Claudius ,,Der Tod und das Mädchen``, das vollständig lautet: ,,Das Mädchen: / Vorüber! Ach vorüber! / Geh wilder Knochenmann! / Ich bin noch jung, geh Lieber! / Und rühre mich nicht an. // Der Tod: / Gib deine Hand, du schön und zart Gebild! / Bin Freund und komme nicht, zu strafen: / Sei gutes Muts! Ich bin nicht wild. / Sollst sanft in meinen Armen schlafen.``} Sie wiederholt dann nochmal: ,,sollst sanft in meinen Armen schlafen``. Ich warne mit dem Finger, aber mit Lächeln: ,,Du darfst Dich nicht davon verlocken lassen!{}``\rhaken{} (Abends sage ich zu \gestrunl{} ihr: ,,Willst Du mich heiraten? Dann musst Du versprechen, bei mir zu bleiben für besser und für \textit{worse``}; aber sie kann es noch nicht. \fnA{Einschub auf späterem Blatt \original{\uline{Einfügungen}} markiert mit \original{Einfügung auf separater Seite hinten}, dort mit \original{\neueseite{537741}(25. abends)}.}\lhaken Zum Schluss sage ich: Jetzt wollen wir noch zusammen das Gute Nacht Lied singen ,,Der Mond ist aufgegangen``. Zuerst lässt sie mich allein singen; aber dann stimmt sie ein, und wir singen alle 4 Strophen.\rhaken{}\fnA{Hier steht im Original der folgende durch den vorstehenden Einschub ersetzte Text: \original{Zum Schluß singe ich ,,Der Mond ist aufgegangen``, und bald stimmt sie mit ein.}.} \tbentry{26}{5}{1964}{} Vormittags ist \uline{Ina sehr erregt} (weil sie kaufen gehen muss. Sie sagt immer wieder, dass sie gar nicht weiß, was sie für warme Mahlzeiten kaufen soll; ich sage, sie kann es auf morgen verschieben. Aber sie besteht darauf, dass sie es heute müsste. Nachher gibt \sout{zu} sie zu, dass sie noch einen Fisch und (\unl{}), ein Stück \unl{} da hat. Mal sitze ich lange mit ihr auf dem Sofa im Wohnzimmer; ich sage, sie solle mir, wie einem Analytiker, alles sagen über ihre Gefühle; aber sie sagt, da ist gar nichts zu sagen. Immer wieder kommt sie in mein study; beim dritten Mal sagt sie, sie sollte eigentlich nicht kommen und mich stören; ich sage, sie soll nur immer kommen, wenn sie wünscht. Sie ist böse auf sich selbst oder ihr Schicksal, dass sie nicht mehr genug Entscheidungskraft hat um einzukaufen. Sie schlägt mit den Fäusten auf den Tisch und sagt, ,,es geht nicht mehr, ich kann nicht mehr``. Ich glaube auch, einmal sagt sie: ,,ich muss mich aufhängen, ich kann nichts Anderes mehr tun``. Ich verweise sie streng, sie solle nicht solchen Unsinn reden. -- Um 12h kommt sie, wie üblich, mit mir zum Schlafzimmer zum Tröpfchen Nehmen. Danach sage ich, \neueseite{537733} ich werde in \textonehalf{} Stunde kommen, um mit ihr spazieren zu gehen. Sie sagt, sie will heute nicht. Ich sage, sie soll mich doch nicht alleine gehen lassen, gestern war es doch so schön zusammen. Aber sie will nicht. Ich denke, ich werde sie nachher doch noch überreden. Kurz vor 1h mache ich mich zum Spaziergang fertig. Dann schaue ich mich vergeblich nach ihr um und rufe; aber sie ist nicht da. Ich denke, vielleicht ist sie doch zum Markt gefahren; sie sollte aber doch nicht fortgehen, ohne es mir zu sagen. Ich schaue in die Garage, das Auto ist da. Ich denke, vielleicht ist sie allein ein bisschen spazieren gegangen und schaue vorne hinaus, und dann hinten in der ally, und die Margarita\fnE{vermutlich Marguerita Boulevard in Santa Monica} Straße nach beiden Richtungen, aber ich kann sie nicht sehen. Dann werde ich ernstlich besorgt und schaue genauer in der Garage nach. Zuerst ins Auto, ob sie vielleicht versucht hat, sich durch Karbondioxide zu töten. Dann schaue ich weiter herum. Die Einfahrtstür ist geschlossen; durch die hintere Eingangstüre kommt nur wenig Licht herein, und die einzige elektrische Birne, nahe an der Eingangstüre, gibt auch nur spärliches Licht, sodass ich sehr wenig sehen kann. Ich schaue über den hinteren Teil des Autos hinüber und sehe etwas Weißes hängen, wie ein Sack an einem weißen Strick. Da erschrecke ich und denke, da hat Ina sich erhangen. Beim Hinsehen sehe ich aber nur den weißen Sack, also war das eine Schreckfantasie. Ich gehe ums vordere Teil des Autos herum und wieder nach hinten. Es scheint wirklich nur ein weißer Sack. Ich fasse ihn an, er ist lauwarm. Ich denke, Ina hat irgendwelche Essstoffe \neueseite{537739} aufgehängt. Ich drehe es, und plötzlich sehe ich Inas Gesicht! Und dann auch unten ihre dunklen Hosen (diese und das schwarze Haar hatte ich nicht sehen können). Dann sehe ich daneben auch die Treppenleiter stehen; auf der muss sie hinaufgestiegen sein, ich sehe die Wäscheleine (die mit glänzend weißem Plastik überzogen ist) hat sie sorgfältig mehrmals um den Balken gewunden und geknotet; und dann geht der weiße Strick herunter, und sie hat eine Schlinge um den Hals. Ich schreie sie an; ich versuche vergeblich, die Schlinge zu lösen oder sie zu heben. Dann renne ich in die Küche und hole eine Schere und renne zurück und schneide den Strick durch, während ich den linken Arm um sie lege. Sie sinkt auf den Zementboden. Ich löse die Schlinge; ich schreie sie wieder an, sie solle mich hören; mal glaube ich sogar, eine kleine Bewegung des Gesichts zu sehen. Dann laufe ich zum Telefon am Esstisch. Ich diale operator und sage: Hier ist ein Unfall, emergency; bitte schicken Sie einen Doktor oder Hilfe; sie verbindet mich mit Polizei; ich gebe Namen und Adresse an; ich sage: Meine Frau hat sich erhängt, ich habe sie heruntergenommen, sie ist noch warm, bitte schnell Hilfe. Der Mann sagt, sie werden sofort einen Wagen schicken. Ich frage: Soll ich noch einen Doktor anrufen? Er sagt: nein, sie sorgen für alles. Ich mache Haustür vorne und hinten auf, und Tür zur Garage. Dann gehe ich zu Ina zurück und versuche, die beiden Arme zu bewegen, um Atmung wieder anzuregen. Ich öffne ihre Bluse und versuche zu fühlen mit der Hand, ob das Herz \neueseite{537751}\fnA{Es folgt ein \original{\uline{Einfügungen}} überschriebenes Blatt, das die Einschübe zum 25.\,V.\,1964 enthält, die hier an der vorgesehenen Stelle eingefügt sind. Danach folgt ein Blatt mit einer Einfügung zum 26.\,V. (Dr. Mott), die hier an die richtige Stelle gesetzt ist.} \fnA{Am Seitenkopf steht die gedrängt geschriebene und durchgestrichene, weil durch den untenstehenden längeren Text ersetzte Einfügung: \original{6h \uline{Dr. Mott} kommt ganz unerwartet (Mia hatte ihn angerufen ohne es mir zu sagen. Es tut mir gut, die schrecklichen Erlebnisse und meine Gefühle alle auszusprechen, auch meinen Zorn darüber, was sie mir \gestrunl{} angetan hat, aus Rachegefühl? Er: Da ist gewiss eine Menge Hostilität und Aggression, aber nicht Rache persönlich gegen mich, sondern gegen die Eltern, die sie \unll{} wollte in keinem Falle eine Bürde für mich werden, und auch nicht ihre Freiheit verlieren.}.}noch im Gang ist; ich bin aber zu aufgeregt, etwas zu spüren; ich lege mein Ohr auf die Brust, kann aber nichts hören. Dann höre ich die Sirene von der Ambulanz. Ich eile zur Haustüre und führe die Leute mit ihren Apparaten zu Ina: der eine hält ein oxygene Maske für Inas Nase, der andere dreht einen Motor an. Der Mann fühlt mehrmals das Herz an mit der Hand; \sout{nach einigen Minut} ich frage, ob das Herz noch geht, und habe wieder Hoffnung. Er antwortet nicht. Schließlich, nach einigen Minuten sagt er \uline{\ulinesp{,,\textit{she's gone}``}}. Jetzt erst wird mir richtig klar, dass keine Hoffnung mehr ist und alles vorbei ist. Sie gehen ins Haus und telefonieren; einer nimmt mich am Arm, sie sehen wohl, wie der Schock mich getroffen hat. Ich sitze im Wohnzimmer; ein Mann nimmt Personalien von Ina auf. -- Ich rufe Olaf Helmer an, in RAND: ,,Ina hat Selbstmord begangen. Könntest Du kommen?{}`` Er kommt schon bald her. Er macht viele Telefonanrufe für mich.) -- (4-5 gehe ich zu Bett und ruhe mich aus. Endlich allein, kann ich mich mal ausweinen. Ich mache Ina bittere Vorwürfe, dass sie mir das angetan hat, und so unnötig. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich nicht früher nach ihr gesucht oder ganz bei ihr geblieben bin.) Später kommt \uline{Ernst Moody} kurz; er hat sich gleich gedacht, dass es Selbstmord war, und er stimmt mir zu, dass es keinen Zweck hat, zu versuchen, das zu verbergen, weil es sich doch herumspricht. Dann kommt \uline{Mia}. Sie räumt auf, besonders die Küche und Inas Zimmer. \gestrunl{} \uline{Kalish} kommt. \neueseite{537745} \fnA{Der folgende Einschub steht mit Markierung auf einem vorgelagerten eigenen Blatt und ersetzt den oben in der Fußnote wiedergegebenen gestrichenen Einschub zum Besuch von Dr. Mott.}\lhaken(26. 6h abends) \uline{Dr. Mott} kommt ganz unerwartet. Mia hatte ihn angerufen (sie erzählt mir später, dass sie das Erste von Benson hörte, noch bevor Mutzli, nach vergeblichem Anruf im College, sie zu Hause erreichte) nach 5h, und er sagte ihr, er würde sofort zu mir fahren. Ich erzähle ihm alles von den schrecklichen Erlebnissen, noch mehr Einzelheiten als irgendeinem Anderen; und es tut mir gut, das alles auszusprechen, auch meinen Zorn und meine Hilflosigkeit, dass ich sie nicht zum Leben zurückrufen kann; mein Zorn: ,,Wie kannst Du mir das antun!{}`` Ich sage ihm, dass ich gar nicht erfassen konnte, dass sie es wirklich getan hatte; ist das nicht eine enorme Hostilität, wie eine Rache gegen mich? Er sagt: Da ist gewiss eine Menge Aggression in dieser Handlung; aber ich habe nicht recht, dass diese Aggression gegen mich persönlich gerichtet ist; im Gegenteil, dieser Eindruck bei mir ist eine Projektion meiner Aggressivität gegen sie. Ich: Vielleicht hat er recht; ich habe sie sogar auf die eine Backe geschlagen, mit der Begründung vor mir selbst, dass ich sie damit aus der Ohnmacht aufwecken wollte. Er: Meine Aggression ist verständlich; aber Ina wollte nichts gegen mich tun; im Gegenteil, sie liebte mich so, und wollte auf keinen Fall eine Bürde für mich werden (ich dachte später: ja, so wie ihr kranker Vater viele Jahre eine Bürde für die Mutter war); darum war sie so entsetzt, als sie sich am Morgen unfähig fühlte, einkaufen zu gehen, und sich nicht abhalten konnte, immer wieder ins study zu kommen, aber dann sich dafür tadelt, dass sie mich stört. Sie glaubte fest, dass ihr Zustand immer schlechter werden würde; sodass sie dann keine Hilfe mehr für mich wäre und sogar eine Bürde, oder Hospital gebracht würde, wo sie dann völlig unfrei sein würde und nicht mehr über sich entscheiden könnte.\rhaken{} Später fährt Mia nach Hause, und Olaf und Mutzli und ich \neueseite{537747} fahren zu Helmers zusammen. Später kommen \uline{Hempel und Diane} an. (Sie haben auf Mutzlis Nachricht hin gleich Toby bei Freunden untergebracht und sind dann hergeflogen. Olaf holt sie vom \unl{} ab; sie werden bei Helmers wohnen für 2 Tage. Wir essen alle zusammen; und ich bleibe noch bis 10 Uhr. Dann bringen Olaf und Hempel mich nach Hause, und warten noch, bis ich ausgezogen bin.) -- (Ich schreibe im Bett noch Tagebuch (bis zu Mias Ankunft, vorige Seite unten). Dabei muss ich viel weinen, und alles Entsetzen kommt wieder hoch bei der grausigen Szene, wie ich Ina finde. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass wirklich alles aus ist; ich meine immer, Ina müsse hereinkommen, damit ich alles Schreckliche mit ihr besprechen kann, warum sie so plötzlich es tun musste, und warum sie mir gar keine kleinste note hinterlassen hat, um zu sagen, dass sie mich doch liebt, auch wenn sie das Schreckliche tun musste. Ich denke mir, sie hatte keine Zeit dazu, sie wusste, dass sie dies unbedingt richtig machen müsse, weil man sie nach einem verfehlten Versuch ins Hospital bringen würde; und das schien ihr das Allerschlimmste, weil sie dann nicht mehr über sich verfügen könnte, da sie doch nicht an Heilung glaubte.) -- (Später, unter dem Leintuch, damit niemand mich vom Nachbarhaus hören kann, sing' ich das ganze Lied ,,Der Mond ist aufgegangen``, das wir noch gestern nacht zusammen gesungen haben.) (Ich nehme heute ein großes Nembutal, während ich sonst nur ein kleines nehme; und nach einer Stunde noch 1 großes. Dann gut geschlafen. Beim Aufwachen habe ich das Gefühl, etwas Schönes geträumt zu haben, aber ich kann es nicht mehr erinnern. Und dann ist die Rückkehr zur grausamen Wirklichkeit bitter. Ich denke daran, dass Ina mehrmals am Morgen zitiert hat: ,,nun\blockade{} ging er\blockade{} \unl{}``.) \neueseite{537743} \tbentry{27}{5}{1964}{} 10h kommen Olaf und Hempel. (Sie waren\fnA{Original \original{war}.} beim \uline{mortuary} an der Montana. Auf meine Bitte hat Olaf die ganzen Verhandlungen dort selbst geführt \editorstr{hat}; auf meinen Wunsch hat er, trotz der Zureden des Anderen, darauf bestanden, dass der einfachste Sarg genommen wird und dass keine Zeremonie gemacht wird. Die Rechnung des mortuary ist \$\,277 (ich glaube, dazu kommt noch die Kosten der Kremation) \gestrunl{}. Olaf hat auch darauf bestanden, dass keine Urne aufgestellt wird, sondern die Asche ,,verstreut wird`` (angeblich in einem Park); das würde hingeschrieben als ,,\textit{grave without record}``.) Olaf hat auch mit unserem Rechtsanwalt Kahn ausführlich telefoniert \gestrunl{} (auch schon gestern; \gestrunl{} darauf hat Kahn an Shufro geschrieben, damit mit unseren stocks die nötigen Schritte gemacht werden; ebenfalls mit Scheckkonto und Sparkonto bei den hiesigen Banken.) Dann kommen auch \uline{Mutzli} und \uline{Diane}, und bald auch \uline{Mia}, die sich frei gemacht hat. \uline{Yvonne} erscheint mit 2 Boxen voll Esssachen! \gestrunl{} Mutzli und Diane und Mia sehen Inas Kleider und Wäsche durch (Mia weiß jemand, der solche Sachen nimmt und nach Israel schickt). Ich sage, ob sie nicht für sich selbst irgendetwas behalten möchten, aber sie wollen nicht. Ich sage, Yvonne würde sich sicher über Sachen freuen, und auf meinen Wunsch machen sie aus: die kleine schwarze Handtasche, einen großen und 2 kleinere dünne Schals (ich halte aber die rote mexikanische Tasche zurück, die Chacha für Ina gemacht hat; die möchte ich für Annemarie oder Annette aufheben.) Als nachmittags Yvonne wiederkommt, gebe ich ihr die Sachen als ,,Erinnerung an Ina``, und sie ist sehr gerührt, besonders wohl, weil sie merkt, dass Helmers Gefühle gegen sie haben (ich hatte gestern mehrmals Olaf gebeten, sie anzurufen; er sagte, ihr Telefon sei immer besetzt. \neueseite{537749} Aber ich selbst hörte, wie Mutzli abends in ihrem Haus zweimal, als Yvonne anrief, ihr sagte, sie habe gar keine Zeit.) -- Nachmittags werden verteilt die Aufgaben, verschiedene Leute brieflich zu verständigen (\uline{Mia} übernimmt den größten Teil; Hempel auch eine Menge, Kalish einige, und das department wird nacht\editor{räglich} Briefe an einige schicken); ich bin sehr froh, dass sie mir das abnehmen (ich selbst will an Chacha und Agnes schreiben bald, und dann auch an Grete, Maue, Erna und Schorli.) -- 5h fahren alle fort, weil ich etwas allein sein möchte. -- 6\textthreequarters{} kommt \uline{Dr. Mott} (ich sage ihm, dass die Aussprache mit ihm gestern, und dann das Tagebuch schreiben abends mit Weinen, aber auch Vorwürfe gegen Ina, mir gut getan hat; ich muss diese Bilder und Gefühle aus mir heraussetzen, damit sie mich nicht unterkriegen. Er: Ja; eine ähnliche Wirkung hat das übliche Begraben. Er ist sehr einverstanden, dass ich gar keine Zeremonie haben will. -- Ich sage auch, dass ich mich aber noch immer nicht ganz damit versöhnen kann, was Ina mir angetan hat. Er sagt: Ja, Hostilität, aber die vermeintliche ,,Aggression`` gegen mich \gestrunl{} war nicht da in Ina; das ist meine Projektion von meinem aggressiven Zorn gegen sie! Ich sage, dass Hempels mich aufgefordert haben, eine Woche nach Stanford zu kommen: sie werden noch bis Mitte August dort sein. Er sagt, das ist ein guter Gedanke; ich soll es so einrichten, dass ich, wenn ich wünsche, dann auch länger als eine \gestrunl{} Woche dort bleiben kann. Er fragt, ob ich noch an eine Reise nach Europa denke. Ich sage: Vielleicht, später mal; Feigl wird wieder in Wien sein von Oktober bis Mitte Januar, und hat neulich mal geschrieben, wir sollten doch vielleicht im Herbst noch hinkommen. Möglicherweise könnte ich das nun tun, in Verbindung mit Deutschland. Er denkt, das ist eine gute Idee, wenn \neueseite{537761} ich mal wieder so weit bin, dass ich Lust und Kraft spüre, so etwas zu unternehmen. Ich: Aber nicht sehr bald. Ich denke, ich müsste zunächst in eine kleinere Wohnung ziehen. Er: Warum so bald? Ich: Schon für uns beide schien sie jetzt zu teuer (300); für mich alleine doch auch viel zu groß. Allerdings scheue ich mich vor dem Umzug. Er: Vielleicht könnte ich den Packern sagen: Dieses ganze study soll so, wie es ist, drüben in das andere Zimmer gebracht werden. Ich: Das geht nicht so; ich müsste hier sorgfältig ausrechnen, welche Büchergestelle an welche Wände passen. Er sagt, es sei nicht gut, zu bald umzuziehen; es dauere mindestens 2, und vielleicht 3 Monate, bis man sich umstellen lernt auf das allein Leben; zunächst denkt man unbewusst immer noch ,,Wohnung für uns`` anstatt ,,Wohnung \uline{für mich}``.) -- Und ich gebe ihm Inas übriggebliebene anti-depressant Medizin; und zum Abschied den \uline{Schilppband} (,,meinem guten Helfer und Freund``); ich sage dazu: keine moralische Verpflichtung, etwas darin zu lesen. -- Olaf holt mich \uline{zu Helmers}, 8h. Dort; Hempels und später Kalish. -- 9h \uline{Feigl ruft an} (er sagt, er möchte am liebsten kommen, aber es ist kaum möglich\gestrunl{}. Ich: selbstverständlich nicht; ich erwäge aber als vielleicht möglich, im Herbst eine Zeit nach Wien zu kommen; es wäre schön, mit ihnen zusammen zu sein. Er ist sehr erfreut und sagt, sie würden es so einrichten, dass ich am gleichen Platz wie sie wohnen würde, und dann würden sie gut für mich sorgen. Ich: Das ist aber nur eine Idee; aber ich will sie im Kopf halten. Er: Gut, das ist der richtige spirit. Ich soll ans Institut adressieren; sie werden bis \textit{ca}. 10 Juli dort sein.) -- Dann bringen Olaf, Hempel und Kalish mich nach Hause. \neueseite{537759} \tbentry{28}{5}{1964}{} 10h Olaf bringt \uline{Hempel} her. (Heute ein philosophisches Gespräch über Induktion. Er fragt: Warum müssen wir die totale Evidenz nehmen? Ich erzähle aus Mexiko: die 3 mexikanischen Freunde; mein Vortrag und Diskussion in der Universität. Dabei stellte Ayer gerade diese Frage. Er fragt aber weiter, wie Ayer: Warum ist es vernünftig, für Bestimmung von Entschluß \gestrunl\sout{Ev} die Wahrscheinlichkeit in Bezug auf die \uline{gesamte} Evidenz zu nehmen? Ich: Unser induktiver common sense sagt uns, dass dem so ist; ebenso wie unser deduktiver common sense uns die einfachsten deduktiven Beziehungen lehrt. Ich erinnere ihn an das, was ich beim Dezember \textit{APA} meeting, bei dem er anwesend war, über induktive Intuition gesagt habe. Er meint, trotz meiner eingehenden Darstellung der Analogie zwischen deduktivem und induktivem Denken schon in meinem Buch glaube er doch, dass da wichtige Unterschiede sind.) -- \uline{Mutzli und Diane} kommen zurück \sout{von} mit ihren Einkäufen (sie haben auch, nach langem Suchen, die blauen, niedrigen Trinkgläser gefunden! Und Diane schenkt sie mir.) Dann kommt auch \uline{Olaf}, der sich wieder für den Rest des Tages frei gemacht hat. Wir plaudern und essen lunch. -- (Nach dem nap): \uline{Ernest Moody} hier (er hat Telegramm an \textit{NSF} geschickt, dass sie mir doch das volle Gehalt zahlen sollen, ohne Abzug vom \textit{TIA} Einkommen.) Er spricht von verschiedenen Arten von kleineren Appartments; und auch von Haushaltshilfe.) Nach 4 kommen \uline{Mutzli und Diane}. 4\,\textonehalf{} herzlicher Abschied (ich sage Diane, dass ich wahrscheinlich hinkommen werde und danke beiden herzlich.) -- 5 \uline{Dr. Mott}. Ich spreche über Zukunftspläne. \gestrunl{} Die Freunde \neueseite{537755} raten, eine Haushälterin zu nehmen (aber das will ich sicher nicht) oder wenigstens eine zeitweise Hilfe (das scheint wohl nötig). Ich überlege mehr das Problem, eine persönliche Beziehung zu finden; eine Gefährtin. Ina sagte, Gusti war sicherlich \editor{bereit}, mich zu versorgen; \sout{aber} sie ist zwar sympathisch und hilfreich, aber redet so viel wie Agnes. Ich überlege, Annemarie zu fragen, ob sie für den Sommer oder vielleicht auch länger kommen könnte. Ich frage ihn, wenn ich mal eine Frau fände, zu der ich Zuneigung und vielleicht Liebe fühlen würde, so würde ich Bedenken haben, weil ich nicht mehr zu Sex imstande bin; \gestrunl{} ich wundere mich, wie Russell und andere eine viel jüngere Frau heiraten konnten. Er sagt, da dächte ich verkehrt, das sei meine Furcht vor ,,Erwartungen``; eine Frau im reiferen Alter wünsche sich affection und Zärtlichkeit, aber intercourse ist ihr noch weniger wesentlich wie dem Mann. Ich sage, dass ich jetzt nur von einer Frau \gestrunl{} weiß, dass ich sie lieben würde, nämlich Chacha. Sie ist mir auch anhänglich; aber sie kann praktisch natürlich nicht nur nicht Ina ersetzen, sondern auch nicht einmal solche Dinge wie Auto fahren und tippen. Er sagt, dass sei nicht wirklich wesentlich, auch in \textit{LA}; man könnte die wenigen Mal ein Taxi nehmen, und das koste höchstens 40 im Monat, also viel weniger als ein Auto.) -- Ich gebe ihm Scheck für \$\,60, und bedanke mich herzlich, dass er gekommen ist. Er sagt, er könnte auch Sonntag wieder kommen, wenn ich es wünsche. Ich sage, das scheint \gestrunl{} mir nicht nötig. Die 3 Aussprachen haben mir gut getan. Vielleicht möchte ich ihn später mal wieder \sout{treffen} sprechen. Er sagt, ich soll ihn dann anrufen. Er dankt nochmal für den Schilpp Band. Vorher sagt er noch, dass viele Frauen von mütterlichem Typ angezogen werden von solchen Männern wie ich, die weltfremd \neueseite{537757} sind, aber bedeutende Arbeit leisten; dabei wie ein kleiner Junge: offen wie Kinder, und auch naive Fragen stellend, aber praktische Hilfe brauchen.) -- \uline{Mia} ist inzwischen gekommen. (Wir sprechen zusammen; sie wäscht auf, und kocht dann Abendbrot: ein Porterhouse Steak für uns beide, mit grünem Salat, und Kartoffelbrei; wie Ina, aber nicht so gut. Sie denkt, die Idee über Annemarie seit gut; vielleicht könnten wir dann später nach Deutschland fahren, und dann auch Feigls in Wien besuchen. -- Sie will sich nach einer Haushaltshilfe erkundigen, die vielleicht jeden Tag für einige Stunden kommen würde, z.B. einkaufen, kochen, aufwaschen, und jeweils ein Zimmer reinigen. -- Wir bringen zusammen die beiden roten Eimer mit Papier und garbage hinaus.) Nach 9h geht sie. -- Ich zu Bett (\uline{ich schreibe Tagebuch}: die Einfügungen auf dem Extrablatt; und den heutigen Tag. -- \gestrunl{} Erinnerung an den Spaziergang am 25. und die Einfügungen zum Gespräch mit Mott am 26; \uline{ich verstehe allmählich Inas Grund\gestrunl{}stimmung besser}, die sie zu dem tragischen Entschluss gebracht hat. Yvonne sagte gestern am Telefon als erstes: ,,Denke, dass \uline{Ina jetzt Frieden hat}``. Pastrom hat auch gesagt, als er es hörte, (von Mia oder Mutzli?): ,,Jetzt hat sie Frieden``. \neueseite{537753} \tbentry{29}{5}{1964}{} Endlich finde ich mal Ruhe zum \uline{Briefschreiben}. (Ich wollte heute 3 Briefe schreiben; aber die Zeit, vormittags und nachmittags, ist nur kurz, und so schreibe ich nur einen, \uline{an Chacha}.) \uline{Yvonne und Richard} kommen mittags. (Yvonne richtet uns lunch, und arbeitet eine Menge: Staubsaugen usw. Sie sagt mir, und fragt um Zustimmung, dass sie sich aus Inas Sachen allerhand gewählt hat: 2 \uline{Kleider}, die sie Ina geschenkt hatte, 2 \gestrunl{} die sie besonders gerne mochte; den Regenmantel, weil sie keinen hatte; ferner fragt sie jetzt extra noch um den beigen dicken wolligen sweater, den ich auch immer gerne an Ina sah; und den rotbraunen Rock; ich sage, dass ich froh bin, dass sie Freude daran hat und die Sachen zur Erinnerung an Ina nimmt. -- Yvonne sagt, ihre Mutter hat mich eingeladen, umsonst in ihrem Haus zu wohnen irgendwann im Sommer. Ich bin gerührt, und danke ihr sehr, aber lehne es doch ab. -- Ich frage Richard, ob Dr. Hayman wirklich so ein ,,kalter Fisch`` ist, wie Ina glaubte; er sagt: nein, er ist ein freundlicher Mann. -- Sie fahren ab. Yvonne kommt schon zurück während meines naps und arbeitet in der Küche. Wir haben kurz Kaffee zusammen; dann gehe ich ins study und sie arbeitet weiter, \gestrunl{} bis 5h. -- Ca. 6h kommen \uline{Mr. und Mrs. \textit{Podbog}} (die Nachbarn vom Eckhaus. Ina hat mit ihr zuweilen über den Zaun gesprochen. Wir stehen bei der Haustür zusammen. Sie sagen, sie haben jetzt eben erst erfahren, was geschehen ist, (vielleicht aus der Zeitung) und wollen fragen, ob sie etwas helfen können, oder ob ich zu ihnen zum supper kommen will. Sie scheinen nette Leute; Ina hat vor kurzem mir schon vorgeschlagen, \sout{ob sie} mich mit der Frau \neueseite{537763} bekannt zu machen; das wäre gut für die Zeit, wenn sie/Ina nicht hier wäre! Er ist aus Galizien; ich sage, ich war als Skisoldat im ersten Weltkrieg in den Karpaten. Und ich kenne Warschau, wo eine ausgezeichnete Logikergruppe war. Er ist Ingenieur und arbeitet in solid state Physik, aber ist auch interessiert an Kommunikation, und an philosophischen Grundlagen. Sie fordern mich auf, irgendmal einfach hinüberzukommen. Ich sage, ich bin schweigsam und nicht sozial; aber später mal will ich mal kommen.) -- \uline{Mia kommt} (ich stelle sie vor; Mia sagt nachher, sie findet die Frau ausgesprochen nett. -- Wir fahren \uline{zu Mias Haus}. Abendessen, und \gestrunl{} nachher \uline{Gespräch bis 10h}. Ich erzähle ihnen die \uline{Einzelheiten} des schrecklichen Erlebnisses am Dienstag. Wim sagt, es ist ganz natürlich, dass ich zornig war auf Ina. Er war auch wütend auf seine Frau \textit{Il,} als sie starb. Und Ina habe ja wirklich mich verlassen. Er macht mir klar, \uline{dass Ina viel ernster krank war, als ich dachte}. Nicht genetisch vererbt, aber doch familienmäßig übertragen durch die Kindheitseindrücke; dazu\fnA{Original \original{daher}.} käme Zufall mit Bruder und Mutter. Ina war zwar noch klar im Denken, aber nur durch ungeheure Anstrengung, die ihre Energie aufzehrte, und nicht sehr mehr hätte fortgesetzt werden können; das zeigt auch der Gewichtsverlust, und der Schlafmangel trug bei zur baldigen Erschöpfung. Ina wusste, halb bewusst und halb unbewusst, dass sie bald einen Zustand erreichen würde, wo Hospitalisierung unvermeidlich wäre, und kaum eine Hoffnung auf Heilung. Und darum wollte sie um jeden Preis ein Ende machen, bevor dieser Zustand eintreten würde, \neueseite{537771} der ja wirklich schlimmer ist als der Tod. Vielleicht war Ina da ein wenig zu pessimistisch in Bezug auf den Zeitpunkt, aber sicher nicht viel; und ich war zu optimistisch, wenn ich mir Heilung als wahrscheinlich vorstellte. Er sagt auch, wie Dr. Mott, wenn ein erwachsener Mensch \gestrunl{}, zu einer Zeit, wo er noch ordentlich denken kann, beschießt, das Leben zu beendigen, so kann man ihn doch nicht auf die Dauer hindern (wenn man ihn nicht einsperren will, was wir ja nicht wollen). In gewisser Weise beruhigt es mich: Es war nicht etwas, das ich hätte vermeiden oder verhindern können; die Krankheit war da, und man konnte nicht mehr helfen. Ich sage: Aber ich \sout{hätte}\gestrunl{} wünschte doch, ich hätte ihr den letzten Kampf ersparen können, irgendwie so, dass sie ruhig in meinem Arm gestorben wäre. Er sagt: Das ist nicht möglich; bei diesem Entschluss ist ein Mensch wirklich alleine, wie Ina immer sagte; und das muss er mit sich alleine abmachen. Ich beschreibe auch, wie sorgfältig Ina es \sout{getan} durchgeführt hat, um nur ja nicht zu ,,\textit{bungle\fnE{https://www.dictionary.com/browse/bungle} the job}``. -- Das Gespräch hat mir gut getan; und ich verstehe die Lage besser.) 10h Wim fährt mich nach Hause. (Tagebuch geschrieben bis 12h. Dabei finde ich wieder, dass ich einen Schritt weiter gekommen bin dazu, mich mit Inas Tat zu versöhnen.) \tbentry{30}{5}{1964}{} Vormittags Brief an Agnes. -- 12-3 \uline{David} hier (zum ersten Mal nach ihrer Rückkehr von Ann Arbor. Ren\'{e}e will mit ihm herkommen nächste Woche. Ich erzähle ihm die Entwicklung von Inas Zustand, und dass ich jetzt sehe, dass ihre Erkrankung ernster war als \neueseite{537769} ich dachte. -- Er erzählt von Ann Arbor; er war erstaunt, wie wenig sogar die Logiker Copi und Burks von neueren Sachen verstanden. In Chicago ist Manley Thompson\fnE{Manley Hawn Thompson, Jr. (1917-1994), war von 1960 bis 1969 Chairman der Philosophie in Chicago.} chairman; er hält die Waage zwischen den alten Leuten, \unl{} McKeon, und den jungen, die eine ,,Revolution`` machen wollen, unter ihnen \textit{Chapelle}.) -- 5 \uline{Moody} kurz hier. -- 6h \uline{Richard Freeman} holt mich ab. (Yvonne hatte geplant, mich zum Abendbrot zu ihnen zu holen. Nachdem wir abgefahren sind, sagt er mir aber, dass Yvonne zu Bett liegt, weil sie sich überarbeitet hat, und dass wir zu einem kleinen französischen Restaurant in Westwood Village fahren wollen. Ich sage, da hätte er mir doch absagen sollen, um bei ihr zu bleiben, und dann könnte ich ein andermal zu ihnen kommen. Aber das will er nicht. Das Restaurant ist geschlossen; und wir gehen zu ,,\textit{Ships} Kaffee shop``, Wilshire und Glendon. Dort esse ich einen Shrimps Salat; erst nachher bedachte ich, dass ich Kaltes ebenso gut hätte zu Hause essen können. Er fährt mich noch lange herum im \textit{VA} cemetary und im \textit{VA} Park. Dann sage ich, ich möchte nach Hause.) 9h zu Hause. (Gebadet, zum ersten Mal; sehr vorsichtig.) \tbentry{31}{5}{1964}{} 12-3 \uline{Kalish} hier. (Er fragt, wie es kam, dass die Analyse mir eine so gute Überwindung der Neurose gebracht hat. Ich: Mutterbindung; gute Muttertransferenz Dr. Wallace in Princeton. Die Demaskierung lehrte Fortschritte. Verständnis der Bisexualität. Überwindung des Vaters; wie ich den Vater in der Ecke sah und anschrie; und dann zusammen mit Ina kam. -- Über Dr. Mott.) -- Inzwischen \uline{telefonieren Hempels} von Palo Alto (ich sage, ich denke ernstlich an Besuch bei ihnen. Aber \neueseite{537767} jetzt schreibe ich an Annemarie, ob sie kommen will. Darum verschiebe ich alle Beschlüsse, bis ich von ihr höre.) -- Brief an Annemarie fertig geschrieben. -- Mia und Wim kommen mit dem \uline{Negermädchen} Naomi Grey\fnA{Original \original{Hay}.} (Mia zeigt ihr alles. Sie soll am 4. nachmittags zum ersten Mal kommen. Ich habe Mia telefonisch gesagt, ich möchte lieber, dass sie nicht täglich kommt, sondern nur dreimal wöchentlich; damit ich weniger oft gestört werde.) -- 6-9 \uline{zu Helmers}. (Olaf meint, dass der Einbrecher vielleicht die Stahlkassette genommen hat; vielleicht ist er zum Schreibtisch gegangen. -- Olaf steigt auf Dach und pflückt Zitronen für mich.) \tbentry{1}{6}{1964}{} \gestrunl{} Vor- und nachmittags allein zu Hause, zum ersten Mal. (Es ist gut, dass es wieder ruhiger ist. Ich \gestrunl{} hole alle Sachen von Inas Schreibtisch, alte und neue Korrespondenz, \unl{}, usw., und ordne sie in folders. -- Yvonne ruft an, ob sie zum lunch kommen soll; aber ich möchte lieber allein sein.) -- 6\,--\,9\,\textonehalf{} \uline{Mia und Wim} hier. (Sie meinen doch, dass es gut für mich wäre, morgen zu Moodys department Party zu gehen, um wieder in Kontakt mit den Philosophen zu kommen. -- Wim versucht, den Badezimmer sink frei zu machen, es gelingt aber nicht. -- Inzwischen rufen \uline{Paul und Gaby Oppenheim} an; er ist überschwänglich, aber rührend bereit zu helfen, und lädt mich ein usw; sie hatten gerade mit Hempels Ferngespräch. -- Auch Erna Putnam ruft an, bereit zu helfen usw. \tbentry{2}{6}{1964}{} (Moody und später Doris rufen an, ob ich zu der Cocktailparty in Moodys Haus kommen will; nachher gehen sie dann zu einem Restaurant für dinner. Gestern, auf Zureden von Mia und Wim, war ich einigermaßen geneigt dazu; aber heute früh habe ich mir überlegt, \neueseite{537765} dass es doch, mit den Frauen, eine ziemlich große Menge ist; und dass ich lieber zu Hause bleiben will, um mit Briefen und Kramen weiterzukommen. -- Heute schreibe ich an Erna; und später an Grete, zum ersten Mal die Details, wie ich Ina fand.) -- 12\,\textonehalf{}\,--\,2 \uline{Wim} kommt überraschend (auf meinen Vorschlag macht er uns Rührei mit Schinken, sodass ich damit schon eine warme Mahlzeit für heute bekomme.) 6\,--\,6\,\textonehalf{} \uline{Mia und Wim} kommen kurz, überraschend (sie bringen neuen beigebraunen Tisch für die Küche, und Wim ersetzt eine Birne im Deckenlicht im study.) \tbentry{3}{6}{1964}{} Briefe kommen, über Inas Tod (dabei: Bohnert, Nagel); Briefe gekramt. -- 7\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{bei Helmers}. (Er fährt sein neues Auto Skylark-Buick. -- Ich schreibe in den Schilppband ,,Für Olaf und Mutzli, mit Liebe, \textit{C}.``, und sie sind entzückt. Sie gibt mir noch mit: Rostbr\unl{} für aufs Brot; sogar Pudding von dem heutigen, und eine Büchse Apfelmus.) \tbentry{4}{6}{1964}{} 10 zum ersten Mal wieder spazieren (zum Haarschneider, und Mi\unl{}). -- Sachen gekramt. -- 4h kommt das Negermädchen \textit{Naomi Grey} zum ersten Mal zur Arbeit. 5\,\textonehalf{} kommt \uline{Mia} (sie kocht das Abendessen, und das Mädchen vakuumt das Schlafzimmer, wischt Geschirr usw. bis 8:20; 4\,\nicefrac{1}{3} Stunde zu 1.50 = 6.50; dazu 50 \textit{c.} \textit{car fare}; also zusammen 7\,\$. Während wir im Eßzimmer essen, ißt das Mädchen am neuen Tisch. Mia spricht zu mir einiges in deutsch; aber oft auch englisch, ganz unbefangen. Ich muss mich erst daran gewöhnen.) \tbentry{5}{6}{1964}{} \uline{Mit Olaf und Mutzli} gefahren: 10 zu \uline{Dr. Seiff}. (Nur Druckmessung, besser wie voriges Mal. Ich soll in 3 Monaten wiederkommen, dann Sehfeldtest.) -- \neueseite{537775} Dann zu \textit{\uline{Kahn}} (11-12, Helmers warten draußen. Erst kommt \textit{\uline{Marcus}} herein, während wir warten draußen. Ich dachte, es wäre Kahn, und stelle Helmers vor. \uline{Markus ist grauhaarig}, \uline{Kahn schwarz und jünger}. Ich stelle beide dann dem Kahn vor. Er hat allerhand Fragen über Versicherungen, Auto, Einkommensteuer. Ich habe die Dokumentenmappe mit, und kann daher das meiste beantworten. Ich soll ihm allerhand Angaben und Dokumente schicken, weil er auch Auskunft vor \gestrunl{} \textit{Pr\unl{} Court} über mein ganzes Vermögen geben muss, oder für die Erbschaftssteuer; weil alles, was ich als Bürger von Kalifornien erworben habe, zur Hälfte Ina gehört. Die probate Periode geht \gestrunl{} mindestens 6 Monate, damit Gläubiger noch Ansprüche erheben können. Nach Inas Testament wird \gestrunl{} ihr Vermögen in einen trust verwandelt (in Wirklichkeit sogar 2, aus Steuergründen), von dem ich \sout{nur} im allgemeinen nur das Einkommen beziehe.) \sout{Er sagt, wie ich}\gestrunl{} -- Nachher kommen \uline{Helmers zu mir}, und Mutzli kocht uns Salat mit Schinken. Sie sagt, sie hat mit Entzücken gelesen den ersten Absatz der Autobiographie. -- Sachen gekramt. . \tbentry{6}{6}{1964}{} Brief von Chacha (sie überlegt, ob sie kommen sollte, ob Annemarie oder sogar sie selbst herüberkommen sollten; sie sind rührend besorgt.) -- Anruf von \textit{Goheen}. -- Yvonne kommt zum lunch. -- 4-9 \uline{David} (kommt mit Jordan mich abholen zu ihrem Haus. Lange \gestrunl{} gesprochen mit \uline{Ren\'{e}e}. Sie hat überlegt, ob sie kommen sollte oder ob sie Ina einladen sollte, eine Zeit in Ann Arbor zu sein. Sie fragt: Warum brauchte es das? Ich: Die Potentialität bestand wohl schon immer; die Frage ist nur, was \textit{triggered} es? Die hauptsächlichsten Faktoren waren wohl: der Selbstmord des Bruders \neueseite{537779} und der Verlust des Hauses. Sie fragt, ob wir wussten, dass sie am 28. zurückkommen würden. Ich: Ja, das sagte ich ihr immer, und sie schaute immer aus nach einem Brief von Ren\'{e}e. Ich sage, dass Mott mir klarmachte, dass es keinen Zweck hat, zu fragen: Würde es vermieden worden sein, ,,wenn ich dies oder das getan hätte``; wenn ein Erwachsener bei klarem Verstand beschlossen hat, bald ein Ende zu machen, so kann man nichts dagegen tun (außer einsperren, was man nicht will). Alle drei fahren mit, mich nach Hause zu bringen. Ren\'{e}e sagt, sie würde \gestrunl{} mich gerne öfter mal bei ihnen haben.) \tbentry{7}{6}{1964}{} Gekramt. -- 4 (anstatt 3) \uline{Mia und Wim} kommen. (Sie arbeiten fleißig länger als eine Stunde. Mia wäscht Geschirr, obwohl Naomi morgen kommt. Sie bringt meine Wäsche zurück, und gebügelte Hemden. Sie packen eine ganze box ein, in der das gute Porzellan war. Sie tragen Papier und garbage in die \unl{}. Alles in der Küche wird in bessere Ordnung gebracht. -- Dann fahren wir zu ihrem Haus. Mia tippt; Generalvollmacht für Agnes, dreimal, weil sie zweimal etwas auslässt. Dann Abendessen dort. Ich sage, dass Dr. Pastrom keine Rechnung geschickt hat, wie ich erwartet hatte; Wim sagt, ein Analytiker empfindet es als ein Versagen, wenn ein Patient Selbstmord begeht; vielleicht habe er darum mich auch nicht angerufen; Wim meint, ich soll nicht den ersten Schritt dazu tun. Ich sage, auch Dr. Hayman hat keine Rechnung geschickt. Wim sagt, auch da soll ich es dem Dr. überlassen, ob er eine Rechnung schicken wird oder nicht. (Ich finde im Scheckbuch, dass Ina dem Dr. Pastrom am 7. Mai den letzten Scheck gegeben hat, und dazu \neueseite{537781} hat sie notiert ,,einschl. 2. Mai``. Dann war sie noch am 9., 16. und 23. bei ihm.) Wim fährt mich nach Hause, 9h. -- Abends \uline{telefoniert Hempel} (er fragt, wie es geht. Ich berichte, dass alle Freunde mich gut versorgen; und dass Chacha geschrieben hat und überlegt, ob Annemarie oder sogar sie selbst herüberkommen solle; aber von Annemarie noch keine Antwort möglich. Er sagt, sie rechnen auf meinen Besuch; ich sage, es ist wahrscheinlich, dass ich komme. Wenn ich Genaueres weiß, will ich anrufen.) \tbentry{8}{6}{1964}{} 2. Brief von Chacha (sie hat mit Annemarie telefoniert; die hat nur August Ferien; und zusätzlicher Urlaub sei nicht möglich, weil kein Ersatz vorhanden. Ich bin enttäuscht, dass sie also wahrscheinlich nicht kommen kann. Ich überlege, ob ich dann vielleicht im Juli für 2 Monate hinüberfliegen sollte.) -- 11-2 \uline{Kalish} und \textit{\uline{Dag} Prawitz.} (\textit{P}. hat Bart, aber ist jung; instructor. Er ist Logiker; arbeitet an Beweisverfahren für niederen Prädikatenkalkül, anwendbar für Computer. Er sagt mir Grüße von Ofsted. Ich erzähle von meine\editor{r} Vortragreise, und dass ich mal schwedisch sprechen konnte. Er war nur für ein Semester \unl{}. -- Ich sage, dass in der Zukunft die Logik sich \unl{} vom Philosophiedepartment trennen wird, aber trotzdem Philosophiestudenten Logik studieren werden. -- Über die Rechensprache Kenntnisse der Skandinavier; die große \unl{}. Ich glaube: internationale Sprache ist der beste Ausweg.) -- \unl{} Wir 3 essen kalten lunch zusammen. -- 3\,\textonehalf{}\,--\,5\,\textonehalf{} \uline{Mia und Wim} hier. (Sie bringen Eßsachen, räumen den refrigerator aus und werfen vieles fort. -- Ich sage ihnen, dass Annemarie anscheinend nicht kommen kann. Ich sage, könnte sie nicht vielleicht pro forma \gestrunl{} resignieren und später \neueseite{537773} wieder eintreten. Wim warnt aber, dass sie ja nicht riskieren soll, ihren job zu verlieren. Und ich sage, es ist nicht sicher, ob sie so wie Ina bereit wäre, so viel am Tag allein zu sein.) Wim nimmt das Auto mit. -- \gestrunl{} Während des lunchs: \uline{Mrs. Black} kommt (sie war einen Monat verreist. Ich sage ihr von Inas Selbstmord; sie wusste nichts, ist ganz entsetzt. Ich erkläre: ein Bruder und Mutter, sie hatte Angst davor; es kam ganz überraschend. Sie fragt: mit Schlafmitteln? Ich sage: Nein, die hatte ich fortgenommen, sie erhängte sich in Garage. -- Ich sage, das Haus ist groß für mich allein, ist sie willig, mich vom Vertrag frei zu lassen? Sie zögert und sagt dann, wir werden sehen, vielleicht können wir etwas arrangieren. -- Sie sagt, der Mann, den sie beauftragt hatte, den Garten zu wässern, hat es nicht getan. Sie tut es jetzt selbst. -- Ich gebe ihr Scheck für Miete.) -- 4:20-7:40 \textit{\uline{Naomi}} hier. (Mia weist sie an. Später kocht sie allein das Steak.) \tbentry{9}{6}{1964}{} \uline{Frau Jokl} fährt mich zum \uline{deutschen Generalkonsulat} (dort lasse ich für die neue Generalvollmacht für Agnes meine Unterschriften bestätigen; Gebühr \$\,5. \sout{Dann} Unterdessen erzähle ich ihr von Inas Depression; sie wusste davon, aber nicht, wie ernst sie war.) Dann zu Jokls zum lunch mit beiden (ich sage nur wenig über Ina; sie wird ihm vermutlich die Einzelheiten erzählen. Sie fordern mich freundlich auf, öfter mal zu kommen.) -- (\uline{Brief von Annemarie}. Sie ist bereit, ihre Sommerferien zu kommen; das sind aber nur 4 Wochen im August; Verlängerung schlecht möglich, weil kein Ersatz für sie vorhanden. -- Ich meine aber, 4 Wochen ist zu kurz, vielleicht sollte ich dafür doch hinüberfliegen.) -- 5\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{zu Helmers}. \neueseite{537777} Olaf holt mich ab, die ganze Familie bringt mich zurück. Ich sage, dass Annemarie nur 4 Wochen kommen könnte; das scheint mir, lohnt die Reisekosten nicht. Sie helfen überlegen, wie ich die Reise hinüber machen könnte.) -- Abends schreibe ich an Annemarie. \tbentry{10}{6}{1964}{} Gekramt. -- Mittags \uline{Moody} kurz hier. (Ich schreibe meinen Namen in das Buch über \gestrunl{} Mykene und Kreta, das das department ihm schenkt zum Abschied als chairman.) -- 4 \textit{N}. -- Mr. \uline{Dermott} kommt (er ist aus Michigan zurück; seine Frau hat ihm von Inas Tod gesagt.) \tbentry{11}{6}{1964}{} Brief von Grete (Autounfall, dadurch Gallenblasenentzündung.) -- Zweiten Brief an Chacha geschrieben. -- 1\,\textonehalf{} \uline{Dori}s kommt kurz (sie bringt mir Post. Ich gebe ihr \$\,3 als Beitrag zum Buch für Moody. Sie will veranlassen, dass mein Gehaltsscheck für 1.7. wieder an die Bank geht, wie üblich.) -- Nachmittags Post gelesen. -- 5h Mia kommt (wir fahren an den Ozeanpark, und gehen dort etwas spazieren. Der schöne Blick auf das weite Meer; ich sage, immer wenn ich etwas Schönes sehe, vermisse ich Ina dabei. -- Später kocht sie Abendbrot. Bis 8h.) \tbentry{12}{6}{1964}{} Boxen ausgepackt. (Alte Sachen über Einkommensteuer usw. -- Alte Korrespondenz mit Agnes. -- Korrespondenz mit \uline{Hanne}; ich wusste so vieles nicht mehr über unsere enge Beziehung 1924-1926, wo sie abreist nach Guatemala.) 4-8 \textit{N} hier. -- Zum lunch \uline{Dr. Kulka} hier. (Sie spricht gar nicht von Ina, nur von Mexiko, und von ihrer Forschungsarbeit mit Kindern; sie ist aber ziemlich langweilig.) \neueseite{537783} \tbentry{13}{6}{1964}{} 10\,\textonehalf{}\,--\,6 \uline{Arthur \textit{Benson}} hier. (Zum ersten Mal in diesem Haus. Ich erzähle ihm von der Entwicklung von Inas Zustand seit vorigem Jahr; von Bruder und Mutter; von Dr. Hayman. -- Er meint, ob ich nicht eine Haushälterin oder einen Studenten hier wohnen haben möchte. Ich: bestimmt nicht. -- Er stellt Fragen im Zusammenhang mit seiner Arbeit. Er ist beunruhigt \unl{} den modernen Gebrauch von ,,Sequenz`` in meiner ,,Semantik``. Ich sage, es genügt doch, wenn wir wissen, dass es eine exakte Explikation gibt; wir brauchen nicht immer darauf Bezug zu nehmen. Er ist auch beunruhigt dadurch, dass das übliche Sprechen von Relationen sie als externe nimmt; er möchte sie neutral nehmen. Er ist recht unklar in der Darlegung seiner Probleme; ich muss immer wieder zurückfragen, bis ich verstehe, was er eigentlich sucht. Ich warne ihn, nicht zu viel Zeit zu verwenden auf die Herstellung von Werkzeugen, die auch von anderen schon gemacht worden sind. Er kocht uns Rührei mit Salami; und wäscht alles Geschirr auf, während ich nap nehme.) -- Nachmittags \uline{alle drei Helmers} hier \textonehalf{} Stunde (sie hat für mich eingekauft, und macht jetzt allerhand Ordnung und Reinigung). -- Abends Bilanzen berechnet. \tbentry{14}{6}{1964}{} Weiter alte Briefe (vom ersten Weltkrieg und vorher) angesehen und fortgeworfen. -- 4\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{bei Mia und Wim}. (Überlegungen, was für eine Wohnung ich suchen sollte für später. Wie es gehen würde mit Annemarie; hier, oder eher drüben. -- Auf der Rückfahrt erzählt Wim mir von seiner Depression nach seiner Frau Tod, 1952. Und ich sage ihm, wie schwer es mir wurde, \neueseite{537787} und immer noch ist, überhaupt das Faktum von Inas Tod wirklich mir zuzugeben; und dass, wenn ich abends allein bin, dass ich nicht solche Fassung habe (\textit{composure}) wie unter anderen; dass ich mich aber bei ihnen am besten fühle, weil sie beide Ähnliches durchgemacht haben.) -- Abends noch \textit{mss} von alten Vorträgen auf Karten notiert. \tbentry{15}{6}{1964}{} Briefe aussortiert in 2 Harmonikas (eine für Laufendes, die andere für Altes). -- 4-8 \textit{N} hier. \tbentry{16}{6}{1964}{} Die 2 Harmonikas fertig durchgesehen, vieles fortgeworfen. 5\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{Mia} hier (sie fährt mit mir zum Ende von San Vincente, und wir spazieren wieder am Meer und sehen das apartmentbuilding an, das unten an der Ecke vom canyon steht; von der oberen Straße fährt man in die 2 Etagen für parking, die über den Wohnetagen sind. Eine Einzelwohnung kostet 365 monatlich Miete! Dann gehen wir noch auf der \textit{Adelaide} entlang und schauen in den canyon hinüber, und zurück.) \tbentry{17}{6}{1964}{} Telefoniert mit \unl{}; und mit \textit{Oac. \unl{} Ins}. 1-2 \uline{mit Mia} (zum Barrington Plaza, einige apartments angesehen, schöne Aussicht), dann lunch hier zusammen. -- 3\textthreequarters{} \textit{N}. -- Aufgesetzt den Brief an Kahn (mit Dokumenten und Angaben über Vermögen und Versicherungen). \tbentry{18}{6}{1964}{} Weiter am Brief an Kahn (auch Vermögensstand 1954). -- 5-8 \uline{Olaf Helmer} holt mich ab. (Wir fahren mit Monika die \textit{Chalon}straße hoch hinauf; \unl{} dann nach \textit{N} weiter über den Hügelkamm. Dort ist eine ganz neue gewaltige Siedlung; mit riesigen Maschinen \neueseite{537789} bauen sie neue Straßen und auf den Hängen treppenförmige Terrassen, auf denen Häuser gebaut werden sollen; mit schönem Blick weit hinaus. -- Dann zum supper zu Helmers. Nachher kommen alle 4, mich nach Hause zu bringen. -- Sie wollen vielleicht übermorgen nach Stanford; es ist noch unsicher, weil Mutzli sich noch nicht ganz wohl fühlt; morgen wird sie zum ersten Mal zu Dr. Mott gehen.) \tbentry{19}{6}{1964}{} Brief von Chacha (sie redet mir zu, bald hinüberzukommen; dass es für Annemarie nicht gut wäre, ihre Arbeit zu unterbrechen.) -- Doris telefoniert; Brief von \textit{\uline{NSF}}: mein \uline{Gesuch ist bewilligt!} Nachmittags langen Brief an Kahn (diktiert an Mia; Liste der assets für 1964 bis 1954; Liste der Versicherungen). -- \textit{N} 4-7. -- \uline{Hempel telefoniert}. (Ich sage, dass ich wahrscheinlich nach Deutschland fliegen werde Anfang August; und bitte sie, zu kommen. Sie wollen es tun, und mit Helmers besprechen, die jetzt hinfahren.) \tbentry{20}{6}{1964}{} 11-3 \uline{Gordon Matthews} hier. (Er kommt alleine, Kuhns ist fleißig, muss nach Washington. -- Er tippt für mich \textit{P.S.} zum Brief an Kahn. Wir wollen zum Postamt gehen; aber Dermott fährt uns hin. -- Er hat die 2 Noten von Humburg handschriftlich übersetzt; er liest es mir vor, und ich mache keine Änderungen. -- Es wird nicht klar, wieso die zweite Note wirklich beweist, was er \unl{} will. -- Er macht Linsensuppe heiß, und wir essen 2-3. Dabei erzähle ich einiges von Inas Depression, und von den letzten Tagen. Er ist freundlich und verständnisvoll. -- Ich gebe ihm Schilppband ,,meinem lieben Freund``; er soll auch Kuhns sagen, dass er es nicht kaufen soll.) -- Alte Briefe aussortiert; die meisten fortgeworfen. \neueseite{537785} \tbentry{21}{6}{1964}{} Weiter alte Briefe sortiert. (Aufgrund eines Briefs von Grete vom 9.1.24 sehe ich Tagebuch nach: ,,hoch\kreuz\kreuz``!)\fnE{Siehe TB~4.\,I.\,1924\diaryref{TB-4-I-1924}.} 5 \uline{Mia und Wim} holen mich ab (wir fahren Amalfi hinauf bis zum Ende; dann links eine lange Straße am Berg entlang bis zur Huntington \unl{}, wo ich auch mal mit Ina gefahren war; und weiter; bis man im Tal unten links das Bay Seaside Camp sieht. Dort etwas spazieren.) Dann zu Mias Haus, und Abendessen, bis 9\,\textonehalf{}. \tbentry{22}{6}{1964}{} (Noch keine Antwort von Annemarie.) -- (Nachmittags und abends alte Briefe durchgesehen und aussortiert: von Sonja, Maina. Ich bin erstaunt, wie nahe, wie intensiv und lang dauernd die Beziehungen waren.) \tbentry{23}{6}{1964}{} (Kahn telefoniert, will allerhand Auskünfte auf meinen langen Brief hin. Auf meine Frage sagt er: Seine Gebühr für administration von Inas Vermögen wird das Gericht bestätigen; etwa 2.6\,\%!) -- (Brief von Annemarie; sie macht mir auch Mut, hinüberzufliegen. Daraufhin beschließe ich vorläufig: 5. Aug. Ich schreibe Brief an Erna und Annemarie, um das mitzuteilen. -- 5\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{Mia} hier (sie macht beim Reisebüro Rento Reservation für mich: Flug über Paris nach München, 5.8!). -- (Gebadet.) \tbentry{24}{6}{1964}{} Nachmittags gekramt. Briefe an Agnes und Gusti. Nachmittags \textit{N}. -- Brief an Rafael angefangen. \tbentry{25}{6}{1964}{} Brief an Grete; langen Brief an Rafael fertig. -- 5\,--\,7\,\textonehalf{} Mia hier. \tbentry{26}{6}{1964}{} \textit{\uline{Heini}} hier 11\,--\,12\,\textonehalf{}. (Er hat meine Adresse nicht gefunden, weil er anscheinend ein altes Telefonbuch benutzt hat. Er hat dann Grete angerufen; da war Missverständnis mit der Hausnummer: \neueseite{537791} Er meint, sie hat gesagt ,,506``, und so ist er damals an dem Haus gegenüber gewesen; dann hat er Grete geschrieben, und meine Adresse bekommen. Ich erzähle ihm vieles von Ina: Bruder, Mutter. Angst vor Hospital; Vertreibung aus unserem Nest, usw. Er sagt, in 1959 hat Ina mit ihm gesprochen \gestrunl{}, als er mit Chacha herkam; sie hat mit einiger Aufregung gefragt: warum musste denn Chacha überhaupt herkommen? Aber Chacha hat ihm dann später gesagt oder geschrieben, dass sie sich mit Ina gut verstanden hat, als Ina sie zum Flugplatz fuhr. Er sagt, er kann gut mit mir fühlen; als seine Tochter starb, war er furchtbar erschüttert (das hat mir damals auch Chacha geschrieben); aber die Zeit heilt Vieles. Er will nochmal herkommen, bevor sie am 3.7. nach \textit{S. B.} zurückgehen. Ich sage, dass Annemarie nicht für länger herkommen kann. Er fragt, ob ich nicht ganz nach Deutschland zurückgehen will; er würde, wenn er Dolly nicht hätte, sicherlich nach Mexiko zurückgehen. Ich sage, das ist doch schwierig; inzwischen habe ich Freunde hier, und außer der Familie kaum welche drüben. Dann sagt er, vielleicht könne Annemarie doch für länger herkommen und hier auch etwas lernen. Ich sage, Chacha schreibt Annemarie, nach dem Auseinandergehen mit Kuhn, braucht die Stabilität der Arbeit.) -- Das Kontobuch aussortiert. \uline{Bilanz} für 26.5. aufgestellt. (Es kommt auf \uline{210\,\textit{M}}! Die stocks sind 185\,\textit{M}; im Kontobuch berechnete Ina für 17.4.: stocks für 154\,\textit{M}, schrieb aber dazu ,,ganz unwahrscheinlich, weil \gestrunl{} 27 M bar dort``). \tbentry{27}{6}{1964}{} Briefe gekramt. -- 4\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{David Kaplan} holt mich ab. (Ich sage, dass ich Anfang August nach Deutschland fliegen will, vielleicht für 6 Wochen; vielleicht auch Wien, wenn Feigl da ist. Sie finden das sehr gut. \neueseite{537793} Ich berichte, dass \textit{NSF} für 3 Jahre bewilligt ist; sie sind sehr erfreut; David erinnert mich, dass er das immer vorausgesagt hat. -- Ich sage David vom stock Markt; dass die stocks seit Januar ca. 20\,\% gestiegen sind; dass die Verkaufslinie (positiv oder negativ) gewaltig schwanken, sogar die jährliche, während die dividends ziemlich gleich bleiben. Er selbst sagt, dass es sehr günstig ist, wenn ich 3 Jahre noch nicht retirements benefits herausnehme, sondern im Gegenteil dazu zahle; er sagt, die benefits werden \sout{sich}\gestrunl{} berechnet als ein Prozentsatz vom letzten Gehalt, der Prozentsatz ist prozentual zur Anzahl der Jahre. -- Sie stimmen auch zu, dass ich zunächst das Haus behalten will, und mich dann in Ruhe nach einem apartment umschauen will. -- Ren\'{e} und Jordan fahren mit; \unl{} auf meinen Vorschlag kommt sie noch herein und sieht Inas psychoanalytische Bücher durch; ich rede ihr zu, so viele zu nehmen, wie sie will; daraufhin nimmt sie ca. 25 Bücher. Ich wollte noch sagen, sie soll es als Abschiedsgeschenk von Ina nehmen; aber ich fühle die Tränen zu nahe, und sage nichts.) \tbentry{28}{6}{1964}{} Briefe gekramt. -- 4\,\textonehalf{} \uline{Mia und Wim} hier. (Ich diktiere Mia einen Dankbrief an \textit{NSF}.) 6\,--\,8\,\textonehalf{} wir alle \uline{zu Helmers}. (Sie sind zurück von der Woche in Stanford. Alle 3 reden mir sehr zu, für den Flug nach Deutschland erste Klasse zu nehmen; aber es scheint mir übermäßig, 2 x 180\,\$ \sout{zu} Differenz zu zahlen, bloß für eine wenig größere Bequemlichkeit und Sauberkeit.) \tbentry{29}{6}{1964}{} Gelesen (im soeben angekommenen neuen ,,Handbuch \unl{} mathematische Funktionen, mit Tafeln``). -- Wim kommt 5\,--\,8\,\textonehalf{} (er hat Mia zum Flugplatz gebracht. Er löst im Auto die elektrische Verbindung der Batterie. Er schraubt meine Bettlampe auseinander, \neueseite{537799} er will neue Teile dafür kaufen.) -- Abends zum ersten Mal \uline{Grammofon} gespielt seit Inas Tod (Schuberts Quartett ,,Der Tod und das Mädchen``; besonders der zweite \unl{} Satz ist besonders bewegend für mich, Variation über den zweiten Teil des Liedes: ,,Es ist so schön``; \gestrunl{} zugleich so traurig, und auch erlösend. Ich lese, dass Schubert zu der Zeit sehr krank und deprimiert war, eines seiner letzten Jahre; das Lied hatte er viel früher komponiert.) \tbentry{30}{6}{1964}{} Brief an Mrs. Courtenay geschrieben. -- 3\,\textonehalf{} kommt \textit{\uline{Mrs. Bergson}} (sie wohnen 522, 21 \unl{} Straße. Hempel hat von ihnen gesprochen und gesagt, sie sei ganz besonders nett. Sie hat fast weiße Haare, sie bringt ihren Hund mit, einen kleinen \textit{beagle}. Ihr Mann war dies Jahr am Stanford Center und sie haben sich ganz besonders mit Hempels befreundet. Er ist economist, früher Columbia, jetzt Harvard, befreundet mit Haberl\blockade{}; interessiert an Russland. \gestrunl{} Um 4 will sie nach Hause; ich gehe mit, und sie macht mir einen \textit{caf\'{e} au lait}. Dort ist eine 16-jährige Tochter \ldots{} Ich spreche vom Plan, nach Deutschland zu gehen. Und hier Wohnungssuche, \unll{} Problem: die vielen Bücher und Sonderdrucke usw. -- 5.) 4 \textit{N}. \tbentry{1}{7}{1964}{} Gelesen und gekramt. -- Mittags Olaf hier zum lunch. -- 4 \textit{N}. \tbentry{2}{7}{1964}{} \uline{Zum ersten Mal wieder an \textit{pr} gearbeitet}. (Zum ersten Mal seit 26.4., richtig 6.4.) Über Humburgs Kritik an (15-2); ich hatte ,,zugelassene Region im Attributenraum zu weit definiert``). -- Ich sage Dermott, dass ich noch mindestens einige Monate \luecke\fnA{Überklebte Stelle.} Haus behalten will. -- \neueseite{537801} 5\,\textonehalf{}\,--\,8 \uline{zu Helmers}. (Olaf holt mich ab; wir fahren auf den Westridge, noch weiter hinauf als neulich; sehr schöner weiter Blick herum. Ich erzähle von N\ae ss' Himalayaexpedition. Mutzli sagt, sie ist sehr zufrieden mit Naomi.) \tbentry{3}{7}{1964}{} \uline{Heini} telefoniert (er hatte Brief oder Karte von Grete vom 26.; sie wird jeden Tag kräftiger, aber Operation werde doch wohl nötig sein.) -- An \textit{pr} (\textit{AS}, \textsection{}\,19). -- 4 \textit{N} (als sie wegfährt, gehe ich zum Auto und begrüße Mrs. Gray, \textit{N's} Mutter.) \tbentry{4}{7}{1964}{} 10 \textit{Helmers} alle, bringen mir Eßsachen. -- 10\,\textonehalf{}\,--\,2 \uline{Matthews und Kuhns} hier. -- Nachmittags an \textit{pr}. (Weiter überlegt über Fehler in (15-2), die zulässige Region im Attributenraum.) -- Abends gelesen in der Biographie des Großvaters (das letzte Kapitel: im Ruhestand: seine Tochter führte den Haushalt und half ihm bei seiner Arbeit). \tbentry{5}{7}{1964}{} An \textit{pr} (\textsection{}\,19 \gestrunl{} Skelett weiter.) 5-8 \uline{Prof. Bergson und Frau} holen mich ab, \uline{zu Helmers}. (Ich sehe \textit{B}. zum ersten Mal. Er ist interessiert an Wohlfahrtökonomie. Er will ethische Postulate dafür formulieren, um die wissenschaftliche Ökonomie anwenden zu können in economic policy. Dabei nimmt er \unl{} an ohne risk, sodass er nicht quantitative \textit{util}. Funktionen braucht, (die er ,,cardinal`` nennt) sondern nur ,,\textit{ordinal}``. Er spricht von Hayek und Ludwig von Mises, die beide bezeugt haben, dass die russische Wirtschaft sehr \textit{wasteful} ist, wegen künstlicher Preise und oft willkürlicher Beschlüsse. Oskar Lange habe dagegen geschrieben. Er selbst ist sehr \neueseite{537795} an der russischen Wirtschaft und Planung interessiert; er möchte genaue Faktenuntersuchung machen, ob die Produktivität der ganzen Wirtschaft \gestrunl{} geringer ist als es sein könnte. Ich frage, ob er wohl mehr mit Mises und Hayek übereinstimmt, und er sagt, \gestrunl{} im ganzen ja. -- Später sage ich mal, dass ich mit den allgemeinen Prinzipien von Russells politischen Normierungen übereinstimme, wenn auch nicht jeder seiner \gestrunl{} Aktivitäten. Er ist gescheit, aber nicht sehr klar, weiß eine Menge, ist ernstlich interessiert, aber denkt anscheinend, dass das amerikanische System und die democratic party, sehr gut sind.) \tbentry{6}{7}{1964}{} Brief von Mia (die Rafael getroffen und Grete besucht hat, und von Rafael, und von Agnes (die erwägt fragende \unl{}).) -- Etwas an \textit{pr}. -- 1-3 \uline{Heini} kommt (er fährt mich nach Westwood Village, zu einem Restaurant hoch in einem Hochgebäude; aber die lassen mich nicht zu ohne Jacke! Dann gehen wir in \textit{Ships}. Er erzählt von Grete, dass sie sich leicht mit Leuten verkracht; auf ihn war sie sehr böse wegen der Geschäftssache; auf Sven war sie böse, weil er sich von Ursula verführen ließ, als die bei ihm wohnte. Aber jetzt steht er wieder gut mit Grete und allen. \gestrunl{} Er sagt, sein ganzer Lebenszweck sei, Dolly glücklich zu machen. Wenn sie stürbe, würde er \gestrunl\gestrunl{} sicherlich nach Mexiko zurückgehen; mit den Amerikanern versteht er sich gar nicht gut, weil sie so ungebildet sind und man mit ihnen keine gemeinsamen Interessen findet; am liebsten würde er dann zu Nena nach \textit{Oaxaca} gehen. -- Er kommt noch mit zu \editor{mir} her und zeigt mir seine Familie auf Fotoalbum; von jedem seiner Geschwister \neueseite{537797} hat er die Fotos von Kindheit bis Jetztzeit; auch von den Eltern frühe Bilder, die interessant sind. -- Übermorgen gehen sie zurück nach S. Barbara.) -- 6\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{Wim} hier. -- (In den letzten 3 Abenden habe ich \uline{gelesen in den Büchern vom Großvater und von der Mutter}: über die Gefühle der Haltung der Familie vor \editor{und} nach dem Tode der Großmutter, des Großvaters, und meines Vaters. Trotz der natürlich ganz und gar religiösen Sprache ist es mir doch sehr eindrucksvoll rein menschlich, wie gefasst und ruhig \editor{sie} ihrem eigenen Tod entgegensahen; und andererseits auch, wie stark erschüttert die Hinterbliebenen waren, z.B. sagt der Großvater, dass nach dem Tode seiner Frau die Trauer um den Verlust ihn oft überkomme, während des ersten Jahres, so stark, dass er den Kopf hängen \editor{lassen} musste und sich durch leises Weinen ,,Luft machen``. Es ist aber auch klar, wie sehr der Mythos des sich später Wiedersehens den Schmerz des Verlustes erleichterte; es ist ein hoher Preis, den wir für die Befreiung vom Mythos zahlen müssen.) -- (Heute zum ersten Mal \uline{kleines} Nembutal anstatt großes.) \tbentry{7}{7}{1964}{} Langen Spaziergang (zum Haarschneider; und einige Einkäufe dort.) -- Brief an Rafael. -- An \textit{pr} (\textsection{}\,19 weiter). -- 4 \textit{N}. \tbentry{8}{7}{1964}{} An \textit{pr} (\textwh{\textsection{}\,19 weiter}). -- Brief von Siri: Ich soll nach Norwegen kommen! -- 5\,\textonehalf{}\,--\,9 bei \uline{Helmers}. (Ich erzähle von Siris Brief, und Ofstads in Mexiko. Und von meiner Schwedenwanderung. Und vom Krieg, und Heirat; und 1923 Reise mit dem Baby nach \textit{NY}, \unll{}, und nach Mexiko.) \tbentry{9}{7}{1964}{} Endlich Brief von Annemarie; 5. August Reise passt ihnen. -- 11:30 \uline{Frau Jokl} holt mich ab. (Kurz zum \neueseite{537809} Zahnarzt, die gebrochene Platte gezeigt. Ich soll sie Montagfrüh hinbringen. -- Drugstore. - Mittagessen bei Jokls. Beide sind froh, dass ich mich fest entschlossen habe, nach Deutschland zu fliegen. Sie wollen im Oktober hinüber; ihr Bruder in \textit{Nice} ist plötzlich gestorben. Da sind Frau und Sohn. \gestrunl{} Und seine Schwester in Berlin ist plötzlich krank geworden. Sie spricht auch davon, dass ich nicht erster Klasse fliegen will; aber sie hatte sich so klargemacht, dass der Unterschied noch vergrößert wird durch die 20\,\% Reduktion in der economy Klasse.) -- Nachmittags an \textit{pr}. \tbentry{10}{7}{1964}{} Vormittags kommt Olaf kurz (bringt mir Brief; er sagt, Mutzli ist wieder schlechter, vielleicht muss wieder radioaktives Jod angewendet werden. Ich sage ihm, dass Mrs. Black telefoniert hat: es würde doch zu umständlich für sie, in das Haus zu ziehen, weil sie dann ihre Möbel in Aufbewahrung geben müsste und nachher wieder herausnehmen.) \unl{} Kopie der Briefe von Grete. -- An \textit{pr}. - \tbentry{11}{7}{1964}{} 10-2 \textit{Franz \uline{Oppacher}} hier. (Macht bei Juhos in Wien Doktorthese über ,,Analytizität in Carnaps Philosophie``. Juhos ist nur Titularprofessor, wenig Chance auf Promotion. \textit{O}\editor{ppacher} ist aus Innsbruck. Dort hat \textit{Dr}. Rudolf \textit{Wohlgenannt} (Mathers schreibt das, 6, \unl{}) ihn auf Logik und Empirismus hingewiesen. Er hat allerhand von mir gelesen, besonders \textit{M} \& \textit{N}, er hat auch Logik und Syntax, hat Phänomenologie und Carnap gelesen, ist böse auf Popper, dass dieser in Wien immerzu gegen die Induktivisten redet, aber meine Philosophie entstellt. \textit{O}\editor{ppacher} selbst hat einmal in der Diskussion gegen Popper gesprochen. Er hat nettes schmales Gesicht, ist nett und genauso gescheit, wenn auch nicht brilliant und eifrig für die ,,gute Sache``; \neueseite{537811} Er ist erst 22 Jahre alt, aber nicht schüchtern. Er fragt erst nach Literatur über ,,analytisch``; dann, auf meine Aufforderung hin auch über Probleme, z.B. Quines Frage, woran man die meaning Postulates erkennt. -- Er wünscht sehr, dass ich im Herbst nach Wien komme. Ich sage, wenn ich nicht dorthin komme, vielleicht kann er mich in Stockdorf besuchen; das täte er sehr gerne, und würde gern Dr. Wohlgenannt mitbringen; er wird wahrscheinlich 10.9. bis Ende September \gestrunl{} bei den Eltern in Innsbruck sein, und mir dann nach Stockdorf schreiben.) -- 6-10 \uline{Wim} hier. (Ich zeige ihm Mias Brief aus Mexiko, und lese aus Gretes Brief vor, über den Besuch von Mia, Rafael und Braut. - Später erzähle ich ihm, wie ich in den Biographien von Großvater, Vater und Mutter Trost gefunden habe; die religiösen Formen stören mich dabei; aber was für einen Preis wir zahlen müssen für das Aufgeben des Mythos, der ihnen ein wirkliches Wiedersehen mit den Abgeschiedenen verhieß! Da stimmt er sehr zu. Er erzählt, wie er an einem Lied von einem Sohn von Bach gehangen hat: ,,Gut, wann lässt das mich sterben`` oder so ähnlich, voll von Sehnsucht nach dem Abschied und Wiedersehen.) -- Nachmittags an \textit{pr.} - \tbentry{12}{7}{1964}{} Vormittags an \textit{pr.} -- Helmers kommen kurz und bringen Eßsachen; sie waren am Strand. -- 4-8 \uline{zu David und Ren\'{e}}. (Sie stimmen mir gegen Mia zu, dass erste Klasse zu teuer ist. -- Er sagt, das department hat sich einstimmig für Hempel interessiert; aber da Princetongehalt bekannt sind als besonders hoch, glauben sie, dass sie nicht damit konkurrieren könnten. Ich erzähle über Montagues Urteil im department meeting über Philosophie der Wissenschaft von Reichenbach, Russell, und mir. Ich sage, Feigl ist ausgezeichneter Lehrer, wenn auch nicht origineller Denker. -- \neueseite{537805} David macht jetzt vollständig Ferien, macht nichts an seiner thesis, liest auch kaum in Zeitschriften oder dergleichen, geht selten ins department, gibt täglich \textit{ca}. 1\,\textonehalf{} Stunde für \textit{NY Times}, die er mit Luftpost bekommt (nicht einzeln, sondern von einem Mann, der ein ganzes Paket schicken lässt; das bekommt er schon mit der Post aus \textit{LA} am \gestrunl{} Mittag des Tages, für den die Zeitung ist!)) \tbentry{13}{7}{1964}{} Gelesen und gekramt. -- Nachmittags Frau Jokl fährt mich zum Zahnarzt (ich bekomme die reparierte Platte zurück). - Abends zum ersten Mal wieder \textit{TV} (wegen der repubikanischen convention in San Francisco; aber es ist nichts los. Das \unl{} ist erst \textit{Th}.) \tbentry{14}{7}{1964}{} 11 \uline{Kalish}, 12 Montague. (Ich sage, dass ich am 5.8. nach Deutschland fliege, und dass ich einstweilen das Haus behalten will; und dass \textit{NSF} grant \unl{}iert ist. 1h fahren wir zu \textit{T}\unl{} am Ozean, etwas nördlich von Sunset. Sie wollen mich einladen, aber ich bestehe darauf, dass sie die Gäste sind. Montague sagt, dass er arbeiten will über philosophische Probleme: Mengenlehre, nämlich intuitive Gründe für oder gegen gewisse Annahmen. Ich sage, dass ich, entgegen Fraenkel, optimistisch bin, dass intuitive Einsicht uns noch viel weiterhelfen wird in \unl{} über zusätzliche Axiome; z.B. Gödel gibt vom Bruch im \unl{} doch einige Konsistenzen aus der Kontinuumshypothese an, die ihm implausibel erscheinen (ich vergaß, ihm zu sagen, dass ich sogar langes \unl{} zu seiner Erwiderung auf Fraenkel stenografiert habe; ich gab es aber auf, weil es zuviel Zeit kosten würde.) Montague sagt mir Grüße von Tennenbaum. Montague \gestrunl\gestrunl{} hat das Ziel, \textit{UCLA} pilosophisches department zur besten Stelle für Logik im Lande zu machen; \neueseite{537803} das sei jetzt möglich, weil ein Logiker (Kalish) chairman ist. Ich sage: Berkeley ist doch nicht leicht zu überflügeln. Montague: Nicht in den nächsten Jahren, aber Tarski wird in einigen Jahren in den Ruhestand treten, und Dana Scott ist fort.) -- Nachmittags etwas geschrieben und gekramt. - \tbentry{15}{7}{1964}{} 11-12 \uline{Mia} hier. (Sie bringt mir langen Brief von Rafael mit Fotos von ihm (jetzt) und seiner Verlobten Olberta (sehr nett). Mia ist gestern aus Mexiko zurückgekommen, mit ihrem Bruder und dessen Familie; \gestrunl{} sie fahren aber alle schon morgen, auch Wim, im Auto nach San Francisco. Sie erzählt von Grete, von der sie sehr angetan ist, dass sie doch vielleicht eine leise Hoffnung habe, dass die Operation nicht \sout{mög} nötig sei; aber jedenfalls, da es ihr jetzt gut gehe, wird die Operation, Entfernung der Gallenblase, die voll von Steinen ist, für ebenso ungefährlich angesehen. Sie hat sich gleich sehr gut mit Rafael verstanden, und schon bald, als er fragte, wie er sie anreden solle, gesagt ,,Mia``. Er hat ihr viel erzählt von seinen Gesprächen mit Ina ohne mich, von denen er jetzt auch in seinen Briefen an mich spricht; auch, dass Ina ihm allerhand Intimes über sie, Mia \gestrunl{} mitgeteilt habe, einschließlich ihrer Beziehung zu Wim und auch zu mir (vermutlich über ihre Gefühle und Ansprüche zu mir, bevor sie Wim kennenlernte). Das Mädchen Olberta ist 21 Jahre, studiert Philosophie, und Rafael war entzückt, dass sie meinen Namen schon daher kannte. Mia ist sogar umgezogen zu deren Familie, eine Senora Hansberg, die Mutter ist mexikanisch; mehrere Geschwister, die Schwestern alle sehr hübsch. Rafael hat sie gestern nach \neueseite{537807} \textit{Queritaro} \editor{gefahren}; aber ohne ihn sind sie in einem Auto mit Chauffeur gefahren nach \textit{San Miguel}, \unl{} und Pa\unl{}; dort auf das alte \unl{}; und auch auf die Insel; alles in 3 Tagen. Rafael hat sie alle eingeladen zum Restaurant auf dem latein-amerikanischen Turm, wo er damals mit uns war.) -- Nachmittags gelesen, geschrieben und gekramt. \tbentry{16}{7}{1964}{} \gestrunl{} Briefe geschrieben. 1\,\textonehalf{}\,--\,3 Olaf bringt \uline{beide Hempels} her (wir essen alle zusammen lunch. Sie wohnen bei Helmers. 4-5 \gestrunl{} mit Hempel gesprochen. Ich sage ihm, ich möchte ihm das Flugticket schenken; er sagt, sie benötigen es nicht.) 6h alle \uline{zu Helmers}. (Ich erzähle von Marokkoreise, vom Schachspiel, vom Esel und Hund.) 9 nach Hause. \tbentry{17}{7}{1964}{} Vormittags mit \uline{Hempels hier}. (Ich habe in seinen Schilppband geschrieben: ,,Für Peter und Diane, in liebender Erinnerung an alte Freundschaft in Wien, Prag, Santa F\'{e}, von Carnap und Ina. Im Jahr der Trauer, 1964.`` Beide sind gerührt. Ich gebe ihm 60\$ Scheck als Reisezuschuss; aber Diane ist zornig, dass er es annimmt; bis ich sie auch überrede. Später kommt Frau \uline{Rita Bergson} und fährt uns zum market an der 26. Straße; dort essen wir lunch, dann hilft Hempel mir, Eßsachen einkaufen. -- Nachmittags mit Hempel über philosophische Sachen. Induktive Logik. Ich erkläre: Wichtigkeit des $\lambda{}$-Systems; immer bleibt subjektive Freiheit, aber sie wird enger.) -- Abends an Annemarie geschrieben. \tbentry{18}{7}{1964}{} 11 \uline{Hempel} kommt (über induktive Logik. \neueseite{537815} Ich erkläre meine Idee, wie man Probleme ,,erfinden`` könnte. Auch Unterschied zwischen ,,Definition`` von \textit{pr,} und Bestimmung von Regeln für normierte Werte; analog zu ,,Definition`` von Temperatur, als Grad der Wärme, und Regeln. Hempel fragt, ob die ,,Definition`` nicht einfach die Aufgabe einer Explikation ist; das könnte man wohl sagen; aber es ist eine ungewöhnliche solche Angabe, sodass meaning und Zweck des Begriffs klar werden. Ich sage, es fällt mir schwer, zu verstehen, wie Nagel noch immer an einigen Tagen Zweifel haben kann, ob es überhaupt so etwas gibt wie logische \textit{pr}. Ich bin durch die vielen Jahre der Arbeit daran, und des Erfolges der Arbeit ganz überzeugt, und es fällt mir schwer, mich in Anderes hineinzuversetzen. Nagel scheint mir auch ausführliche Aussprache vermeiden zu wollen, schon seit meiner Zeit in Princeton.) -- 1h Helmer und Diane kommen (wir\fnA{Original \original{sie}.} fahren zusammen zum kleinen französischen Restaurant in Lindbrook, zu dem mich Richard damals bringen wollte. Dies ist wirklich nett, gutes Essen, nicht zu hohe Preise.) 3h zurück. -- 4\,--\,5\,\textonehalf{} Gespräch mit \uline{Hempel und Diane}. (Über meine Wohnungsprobleme, weil ich nicht weiß, was aus mir wird, wo ich sein werde, usw. Sie meinen, es wär' daher ganz richtig, das Haus zu behalten; und ich soll es später auf monatlicher Basis weiter behalten, bis ich deutlicher weiß, was ich will, und mir so etwas Entsprechendes suchen kann. Über Europa. Sie meinen, einige Monate könnte man wohl dort sein; aber sich für dauernd umzupflanzen, das wäre doch zu schwierig. Ebenso aber auch, einen Menschen von dort nach hier umzupflanzen.) -- Abends an Agnes geschrieben. \neueseite{537819} \tbentry{19}{7}{1964}{} (Die Badezimmertür hat sich verschlossen; auf meinen Anruf kommt Dermott und macht sie auf.) 11-1 \uline{Hempels hier}. (Sie reden mir zu, auf der Reise einige Tage nach Princeton zu kommen; und dann vielleicht sogar dauernd hinzukommen. Ich sage: schlechtes Klima; aber sie sagen, mit \textit{air cond}. geht es ganz gut; im Winter allerdings doch Schnee und Schlamm. Jeffrey will dort wohnen, weil er in \textit{NY} unterrichtet; das wäre wichtig für mich. Und Hempels sind mir lieb und nah. Er sagt: für ihn ist großer Vorteil, dass er alles zu Fuß erreichen kann, 10 Min. zur Universität. Auch die politische Atmosphäre sei angenehmer als hier: in meiner Nachbarschaft hier haben sie allerhand Goldwater-Schilder gesehen. In Pr. sind zwar die meisten auch Republikaner, aber fortschrittlich, wie Rockefeller; ich sage: das ist mir aber doch nicht genug. Sie sagen, unter den Gebildeten gibt es alle möglichen Auffassungen.) 1h Helmers kommen, sie fahren uns \uline{alle zu \textit{Wohlstetters}}, Albert und Roberta. (Sehr schönes Haus, moderne Einfachheit, alle Wände nach Süden sind Glas, aber mit Vorhang davor, sodass es nicht so heiß wird (er sagt: etwa 10$^\circ{}$ mehr als in \textit{SM.}) Es kommen noch \textit{Dr. Mesteni} und Frau (seine Eltern sind aus Griechenland); er kennt Bücher von mir, hat bei Nagel Logik und Philosophie der Wissenschaft studiert, arbeitet in einem Institut für Gesellschaft und Wissenschaft (oder so ähnlich), Beratung von Wissenschaftlern oder der Regierung über Organisation von Wissenschaft usw. Die meiste Zeit am großen Schwimmteich. Ich gehe auch hinein, das Wasser ist angenehm geheizt; ich schwimme lange und munter. Dann wird am Teich einiges gegessen; dabei eine große Menge von Salat. -- 4-4\textthreequarters{} mache ich nap in ihrem Schlafzimmer. Dann bald Abschied; sie sind freundlich und laden mich ein, wiederzukommen.) \neueseite{537817} Wir fahren durch den Laurel canyon (sie wollten mich zuerst nach Hause fahren, auf meinen Wunsch: ich sage auf einmal: ich bin nicht müde, ich will mit zum Flughafen kommen; Hempels freuen sich. Herzlicher Abschied. Ich sage: nächstes Jahr in Mexiko! Ich habe ihnen heute morgen von der geplanten Konferenz für Sept. 1965 erzählt: beide möchten gern kommen.) Helmers fahren mich nach Hause. 6\textthreequarters{}. - \tbentry{20}{7}{1964}{} Ich merke, dass ich gar nicht durchkomme mit Korrespondenz. (Doris sucht für mich eine typist; nachmittags und abends mache ich Notizen für Diktieren morgen.) -- 6-8 supper bei \textit{\uline{Mrs. Bergson}} und \textit{Lucy.} (Ich erzähle vom Anfang unserer Philosophie, Reichenbach, Erlangen, Wiener Kreis. Auch Pr\unl{} 1936, mit ihren Vorurteilen.) Nachher fährt sie mich zum Ozeanpark, und wir spazieren am Meer entlang. (Es ist so schön! Dann muss ich immer denken: wenn sie doch hier wäre!) \tbentry{21}{7}{1964}{} Vormittags Briefe vorbereitet. -- 3-7 Briefe diktiert (7). Zu \textit{Darlena Christiansen}, 21 Jahre, im college, nettes blondes Mädchen, auch einiges deutsch diktiert; aber das ging doch langsam. Dann bitte ich sie zum dinner zu bleiben und zu kochen, Kobesteak und Karotten. Sie ist still, nett, unbefangen, 4 Stunden zu 2\,\$. Ich gebe ihr noch 2 dazu für Kochen und Aufwaschen; ich helfe abtrocknen. \tbentry{22}{7}{1964}{} 10 zu \uline{Dr. Piper} (er operiert einen kleinen Pickel, am linken Arm oben). 11 zu \uline{Dr. Brann}. (Zähne gereinigt. Er findet eine kleine \unl{}, will Gold inlay machen am 27.) Frau Dr. Jokl fährt mich; dann zu Jokls zu einem schnellen \uline{lunch}. -- Nachmittags \gestrunl{} die übrigen diktierten Briefe fertig gemacht. -- \textit{\uline{Myra}} kommt, \neueseite{537813} um mich abzuholen (sie findet das Haus sehr nett. Sie fährt mich zu ihrem Haus. Unterwegs erzähle ich noch einiges von Ina; sie hat anscheinend schon vieles telefonisch von Maggie Helmer erfahren. \textit{George} ist da. Er ist jetzt chairman von der ganzen \gestrunl{} \textit{School of Bus. Admin}. geworden. -- Beim Abendessen ist die 17-jährige Tochter \textit{Lea} und 15-jährige \textit{Michaela} und der kleine \ldots{} Nachher sprechen wir noch bis 9. Myra sagt, sie möchte mir gerne etwas helfen; aber ich sage, so kurz nach der Rückkehr mit einer großen Familie hat sie schon genug zu tun. Beide zusammen fahren mich nach Hause.) \tbentry{23}{7}{1964}{} \gestrunl{} 10\,--\,11\,\textonehalf{} zu \uline{Dr. Halpern} (allgemeine Untersuchung, \textit{X}-ray, Kardiogramm, usw. Er sagt, so weit ist alles in guter Ordnung. Über den Verlust von Ina sagt er: Man muss das Vergangene vergessen; und das kann man nur durch neue Dinge, besonders Arbeit; Depressionen, glaubt er, sind bloß verursacht durch defekten Stoffwechsel; nur weiß man leider nicht, wie.) -- Zur \uline{Bank} (Genehmigung des Kontos auf meinen Namen; 1080 \$ Reiseschecks gekauft; 5\unl{} \$ nach Gummersbach geschickt. Alles das mit immerzu Stehen!) Und dann draußen 25 Min. auf Taxi gewartet; die Sekretärin telefoniert zweimal; ich kann schon kaum mehr aufrecht stehen. (Die 3 Taxis, Mietauto, 8\,\$.) Sofort ins Bett gegangen, 1\textonequarter{}-2\,\textonehalf{}. Dann Butterbrot gegessen. - 5\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{Olaf} holt mich ab zum supper. \tbentry{24}{7}{1964}{} Vormittags geschlafen. \gestrunl\gestrunl{} \uline{Tippen angefangen}, zum ersten Mal nach vielen Jahren; es geht nicht schlecht. -- 3 Olaf holt mich ab. \neueseite{537821} Wir holen Mutzli und Monika. Mutzli muss 3:30 zu Dr. Frisch, auch an Loxbury\blockade{}) -- 4-7 \uline{zu Dr. Mott} (zum ersten Mal seit 28.5. Er fragt, wie es mir innerlich geht. Ich sage, ziemlich gut; eigentlich erstaunlich gut, verglichen mit der Zeit Ende Mai. Ich berichte vom Tag mit Hempels bei Wohlstetters. Plan der Europareise; ich bin selbst erstaunt, dass ich es allein wage, wo ich früher mir Sorgen machte über die Reise zusammen mit Ina. Ich will zunächst das Haus behalten, um jetzt nicht Umzug zu machen. Aber was nachher wird, ist mir unklar. Ob Annemarie doch herkommen könnte für \textonehalf{} Jahr, ist sehr unsicher. Ich lasse zunächst alles offen, wo ich später leben werde. Ich kann mir schwer vorstellen, \textit{LA} ganz aufzugeben, wo ich jetzt gute Freunde, besonders Mia und Wim, und Helmers; und für meine Arbeit ist es eher besser als in Europa. Andererseits lebe ich hier als Einsiedler, was gar nicht schön ist. In Deutschland könnte ich vielleicht mit Annemarie oder Chacha zusammen sein. Vor 4 Jahren in Mexiko mochten wir uns wieder sehr gern. Vielleicht ist das wieder so. Aber ich darf doch eine Mutter nicht von Kindern und Enkeln wegführen; und Annemarie scheint auch stark an ihre Arbeit gebunden, und auch Geschwister und Freunde, also kann sie höchstens zeitweise. So sehe ich nicht mal die Möglichkeit einer Lösung. Er sagt: Man muss auch in Betracht ziehen, was heute viele tun: hin und her gehen zwischen Amerika und einem Platz in Europa. Ich sage: Aber mein jetztiges Problem mit dem Haus hier, das ich durchbezahle, geht ja nicht für längere Zeit. Er sagt, die Leute nehmen oft eine möblierte Wohnung; es müsste in der Nähe von Läden sein, da Chacha nicht Auto fährt. \gestrunl{} Er sagt \gestrunl{537825} allgemein, ich tue recht daran, alles flexibel zu halten, und zu sehen, wie ich mich fühle mit Menschen und Umständen. -- Er fragt, ob ich nochmal kommen will oder nicht, beides ist recht. Ich hatte es nicht vorgehabt; aber nach kurzer \uline{Überlegung} sage ich ja. -- Erst nachher fällt mir auf, dass ich die ganze Zeit über meine gegenwärtigen Tage, den Reiseplan und Zukunftsmöglichkeiten gesprochen habe, und gar nicht über meine Gefühle über Ina; ist das gut?) -- 5\,\textonehalf{} \uline{mit Helmers ins französische Restaurant} (ich lade sie ein, mit tip 13\,\$). Sie bringen mich nach Hause und geben mir Obst usw. -- \sout{Brief} Geschäftsbrief getippt; an Annemarie geschrieben. \tbentry{25}{7}{1964}{} Briefe für morgiges Diktieren vorbereitet, und einige geschrieben. -- 4-5 \uline{Mia} hier (ihre Familie ist noch da, bis Dienstag. Sie fragt über Rafael, wieso ,,mein Sohn``. Ich erkläre ihr, dass wir mit ihm ganz andere Beziehung haben als mit den 2 anderen Philosophen; mehr persönlich. Mia fragt, er sei doch wohl kein Sozialist. Ich: aber sehr heftig, und politisch tätig, Gedichte für ermordeten Freund; auch theoretisch mehr kundig im Politischen als die beiden anderen, die aber auch Sozialisten sind; er hat bei ihr nichts davon erkennen lassen; ich sage, vermutlich weil \gestrunl{} sie mit einem Geschäftsmann als Bruder auftrat. Sie sagt, er hat ihr auch gesagt, er wolle seine \unl{} Arbeit im Verlag, wo er monatlich die \gestrunl{} bekommt, aufgeben, um an \textit{UCLA} mit seiner Frau zu studieren. Sie hat ihm aber abgeredet, eine so gute Stellung einfach aufzugeben, wo er gerade geheiratet hat.) -- Briefe an Hanneli und Johannes geschrieben. \tbentry{26}{7}{1964}{} (9\,\textonehalf{} sollte Darlena Christiansen kommen, kommt aber nicht. \gestrunl{} Ich rufe an; mir scheint, ich habe sie aufgeweckt; sie sagt, sie hat Halsweh und ist im Bett.) \uline{Ich selbst tippe} stattdessen, 10-1 und 4-7; \neueseite{537831} es geht heute \sout{schon} allmählich etwas schneller, und weniger Fehler. (Lunch bei Dr. Kulka (sie schickt einen Studenten Schäfer, der in Swarthmore College studiert hat und oft meinen Namen gehört; er freut sich, mich zu sehen; er will \sout{im} kommenden Herbst grad study in Michigan machen, auch bei Burks über induktive Logik. \gestrunl{} An \textit{\uline{Chenault} Str:} Bei unserem Grundstück ist schon der ganze Hügel abgetragen, ganz tief hinein, und der Bau ist schon begonnen. -- Wir sitzen bei Dr. Kulka auf der Veranda. Jokls sind da. Dr. Kulka hat schon \textit{TV Subscr}. gezahlt und wird es bald bekommen; sie kennen andere, die es schon haben. Sie hat ein Programm; die Preise sind \textit{T}V \textit{h}\blockade{} bis 2\,\$. Sie findet die Preise ganz annehmbar; man hat immer 6 und zuweilen 12 Min. Probezeit.) \tbentry{27}{7}{1964}{} Mit Frau Jokl zum \uline{Zahnarzt} (Silberfüllung, links oben; wird heute fertig.) Dann zum \uline{Autoclub} (sie schlagen vor, \sout{die} den transfer auf \unl{} \textit{EC} zu verschieben, bis Verkauf gemacht wird); dann zu \textit{Soc. \uline{Sec}}\uline{.} (Anmeldung von Ins Tod. Ich bekomme die funeral Kosten nicht ersetzt, weil Ina nicht ,,versichert`` war; sie hatte zwar eine Karte, wie jeder, der mal angestellt war; aber sie hatte noch nicht genügend Arbeitszeit hinter sich, anscheinend.) -- Heute kamen gleichzeitige drängende Vorschläge \uline{von Feigl und Roh}, dass ich zur Alpbacher Tagung kommen soll. Ich tippe gemeinsame Antwort (auch für Flitners und Chacha). -- Abends bringen Mrs. Black und Dermott Brief von H. Zetterberg\fnE{Vermutlich Hans L. Zetterberg (1927-2014); vgl. Hans L. Zetterberg -- Wikipedia} aus Stockholm (\textit{K}, Kommunikationstheorie, kennt mein \textit{Prob}.). \tbentry{28}{7}{1964}{} (Brief an Eline, Chacha, Flitners). 1h \uline{Mia} kommt. (Sie hat soeben ihre Verwandten zum Flugplatz gebracht. -- Sie bleibt zum lunch.) \neueseite{537829} -- 4-7 \uline{zu Kaplans}. (Ich erkläre meine Reisepläne. -- Über Feigls Wunsch, an die Westküste zu kommen. David glaubt, Santa Barbara käme in Betracht. -- Ich erzähle vom Schwimmen bei Wohlstetters, und vom wieder Tippen.) Auf der Rückfahrt wird das Auto überhitzt; zur Vorsicht fährt David schon beim Sunset vom freeway hinunter; auf einmal bleibt das Auto ganz stehen. Er geht zu einer Fi\unl{} Station; sie kommen und sagen, das Auto muss \textonehalf{} Stunde abkühlen; er bestellt mir ein Taxi (mit tip 2.25). \tbentry{29}{7}{1964}{} (Taxi hin und zurück.) 10 \uline{zu Dr. Seiff}. (Lesetest, Sehfeldtest, im wesentlichen unverändert. Druckmessung. Ich soll nach der Rückkehr, in 2 bis 3 Monaten wiederkommen.) Dann zum \uline{Haarschneider}. -- 1h \uline{Mrs. Black} kommt (sie fragt, ob ich Mieter gefunden habe. Ich: Prof. Lemmon; sie gibt offizielle Bestätigung. Ich sage: Er kommt nur für 6 Wochen, und ist jedesmal fort über das Wochenende. -- Sie sagt, Prof. Zetterberg habe ihnen gesagt, dass ich ein ,,großer scholar`` sei. -- Ich sage, ich werde ihr 2 Schecks geben, den 2. für 11. Sept., \unll{}. Sie wird nochmal herkommen.) -- Briefe an Kemeny, Jeffrey, Gaifman geschrieben. -- 4 \textit{N}. - \tbentry{30}{7}{1964}{} Walter schreibt: Grete hat Operation sehr gut überstanden; vielleicht kommen sie nach Deutschland! -- 12-3 \uline{Mia} hier. (Sie tippt Briefe für mich und will Hemd besorgen). -- 5\,\textonehalf{} \uline{Olaf} kommt (ich gebe ihm geschäftliche Sachen, für Steuer usw.) dann \neueseite{537823} \uline{zu Helmers} für supper. \tbentry{31}{7}{1964}{} Die Dokumente von Kahn studiert (über Erbschaftssteuer usw.). -- \sout{4 zu Dr.} \uline{Yvonne} ruft an, und kommt zum lunch. (Ich habe sie seit vielen Wochen nicht gesehen. Sie war lange in Mexiko. Sie klagt, dass ihre Mutter dem Kind Steffi ausreden will, dass der Vater Jude ist; da er doch an Christus glaube (was zwar nicht stimmt) so könne er nicht Jude sein. Ich erkläre Yvonne meiner Mutter Prinzip, die Ethik nicht auf Gottesglauben zu basieren; und dass ich dadurch von der Krise verschont blieb, als ich nicht mehr glaubte. Das interessiert sie sehr (ich sage aber nichts vom Schilppband). Sie betont beim Abschied wiederum, dass ihre eigentliche Liebe zu Ina war, und dass ich ,,als Bonus noch dazu kam; sie sieht mich als ,,einen Mann`` an, der alles über das Leben weiß! Ich: leider gar nicht.) -- 4 \uline{zu Dr. Mott}. (Zum zweiten und letzten Mal vor der großen Reise; ich: ich war nach der vorigen Stunde erstaunt, dass ich überhaupt nicht von Ina und meinen Gefühlen zu ihr gesprochen hatte. Ich schaue mit Beschämung auf die ersten Tage nach Inas Tod zurück, besonders meine Gespräche mit ihm; voll von \textit{self-pity,} und schon so früh mit dem starken Wunsch, eine andere Frau zu finden. Er sagt, das ist natürlich bei solchen Menschen, die sich besonders geschützt bei der Mutter fühlten, dann aber als Kind mal einen Schreck bekommen haben, weil die Mutter mal fortging, als könnte sie verschwinden. -- Ich sage, mir scheint, dass ich mit Chacha ganz besonders vorsichtig sein muss, um nicht ,,Erwartungen hervorzurufen``; jetzt ist es ja anders als 1959 in Mexiko, wo sie wusste, dass ich Ina hatte. Er: Ich habe mich oft von dieser Sorge, Erwartungen zu erregen, \neueseite{537827} zuviel abschrecken lassen; z.B. manchmal mit Ina, wenn ich noch nicht ganz sicher war, ob ich wirklich Sex wollte; es sei besser, nicht zu viel sich solche Sorgen zu machen. Von Annemarie würde ich sicher auch erfahren über Chachas Einstellung und Zukunftswünsche. -- Mir fällt auf, dass ich langsam und jammernd spreche; ausgenommen über unser Singen mit Ina und mein späteres Singen allein in den Nächten.) -- Abends nach langem wieder \textit{TV} gesehen: Bilder vom Mond, aufgenommen von der neuen Mondrakete unmittelbar vor ihrem Fall auf den Mond. \tbentry{1}{8}{1964}{} Sachen zusammengesucht für Kahns Formulare (für Erbschaftssteuer, und inventory von Inas Vermögen; über Inas Anstellung in \textit{N.J}.) -- Eilig an Chacha geschrieben. -- 4-7 \uline{Mia und Wim} hier. (Mia tippt 2 Briefe für mich. Dann suchen wir zusammen Sachen aus für meine Reise, Schuhe, Wäsche, usw.) Dann zu Mias Haus, bis 9h. \tbentry{2}{8}{1964}{} Briefe geschrieben. -- 5-8 mit \uline{Helmers} (kleine Einkäufe in \textit{S.M}; dann zu ihnen. Sie berichten, dass \uline{Yvonnes Mann} schwer krank ist, mit Schlaganfall, in Universitätsklinik. -- Wieviel Kleidung ich mitnehmen soll. Mutzli ist entsetzt, dass Mia und Wim mir raten, graue Socken zu schwarzen Schuhen zu tragen, die müssten schwarz sein; ich sage, so genau kommt es mir nicht auf die Eleganzregeln an. -- Ich habe Inas kleinen Bär in einem Koffer gefunden; Mutzli sagt, Monika wird sich freuen, ihn von Ina zu bekommen.) \tbentry{3}{8}{1964}{} Brief von Annemarie: Ich soll doch zuerst nach Freiburg, vielleicht über Stuttgart oder Frankfurt (ich telefoniere zweimal mit Reisebüro: für Stuttgart müsste ich 6 Stunden in Paris warten; für Frankfurt nur 1 Stunde; aber dann müsste ich ganzen Tag und Nacht in Hotel \neueseite{531103}\fnA{Die folgenden Seiten zur Europareise sind in (RC 025-93-01) ausgelagert.} in Stuttgart sein; und das wäre, auch mit Annemarie, doch nicht so angenehm wie in Stockdorf, auch wenn vielleicht Chacha jetzt schon abgereist ist zu Frau Mettler. Dann Kabel an Annemarie ,,Änderung unmöglich``.) -- 4 \uline{Dana Scott und Montague} kommen (Dana erzählt von Wien: Erna war sehr bestürzt über Inas Tod, und hatte um die Zeit auch Nachricht, dass die Tochter einer befreundeten Quäkerfamilie in Chicago in einem Autounfall umgekommen war; Erna war gerührt, dass ich ihr so ausführlich und gut schrieb. Dana erzählt auch von Warschau und Prag.) -- 5 \uline{Mia und Wim}. (Sie helfen einpacken, bis abends 9!) -- 5\,\textonehalf{} \uline{Prof. \textit{Lemmon}} kommt (er fragt nach der Miete; ich sage: 75 für 6 Wochen; er sagt: das ist aber doch zu wenig; ich: Da ich es Ihnen angeboten habe, so will ich es nicht ändern. Mia zeigt ihm alles.) -- 9 gehen sie; Abschied von Wim. -- Nachts im Bett gesungen. \tbentry{4}{8}{1964}{} Endlich suche ich mal meine \textit{mss} und Notizen für Arbeit zusammen. \sout{Und} -- 3 \uline{Mutzli und Monika} kommen. (Mutzli hat eine sehr gute Methode, um Anzug und Wäsche zu packen; überall legt sie Bögen von einem \unl{} wrinklefreien Papier dazwischen; so bringt sie sehr viele Sachen in den leichten neuen großen, leichten, grauen Koffer (von der Mexikoreise). Es stellt sich heraus, dass dann der neue kleine braune Plastikkoffer, den Wim gestern gebracht hat, genügt; der große graue zipper bag wird nicht mehr benötigt. Ferner stellt sich heraus, dass ich noch weit unter der Gewichtsgrenze bin; so nehme ich dann, außer dem \textsection{}\,19, Limitaxiome, (\textit{A}), auch noch \textsection{}\,1-4, 6, 8 mit, und das ,,Schema`` \textit{ms}.) \neueseite{531105}\textbackslash{{\textit{\ulinesp{Reise nach Deutschland}}}}\textbackslash{} 5 \uline{Mia} kommt; 5:30 Olaf (ich gebe ihm den folder ,,Auto``, und Anweisungen für Post.) 6 Helmers gehen weg; ich danke beiden sehr. Mia hilft noch allerhand für die Reise richten; kocht supper (und macht wieder alles fertig, weil morgen Nachmittag Lemmon schon einziehen will.) \tbmanyentries{\tbentry{5}{8}{1964}{} und \tbentry{6}{8}{1964}{}} 6\,\textonehalf{} auf. Letzte Sachen gekramt. \uline{Mia und David} kommen und helfen. 10\,\textonehalf{} Abfahrt zum Flughafen. (Ich bekomme wirklich den gewünschten Fenstersitz, den Rento für mich erbeten hat. Herzlicher Abschied von beiden. 2 Abflug.\ort{[Flug]} Wir fliegen erst noch ein großes Stück über das Meer. Weil das Flugzeug \unl{} besetzt (und vielleicht Gegenwind), f\textit{uel stop} in \textit{Winnipeg}. Alle in den Wartesaal. Dort mache ich meine Übungen. Ich habe bald nach Abflug meine Schuhe ausgezogen und slippers angezogen. Über Hudson Bay und Labrador. Der Sitz ist ganz angenehm, obwohl \gestrunl{} der Rücken des Stuhles sich nur ein wenig zurückschieben lässt. Die Sonne steht lange am Horizont, dann geht sie unter um 6:30 (\textit{LA} Zeit). Im dunkeln mache ich die Augen zu, und lehne den Kopf an an ein Kissen gegen die linke Wand. Erst nach 8 (\textit{LA} Zeit) wird Abendbrot serviert, und bald danach fängt schon wieder \gestrunl{} \uline{\textit{Do}. 6}. die Morgendämmerung an. Dann sehen wir die Ostküste (ich glaube von Südgrönland; da ist aber anscheinend kein Eis. Über den Ozean, dann Irland, schließlich Frankreich.) \ulinesp{In \textit{\uline{Paris}}} mit einer Stunde Verspätung (7:50 anstatt 6:50 Pariser und deutsche Zeit); um 8h fliegt das beabsichtigte Flugzeug \textit{Air France} nach München ab, \neueseite{531101} ich kann es nicht mehr erreichen. Im \textit{Pan Am} Center geben sie mir ticket für jugoslawische Linie \textit{JAT} nach München. \gestrunl{} Zum Postamt. Vergeblicher Versuch, Angermanns anzurufen, keine Antwort; nachher sagt der Mann mir die ,,richtige Nummer``, in Wirklichkeit die neue; aber auch dann keine Antwort. Telegramm geschickt. Ich kaufe Ansichtskarte und Briefpapier, wandle den langen Korridor nach außen zu; dann aber, mit Rollwägelchen \unl{} die schwere Aktenmappe, Mantel und Jacke, wieder zurück. Auf eine Polsterbank im Korridor, wo viele vorbeikommen, aber niemand sich hinsetzt, lege ich mich eine Weile hin. Dann schreibe ich Brief an Mia. Wieder zum Postamt. \gestrunl{} Anruf Freiburg \gestrunl{}, keine Antwort. Ich gehe in den oberen Stock, man schaut über den \unl{} hinaus. Dann ins Restaurant (dort ein Jugoslawe, fast genau so wie ich, der nach 55 Jahren wieder zurück nach Belgrad fährt). Zum Pan Am Center; dann zum Wartesaal unseres Flugzeugs; dort auf einer Bank Tropfen genommen.) \uline{14h Abflug}, über den Rhein, durch Bayern, Augsburg, \uline{\textit{\ulinesp{München}}} Ankunft 15:25. \uline{\textit{Lini} und \textit{Christoph}} holen mich ab; Lini begrüßt mich sehr herzlich. Durch ihre Fürsprache lässt der Zollmann mich durch ohne Koffer zu öffnen. Wir fahren \textthreequarters{} Stunde hinaus nach \uline{\textit{\ulinesp{Stockdorf}}}.\ort{Stockdorf} (Dort ist \textit{\uline{Chacha}}, schon aus der Schweiz zurück, und \textit{\uline{Annemarie}}, inzwischen aus Freiburg schon hier angekommen. Herzliche Begrüßungen. Ich bin ganz eingenommen von dem \neueseite{531109} schönen Haus, das Wohnzimmer mit vielen Blumen, und dem Garten mit Reichtum an Blumen. Ich erzähle von Pech in Paris, Briefe sind da, von Flitners, Stegmüller und anderen.) Telefoniert mit Agnes, die anrief; und mit Hanneli und Johannes. -- Sehr gut geschlafen die ganze Nacht (mit kleinem Nemb.) \tbentry{7}{8}{1964}{} Mit Annemarie den ,,Plan`` besprochen. (Ich werde in Freiburg nur bei ihr wohnen; nicht oben im Schwarzwald. Das beruhigt mich. Sie kann dann leicht mich zum Peterhof hinaufbringen, wo Johannes mit Familie sein werden; und dann auch zuweilen Johannes hinunterkommen, um ruhige Gespräche mit mir zu haben. Vorher werden noch Hannelie, Annette und Agnes nach Freiburg kommen.) -- Nachmittags mit Chacha auf der Wiese gelegen. (Ich erzähle einiges von Ina, die Wirkung des Verlustes des Hauses; ihre Sorge immer, schon in \textit{S. F\'{e}} und später in Princeton, dass sie vielleicht würde die Familie unterhalten müssen; und die Enttäuschung, dass sie in \textit{LA} keine Anstellung finden konnte. Wie sie früher immer so tapfer war, teils aus Überkompensation gegen Verzagtheit: mit Studium und Geld verdienen, und in den letzten Jahren die übermäßige Sorge um unsere finanzielle Zukunft. Das Gesuch an \textit{NSF} im April; und der gute Erfolg kam im Juni, sie erlebte das nicht mehr.) -- Abends telefoniert mit Roh; er kann aber morgen nicht hinauskommen. -- Schlecht geschlafen (zwischen 3 und 4 aufgewacht und nicht mehr eingeschlafen). \tbentry{8}{8}{1964}{} Annemarie, Chacha und ich fahren nach Planegg für Einkäufe. (Eine Sommerhose für Anne, grünlichgrau, nur mit Bund, ohne Gürtel zu tragen, aus \textit{Trevira}, das ist Mischung von Kunstfaser mit Wolle. Für die Riedheimer: bunte Kreide und große Papierbögen dazu; und Obst.) -- Nachmittags mit Chacha in den Wald spazieren. (Ihr Einkommen: 400 \textit{DM} von Walter, das sind Zinsen von ihrem Erbteil ihrer Mutter, das der Heini unrechtmäßigerweise in die Madararia\blockade{} \neueseite{531107} gegeben hat, vielleicht um diese zu stützen, weil er selbst Teilhaber war. Ferner 100 von Angermann für Miete. Sie hat in Freiburg ein Altersheim angesehen; dort würde sie nur ein Zimmer haben, mit schönem Blick; Essen wird aufs Zimmer gebracht; das würde beinahe die ganzen 400 nehmen. Aber Angermanns waren sehr dagegen, sie wollen sie nicht gehen lassen. Lini will für sie sorgen.) -- Lisi Flitner telefoniert aus Oberstdorf im Allgäu; (sie glaubte, ich bliebe noch lange hier und möchte gern mal herüberkommen; wir beschließen schnell, nicht, wie geplant, morgen zu fahren, sondern übermorgen; sie wollen dann 6-9 nach München fahren, wo Christoph sie abholt.) - Abends erzählt Chacha Erinnerungen von Lisi in Wiesneck und später (sie hat bestimmte Prinzipien, und kritisiert andere, die diese nicht einhalten.) -- Nachts wiederum nur bis 3h geschlafen. Vielleicht hatte ich kein Nemb. genommen. \tbentry{9}{8}{1964}{} (Flitners telefonieren, dass sie Zug versäumt haben und erst 12:23 kommen.) \gestrunl{} -- Ich höre mit Chacha das Erzherzogtrio von Beethoven; wir liegen zusammen auf dem Bett. Zuerst muss ich sehr weinen; dann werde ich ruhiger. Danach sprechen wir über Ina. (Ich erkläre, warum keine Zeremonie gemacht wurde. Und dass ich nicht wollte, dass Inas Leiche für wissenschaftliche Zwecke gegeben wurde; darum Krematorium. Chacha erzählt davon, was Broder über das Weiterleben der Seele dachte: wie Goethe sagte er, es könne doch nicht die Entwicklung auf einmal abbrechen; es gebe doch noch so viele weitere Möglichkeiten, die angelegt sind aber noch nicht verwirklicht sind. Ich sage: Das ist aber Denken aufgrund von Wünschen. Sie sagt, sie habe in den ersten Tagen (sie lebte dann einige Wochen in seiner Wohnung) \neueseite{531117} sofort seine Gegenwart gespürt. Er habe auch gemeint, die Seele würde vielleicht zuerst noch einige Zeit am Irdischen hängen, bis sie imstande sei, sich davon loszulösen und dann in einen anderen Bereich zu kommen. Er habe aber auch immer gesagt, man wisse nichts darüber, und würde es dann erst erleben, was geschieht.) 1h kommen \uline{\ulinesp{Flitners}}, Wilhelm und Lisi, abgeholt von Annemarie und Eline. (Chacha umarmt beide und tauscht Küsse; daraufhin ich ebenso. Lisi sieht noch nicht gealtert aus. Wir fahren mit Annemarie und Annette zu dem Dorfwirtshaus Weber in \textit{Hanfeld}, 20 Minuten Fahrt, durch Gauting nach \textit{S}, nahe zum Starnberger See. Wir sprechen über Pläne. Schließlich einigen wir uns darauf, dass wir nach der Tagung vielleicht noch 4 Tage zusammen in Alpbach bleiben können, also 9.-12. September. Danach gehen sie dann mit Rohs nach Venedig-Lido, und wir zurück nach Stockdorf. Ich erzähle von den norwegischen Stränden. Es wird vorgeschlagen, dass ich vielleicht schon bald nach Rückkehr von Alpbach in den Norden fahren könnte: Hamburg und Oslo, weil es dann in Oslo noch nicht so kalt; \sout{ich müsste} und dann zurück nach Stockdorf. Ich müsste ausfindig machen, wieviel es alles kostet.) Nach Hause. Nap. Dann zusammen Kaffee getrunken am runden Tisch. (Über mein Problem: Amerika oder Deutschland. Ich sage, ein Freund hat vorgeschlagen: hin und her pendeln, im Sommer Deutschland. Flitner sagt, er hat das auch von einem Freund gehört. Sie fragen, ob nicht aus finanziellen Gründen es nötig für mich wäre, nach Deutschland zu kommen. Ich: Nein, in den letzten 10 Jahren \neueseite{531113} hat sich meine finanzielle Lage wesentlich verbessert, und ich erzähle: weiteres Unterrichten, Sommer grants, großes \textit{NSF} grant 3 Jahre, dann nochmal jetzt 3 Jahre verlängert. Schwierigkeit wäre das immer Hin und Her; und was inzwischen mit den Büchern? Ich bin auch nicht sicher, ob ich lange von \textit{UCLA} abwesend sein darf. Und Transport der heiligen \textit{mss}; Flitners sagen: copies machen lassen. Sie verstehen, dass es mir schwer würde, ganz von \textit{LA} fortzugehen, weil sie selbst die Erfahrung gemacht haben, dass sie eigentlich von Hamburg fort wollten, aber \gestrunl{} kein anderer Ort hinreichend anziehend und vertraut war.) -- (Abends sage ich \uline{Chacha}, dass ich ihr monatlich 100 \textit{DM }schicken lassen will, auf ihr laufendes Konto bei der Sparkasse, sodass es ihr die laufenden Ausgaben erleichtert; ich verspreche dies für 3 Jahre, also solange ich noch das ganze Gehalt bekomme.) -- (Großes Nemb.; daraufhin geschlafen bis 5h.) \tbentry{10}{8}{1964}{} Annemarie fährt mich den ganzen Tag. Nach \uline{\textit{\ulinesp{Riedheim}}}.\ort{Riedheim} (\uline{Johannes und Sabine} herzlich begrüßt; die \uline{4 Buben}; Hannelis \uline{Erika}. Wir bringen ihnen die Melone, und bunte Kreide mit großen Papierbögen. Martin malt mir ein großes Bild. Später bewundert Matthias meinen blauen Scripto Bleistift, und ich schenke ihn ihm. -- Mit Johannes gesprochen. Sein Streit mit dem Architekten über den Kirchenumbau. Da er 7 Jahre hier ist, scheint es an der Zeit, woanders hinzugehen; er hat Guatemala abgelehnt; auch Westberlin, wo jetzt sein früherer Pfarrer Schotzka\blockade{} aus Gauting das Ganze beherrscht; vielleicht will er eine Stelle in einem Vorort von Coburg annehmen. -- Beim Essen sitzen wir alle rund um den großen Wiesnecker Eßtisch. Ich erzähle von meinen Tagen in \neueseite{531119} dem schönen Krempelsdorfer Haus, und von meinem großen Eindruck von Mutter Küstermann, am Piano, und unter den Bäumen hinter dem Haus, Gespräch bis tief in die Nacht. -- Auch von der Segelfahrt auf der Bucht, und nachher das Liegen auf dem Strand, und dabei das Mädchen Sabine mit großen Augen beobachtend. Sabine sagt, das muss im Sommer 1938 gewesen sein; da war sie 9 Jahre. -- Nach dem nap Kaffee; dann Besichtigung des Gartens, und Abschied. Ich sage noch Johannes, dass er und Familie im Schwarzwald meine Gäste sind. Am Anfang habe ich ihm 100 gegeben als Mitbringsel, und er \gestrunl{} gab es weiter an Sabine.) \textit{Ca}. 3 abgefahren, über Stuttgart -- Karlsruhe nach \uline{\textit{\ulinesp{Freiburg}}}\ulinesp{,\ort{Freiburg} zu} \uline{\ulinesp{Annemaries Wohnung}}, Furtwänglerstr. in Littenweiler. Dort ist \uline{\ulinesp{Hanneliese}} schon. Unsere Nachricht, dass sie erst morgen kommen soll, hat sie nicht erreicht. (Allerhand Erinnerungen an früher werden beim Abendessen besprochen. Ich erzähle auch von Hannelis Ausspruch: ,,Ich kann noch nicht in Schule, weil ich noch nicht tippen kann``. -- Aber ich bin sehr müde. Aber es war für mich ein sehr schöner Tag. Ich bin froh, dass ich Johannes und Familie nun schon gesehen habe, und das Pfarrhaus. Und ich konnte während der Fahrt vieles mit Annemarie besprechen.) \tbentry{11}{8}{1964}{} (Gebadet) vormittags mit \uline{Hanneli}. (Über Psychoanalyse, ihre und meine. Meine große Hilfe dadurch. Und Inas Interesse, theoretisches Studium, und dann auch Therapie. Dann über Inas Leiden, die letzten Monate, Wochen und Tage. Hanneli ist erstaunlich verständnisvoll, durch Einfühlung und psychologische Kenntnis; sie meint, auch graphologisch habe sie erkannt \gestrunl{} Inas starken Willen zu Hingabe, aber immer gehemmt durch Zweifel und Selbstbezweiflung.) -- Nachmittags mit beiden, oder mit Hanneli. (Sie fragt, wie ich Chacha kennengelernt habe, und was mich an ihr anzog; ich sage: dass sie so natürlich war, und ganz von ihrem Eigenen heraus lebte. Die Urlaube mit Verlobung und Heirat.) \neueseite{531111} Abends ruft Hans Arnold an. (Sie können nicht in den Süden kommen. Ich sage, dann will ich nach Hamburg fliegen, Anfang Oktober oder wahrscheinlicher mal in zweiter Hälfte September; vielleicht auch nach Oslo, und dann zurück nach Stockdorf. Er sagt, ich kann bei ihnen wohnen ,,für einen Tag, oder für 2 Tage, oder für 3 Tage`` (!?). Ich rufe Riedheim an; Johannes ist in Konferenz; ich sage Sabine, wie schön es war, sie zu sehen und dass ich nun weiß, wie sie leben, und mich auf das Wiedersehen im Schwarzwald freue; Johannes war heute in München, er hat Erfolg gehabt mit der Frage vom Kirchenbau.) Telefoniert mit Agnes (ich bin bereit für sie von \textit{Mo}, 17 -- \textit{Sa}, 22.) \tbentry{12}{8}{1964}{} Mit Hanneli und Annemarie über Psychoanalyse (Hanneli erklärt einige Dinge bei Leuten mit Hilfe von Analyse und graphologischen Begriffen. Annemarie kritisiert das sehr, und sagt, die Psychologen klassifizieren die Menschen und glauben dann, sie haben den Menschen selbst erfasst. Ich muss Hanneli verteidigen, aber gebe Annemarie auch zu, dass manchmal die Mittel der Theorie missbraucht werden. Annemarie glaubt, dass Hanneli ihre eigene Intuition durch die Theorie verdirbt.) -- Wir fahren in die Stadt für Einkäufe; für mich eine dickere Wolljacke und eine schwarze Baskenmütze. Mit Hanneli ins Münster. -- Nachmittags fahren wir zur Eichenhalde (das schöne Haus, \gestrunl{}, in dem Annemarie 7 Jahre gelebt hat; sehr schöner Ausblick. Jetzt sind die Zimmer leer; das Haus soll verkauft werden; für 200 \textit{T}; aber es ist schwierig, weil die reichen Leute, die genug Geld dafür haben, diesen Stil nicht schätzen.) -- Ich telefoniere mit Chacha, erzähle ihr, und danke nochmal für die schönen Tage in Stockdorf. \tbentry{13}{8}{1964}{} Gespräch mit Hanneli. (Sie erzählt von Ausbildung und jetziger Arbeit. Sie verdankt Werner viel im gemeinsamen Lernen von Psychologie und Graphologie; auch jetzt braucht sie noch seine Hilfe für schwierige Fälle \neueseite{531115} in Graphologie. Aber sie hat schon lang keine sexuelle Beziehung mehr zu ihm; er hat eine \gestrunl{} Frau, Sigrid, mit der er auch jetzt in die Ferien gefahren ist; es ist schwierig für sie, den Entschluss zur Trennung aufzubringen, da sie doch noch vieles gemein haben, und sich gegenseitig brauchen, und sie nicht genügend Selbstvertrauen hat für professionelle Tätigkeit ohne seine Hilfe. -- Ich deute an die Gründe für meine polygame Phase: sie weiß von Maue und Maina. -- Sie spricht zu mir heute ganz rückhaltlos und ohne Hemmungen, über ihre Erlebnisse, Gefühle, und Beschränkungen.) \tbentry{14}{8}{1964}{} Vormittags mit Hanneliese spazieren. (Zur Dreisam hinüber, dort auf einer Bank gesessen. Über Agnes, Dorothea und Irmela. Sie meint, Dorothea benötigt psychoanalytische Hilfe.) \fnA{Einschub, der auf der nächsten Seite eingetragen wurde.}\lhaken Nach dem Spaziergang sitzt Hanneli an meinem Bett. Ich sage ihr meine Freude, dass ich herübergekommen bin und sie alle erlebe. Was für ein guter und lieber Mensch sie ist. Sie sagt, sie kann nicht richtig glauben, dass jemand sie richtig liebt (!). Ich nehme sie in meine Arme und küsse sie sehr herzlich. Was für ein Jammer, dass so eine Frau mit warmem Herzen und Liebesfähigkeit keinen richtigen Mann hat!\rhaken{} -- Nachmittags fahren wir drei \uline{nach Wiesneck}. (Wir besehen unser altes Häuschen von allen Seiten, und erinnern vieles. Daneben Gretes Haus, dann kommt ein soeben fertig gebautes großes Gebäude des Sanatoriums. Dann das alte große Haus. Dann Scheune und Kiechles Häuser. Wir gehen zu Fuß den Fahrweg am Hügel hinauf. Oben sitzen wir auf der Bank, wo man aufs alte Haus hinunter schaut. Dann geht Annemarie zurück und holt das Auto herauf. Ich gehe mit Hanneliese weiter. Wir können die Stelle des Hochzeitaltars nicht finden, da rechts vom Weg keine Büsche sind und alles zu steil erscheint. Am Sattel sind große Holzstapel. Bis dahin fährt Annemarie das Auto, dann gehen wir Pfad durch den Wald bis zur unteren Ruine, und zurück zum Auto, und im Auto hinunter. Wie voller Erinnerungen ist dies alles! Sie erzählen allerhand Geschichten. Beim Anblick von Gretes Veranda erzähle ich von meiner Kletterei.) -- Wir fahren zurück, über Kirchzarten. \neueseite{531127} Abends kommt \uline{\ulinesp{Annette}} vom Bodensee, von \uline{Ferdinand} am Bahnhof abgeholt (man nennt ihn ,,Ferdinand`` und ,,Sie``. Allerhand Erzählungen von den Bergen und vom Skilaufen, mein Ski lernen, zuerst aus Buch, dann in Freiburg. Sie waren kürzlich im Montafon; ich dachte, da wäre ich mit Albrecht und Grete gewesen, aber das war anscheinend die Silvretta, mit Galtür.) -- Nachher kommt \uline{Hanneli} noch und bürstet meine Haut, und massiert mich; das tut gut. (Nachts schlafe ich immer noch nur 4-5 Stunden, und bin dann gewöhnlich am späten Nachmittag schon müde.) \tbentry{15}{8}{1964}{} \uline{Hanneli} zeigt mir allerhand Übungen, Körperübungen und Atemübungen. (Ich zeige ihr meine Übungen, und erzähle vom Unfall 1960. Sie legt besonderen Wert auf tiefes Einatmen, starkes Ausatmen, und Übungen für Nackenmuskeln.) -- (Über Geldfragen. Ich frage, ob sie beide \gestrunl{} mein Darlehen für die Eigentumswohnung vielleicht durch regelmäßige Zahlungen abzahlen könnten, nicht, weil ich das Geld brauche, sondern, weil eine Streichung der Schuld die anderen benachteiligen würde. Ich gebe ihr 20 für Rückreise per Bahn; sie ist von Freundin im Auto hergebracht worden. Ferner gebe ich ihr schon 100 für die von ihr geplanten 5 Stunden Psychotherapie; ich dränge sie, die Therapie auch wirklich bald zu nehmen, und gebe ihr darum schon das Geld. \neueseite{531123} Ich frage \uline{über Eline}. Ich habe ihr Weihnachten immer weniger geschickt als den anderen; sie findet das richtig. Sie wissen nicht genau, wieviel Eline von Broder geerbt hat; sie meint, da sind nicht nur die Holzstatuen, sondern auch eine Menge Originalgrafiken in Mappen, die sehr wertvoll seien; außerdem habe Christoph vermutlich auch von seinem Vater geerbt, da Angermanns sich allerhand Gutes leisten konnten. -- Ich ermutige sie, mir immer zu schreiben, wenn sie sich etwas besonders wünscht; nicht nur Nötiges, sondern auch Dinge, die nützlich und erfreulich sind, wie z.B. vielleicht die Therapietagung in Elmau, die aber vermutlich erst Ende Oktober ist, wie Annemarie meint.) -- Annette fährt \uline{Hanneli} und mich zum Bahnhof; sie \uline{fährt ab} 12\,\textonehalf{} \uline{nach Stuttgart}. -- Nachmittags zeigt Annemarie mir ein \uline{Fotoalbum} (Chacha hat es zusammengestellt, meistens Bilder von Annemarie als Baby und Kind). \tbentry{16}{8}{1964}{} Mit Annemarie und Annette über die Möglichkeit, dass ich mal wieder eine Zeit nach Deutschland käme. (Annemarie sagt, ich könnte für länger nicht bei Chacha wohnen, weil das für Lini zu viel Arbeit machen würde. Vielleicht könnte ich eine Wohnung in Stockdorf nehmen, oder in einem Haus an der Straße nach München, von dem sie gehört hat, mit möblierten Wohnungen. Sekretärhilfe könne man sicherlich bekommen, auch für Englische Diktieren oder \gestrunl{} Abtippen, wenn man genügend bezahlt. -- Ich sage, nächstens, wenn ich für länger in Stockdorf bin, will ich vielleicht mal sehen, wie ich dort arbeiten könnte.) -- 4-7 mit Annemarie und Annette \uline{zum Studentenheim}; dort ist \uline{Alexander \ulinesp{\textit{Kressling}}}\fnE{Alexander Kresling (1897-1977); offensichtlich auch Verbindung zu Carnaps altem Freund Folkert Wilken, vgl. Kresling Alexander -- Detailseite - LEO-BW} \uline{und Frau \ulinesp{\textit{Ute}}}\fnE{Helene Louise Gertrud Ute Kresling, geb. Wiebalck (1915-2015)} (die Tochter von Lies Wielbalck\fnE{Elisabeth (Lies) Helene Wiebalck, geb. Carnap (*1889), Tochter aus erster Ehe von Johannes Carnap (1863-1936), einem Halbbruder Carnaps aus der ersten Ehe seines Vaters.}, \textit{ca} 50, aber noch munter und unternehmungslustig. Er ist Leiter des Studentenheims, ein hoher Turm\fnE{vermutlich das Ulrich-Zasius-Haus}. Er \neueseite{531121} ist aus Russland, jetzt Lektor an der Universität für russische Sprache und russische Wirtschaft. Ute hat mit ihm Wanderungen in Lappland gemacht. -- Es wurde Tee und Kuchen gegessen, an einem großen quadratischen Tisch, mit Studentinnen und Studenten vom Heim. Ich hatte geglaubt, dass dann bald Fragen und Diskussion sein würden; ich sprach aber nur mit Herrn \textit{Möller} neben mir, und mit Herrn \textit{Seniceur} aus Marokko; und ein wenig über den Tisch hinüber mit einem Ungarn, der mir Schneebergers Broschüre über Heidegger gab.) \tbentry{17}{8}{1964}{} Wir bringen \uline{Annette} zur Bahn; sie \uline{fährt nach Freudenthal zurück}. (Wir überlegen noch, ob wir sie noch dort \gestrunl{} besuchen könnten. Bei der Fahrt nach Stockdorf wäre es zu zeitraubend. Vielleicht aber wäre es möglich in Kombination mit einem Besuch bei Stackelbergs in Tengen, mit einer Übernachtung dort.) -- Zur deutschen Bank (sie bestätigen meine Unterschrift aufgrund meines Passes, und werden das dann an die deutsche Bank München schicken. Ferner kassiere ich Reisescheck 180\,\$). -- 5-8 \uline{\ulinesp{\textit{Agnes} \& \textit{Reinhard}}} hier. (Sie sind im Auto aus Vollmerhausen gekommen. Reinhard wohnt im Hotel, wird morgen nach Metz und dann nach Paris fahren. Agnes wohnt bei Irmela. Reinhard ist so bewegt bei der Begrüßung, dass ihm die Tränen kommen; ich beruhige ihn, dass das bei mir auch leicht kommt. Ich erzähle von meinem Rücken, dem Unfall 1960, und zeige ihnen die Übungen. -- \gestrunl{} Agnes hat ein Farbfoto von Ina mit Marni und mir in Princeton gefunden und mir mitgebracht. -- Reinhard klagt, dass Erhardt\fnE{Gemeint ist wohl Ludwig Erhard (1897-1977), der damalige Bundeskanzler.} \gestrunl{} dem \textit{EWV} (\textit{common market}) schon durchführen will, bevor die Unterschiede in die Steuer zwischen Deutschland und Frankreich oder Italien ausgeglichen sind. Dadurch ist Deutschland in gewissen textilen \gestrunl{} \neueseite{531129} Sachen unfähig, gegen die Konkurrenz von Frankreich und Italien anzukommen; das hat die Fabrik in Vollmerhausen unrentabel gemacht. -- Reinhard morgen früh schon fort; er wünscht sehr, mich nochmal zu sehen. Er würde Zeit haben gegen Ende September. Er überlegt auch, mit einem französischen Schiff durch den Panamakanal zu fahren, und dann ein anderes Schiff zu finden, das ihn nach \textit{L.A}. bringen würde; ich weiß nicht, wie ernst dieser Plan ist. Annemarie hat den Eindruck, dass Reinhard sich wirklich sehr wünscht, mich im September nochmal zu sehen.) -- Ich habe einen rührenden Dankbrief von Hanneli bekommen; und einen mich stark bewegenden Brief von Hanne (,,Wer weiß es, was schwerer ist, das Gehen oder das Bleiben, über das Unwiederbringliche hinaus``). \tbentry{18}{8}{1964}{} Mit Annemarie Einkäufe (Flanellhemd, \unl{} und Socken für mich, Leckereien für Irmelas Kinder), und dann zur Wintererstraße zu \uline{Agnes}. (Irmela ist nicht da. Reinhards Schwester \uline{Erika} begrüßt uns. Agnes geht allein mit mir in ihr Zimmer, \gestrunl{} für meine Augentropfen. Dann bleiben wir noch etwas allein. Sie gibt mir ein großes Foto von Ina und mir, aufgenommen von Trude Fleischmann; Inas junges Gesicht, so schön und hingebungsvoll, und doch auch schon traurig; ich muss weinen. Agnes erzählt mir von anderen Fällen von Schwermut: (1) Wilhelm Carnaps Tochter Eva hatte mehrmals Perioden von arger Schwermut; sie ist bei verschiedenen Ärzten in Behandlung gewesen; später war sie ganz davon geheilt, Agnes weiß nicht, wodurch. (2) die alte getreue Schwester Isolde, die viele Jahre Agnes' Kinder behütete, wurde später schwermütig; sie musste ,,minütlich`` bewacht werden; zwischendurch kamen wieder bessere Zeiten; aber schließlich rannte sie aus dem Sanatorium heraus, mit nur einem \neueseite{531125} Mantel über dem Nachthemd, und in die Sieg, die damals Hochwasser hatte, und kam darin um; der Arzt schrieb ,,Unfall``, um ihre Reputation zu schonen, aber die nahe Beteiligten waren überzeugt, dass sie sich absichtlich ins Wasser gestürzt hatte; dies war umso erschreckender als die Schwester bis zuletzt sehr religiös war. -- Sie erzählt von Gertrud Carnap, als ich von Inas Mutter spreche und ihrer senilen Schwäche, dass Friedrich von Rohden gesagt hat, vielleicht auf Berichte über Gertrud oder ein Foto, dass sie offenbar \gestrunl{} zu später Zeit, nach Jürgens Tod, in einem Zustand von dementia senilis war. Ich erzähle von Inas Kindheit, ungeliebt und von Hause ,,weggeschickt``, und ihrer Selbsterhaltung für Abitur und Studium. -- 5h Agnes wird zu uns gebracht von \uline{Irmela} Vonessen. Sie glaubt, ich hätte sie noch nicht gesehen; ich sage aber, dass wir 1937 in Vollmerhausen waren; da war sie 5 und Gerhard 4. - Agnes bleibt bei uns bis 7h. Agnes erzählt von den vielen Jahren, wo das Geschäft immer Verluste hatte (unklar, ob dabei auch Gewinne oder ob Gesamtbilanz solcher Jahre negativ war.) -- Über die Bekenntniskirche; Wilhelm von Rohden sei führend in ihr. Ich frage nach Pastor Niemöller; sie sagt, er sei zu radikal und ehrgeizig, und gerät in politische Polemik über Deutschlands Wiederaufrüstung. Ich sage mit Lächeln, dass wir die Politik lieber beiseite lassen wollen. Sie spricht ziemlich wahllos über unzählige Menschen, manche mir gar nicht bekannt; ich muss mich immer bemühen, sie wieder auf Interessantes zurückzubringen. Sie weiß noch so viele Einzelheiten von unserer Griechenlandreise 1905.) -- 7\,\textonehalf{} Annemarie und ich fahren Agnes nach Hause (dabei fängt Agnes an, eins der dreistimmigen Lieder zu singen, und Annemarie, am Lenkrad im regen Abendverkehr, \neueseite{531133} singt dazu die 2. Stimme;\sout{)} ich brumme ein bisschen mit.) \tbentry{19}{8}{1964}{} 10\,\textonehalf{} \uline{zu \textit{Agnes}, bei \textit{Irmela Vonessen}}. (Wir bringen Leckereien für ihre 3 Jungens: . . . , Nikolas, und Benjamin. Agnes erzählt noch von Vollmerhausen. Irmela und später Erika sind dabei. Ich bitte Agnes um Verzeihung, dass ich durch die Darmblutung und Hospitalaufenthalt ihre Goldene Hochzeit vergessen habe. -- Ich unterstütze Irmela in der Wahl des Namens ,,Benjamin``. Agnes hatte damals heftigen Einwand erhoben, \gestrunl{} weil das jüdisch aussähe; ich sage: Unser Bruder Josua hieß doch so; Irmela sagt: Das hat sie damals auch gegen Agnes angeführt.) -- Dann kommt \textit{\uline{Franz Clemens}}, (Er ist ein bisschen formell. Er spricht über seine Vorlesungen und Vorträge, und Arbeiten. Sie beziehen sich hauptsächlich auf die geschichtliche Entwicklung der Naturwissenschaften, im Rahmen der Geistesgeschichte. So hat er z.B. jetzt entdeckt, dass schon Paracelsus den Grundgedanken von Harveys späterer Entdeckung des Blutkreislaufs hatte.) -- Nachmittags Briefe gelesen und für Briefe überlegt. An Flitner geschrieben, und ihm Agnes' Schilppband nach Hamburg geschickt. -- Langes Telefongespräch mit Chacha (vielleicht wollen wir auf den \textit{T.H}. Ende September; ich sage: falls ich nach Hamburg und vielleicht nach Oslo gehe, werde ich dann im Oktober noch etwas länger bei ihr sein.) \tbentry{20}{8}{1964}{} Wir fahren \uline{zu Agnes}, und fahren dann mit ihr über Günterstal \uline{nach \textit{Horben}}. (Diesmal im Gasthaus gegessen, weil es draußen kühl ist. Agnes erzählt von Fritz Dörpfeld; er war nach dem 2. Weltkrieg jahrelang in russischer Gefangenschaft, lebt jetzt mit seiner Frau Kläre am Tegernsee; er hat aber durch \gestrunl{} die Gefangenschaft \neueseite{531139} etwas abbekommen, kann nicht mehr so aktiv tätig sein wie früher; er bastelt, Ledersachen und dergleichen, die seine Frau da verkauft, hat wohl auch eine Offizierspension. Über Hedwig von Rohden; sie hat sich von der Freundin und Loheland getrennt, lebt \gestrunl{} ziemlich ärmlich, hat jetzt eine Arbeit oder Anstellung am Goetheanum in Dornach in der Schweiz. Wilhelm von Rohden hat eine hohe, führende Stellung in der Bekenntniskirche. Friedrich ist immer noch sehr tätig.) -- Wir bringen Agnes nach Hause und sind nachmittags allein. Wir sitzen auf dem Balkon am Wohnzimmer. (\uline{Annemarie erzählt von Kön}. Er hat niemals mit ihr eine Aussprache gehabt, über die Änderung der Beziehung. Dass er die andere Frau heiraten will, hat er nur brieflich mitgeteilt. Er will aber mit ihr eine freundschaftliche Beziehung beibehalten. Ich sage, er braucht offenkundig Psychoanalyse; aber er ist schon 57 Jahre, und das ist ja wohl etwas spät dafür.) -- Nach dem Abendbrot, noch am Tisch, spreche \uline{ich mit Annemarie über meine Zukunft}. (Ich sage: Hanneli hat geschrieben: ,,Wenn Du in Deutschland bleibst, müsstest Du in der Nähe von einem von uns wohnen, aber nicht direkt bei ihm; nahe genug, sodass man für Dich sorgen kann`` oder so ähnlich. Annemarie sagt: Ja, z.B. eine möblierte Wohnung mit Bedienung in der Nähe von Stockdorf. Sie sagt, Chacha kocht ungern; früher hatte sie immer ein Mädchen, und nach dem Krieg führte Annemarie den Haushalt in Stockdorf. Ich sage, die praktischen Erwägungen sind kompliziert; in meinen Träumen bin ich immer in Versuchung, die praktischen Probleme zu vergessen und mir eine Märchenwelt vorzustellen. Sie fragt: Wie sieht die denn aus. Ich: \sout{Hier} Da sitzt Chacha, und hier sitze ich, und wir haben uns lieb, und es gibt keine Probleme. Sie sagt, ich soll doch einfach alles mal mit Chacha überlegen. Aber ich \neueseite{531131} sage: Da muss ich sehr vorsichtig sein, um nicht Erwartungen zu erwecken, die ich dann nicht erfüllen kann. Vielleicht ist diese Vorstellung von mir nur ein Hilfeschrei eines allein gelassenen Kindes. In Wirklichkeit brauche ich viel mehr Zeit, um wieder innerlich ins Gleichgewicht zu kommen; ich bin noch ganz durcheinander, und daher noch nicht fähig, wichtige Entschlüsse zu treffen. Sie sagt, die Mama wird das gut verstehen; vor meinem Kommen war sie sehr aufgeregt; aber dann bald wurde sie ruhiger und heiter. Annemarie meint, ich soll mal ruhig abwarten; ich werde dann sehen, wie es in Stockdorf wird, wenn ich nächstens einige Zeit dort zubringe; die Chacha sei auch gewohnt, viel allein zu sein, weil gewöhnlich Lini viel zu sehr mit anderem beschäftigt\fnA{Original \original{geschäftigt}.} ist und nur zur Hauptmahlzeit und morgens kurz bei ihr ist. Ich sage noch, ich habe oft seltsame Gefühle, z.B. als würde ich der Ina untreu, als ich schon bald nach ihrem Tod im Geist nach einer anderen Frau suchte; ich bin eben noch sehr durcheinander. Annemarie: Das ist doch sehr verständlich nach allem, was ich erlebt habe, ich werde schon darüber hinwegkommen. Ich: Ja, das glaube ich auch. Zur Guten Nacht umarme und küsse ich sie herzlich.) \tbentry{21}{8}{1964}{} \uline{Agnes} ganzen Tag hier. Vormittags mit ihr spazieren, nachmittags im Wohnzimmer. (Sie erzählt von vielen Verwandten. Sie liest mir und Annemarie Mutters Brief an uns zu ihrem 70, Geburtstag vor. Sie gibt mir ein Gedicht von \textit{Seneca} (,,Die wir für verloren halten, sind uns nur vorausgegangen``). Sie sagt, sie hat mir \textit{ca.} 1953 Erinnerungen aus meiner Kindheit geschrieben.) Agnes hat ein ganzes Paket Wolljacken und anderes für mich; ich nehme eine dicke wollene grosse Strickjacke, die für die Berge gut sein wird. (Agnes will mir auch noch geben: ein Buch von Hirtung\blockade{}, eins von Fechner\blockade{}, Klavierauszug von Brahms Requiem; 4 Lieder vom Birn\unl{}, komponiert von Josua, und anderes. \neueseite{531137} Aber ich will mich nicht belasten.) -- Abends Telefonanruf von Lini: Stegmüller kann nicht nach Kalifornien kommen, weil er dann wieder eilig zurück nach München muss. Sie hat mit ihm ausgemacht, dass ich am Montag 31. August zu ihm komme. \tbentry{22}{8}{1964}{} Vormittags im strömenden Regen fahren wir \uline{zu Agnes}. (Annemarie geht zur Eichhalde. Ich bei Agnes. Sie bespricht wieder das Problem der alten Gräber und Grabsteine; in Gegenwart von Irmela sage ich, sie soll nicht soviel Gedanken, Mühe und Geld auf alte Gräber wenden, lieber auf lebendige Menschen, das ist mehr im Sinne unserer Mutter. Auch mit den Vorfahren: \gestrunl{} es ist gut, an sie zu denken wie sie lebten, anstatt an ihre Gräber.) Mittags alle zusammen (ich erzähle, wie ich vergeblich versuchte, nach Amerika zu kommen; und dann Einladungen von \textit{Chic}. und, sehr überraschend, von Harvard, Angebot von Princeton und Vorträge dort, dann Angebot von \textit{Chic}.) Nach dem Nachmittagsschlaf, mit Agnes langen Spaziergang im Wald, vielleicht \textthreequarters{} Stunde. \tbentry{23}{8}{1964}{} \uline{Zu Agnes}. -- Annemarie fährt Agnes und mich die Wintererstr. nach \textit{W}, bis zu Bänken\blockade{}, von wo man das Eichhaldenhaus oben liegen sieht. (Dort sitze ich mit Agnes, dann gehen wir zu Fuß zurück. Sie sagt, sie hätte gerne Näheres über Ina gewusst, aber wollte nicht fragen, weil ich vielleicht nicht darüber sprechen möchte. Ich erzähle dann einiges, aber nicht über den Tod. Dass Ina lange schon von Selbstmord sprach. Furcht vor Hospitalisierung. Der Psychiater. Nachts das gemeinsame Singen. Meine Billigung von Selbstmord, wenn unheilbar; aber mein starkes Sprechen dagegen in ihrer damaligen Lage, wo die Medizin ausprobiert werden sollte. Daher erwartete ich es dann nicht. Warum es dann doch plötzlich geschah, unklar; anscheinend fürchtete sie Hospitalisierung. Über Friedrichs Brief, wie quälend solche Zustände sind; wir müssen ihr nicht Vorwürfe machen, sondern \neueseite{531135} froh sein für sie, dass sie es überstanden hat. Agnes sagt, sie habe sich manchmal Sorgen gemacht, wenn es mir schlecht ging, ob Ina wohl bei mir ausharren würde oder zu einem anderen Mann gehe. Ich sage mit Entschiedenheit, dass das ganz undenkbar war; im Gegenteil, damals in \textit{S.F}. und später in Princeton, hat sie überlegt, wie sie den Lebensunterhalt für uns beide \gestrunl{} verdienen würde; und dass sie immer treu und selbstlos ganz für mich gesorgt hat. In der Wohnung singt Agnes mir noch leise das Lied vom Knochenmann, und ich notiere mir die Worte. Ich sage ihr, dass Ina dies gerne sang mit mir in den letzten Wochen; dass ich sie manchmal aber warnte, sich dem Gedanken nicht zu sehr hinzugeben. Ich sage ihr auch von dem schönen Schubertquartett zu dem Gesang. Ich erzähle, dass ich oft nachts nach Inas Tod mir viele von unseren Liedern leise gesungen habe und viel dabei geweint; das tat mir gut. Sie sagt: Ja, das löst einen. Sie sagt, dass sie in manchen Liedern Trost und Stärkung gefunden hat. Ich sage, ich auch in ,,So nimm denn meine Hände``. \gestrunl{} Sie will mir vielleicht eine Kopie von den dreistimmigen Liedern machen lassen und schicken. Ich sage, ich wollte jetzt nicht, weil ich dann leicht weinen muss. Aber vielleicht können wir sie nächstes Jahr singen. -- Zum Abschied beim Auto danke ich ihr; und küsse sie herzlich. Ich sage, es ist kein großer Abschied, ich denke, ich komme nächsten Sommer wieder. Sie weint nicht, sondern hält sich sehr tapfer, sicher um es mir leichter zu machen.) -- 6 \textit{\uline{Kön}} bei uns (Walter Köngeter\fnE{Aufgrund der Angaben im Tagebuch vermutlich Walter Köngeter (1906-1969); vgl. Walter Köngeter -- Wikipedia}. Großer, dicker Körper, großer Kopf, großes rotes Gesicht, lacht gern. Über Griechenland und Wilhelm Dörpfeld. Seine starke Abneigung gegen Amerika. Ich: Es gibt aber auch Amerikaner, die da kritisch sind. Ich erkläre, dass ich froh bin, nach Amerika gekommen zu sein; denn in Deutschland würde \neueseite{531143}\textspns{St. Peter, \uline{Johannes} und Familie} ich mit meiner Art von Philosophie überhaupt keinen Anklang gefunden haben. Aber ich stimme in vielem seiner Kritik an Amerika zu.) Ich bis 9h. \tbentry{24}{8}{1964}{} Vormittags mit Annemarie in die Stadt. (Zum Reisebüro; sie meint, wenn ich von München nach Oslo und zurück fliegen will, muss ich höchstens Kopenhagen -- München zahlen; das sind \$\,72; vielleicht weniger; sie können es nicht berechnen; ich soll in München zur Vertretung von \textit{PanAm} oder einem anderen Reisebüro gehen.) -- Nachmittags: Johannes ruft an von St. Peter. -- Briefe geschrieben. (Annemarie in die Stadt, kauft Hemden für mich, und graues Kleid für sich.) \tbentry{25}{8}{1964}{} Wir fahren nach \textit{\uline{St. Peter}} und weiter hinauf zum \uline{\textit{\ulinesp{Plattenhof}}}, wo \uline{\ulinesp{\textit{Jo}, \textit{Sabine}, Matthias, Thomas und Hannes sind}}. Die 3 Buben wohnen in \editorstr{einem} zwei, Jo und Sabine in einem Zimmer (das wir nicht gesehen haben) im Plattenhof. Wir gehen hinunter zum See. Annemaries Liegestuhl wird für mich aufgestellt im Schatten eines Baumes. Ich spreche mit Jo, während die anderen schwimmen gehen. Kurz über die Schwierigkeiten der geplanten Arbeit in Berlin, und über die große Aufgabe. Johannes wird nach Berlin gehen, dort eine Predigt halten, und mit Leuten sprechen; dann erst werden von beiden Seiten die endgültigen Beschlüsse gefasst. -- Sabine erzählt, dass sie und ihre Eltern mit Flitners nahe befreundet sind, und dass Wilhelm sich wünschte, dass einer seiner Söhne sie heiraten würde; ich sage: und dann bekam \uline{ich} die Auszeichnung, dass mein Sohn Dich heiratete.) Wir fahren nach St. Peter und essen im Freien vor einem Gasthaus. Dann fahren wir hinunter ins Eschbachtal, durch das wir hinaufgekommen waren, und lagern im Schatten von Bäumen neben einem Bach. (Ich nehme meine Mittagsruhe wieder auf \neueseite{531141} Annemaries Liegestuhl. Dann essen wir einen vorzüglichen Mandelkuchen, den Sabine gebacken hat. -- Mal sagt Annemarie: Damals in 1952 hattest Du die Rückengeschichte, und darum wolltest Du nicht, dass Johannes Dich besuchte auf der Reise nach Mexiko. Ich: Das war nicht wegen dem Rücken, sondern wegen psychologischen Schwierigkeiten; ich hatte eine Neurose; \uline{ich fragte Johannes: weißt Du etwas von Neurosen und Tiefenpsychologie oder Psychotherapie? Johannes: Nein [!]} Ich: Nun, es war etwas Ähnliches zu dem, was Du beim Broder gesehen hast; d.h. Agoraphobie oder Platzangst; der Broder nannte es im Scherz die Krankheit der Philosophen, weil auch Rickert es gehabt hatte. Ich nahm dann eine Psychoanalyse; und ich habe sehr große benefits davon gehabt [dies Gespräch war schon vorbei unter dem Baum].) 5h fahren wir nach Hause; Johannes und Familie zum Plattenhof. -- Ich lege mich etwas hin, recht müde nach dem ungewohnten, wenn auch sehr erfreulichen Tag im Freien. -- 6\,\textonehalf{} (anstatt 6) \textit{\uline{Gerhard Kaufmann}} kommt, bis 8\,\textonehalf{}. (Er gleicht dem Reinhard sehr. Er erzählt von seiner Arbeit; er ist speziell ausgebildet für technische Betriebsführung. Er sagt, Herbert Stussig sei hauptsächlich Theoretiker, und daher nicht geeignet für einen so kleinen Betrieb wie ihren, wo, im Unterschied zu Krupp, alles auf praktische Anwendung ankomme. Herbert sei \unl{} auch hauptsächlich in vielen Ehrenämtern beschäftigt, und sein Einkommen aus der Firma sei daher eigentlich nicht in seiner Höhe gerechtfertigt; Reinhard stimme ihm aber in diesem Punkt noch nicht zu, beginne aber jetzt doch auch, Bedenken zu haben. Er sagt auf meine Frage, obwohl sie ihr Bestes in dem Straberg\blockade{}betrieb täten, \neueseite{531145} sei nicht sicher, ob sie Erfolg haben würden; die Konkurrenz von Frankreich und Italien, von der auch Reinhard gesprochen hatte, sei sehr groß und mache ernste Schwierigkeiten. Er selbst wäre viel lieber in Australien geblieben.) -- Mit Annemarie \uline{über Religion}. (Sie sagt, Lini und Christoph gingen in Stockdorf oft in die Kirche. Zuweilen auch Chacha, aber nicht so oft. Sie selbst könnte nicht leicht über ihren Glauben oder Anschauungen sprechen, weil sie zu diffus seien und durch Formulierung leicht gefälscht werden könnten. Sie halte es auch für besser, es unformuliert zu lassen; aus demselben Grunde würde sie auch nicht wünschen, psychoanalysiert zu werden; manche Dinge lasse man besser in der Tiefe, ohne sie hervorzuholen.) \tbentry{26}{8}{1964}{} 10-6 \textit{\uline{Jo}} hier. (Ich spreche meist mit ihm allein, im Wohnzimmer. Er erzählt, wie er zum ,,Glauben`` gekommen ist; nicht erst in der Gefangenschaft, wie ich meinte, sondern schon in der Flotte; die behielt sich größere Freiheiten, im Unterschied zu Görings Luftwaffe; daher gab es dort einen kleinen ,,Bibelkreis`` (10 oder 12 Männer, mit einem Flottenpfarrer in Uniform, wo rege Diskussion und Bibellesen stattfand.) Ich sage: Für mich ist es leichter, Deine Auffassung zu verstehen, als für Dich, meine zu verstehen, weil ich ja in der Kindheit und Jugend auch religiös war. Aber er sagt darauf: Er kann auch meine gut verstehen, weil er auch in Kindheit und Jugend ,,ohne Gott lebte``; denn in Wiesneck und in den Lietzschulen wurde nicht Religion gepflegt, sondern in diesen Schulen z.B. von Lietz selbst, nur etwas \uline{über} die Religion gelehrt. Das war mir ein neuer Gedanke; aber da hat er wohl recht. Er sagt, \neueseite{531149} es war richtig von uns Eltern, dass wir die Kinder nicht in eine bestimmte Religion festlegten, sondern es ihnen frei ließen, sich zu wählen, was sie wollten. Und er ist stolz darauf, dass er seine Religion nicht einfach automatisch als Kind mitbekommen hat, sondern erst als Erwachsener mit Bewusstsein aufgegriffen hat. Er hat auch etwas über andere Religionen nachgedacht; ein Professor für vergleichende Religionen hat ihnen Vorträge gehalten über die Schwäche der anderen Religionen; ich sage ihm, dass die Anhänger der anderen \gestrunl{} Religionen sicherlich ähnliche Argumente zugunsten von ihrer haben. Er gibt auch zu, dass es verkehrt wäre, wenn ein Mensch behaupten würde, er habe nun mit Sicherheit die Wahrheit erfasst; er tadelt die Katholiken für diese Auffassung. Als Hauptargument für Gott führt er wiederholt an, dass man ohne ihn nicht verstehen könne, wie und warum gerade in dieser Form sich der Mensch und die anderen Lebewesen entwickelt haben; er fügt selbst hinzu, dass man aber nicht \unl{} aus der Existenz des Menschen die Existenz Gottes gewinnen könne. Ich zitiere \textit{Laplace}: ,,Diese Hypothese benötige ich nicht``. Er sagt, sie ist zwar nicht beweisbar; aber auf ihrer Grundlage, nicht als Hypothese, sondern als erlebte Wirklichkeit, fällt alles besser in seinen Platz und wird als Ganzes verständlich. -- Nachmittags \uline{über Ina}. Ich erzähle von den Depressionen; Bruder, Mutter, Vernachlässigung durch die Eltern, Vertreibung aus unserem ,,Nest``. Angst davor, eine Last für mich zu werden; besonders Angst vor Hospital. Der Psychiater mit Medizin; da, glaubte ich, jetzt hatten wir einige Monate Ruhepause. Ihr häufiges Sprechen von Selbstmord; ich billigte es unter anderen Umständen, aber nicht hier. Ihr Leiden, innerer Konflikt zwischen Sorge für mich und Sehnsucht nach Befreiung; das Singen; \unl{}, Schlaflosigkeit; plötzliches Ende. Daher mein Schock, \neueseite{531147} trotz aller Vorkenntnis. Dann Lesen von Großvaters Biographie. Da ich \sout{den Groß} mich mit dem Großvater verstehen konnte, dachte ich, ich werde mich auch mit dem Sohn verstehen. Und jetzt freue ich mich sehr, dass es wahr ist. Er fragt noch nach dem Gefühl des Staunens im Anblick des Weltalls; ich sage, das habe ich auch; Einstein nannte es ,,das kosmische Gefühl``; und auch die Bescheidenheit und Demut darüber, wie wenig wir wissen. -- Ich sage ihm, wie ich mich freute, in seinem Tagebuch den Grundsatz zu finden: ,,Was man tut, das soll man ganz tun``. Das ist mir auch ein wichtiges Prinzip.) -- \lhaken(Ferienzuschuss für Johannes. Ich erkläre, dass ich finanziell jetzt gut dran bin, und dass ich jedem Geschwister für die Ferienreise jährlich helfen will. Ich möchte ihm 200 geben; er sagt, das ist viel zu viel; ich sage, da sie droben so einfach leben, sollen sie \unl{} den Nutzen der Ersparung haben. Er sagt: dann 100; ich sage: wir wollen uns auf die Mitte einigen, bitte nimm es, es freut mich, es zu geben. Also 150 gegeben.)\rhaken Ich finde wiederum \uline{schwarzen Stuhl} (so schon vor einigen Tagen; damals sagte Annemarie, das kommt von den Blaubeeren. Aber jetzt habe ich mehrere Tage keine gegessen; allerdings gestern auch keinen Stuhlgang. Sie telefoniert ihrer Ärztin, Dr. Friedrich; sie sagt, wir sollen gleich hinkommen. Um 7h dort. Ich bringe Stuhlprobe, die Praktikantin nimmt Blutprobe aus dem Ohrläppchen. Nach Untersuchung, und Betastung meines Magens, wobei aber nichts weh tut, sagt die Ärztin, es ist \uline{keine Blutung}, sondern immer noch Blaubeeren, man sieht kleine Beerenkörner im Stuhl und der Stuhl ist hart, \unll{} aber weich.\blockade{Sinn?} Ich bin froh; ich glaubte nicht, dass es wirklich Blut sei; aber wollte doch die Beruhigung der Gewissheit haben.) \neueseite{531153} \tbentry{27}{8}{1964}{} Wir fahren \uline{nach Plattenhof}, den ganzen Tag. (Vormittags erkläre ich Johannes einiges über Psychoanalyse; wie es geholfen hat, nicht nur die Neurose zu überwinden, sondern vieles an Hemmungen und Spannungen loszuwerden; das starke Erlebnis von Musik und Bewegung; und ich konnte dann \textit{LA} annehmen. Und seitdem kann ich andere besser verstehen, Studenten beraten, usw.) Mittags im Gasthaus in der Gaststube gegessen. Nachmittags wieder hinter der Kapelle auf dem Liegestuhl. (Wir sprechen, auch schon etwas am Vormittag, über seinen Glauben. Er versteht auch eine Anschauung der Welt ,,ohne Gott``, aber sie erscheint ihm dürftig und ärmlich. Er wird in der Schilderung seines Glaubens zuweilen sehr beredt, spricht mit prophetischem Eifer. Ich sage, möglicherweise wird die evangelische Kirche zerrieben zwischen den 2 Extremen: Katholizismus und weltlicher Auffassung. Er sagt: Vielleicht ja; aber das beweist nichts gegen den Glauben, denn er sagt nicht, der Erfolg werde die Wahrheit seines Glaubens beweisen. So ist er konsistent. Er sagt, er lehnt auch nicht das Bemühen eines neutralen Historikers ab, die Entstehung des Christentums aus Früherem, z.B. Gilgamesch Epos, zu erklären; aber der Glaubende sieht, dass das nur unwesentliche Züge erklärt. -- Er macht keine Verurteilung Andersdenkender, weder der Katholiken noch der weltlichen Auffassung. Und er sieht, dass sein Glaube, wie Paulus sagte, ,,dem Weisen eine Torheit ist`` oder mir vielleicht ,,naiv`` erscheinen könnte. Ich sage: nicht naiv, aber doch seltsam. Aber innerlich freue ich mich, dass wir gut miteinander sprechen können, jeder den Standpunkt des anderen verstehend. -- \gestrunl{} Zuweilen auch Annemarie und Sabine bei unseren Gesprächen dabei. Sabine lenkt zuweilen etwas ab; aber dann geht Johannes wieder auf das Hauptthema zurück. \neueseite{531157} Annemarie sagt mir nachher, dass sie mit großem Interesse zugehört hat aber absichtlich schwieg, um uns nicht zu stören; zuweilen sei sie sehr in Versuchung gewesen, dem Johannes zu sagen, dass er abschweife und nicht auf meine Frage geantwortet habe.) Auf einmal ist es 7h. Wir fahren im letzten Tageslicht und in der Dämmerung nach Hause. Ich bin müde; es war aber ein schöner Tag, in schöner Landschaft, mit guten Gesprächen. \tbentry{28}{8}{1964}{} Ganzen Tag zum \uline{Plattenhof} (meist am Waldrand über dem Hof, wo man ins Simonswälder Tal hinunter sieht. Über meine Weltanschauung. Die Werte waren, nach Mutters Erziehung im Sinne von Großvaters Buch ,,Ethik``, nicht auf Theologie basiert. Daher wurde sie nicht erschüttert durch mein allmähliches Aufgeben des Glaubens. Ich glaube, wie Rousseau und Pestalozzi, an die natürliche, ursprüngliche \sout{Güte} Gutheit des Menschen. Daher bin ich optimistisch auf lange Sicht, wenn auch nicht für die nächsten hundert Jahre. Die Menschheit ist in den letzten 400\gestrunl{} Jahren gewaltig verbessert worden; wenn sie nicht durch Atomkrieg ausgerottet wird, ist kein Grund da, anzunehmen, dass sie nicht weiter verbessert wird. -- Johannes sieht einen gewaltigen Unterschied zwischen seiner Auffassung, dass Christus die einzige Verkörperung Gottes gewesen ist, einerseits, und andererseits nicht nur meine atheistische Auffassung, sondern, nach ihm nicht wesentlich verschiedene davon [!] die Auffassung eines Gottesgläubigen, dass \gestrunl{} Christus nur einer von mehreren von Gott inspirierten Menschen war. -- Ich gebe ihm zu, dass es ein ernstes Problem ist, die Tatsache zu erklären, dass die Gottesvorstellung unter allen Völkern zu finden sei; aber dass es doch jetzt ganz gute Erklärungen auf weltlichem Boden gibt. Er: Da war wohl Feuerbach der erste, der es versuchte? Ich: Ich glaube, dass die Erklärung von Freud besser ist, dass es aus einem Bedürfnis nach einem \neueseite{531155} idealisierten Vater kommt. -- Johannes fragt, wie unsere Heirat geschah. Ich erzähle von Verwundung, Verlobung, Kriegstrauung, Zeit in Berlin, Jena, Wiesneck. -- Erklärung der Scheidung: Früher glaubte ich, es sei Unverträglichkeit der Charaktere; nach der Psychoanalyse \gestrunl{} vermute ich jetzt, dass es durch neurotische Züge auf beiden Seiten verursacht war: meine Mutterbindung, und ihre Vaterbindung; und dass, wenn wir beide analysiert worden wären, die Ehe vielleicht nicht gescheitert wäre.) 6\,\textonehalf{} herzlicher Abschied von Sabine. -- Abends telefoniert mit Chacha und Hanne (siehe Notizen). -- Nachts heftiges Gewitter, das mich aus tiefem Schlaf aufweckt; dann kann ich lange nicht wieder einschlafen. \tbentry{29}{8}{1964}{} \uline{Annette} ist da (sie ist mitten in der Nacht mit Zug angekommen.) \uline{Johannes} kommt 10h (anstatt 9), weil er noch Sabine und die Jungen mitgenommen hat, die er um \textonehalf{}1 zum Mittagessen am Münster treffen will. Annemarie ist zornig, dass er das so spät sagt, sie wollte ihn doch zum Mittagessen hier haben.) -- \uline{Gespräch mit Johannes}, zeitweise auch Annette dabei. (Ich: In amerikanischer Terminologie bin ich ein ,,humanist``, d.h. das Ziel ist die Entwicklung der Menschheit; der Glaube ist, dass der Mensch dazu fähig ist, ohne übernatürliche Hilfe. -- Er fragt nach meiner Wahrscheinlichkeitstheorie: Ich: das ist zu technisch; es gibt eine allgemein anerkannte Wahrscheinlichkeitstheorie. Ich nehme die auch an, aber glaube, dass daneben ein zweiter Wahrscheinlichkeitsbegriff auch nötig ist; und für den entwickle ich eine Theorie auf Basis von Axiomen. -- Über Krieg und Entwaffnung. Ich sage: Die Russen sind ernsthaft für Entwaffnung, \textit{US} aber nicht; denn die Russen fürchten die militärische Übermacht von Amerika, und sie glauben, ohne Waffen, nur mit Propaganda, würde ihre Seite \neueseite{531159} gewinnen; die Amerikaner glauben aber nicht, dass ihre Seite sicher gewinnen würde; ferner würde Entwaffnung zu sehr ernsten ökonomischen Schwierigkeiten führen, die die Russen, durch Planung, viel leichter bewältigen könnten als die Amerikaner, die heftig gegen Planung sind. -- Johannes liest mir aus der ,,Stimme``, dem Organ der Bekenntniskirche, vor aus einem Beitrag eines Theologen, der sagt, dass eine friedliche Lösung des Problems von Deutschland nur möglich ist, wenn beide Teile sich gegenseitig anerkennen und dann mit einander verhandeln. Ich: Ich stimme dem entschieden zu; ebenso ist Amerikas Nicht-Anerkennung von China ein großer Fehler. -- Ich sage Johannes, dass ich mich freue, zu sehen, wie ähnlich unsere Haltung ist gegenüber einem Problem, trotz der großen Unterschiede im Inhalt des Denkens: Wir beide bemühen uns, das Problem klar zu erkennen und dann so gründlich wie möglich durchzudenken, und so frei wie möglich von Vorurteilen. -- Annette sagt, \sout{dass} Lili Nebels Schwiegersohn, mit dem sie uns damals besuchte, ist ein Neger, aber mit sehr heller Haut; seine Eltern, oder einer davon, war viel dunkler; er ist Chemiker.) -- Beim Mittagessen gerät \uline{Annemarie} in einen \uline{Streit mit Johannes über Sabine} (sie sagt, Sabine wolle dem Johannes nicht ganz Zeit freigeben, um mit mir allein zu sprechen; Sabine hat ihr gesagt, sie könne nicht ohne seine Hilfe mit den Jungens fertigwerden. Er sagt, Annemarie übertreibe; und ich versuche auch, ihre heftige Kritik etwas zu besänftigen.) -- Nachmittags Gespräch mit \uline{Annemarie} (über \uline{Sabine}; sie sei oberflächlich und dumm, maße sich aber moralische Urteile über andere an (das war vielleicht hauptsächlich früher, als Annemarie und Sabine in Stockdorf waren). Sabine wolle verhindern, dass Johannes viel mit mir allein wäre; es wird aber nicht klar, was Sabines Motiv dabei wäre, wohl hauptsächlich unbewusst. Sabine liebt den Schwarzwald nicht, lieber Amrum, das aber \neueseite{531151} jetzt im Umbau ist; Johannes möchte gern Wanderungen dort oben machen, aber sie will nicht.) -- Abendessen mit Annemarie und \uline{Annette}. \tbentry{30}{8}{1964}{} 10 Abfahrt, in der Stadt Abschied von Annette. (Über Karlsruhe, Stuttgart. Mittags Rast auf einer Wiese wird durch Fliegen gestört. Wir sehen Kirche und Pfarrhaus in Riedheim von weitem.) 4\,\textonehalf{} \uline{\textit{\ulinesp{Stockdorf}}}.\ort{Stockdorf} Wiedersehen mit \uline{Chacha}. (Sie findet, dass ich nicht nur in Gesicht Farbe, sondern im Ausdruck viel besser aussehe als vorher. -- Ich bin müde von der Fahrt. Darum erzählen wir nur einiges, ohne auf Wichtiges einzugehen. Chacha sagt, sie möchte mal \gestrunl{} nach \textit{T. H}. für länger, mit Kur, wenn es nicht so teuer wäre. Ich sage, ich will es ihr schenken. Später sagt sie, sie möchte auch mal wieder nach Rom, und erzählt begeistert von ihrem früheren Aufenthalt dort mit Frau Eneb\unl{}. Ich sage, sie ist auf jeden Fall eingeladen, sie kann wählen zwischen \textit{T. H}. und Rom. Sie sagt, sie hat schon eine Kasse, mit Spargeld dafür; da sind die 300 von meinem Mitbringsel drin. -- Chacha und Annemarie reden mir zu, im Oktober mit Chacha nicht nur kurz, wie ich dachte, sondern eine ganze Woche oder noch mehr zum \textit{T. H}. zu gehen; Annemarie sagt, da haben wir ein schönes Zusammensein, und Chacha ist dann frei von Haushaltssorgen und dergleichen. \tbentry{31}{8}{1964}{} 4-7 mit Annemarie bei \uline{\textit{\ulinesp{Stegmüllers}}}. (\gestrunl{} Ich sehe ihn zum ersten Mal. Er hat großen, runden Kopf, breites gescheites Gesicht, spricht lebhaft und gut. Seine Frau, blond, mit Brille, aus Hamburg, spricht sehr lebhaft; \neueseite{531163} sie hat Kunstpsychologie studiert, auch etwas Philosophie; sie weiß gut Bescheid über den Charakter verschiedener Leute, über die Universitätspolitik usw. Er hat sich entschlossen, in München zu bleiben; hauptsächlich, um den Einfluss, den er hier hat, auch für andere Berufungen hierher, nicht aufzugeben; wenn er ginge, würde vielleicht ein Philosoph ganz anderer Richtung berufen. Er schildert, wie viele Schüler oder Anhänger von Heidegger jetzt in Deutschland sind und einflussreiche Stellen haben. Andererseits nimmt aber auch das Interesse an Logik sehr zu; vielfach aber in der Form, dass ein Mathematiker beauftragt wird, es zu lesen. -- Über \uline{Humburg}. Der hat spontan das Carnap-Stegmüller Buch gelesen, und hat Diplomarbeit über Richter und Carnap angefangen; er ist erst zu Stegmüller gekommen, nachdem er die Ableitung von einem Teil des Prinzips der Instanzrelevanz gefunden hatte. -- Ich frage über Richter; er sagt, \gestrunl{} der hat in seinem Buch über Wahrscheinlichkeit auch einige philosophische Bemerkungen gemacht; die können aber wohl kaum als eine neue Interpretation von Wahrscheinlichkeit aufgefasst werden. Auf meine Frage, sagt er, er weiß von niemandem in München außer Humburg, der sich mit meiner Wahrscheinlichkeitsauffassung beschäftigt hat; vielleicht wisse Humburg welche. -- Kurz über Dr. Essler, der mir geschrieben hat über Unendlichkeitsaxiom; er kennt ihn, aber nicht näher. \gestrunl{} Ich sage, dass ich einige Ideen habe, um das Unendlichkeitsaxiom als logisch-wahr zu interpretieren. Er ist interessiert, und ich erkläre die Interpretation mit Modalitäten. -- Über Hintikkas \textit{ms}. Ich sage, dass ich Ad\unl{} nur für Familien anwende, wie im \textit{Preface} gesagt; er scheint es nicht zu erinnern; und dass ich auch ein $m$ mit positiven Werten für universelle Sätze habe, erwähnt im Schilppband \textsection{}\,26 reply. -- Sie fahren jetzt mit Schiff hinüber, nehmen \textit{VW} Auto mit, das er dann am Ende drüben verkaufen will. Sie haben \uline{Hempels} schon mal kennengelernt; ich sage, dass er mein nächster Freund ist, und dass ich sie vielleicht auf der Rückreise besuchen will. Sie sagen, vielleicht könnten sie \neueseite{531165} dann nach Princeton kommen und mich wiedersehen. -- Über\uline{ Lorenzen}. Ich sage auch, dass man zuweilen nicht recht weiß, auf was er hinaus will; \sout{er spricht} Lorenzen spreche oft mit großer Heftigkeit, höre aber dem Gegner nicht richtig zu, und werde sogar ironisch gegen Formalisten wie Bernays.) \tbentry{1}{9}{1964}{} (Vormittags zu Friseur). -- (\sout{Ich erzähle Chacha von Johannes} Nachmittags Spaziergang mit Chacha in den Wald. Ich erzähle von Hannelie, dass sie bald mehr auftaute, und glücklich darüber war. Chacha sagt, Hanneli ist oft verschlossen und kann sich nicht äußern, obwohl sie vielleicht im Grunde gerne möchte. Ich sage, ich habe den Eindruck, dass sie beinahe gar nicht mehr ehelich mit Werner zusammenlebt, und dass er nicht nur in den Ferien, sondern auch sonst meist bei seiner Freundin ist. Darum verstehe ich nicht recht, dass sie im Brief den Wunsch ausdrückt, dass ich ihn kennenlernen sollte. Sie sagt, sie hat ihnen vor Jahren mal ein paar Hundert Mark geliehen; sie mache aber gar keine Anstalten, es zurückzugeben. Ich sage, dass ich mein Darlehen nicht einfach aufgeben wollte, weil das ein Geschenk an Werner wäre; sondern Hanneli vorgeschlagen habe, es aus dem gemeinsamen Konto langsam abzuzahlen; andererseits will ich ihr gelegentlich für bestimmte Wünsche etwas schicken, und dafür soll sie sich ein eigenes Konto einrichten. Chacha stimmt dem bei. Ich erzähle auch von Johannes. Chacha klagt über Sabine, ihre moralische Überheblichkeit. \tbentry{2}{9}{1964}{} 10 \uline{Abfahrt} mit Annemarie und Chacha, über Partenkirchen nach \uline{Mittenwald}. Steilgrad zu einem hoch gelegenen Hotel; auf der Terrasse Mittagessen, mit schönem Blick auf Karwendel. Dann geht Chacha Fußpfad hinunter, um mit Bahn nach Hause zu fahren. Wir fahren 2\textsuperscript{h} ab, (über Seefeld, hinunter nach \textit{Zirl}, dann \neueseite{531169}\textspns{(\textit{\uline{Alpbach}})} nach \textit{\uline{Innsbruck}}. Dann im Inntal nach Osten, über Jenbach, wo es nördlich zum Achensee geht). \textit{Brixlegg}, Bahnstation für Alpbach; steile schmale Straße, oft durch enge Tunnels oder dicht am Abgrund, hinauf nach \uline{\textit{\ulinesp{Alpbach}}}.\ort{Alpbach} Registriert im Sekretariat, dann zum \uline{Hotel Alpbacher Hof}, etwa 5\textsuperscript{h}. -- Abendessen mit \uline{\textit{Franz Roh} und \textit{Juliane}} (ich über \uline{Psychoanalyse}; dass ich viel davon gewonnen habe; nicht nur Überwindung der Neurose, sondern Einsichten, und vor allem allgemeine Lockerung von Hemmungen. Rohs sind beide etwas skeptisch, Juliane fragt, wie es kommt, dass so viele Amerikaner zu Analytikern gehen; hier \gestrunl{} erkläre man das dadurch, dass das mechanisierte Leben der Amerikaner ihnen psychologische Schwierigkeiten verursache. Ich: Nein; es ist einfach so, dass drüben viel mehr Analytiker sind, und dass es üblich ist, zu einem zu gehen, wenn man psychologische Schwierigkeiten hat.) -- Vorher: \uline{Feigls} kommen zu meinem Zimmer; \gestrunl{} wir begrüßen uns sehr herzlich. Annemarie hatte sie schon gefunden. (Sie wohnen im Böcklerhof\fnE{Vermutlich ist der Böglerhof gemeint.}; leider sind wir dadurch bei allen Mahlzeiten getrennt.) \tbentry{3}{9}{1964}{} 9-12 bei \uline{Feigls Arbeitsgemeinschaft}, über Wissenschaftsgrundlagen. Dabei \uline{Feyerabend}. (Feigl fordert mich auf, gleich Stellung zu nehmen zur Kontroverse über Instrumentalismus und Wahrheitsanspruch von Theorien. Ich: Die Wissenschaftler sind doch im Grunde einig; das ist eine künstliche Kontroverse, die die Philosophen hineinbringen. Aber Feyerabend sagt, dass Bohr den Instrumentalismus vertritt: der Formalismus der Quantentheorie ist nur eine Rechenmaschine. \neueseite{531161} Ich habe den Eindruck, dass Feyerabend und einige andere die Kontroverse aufbauschen, während mehrere andere mir zustimmen. Nach der Pause (weil ich für die Tropfen auf mein Zimmer gehe) beginnt Feyerabend ein neues Thema: die Kopenhagen Interpretation; er erklärt gut das 2 Schlitzen\blockade{} Experiment und ein anderes.) Nachmittags lese ich \uline{Blochs} \textit{ms} (\gestrunl{} marxistisch-dialektisch, aber noch viel unverständlicher als bei anderen Marxisten, gegen Positivismus) und beschließe daraufhin, trotz Rohs Rat, seinen Vortrag nicht zu hören. (Der Vortrag dauert 1\,\textonehalf{} Stunde; alle sagten, auch Annemarie, er sei total unverständlich gewesen; und sehr aggressiv über den Positivismus.) Ich gehe zu \uline{Feigls Vortrag}, setze mich ganz vorne neben eine Dame; die stellt sich vor als Frau Bloch! (Feigl trägt klar vor, aber spricht nicht so lebhaft wie sonst, oft zögernd und stockend. Kasperle sagt mir nachher, dass er in einer milden Depression ist, schon in Wien; teils wegen Neuritis in Füßen, teils weil er sich den jungen Leuten gegenüber nicht gewachsen fühlte, in Sachen wie Spieltheorie und dergleichen. Er erklärt die Stellung unseres Empirismus im Unterschied zu früherem Positivismus; über Sinnkriterien, Physikalismus, und dergleichen.) Plötzlich um 6:50 läutet der \textit{buzzer} in meiner Tasche; die Leute schauen sich um, ich stelle mich dieser \unl{}, Feigl unterbricht sich und schaut auf die Uhr, vielleicht dachte er, es ist ein Signal zum Aufhören. Einige Minuten später schließt er. Ich eile hinaus, noch vor den Schlußworten des Vorsitzenden, zu meinem Zimmer, für die Tropfen. -- Nachher sitzen Annemarie und ich noch \uline{mit Feigl} zusammen, und Annemarie spendiert ihnen und sich Cognacs, weil Feigl erledigt ist und eine Aufmunterung braucht; dann bringen wir sie zu ihrem Hotel, im Dunkeln, und gehen zurück. Annemarie mag Feigls gern; auch Roh, aber nicht Juliane; \neueseite{531167} sie sagt, die kuckt einem nicht auf die Augen; ich sage, das ist irgendeine Scheu oder Hemmung. -- Abends \uline{mit Rohs} und \textit{\uline{Dr. Hochkeppel}}. ()Er will mich interviewen für Radio. Da morgen sein letzter Tag ist, und ich da sehr beschäftigt bin, machen wir aus, dass er mich in Stockdorf anrufen wird. -- Er war in Mexiko beim Kongress, aber nicht bei meiner Diskussion. Ich erzähle von den mexikanischen Philosophen.) Gegen 10\textsuperscript{h} zu meinem Zimmer! \tbentry{4}{9}{1964}{} (Annemarie macht Ausflug auf Berghaus, allein, mit Stuhllift.) In \uline{Feigls Arbeitsgemeinschaft}. (Feyerabend erklärt Bohrs Kon\unl{} der Quantengleichung\blockade{}, und zum Schluss Einsteins Einwand gegen Bohrs Ableitung aus der Unbestimmtheitsrelation, \gestrunl{} Konklusion, dass die Einzelsätze, oder gewisse \unl{} von solchen, sinnlos seien.) -- \textit{\uline{Paneth}} (fragt mich, ob ich 1965 zu \uline{\textit{Kneales's} Konferenz} kommen will. Ich: lieber nicht über Konfirmation von Theorien, sondern lieber über Einwände gegen meine induktive Logik, vielleicht auch Poppers Einwände:) (\uline{Feigl} sagt mir \gestrunl{} aber: Popper ist so fixiert an seine Missverständnisse über meine Auffassung, dass ich unbedingt nicht mit ihm öffentlich diskutieren solle, wenn nicht vorher \gestrunl{} im Privatgespräch eine Verständigung erreicht worden sei, wie wir es für Juni in Wien geplant hatten.) -- 4-7\textonequarter{} \uline{\textit{Round-Table} Diskussion} über Materialismus, Idealismus, Positivismus, aufgrund der gestrigen Vorträge von \uline{Feigl und Bloch}; \gestrunl{} dabei noch: ich, Moser als Vorsitzender, Rohrmoser (auch ein Dialektiker, etwas marxistisch), Dellos\blockade{} (mit Moser ein Leiter der Tagung) \textit{Tlust} (ein Marxist aus Prag), Feyerabend. (Ich lasse Feigl meist über Positivismus sprechen, nur ein (oder zweimal?) nehme ich das Wort \gestrunl{}: die drei ismen in ontologischer Deutung als Thesen über Realität lehnen wir ab; man kann diskutieren über die Brauchbarkeit \neueseite{531173} der 3 entsprechende\editor{n} Sprachen. Ich merkte als Student, dass ich mit verschiedenen Freunden verschiedene Sprachen sprach. Auf die Frage nach meinem Standpunkt wusste ich keine Antwort; ich war ontologisch neutral und bin es immer noch. Die Thesen widersprechen sich; aber es ist nicht inkonsistent, verschiedene Sprachen zu sprechen. Jetzt bin ich nach 30 Jahren zum ersten Mal wieder in Deutschland; es fällt mir schwer, einiges zu verstehen, besonders unter Philosophen. In Amerika habe ich gern mit Philosophen anderer Richtung gesprochen, oft mit Pragmatisten, Marxisten, Neo-Thomisten; die alle haben eine ziemlich klare Sprache, und für die ersteren ist \textit{P} die Sprache der Wissenschaft, aber wenn ein Philosoph eine Sprache spricht weit entfernt von der der Wissenschaft, so fällt es mir schwer, ihn zu verstehen. Wenn Philosophen verschiedener Richtungen mit einander sprechen wollen, wäre es ratsam eine Sprache zu nehmen, die nicht zu weit weg von der der Wissenschaft ist. (\gestrunl{} Ich schließe, weil der Vorsitzende mir sagt, die Zeit ist abgelaufen. (Applaus.) --) Die letzte Stunde sind Fragen aus dem Publikum. Ich bin sehr müde; einmal werde ich etwas schummerig, beinahe bewußtlos; ich schließe die Augen und halte meine Hand dagegen für \textit{ca} 5 Sekunden. -- \textit{\uline{Flitner}} war schon dabei (er ist heute gekommen. Er fragt, wie lange ich bleibe; ich: am 11. fahren wir ab. Daraufhin telegrafiert er Lisi, auch zu kommen.) -- Beim Abendessen mit Annemarie, Rohs, Flitner, Hochkeppel. (Ich erzähle von der Entropie in Princeton, wie die Physiker mich nicht verstanden. Über die allgemeine Anerkennung der symbolischen Logik in Amerika; und jetzt müssen wir warnen vor Übertreibung, gegen Idolatrie des Instrumentes; Abe sagte ,,päpstlicher als der Papst``). 9\,\textonehalf{} auf mein Zimmer. \tbentry{5}{9}{1964}{} Die Arbeitsgemeinschaften von \uline{Feigl} und \textit{Kohler\fnE{Möglicherweise der österreichische Psychologe Ivo Kohler: https://de.wikipedia.org/wiki/Ivo\_Kohler}} machen gemeinsame Sitzung. Zuerst \uline{Vortrag Feigl} (über Determinismus. Außer der Hauptthese, dass Determinismus vereinbar ist mit Freiheit, \neueseite{531175} die er ausführlich erklärt, auch mit allerhand weniger wichtigen Nebenbemerkungen, spricht er dann leider sehr ausführlich auch noch über die zweite These, dass die Situation in der Quantentheorie nicht wesentlich anders ist. Dann mache ich einen Vorschlag: zunächst die Diskussion auf die Hauptthese zu beschränken, weil das das Wichtigste ist. Stattdessen spricht er noch lange weiter, im ganzen eine Stunde, ohne sich auf das erste zu beschränken, ohne die Diskussion anfangen zu lassen.) Dann Pause; dabei reden Roh und Flitner mir zu, die Lenkung der Diskussion stärker in die Hand zu nehmen; ich sage, das kann ich als Besucher nicht. (Trotzdem mache ich nach der Pause den Vorschlag, zuerst die Diskussion über Determinismus zu machen. Aber man sagt mir, das sei unmöglich, weil zuerst Kohler als Leiter der anderen Arbeitsgemeinschaft zu Wort kommen müsse. Er spricht ganz im Sinne der phänomenologischen Psychologie. Er sagt, von diesem Standpunkt aus seien die Sehqualitäten Rot und Violett mehr verwandt als blau und gelb, obwohl die Physiker dagegen sprechen (dies ist natürlich ein Missverständnis. In der Diskussion fragen Verschiedene, was all dies mit Determinismus zu tun habe. Darauf werden nur ausweichende Antworten gegeben.) \gestrunl{} Mir scheint, die Sitzung war gänzlich fruchtlos, weil kein gemeinsames Thema für die beiden Gruppen genommen war. Ich schließe aus der Unfruchtbarkeit dieser und der gestrigen Sitzung, dass es besser für mich ist, mich nicht in Gruppendiskussion einzulassen, wenn ich keinen Einfluss auf Thema und Durchführung habe. -- Abends in der Dämmerung Spaziergang mit \uline{Roh}. (Er schlägt vor, ich könnte ein Zimmer in ihrem Haus mieten. Ich sage, ich kann nicht für mich selbst kochen, und es ist wahrscheinlich \neueseite{531179} zu weit, zu einem Restaurant zu gehen. Er meint, ich könne mit ihnen essen. Aber ich sage, es wäre sehr verkehrt, so etwas auf längere Dauer zu tun, denn sie müssten doch ihre Privatheit haben.) -- Abends gehe ich doch mit zum ,,Lustigen Abend``. \unll{} Aufführung von Szenen zur Veräppelung der Gründer und Leiter von Alpbach. \tbentry{6}{9}{1964}{} Vormittags \uline{Feigls bei mir}, später auch Annemarie. (Ich erzähle über Ursache von Inas Depression seit vor Mexiko. Schließlich der Psychiater, Sonntag Nembutal weggenommen, und der letzte \unl{}. Annemarie sagt, die Mama habe ihr geschrieben, dass Ina sich erhängte; ich vermute, dass Heini es in der Zeitung gelesen oder von mir erfahren hat und es ihr geschrieben hat; oder vielleicht Grete.) -- Mittags mit Feigls wir beide im Böcklerhof gegessen. (Dabei erzählt Annemarie, dass sie während der Ausbildung in München öfters bei Maue gewesen ist; sie habe auch mit ihr korrespondiert über die Frage, ob sie es den Kindern sagen solle; als Hauptgrund dagegen, meint sie, war nicht die Furcht vor Vorwürfen der Kinder, sondern die Sorge, dass dadurch die Liebe der Kinder zu Nutto gestört werden könnte.) -- Nachmittags mit Feigls im Alpbacher Hof. (Kasperle sagt mir, dass Feigl vor einigen Jahren eine wirklich ernste Depression hatte, und dass sie der Ansicht sind, dass unbedingt Medizin dagegen angewendet werden müsse; und \sout{auch} wenn nötig auch Schocktherapie; sie meint, dass bei den heutigen Verfahren keine Persönlichkeitsveränderungen eintreten. -- Feigl sagt, \sout{nach} dass er mit 62 Jahren volle Pension \neueseite{531171} bekommen würde, aber auch mit 65 Jahren abgehen könnte, mit etwas kleinerer Pension.) -- \sout{Abends gehen wir alle zum}\gestrunl{} \tbentry{7}{9}{1964}{} 9-12 letzte Sitzung von \uline{Feigls Arbeitsgemeinschaft}. (Feyerabend erklärt gut die Kontroverse \gestrunl{} Bohr-Einstein. Er erwähnt, dass einige auch versucht haben, die $\psi{}$-Funktion aus dem Phasenraum in den gewöhnlichen Raum zu übertragen. -- Um 11h fordert Feigl mich auf, zum heutigen Stand des \uline{Sinnkriteriums} zu sprechen. \uline{Ich erkläre} kurz das Sinnkriterium im Artikel 1956, für theoretische Terme und Sätze. Dann meine jetzige Position\fnA{Original \original{Funktion}.}: nicht mehr ,,sinnlos``, sondern schlimmstenfalls ,,überflüssig``. Das ist eine große Liberalisierung, und ermöglicht auch, unvollkommene Theorien in frühen Wissenschaftsphasen, z.B. Theorie der Psychoanalyse, oder sogar in vorwissenschaftlichen Phasen zuzulassen \gestrunl{}. Dadurch fallen auch gewisse Einwände, die Feyerabend in früheren Diskussionen gemacht hat, fort. -- Feyerabend spricht noch über Versuche, die Logik in der Quantentheorie zu ändern, z.B. Reichenbachs mehrwertige Logik, und Neumann-Birkhoffs \gestrunl{} Streichung des einen Distributionsprinzips. Er ist dagegen, und ich stimme zu. In Bezug auf ,,sinnlos`` weise ich hin auf Schlick und Martin Strauss.) -- \uline{Nachmittags Diskussion mit Flitner, Rohs}, und Annemarie. (Sie fragen \uline{über Sinnkriterium}, und ich erkläre das Übliche. Für Flitner ist Natur = das nach naturwissenschaftlicher Methode Erfassbare; ich frage, welche Vorgänge der Welt liegen außerhalb davon. Flitner: die geistigen Vorgänge, z.B. Selbstbewusstsein, Reue, ,,ich bin``; das ist mir schwer verständlich. -- Über Werte und Wertungen. Stevensons Buch. Glaube und Haltung; \textit{utinam}-Sätze. Flitner stimmt vielem zu, aber da scheint doch eine absolutistische oder objektivistische Auffassung der Werte dahinter zu \neueseite{531177} stecken und ferner glaubt er, dass durch die Kulturentwicklung sich zunächst in kleineren Gruppen, dann Nationen usw., und schließlich in der Menschheit ein gemeinsames Wertsystem herausklärt; die Menschen ,,werden immer besser gewahr`` davon. Ich sage, dass ich mit dieser optimistischen Auffassung sympathisiere, aber das doch nicht als ,,gewahr werden`` oder ,,Erkenntnis`` auffassen möchte; es ist nicht klar, ob er es für Erkenntnis hält.) \tbentry{8}{9}{1964}{} Vormittags wir \uline{zu Feigls}. (Er sagt, das Wiener Institut würde gerne ein Symposion machen, an dem ich teilnehmen könnte, über induktive Logik; gut bezahlt, und Reise bezahlt. Ich möchte aber keine solchen Sachen mehr übernehmen nach Alpbach; ich kann Leuten ohne Vorkenntnisse nicht die Grundideen meiner induktiven Logik in einem Vortrag klarmachen. Ich sage Feigl, dass ich jetzt leicht Flugreisen machen kann, und eventuell nach Minnesota kommen würde, für eine Konferenz über meine induktive Logik. Das freut ihn sehr. Aber er ist ja zunächst mal für ein Jahr weg.) \gestrunl{} Wir gehen für \textonehalf{} Stunde spazieren, einen steilen Weg hinauf. Maria erzählt mir, dass Feigl ganz pessimistisch ist über seine Neuritis, und nicht mal in Wien einen Spezialisten konsultieren will. Da ist immer eine Wechselwirkung zwischen seiner deprimierten Stimmung und der Neuritis, und er meint, kein Arzt könnte helfen. Er klagt oft über Schmerzen; aber er nimmt nicht ein neues schmerzstillendes Mittel, das ihm sein Arzt verschrieben hat. Ich spreche nachher mit ihm und rate ihm dringend, einen Spezialisten in Wien zu konsultieren.) -- Nachmittags wieder zu Feigls zum Kaffee. (Wir schreiben zusammen Karten an Mia und Hempels. -- 6\,--\,7\,\textonehalf{} \uline{Flitner} bei mir. (Er hat einiges in meiner Autobiographie gelesen. \gestrunl{} Auf seine Frage erkläre ich ihm: die 2 Begriffe der Wahrscheinlichkeit, Keynes; Kontroverse mit Statistikern; es sind 2 verschiedene Begriffe. Aber \neueseite{531185} meine Theorie ist zunächst nur auf einstellige Prädikate anwendbar; aber ich habe Ideen, wie sie auf quantitative Begriffe anwendbar wird. -- Er ist für Planung, aber scheut zurück vor den Gefahren. Ich sage: Neurath warnte auch vor den Gefahren.) -- 7\,\textonehalf{}\,--\,9 wir mit Flitner und Rohs Abendessen. (Flitner erzählt: Nohls Frau starb schon \textit{ca}. 1930. Da er sehr wohlhabend war, konnte er sich dann \gestrunl{} leisten, einer Frau, frühere Schülerin, die auch Sachen schrieb, eine eigene Wohnung in seinem 3-stöckigen Haus zu geben; sie leitete dann seinen Haushalt und pflegte ihn vielleicht auch in kranken Zeiten; da war aber noch jemand für die Arbeiten von Kochen, Reinigen usw. -- Ich sage: Das rauhe \uline{Klima in Süddeutschland}, besonders München, ist ein großes Problem für mich, falls ich mich entschließen sollte, ganz nach Deutschland zu ziehen. Juliane bestätigt, dass es nette Dörfer, nicht zu teuer, oberhalb der französischen Riviera gibt. Ferner empfiehlt sie Hotel \textit{Enrotel} in Garda am Gardasee, mit schönem Park, wo Wohnungen, vermutlich möbliert, verkauft werden, aber oft auch von den Besitzern zeitweise vermietet werden. Ich frage Flitner, wenn ich für einige Monate dorthin ginge, würde er dann auch vielleicht dahin kommen? Er sagt: wahrscheinlich ja. Alle sagen auf meine Fragen über die oberitalienischen Seen, dass es dort sehr schön sei; einige Orte seien jetzt zu snobistisch und teuer geworden, andere seien einfacher. Es gibt aber im Winter oft Regen oder Nebel, und zuweilen auch Schnee. Annemarie sagt, Agnes habe Schuhe mit Hufeisen, die gut gegen Ausgleiten im Schnee schützen. -- Franz sagt, er habe lange nichts von oder \uline{über Maue} gehört; wie es ihr ginge. Annemarie sagt, sie lebt allein, nachdem Gerhard verheiratet ist und in Stuttgart wohnt. Ich denke mir, sie\fnA{Original \original{er}.} will damit andeuten, dass dort ja auch eine Möglichkeit für mich wäre.) \neueseite{531187} \tbentry{9}{9}{1964}{} 9\,\textonehalf{}\,--\,11 ich \uline{zu Feigls}. (Kasperle sagt, dass Feigl auch nach retirement nicht leicht von Minnesota fortgehen wird; erstens möchten sie dann noch in ihrem Be\unl{} bleiben, und zweitens haben sie ja dort jetzt viele Freunde. \gestrunl{} \uline{Annemarie} kommt, (sie ist mit Flitner nach Brixlegg gefahren und hat \uline{Lisi Flitner} abgeholt.) Wir nehmen herzlichen Abschied von Feigls, ich tausche auch Küsse mit Feigl. -- Mit Annemarie etwas spazieren gegangen. (Sie sagt, Feigl ist ihr sympathisch; aber er ist so schüchtern und zaghaft, er wird es schwer haben. Ich sage, dass ich erst jetzt von Kasperle erfahren habe, dass Feigls Depression vor 3 Jahren wirklich ernst war. Sie meint wie Kasperle, dass man doch alle medizinischen Mittel anwenden müsse.) -- Am Esstisch umarme und küsse ich \uline{\ulinesp{Lisi Flitner}}. Nachmittags Kaffee auf der Veranda \uline{mit Flitners}, endlich wieder Sonnenschein. Annemarie geht auf großen Spaziergang, Dann gehe ich \uline{mit Flitners auf langen Spaziergang}, (die Straße vor Hotel nach Osten, und immer weiter, teils flach, teils langsam ansteigend, bis zu einer schönen Bank, von der man das Tal hinuntersieht, und die Bergketten zu beiden Seiten. -- Ich frage \uline{Flitner} nach seiner \uline{Weltanschauung}. Er schildert übermäßig ausführlich wie sich die Welt entwickelt hat von unorganisch bis heute, wo hier 3 Menschen sitzen und sich zu verstehen bemühen. Diesem Ganzen stehen wir mit Erstaunen gegenüber, vielleicht sogar mit Ehrfurcht, und wissen keine Antwort. Ich frage mehrmals: ,,Was ist denn die Frage?{}`` Aber das bleibt unklar. Er spricht von Aristoteles und von Schellings und Hegels Versuch eines Systems. Ich sage, wir müssen aber hier klar 2 Gebiete unterscheiden: \neueseite{531181} in Stevensons Terminologie: Glauben und Haltung. Das erste handelt von Fakten und Regelmäßigkeiten; das wollten wir ,,Weltbild`` nennen; das zweite drückt Haltung aus, aber hier gibt es nicht Fragen und Antworten. Flitner gibt zu, dass hier seine ,,Frage`` nur metaphorisch gemeint ist. Wenn Hegels Dialektik gemeint ist als Welthypothese, so ist sie nicht Metaphysik (in unserem Sinne), sondern versuchsweise Wissenschaft. Aber Flitner sagt, die ,,Sinngebung`` der Metaphysiker war gemeint, auch als Basis der Moral zu dienen. Dann aber bezieht die sich auf Haltung, nicht Glauben. Flitner spricht hierbei nirgends von Gott; und wir kommen zu einer Art von Übereinstimmung. Aber Lisi kommt dann dazu und betont die Unterschiede; sie sagt, dass wir durch die Quantifizierung \editorstr{das System} das Künstlerische stören; und dergleichen.) -- Abends beim Essen erzählt Lisi mir \uline{über Eva Bergemann} (jetzt 70 Jahre, Dr. med. in \gestrunl{} Bern, in einer Forschungsstelle, ist jetzt nach \textit{NY} gereist, um Till (?) zu besuchen; sie sei sehr aktiv und lebendig. \uline{Hans Rothe} lebe in Florenz; er habe jetzt, mit \textit{ca} 70 Jahren, seine Frau geschieden, angeblich, weil ein geistig Arbeitender nicht gebunden sein dürfe.) -- Nach dem Abendessen sitzen wir im Seitenraum. (Roh oder Flitner fragen nach \uline{meinen nicht-wissenschaftlichen Beschäftigungen}. Ich sage: Von Prag habe ich das Cello an Hanneli geschickt. Dann hatten wir in Amerika viele klassische Platten. Über Romane: Ich habe einige gern gelesen, die Ina mir empfahl, z.B. von Kazantzakis ,,Zorba`` und ,,Griechische Passion``. Sie sprechen von griechischen Inseln, Rhodos und Kreta. Auf Rhodos hat Flitner ihnen die Odyssee vorgelesen. Darauf zitiere ich ,,A$\nu{}$$\delta{}$$\rho{}$$\alpha{}$ $\mu{}$$o$$\iota{}$ \ldots{}``. -- Über \uline{Psychoanalyse}. Sie fragen nach meinem Fantasieleben. Ich: Das hat eine starke Umwandlung erfahren durch die Analyse. Träume und besonders Wachträume sind viel intensiver. Ich \neueseite{531189} erzähle von Astrid; die ganzen Dialoge \gestrunl{} erscheinen Wort für Wort; ich bestimme nur das Thema, das Übrige läuft ab. Lisi sagt: Vielleicht war früher die visuelle Fantasie gehemmt, und die Hemmungen sind durch die Analyse verschwunden; ich sage: sicherlich ja. Flitner sagt, in den Irlandsagen dürfen die Männer nie Gefühle zeigen, etwa weinen oder so. Ich: Das war auch unsre Erziehung etwa; aber seit der Analyse muss ich oft weinen, zuweilen auch aus Ergriffenheit oder Freude, wie bei schöner Musik. Flitner und Roh stimmen zu, dass das viel besser ist, und erinnern an das 18. Jahrhundert.) \tbentry{10}{9}{1964}{} (Annemarie wandert allein, kommt früh \gestrunl{} nach Hause.) Ich gehe mit Rohs und Flitners 10-1. (Vom Hotel den steilen Weg hinauf, mehrmals auf Bänken gesessen, weit hinauf. Dies ist mein längster Spaziergang seit Mexiko. Gespräch mit Roh und Flitner; Roh presst Flitner, ob er die Gottesidee verwendet irgendwie; Flitner sagt immer wieder, er will keine ontologische Aussage darüber machen; es sei nur Sache seiner Haltung. Ich sage: Vielleicht wie Einsteins ,,kosmisches Gefühl``; Flitner betont aber, dass bei ihm nicht nur Erstaunen, sondern auch ein Gefühl der Verehrung dabei ist; aber anscheinend meint er nicht einen persönlichen Gott. Er verneint Rohs Frage, ob er es für sinnvoll hält, zu beten, um eine sichtbare Wirkung zu erlangen, z.B. Heilung von Krankheit.) -- \uline{Nachmittags} fährt Annemarie \gestrunl{} für uns denselben Weg hinauf, aber noch viel weiter und höher, zu einem schönen \uline{großen Bauernhof}, wo man essen kann, und auch Zimmer. Rohs und Flitners überlegen, ob sie Weihnachten hierher kommen wollen, weil die Aussicht und die große Stille hier viel besser sind als in Alpbach. -- Flitners und Rohs erzählen von \uline{Griechenland} (ich sage, ich möchte so gerne mal Griechenland wiedersehen; Juliane sagt, der Frühling ist \neueseite{531183} schöner als der Herbst, wegen der vielen Blumen und Blüten; April oder Mai wäre am besten. Leider könnte Annemarie dann nicht mitkommen; sie sagt, ich könnte doch Hanneli mitnehmen; aber das gefällt mir doch nicht so gut (im Stillen denke ich: vielleicht Chacha).) \tbentry{11}{9}{1964}{} Annemarie fährt Rohs hinunter nach Brixlegg; sie fahren nach Italien für Mineralwasserkur für ihn oder beide. Vormittags \uline{mit Flitners} spazieren (auf dem unteren Weg zur roten Bank, und dann weiter; Flitner legt ein Brett auf die Pfähle, zum Sitzen. Ich erzähle von der Entwicklung von Inas Depression, und besonders die letzten Tage. Beide sind sehr ergriffen, und mitfühlend. Dann kommt Annemarie, geht aber nach einiger Zeit wieder. \gestrunl{} -- Ich sage noch einiges über die Psychoanalyse. Dann sagt Lisi, dass sie in der Ausbildung auch eine Zeitlang Trainingsanalyse gehabt hat, nicht nach Freudscher Methode, sondern anders (vielleicht Adler, Jung oder dergleichen). Sie fragt, ob es nicht schwierig war, dabei zu bleiben, da doch viele es nicht aushalten können. Ich: Ich wollte dringend dabei bleiben, zuerst, weil es für die Neurose einfach notwendig war; dann später, weil ich so viel davon hatte; es ist zuweilen fast zu aufwühlend, aber ich war entschlossen, es weiter zu machen. -- Beim Heimweg kommen wir nochmal auf die Frage der Geisteswissenschaften. Flitner sagt, der Mensch besteht aus Körper, und ,,natürlich`` Seele und Geist. Ich: Wieso ,,natürlich``, die alte Unterscheidung zwischen Seele und Geist ist mir inzwischen gänzlich fremd geworden. Flitner: Mit ,,Geist`` meint er das ganze Gefüge der Beziehungen zwischen Menschen in der Gesellschaft, persönlich, kulturell usw., einschließlich richtig Leben usw., und zwar nicht nur das, was davon den Menschen explizit bewusst ist. Ich sage (vielleicht schon früher): die unbewussten Gedanken usw. sind viel umfassender als die bewussten; wie ein Eisberg; darum scheint mir die Umgrenzung der Psychologie auf das Bewusste, wie bei Ein\unl{} phänomenologischer Psychologie, zu eng. Lisi sagt: Die Geisteswissenschaft kann nicht quantifiziert werden, \gestrunl{} weil vieles dort sich grundsätzlich der Messung entzieht, z.B. die Liebe. Ich: Alles kann mindestens indirekt gemessen werden, auch die Intensität von Gefühlen.) \neueseite{531191}\textspns{(Stockdorf)} -- Letztes Mittagessen mit Flitners. (Ich lege mich noch \textonehalf{} Stunde hin.) 2h herzlicher Abschied von Flitners (ich sage, ich bin froh über das Zusammensein; ,,gute Freunde ist das Beste``; er: ,,ja, das ist eine Währung, die sich nicht entwertet``.) -- Wir fahren ab, durch Innsbruck, Seefeld, Mittenwald, Murnau, \ulinesp{nach \textit{\uline{Stockdorf}}};\ort{Stockdorf} 6\,\textonehalf{} Ankunft (200 \textit{km}). (Chacha und Angermanns. Wir erzählen. Ich rühme, wie gut Annemarie mich versorgt hat, und wie alle von ihr angetan waren. Abends ruft Heini an, langes Telefongespräch. \tbentry{12}{9}{1964}{} Chacha geht mit mir zur Apotheke und zurück. (Wegen Epitrate; aber es ist nicht in ihren Listen; er sagt etwas von Epinephrinlösung, die für Anästhesie bei einigen Sachen beigemischt wird.) -- Später macht Christoph zahlreiche Anrufe bei Doktoren und Apotheken, aber vergeblich. -- Nachmittags mit Chacha auf der Veranda. (Über Annemarie. Ich frage, warum sie das Abitur nicht gemacht hat. Sie erzählt alte Sachen, die ich inzwischen wieder vergessen hatte oder vielleicht auch nicht gewusst habe. Dass Rill sich in Annemarie verliebte, und daher Chacha bat, sie von Gebesee wegzunehmen, aber ohne es Andreesen\fnE{Alfred Theodor Andreesen (1886-1944), Leiter aller Hermann-Lietz-Schulen} zu sagen. Annemarie kam dann nach Gaienhofen, \gestrunl{} wo Dr. Müller\fnE{Dr. Elisabeth Müller (1875-1948)} Leiterin war, die streng und verständnislos war. Dann sollte sie in München auf die Schule, in Obersekunda. Aber inzwischen hatte sie vieles vergessen, und verfehlte das Aufnahmeexamen. Dadurch wurde sie entmutigt. Später wollte sie dann nicht mehr zurück; auch dann nicht, als ihre Freundin Anne das Abitur durch eine Presse machte, nachdem beide zusammen das Assistententraining durchgemacht hatten. -- Auch über Kön.) -- Abends zeigen \uline{Angermanns} oben, mit seinem Bruder \textit{Gox}, \uline{Dias} \gestrunl{} (von ihrer Ferienreise nach Kärnten, Großglocknerstraße, und frühere von Johannes und seinen Jungens.) \tbentry{13}{9}{1964}{} (Gebadet). -- \uline{\ulinesp{Gerhard Gramm}} holt mich im Auto ab. (Ich habe heute früh überlegt, dass es für das Transportproblem \gestrunl{} doch ratsam \neueseite{531195} wäre, wenn ich Maues Vorschlag annehme, über Nacht zu bleiben, vielleicht auch für mehrere Tage, damit ich Augenarzt, Hochkeppel, Maina, und vielleicht Reisebüro noch erledigen kann. Chacha stimmt zu, und packen schnell den kleinen braunen Koffer und die schwarze Ledermappe. -- Maue antwortet nicht auf Telefon; vermutlich sind sie alle in der Kirche. -- Später mit Maue telefoniert; sie sagt ja, ich kann bei ihr wohnen.) -- 10\,\textonehalf{} \uline{\ulinesp{Gerhard}} kommt; groß und wohlgeformter Kopf mit hoher Stirn, sieht gut und anziehend aus. Er fährt mich \uline{\ulinesp{zu Maues Haus}}, München,\ort{München} Romanplatz 12. Dort begrüßt \uline{\ulinesp{Maue}} mich, bietet ihre Wange zum Kuss und küsst dann auch meine. \uline{\ulinesp{Bärbel}} wird vorgestellt, und ich nenne sie auch so; sie sieht nett aus, ruhige Augen, schaut einem ruhig ins Auge; still und sympathisch. (Ich erzähle von Alpbach, und Diskussionen, den Freunden, und Annemarie. Die beiden erzählen von ihrer Reise im Auto durch Dänemark und Norwegen: Oslo, Bergen, durch Gebirge herum. Gerhard über Russland; Berichte eines Bekannten von einer Reise; sein Institutsdirektor war zum Austausch dort; aber Privatpersonen können nicht leicht hinein. \lhaken[Später geschrieben:] Hier doch wohl meine Erzählungen \uline{von meiner Analyse}, wie wichtig es ist, Aggressionen herauszulassen, weil sonst auch tiefe Gefühle gehemmt werden. Maue ist erfreut, dass ich dies erkläre.\rhaken{} Sie fahren ab 6\,\textonehalf{}. Maue geht mit mir spazieren\sout{: zum} im Dunkeln: zum Nymphenburger Schloss, und im Bogen wieder zurück, \textonehalf{} Stunde. \gestrunl{} -- 8\,\textonehalf{}\,--\,9\,\textonehalf{} Abendessen. (Sie hat hier viele Bekannte und Freunde, will hier bleiben, nicht nach Freiburg ziehen, weil sie dort der Familie zu nahe auf der Pelle sitzen würde. Sie nimmt an, dass Gerhard, wenn er endlich das Doktorat gemacht hat, zunächst mal ins Ausland will, in eins der ,,Entwicklungsländer``, und dann Anstellung in Industrie, am liebsten in München, weil er sich hier heimisch fühlt, gern Konzerte besucht, und die Berge liebt. Er sei ,,faul``, tue nicht genug an seiner Arbeit; er lese noch zu viel Literatur, darüber usw. -- Ich spreche von meinem Problem: \textit{LA} oder Deutschland? Ich sage, ich habe mir vorgenommen, nicht zu bald einen Entschluss zu fassen, weil ich noch nicht wieder im Gleichgewicht bin. \neueseite{531197} Dem stimmt sie lebhaft zu. \ulinesp{Sie fragt, wie ich mich mit Chacha verstanden habe; ich: sehr gut}; vielleicht gehe ich mit ihr mal einige Tage zum \textit{TH}\fnE{Vermutlich ist der Tannerhof in Bayrischzell gemeint.}; sie sagt, Mengershausen habe zu sehr Prinzipien\blockade{}. Ich erkläre ihr, auf die Frage, was denn gegen \textit{LA} spreche, die gegenwärtige Haushaltpraxis mit der Negerin und andere Probleme; \ulinesp{sie sagt, ich passe doch gar nicht mehr nach Deutschland}. Ich sage, die meisten gegenwärtigen Freunde seien allerdings in \textit{LA}; aber einige alte in Deutschland: Flitner und Roh. \ulinesp{Vielleicht ist sie auch etwas eifersüchtig auf Chacha.}) (Um 10 gehe ich schlafen, um 11 erst Licht aus.) \tbentry{14}{9}{1964}{} Telefonieren wegen Augentropfen. (Christoph telefoniert mit pharmazeutischem Institut der Universität, Dr. Range; und dann rufe ich diesen an. \gestrunl{} In \textonehalf{} stündigem Telefongespräch liest er mir aus allerhand Büchern über \textit{U.S}. drugs vor, und beschreibt mir dabei \editorstr{nicht} in großen, unnötig Details, die chemischen Substanzen und medizinischen Wirkungen. Schließlich kommt er zum Ergebnis: \textit{Epitrate} = \textit{Epinephrine} (das sei dasselbe wie \textit{Adrenalin}) -- \textit{Bitartrate} (tratre sei \unl{} weniger). Aber er rät mir doch, zu einer Augenklinik zu gehen, damit die Konzentration usw. nach Befund der Augen gewählt wird. -- Ich rufe Universitätsaugenklinik an, zuerst den Oberarzt, und dann Fräulein Dr. \textit{Topell}, und mache Verabredung.) Maue fährt mit mir im Taxi \uline{\ulinesp{zur Augenklinik.}} (Fräulein Dr. Topell sagt, dass es in Deutschland ganz unüblich sei, das Epitrate zu verwenden, aber man könne es bestellen. Ich frage, was sie denn für die Nacht vorschlage; sie sagt \textit{Pilocarpin} in Tropfen, das ist Pilocarpin in Öltropfen; das Öl bewirkt, dass das Pilocarpin langsamer und länger wirkt; ein Tropfen genüge, und zwar nur abends, anstatt Pilocarpin; nur wenn der erste Tropfen nicht ins Auge kommt, einen zweiten nehmen; das Auge fasse gar nicht mehr als einen Tropfen. Sie macht Druckmessung: \textit{R} 26, \textit{L} 22, also höher als zuletzt in \textit{LA}. Sie schreibt Rezept, nimmt aber kein Geld, trotz meines Protestes. Wir bekommen \neueseite{531199} es dann sofort in der Apotheke beim Romanplatz, fertig.) -- (Beim Mittagessen erzählt Maue von Christiansen; ihr alter Kummer, schon aus Briefen bekannt, dass er Nutto nicht erlaubte zu kommen; sie findet das unerhört. Ich sage: Aber er hatte doch eine Neurose! Aber das mildert ihr Urteil nicht; anscheinend hat sie keine Ahnung über Neurose und Psychoanalyse. Dann kritisiert sie Chacha sehr hart, weil die bei Einladung zu spät oder eine Stunde zu früh kam, oder nachmittags nicht wegging, obwohl Maue ein Abendessen für Gäste für 7 Uhr richten musste. Ich sage: Sie hätte es ihr offen sagen sollen, dass es ihr lieber sei, dass sie ginge; \sout{umgekehrt\ldots} sie erklärt selbst, dass das durch \textit{LEH} und dergleichen komme, und ich stimme zu; Chacha und ich und manche unserer Freunde haben die konventionellen Regeln der Gesellschaft nie richtig gelernt. Sie: Das sind nicht bloss Konventionen, sowas muss man doch spüren! Sie ist ärgerlich, dass ich wie früher kritisierte Leute immer verteidige.) -- 6\,\textonehalf{} langer Spaziergang (durchs Nymphenburger Schloß unten durch, und ein kleines Stück in den Park.) -- Chacha telefoniert: Sie hat Magen-Darm-Beschwerden (liegt zu Bett, steht immer wieder auf, um sich Essen zu richten, damit Lini nicht zuviel zu tun hat, aber das wird ihr zuviel. Sie überlegt, jetzt schon zum \gestrunl{} \textit{TH} zu gehen, um sich richtig zu kurieren; und ich soll dann nach Rückkehr von Hamburg auch hinkommen; jetzt nicht nach Stockdorf kommen, sondern Lini wird meinen Koffer herbringen.) -- Beim Abendbrot spreche ich nochmal von Psychoanalyse (ich sage, dass es bedauerlich ist, dass die Gebildeten in Deutschland gar nichts von Psychoanalyse und Neurosen oder neurotischen Schwierigkeiten wissen, im Gegensatz zu \textit{U.S}. Ihr Vorwurf gegen Christiansen, der Nutto jahrelang nicht zu sich kommen ließ, beruht einfach auf Ignoranz. Wie viel schlimmer muss es Johannes erschienen sein, als ich ihn auf seiner Hochzeitsreise nach Mexiko 1953 nicht nach Princeton lassen wollte wegen meiner Neurose. Maue sagt, sie hat das Gefühl, dass, wenn man sich mit solchen Dingen befasst, man irgendwie angesteckt oder unrein wird, oder dass man sich nicht so leicht einer Stimmung hingeben solle, indem man ihr den Ehrentitel ,,Depression`` gibt. Ich sage, dass es doch gut wäre, wenn \neueseite{531193} die Eltern mehr über diese Dinge wüssten, damit sie ihre Kinder besser verstehen, und ihnen in Schwierigkeiten helfen könnten. Zum Trost über Gerhards ,,Schreibhemmung`` erzähle ich von Hempel und seinem Perfektionismus. -- Sie erzählt auch von den Kriegsjahren und wie sie geschuftet hat, damit die Familie immer genug zu essen hatte; ich sage, da war sie wirklich sehr tüchtig, und wir haben sie dafür bewundert.) -- Vorher schon rufe ich \uline{Maina} an (ob sie mich hier mal besuchen will, und sage, dass ich später, nach Hamburg, bei Chacha im \textit{TH} sein werde. Sie sagt, da will sie lieber mal dorthin kommen für einige Tage; sie möchte auch gern mit mir über Amerika sprechen, weil sie hinüber reisen will, zu ihrer Tochter Almuth.) (\uline{Maue} sagt beim Abendessen, sie habe doch beabsichtigt, mich immer um 8 zu entlassen, sie erzähle zu viel, und Gerhard habe ihr gesagt, all die Geschichten über den Mann Lütts\blockade{}, den ich gar nicht kenne, könnten mich doch nicht interessieren. Ich sage, es eilt doch nicht; es genügt, wenn ich mich um 9 zurückziehe. Aber dann plaudert sie doch noch bis 10!) \tbentry{15}{9}{1964}{} \ulinesp{\textit{Dr. \uline{Hochkeppel}}}\fnA{Original \original{Hochkeppler}.} hier (er macht Interview über meine Philosophie für Bayerischen Rundfunk, in meinem Schlafzimmer, mit Tonbandgerät, jede Spule nur 10 Min. 10\,\textonehalf{}\,--\,12 Vorbesprechung; ich sehe die Fragen durch und mache mir Notizen dazu; einige werden gestrichen. 12\,--\,1\,\textonehalf{} Interview. Ich spreche zuweilen etwas zögernd, und mit Pausen, nicht fließend, wie in der Klasse; er sagt, das macht nichts, dann klingt es natürlicher; sonst denken die Hörer, es sei abgelesen. Nachher lädt ihn Maue zum Lunch ein. Er hat erst Literatur studiert, später Philosophie und noch anderes; war Journalist und anderes; ist jetzt freier Reporter am Rundfunk. Er wird mir 2 Ex. vom Transkript schicken; falls es gedruckt wird, soll ich eins davon revidieren und zurückschicken. Er hat mein Honorar auf Deutsche Bank überweisen lassen.) -- Chacha telefoniert, dass \textit{TH} einstweilen besetzt ist (sie fügt hinzu, dass Lini oft streng mit ihr ist, sie soll nicht so \neueseite{531203} sich nachgeben; sie sagt beinahe weinend: ,,Ich kann doch nichts dazu, wenn ich Bauchweh habe und es mir übel ist, gell?{}`` Und ich tröste sie; ich soll dies aber vertraulich nehmen. Sie sagt noch, es sei manchmal schwierig mit Lini; darum habe sie sich schon bei dem Altersheim in Freiburg angemeldet!) -- Nachmittags \uline{\ulinesp{mit Maue in die Stadt}}. (\textit{\uline{Pan Am}}: Flug morgen nachmittag nach Hamburg reserviert. -- Apotheke: Maalox gibt es wieder nicht. -- Bei \textit{Cook} 100\,\$ Reisescheck einkassiert; -- wieder Taxi nach Hause.) -- Mit Sabine telefoniert (\gestrunl{} wegen Johannes' Geburtstag; aber der ist gerade bei Jugendgruppe. Sie meint, ihre Eltern kämen vielleicht heute von Amrum zurück.) Später 8h mit \uline{Johannes telefoniert} (Geburtstagswünsche, besonders für Berlin, was erst nach vielen Wochen bedacht und entschieden werden wird.) -- \uline{Eline} kommt (sie bringt meinen großen Koffer, sortiert alle meine Sachen, packt den großen Koffer für Hamburg, nimmt meine getragene Wäsche zum Waschen mit, und bringt mir frisch gewaschene Wäsche. Sie sagt, bei meiner Rückkehr aus Hamburg will sie mich vom Flugplatz abholen und nach Bayrischzell zum Tannerhof fahren; das sei nur 1\,\textonehalf{} Stunde, mit Eisenbahn dagegen 3 Stunden; dann will sie gleich wieder nach Hause fahren; ich soll aber nicht später als 2h oder spätestens 3h in München ankommen. -- Ich habe Bedenken, ob ich es annehmen soll, weil es soviel Zeit und Mühe für sie ist; es ist aber sicherlich für mich weit angenehmer als Eisenbahn.) -- Ich telefoniere mit \uline{Hans Arnold Küstermann} (ich frage, ob es ihnen recht ist, wenn ich morgen komme; er: gewiss, sie freuen sich darauf; er will mich selbst abholen.) -- Ich setze mich noch ein wenig zu \uline{Maue}, und esse Obst (ich bin schon sehr müde von dem fleißigen Tag, und sie sagt auch, wie viel ich heute geleistet habe; aber sie kann doch nicht Schluss machen bis 10:15). \tbentry{16}{9}{1964}{} Mit \uline{Maue} gesprochen (\ulinesp{ich breche ihre Erzählungen ab} und sage, \ulinesp{ich möchte lieber, über sie selbst hören}. Auf meine Frage sagt sie, sie sei, als sie die Kinder katholisch erzog, \ulinesp{selbst wieder zum katholischen Glauben zurückgekehrt}, nicht um der \neueseite{531201} Kinder willen, sondern um ihrer selbst willen. \ulinesp{Ich frage, ob sie} daraufhin dann \ulinesp{unsere Erlebnisse moralisch verurteilt}. \ulinesp{Sie: Nein, sie bereut es immer noch \editor{nicht}}; sie glaubt, Gott wird es schon richtig verstehen; die Kirche selbst ist jetzt viel liberaler; sie betone \ulinesp{mehr die Nächstenliebe als bestimmte Regeln}\gestrunl{}. Sie sagt, sie versucht nicht, das genau einzugrenzen, aber \ulinesp{sie hat kein schlechtes Gewissen} darüber. Ich frage über \ulinesp{die Geheimhaltung vor den Kindern selbst}. Sie sagt, ihr hoch geschätzter Kaplan hier hat ihr zugestimmt, dass sie recht damit tue; sie hat ihm einmal im Privatgespräch alles erzählt; da habe er nach seiner Stola gegriffen, aber sie habe gesagt: bitte keine Stola, dies hier ist keine Beichte, sondern eine persönliche Besprechung. Sie meint, \ulinesp{Gittli würde alles verstehen}; sie habe manchmal zu ihr gesagt, der Nutto sei eigentlich eine Art von Großvater für sie gewesen; sie könne sich eigentlich nicht vorstellen, dass Nutto und Maue in Liebe zusammengewesen wären; wenn die Kinder nicht da wären, würde sie annehmen, es sei nicht geschehen! Dagegen \ulinesp{fürchtet sie, Gerhard würde es als arg schlimm empfinden}. \ulinesp{Ich sage, \gestrunl{} so viele Leute wissen es nun schon}, durch den Wiener Kreis, und Roh, und meine Kinder; es scheint kaum möglich, es für immer geheim zu halten; und da wäre es doch \ulinesp{besser, wenn die Kinder es von ihr erfahren. Dem stimmt sie entschieden zu}; sie will es sich noch einmal sehr überlegen. \ulinesp{Ich sage, vielleicht könnte sie es zunächst nur der Gittli sagen, und die dann über Gerhard fragen}; ich selbst habe den Eindruck, dass Gerhard in seiner klugen und liebevollen Art es auch verstehen würde. \ulinesp{Sie sagt, umso wichtiger} wäre es, \ulinesp{dass ich Gittli jetzt sähe}; man solle so etwas \ulinesp{nicht auf ein anderes Jahr verschieben}. Sie will überlegen, vielleicht ich nach Basel fliegen und dort Gittli treffen, die im Zug hinkommen würde, falls ich nicht nach Freiburg kommen würde, z.B. weil Annemarie jetzt eh so viel Arbeit hat; oder vielleicht könnte Gittli doch in den Kartoffelferien im Oktober herüber \neueseite{531207} kommen. \ulinesp{Jetzt Gittli kennen lernen wäre wichtig}. Aber \ulinesp{ob sie es den Kindern sagen soll, das will sie erst nach gründlicher Überlegung entscheiden}, vielleicht auch mit dem Kaplan.) [Ich bin froh, dass wir \ulinesp{endlich noch auf diese wichtige Frage} zu sprechen kamen; aber das kam \ulinesp{nur durch meinen Entschluss, und durch meine Insistenz}. \ulinesp{In den Tagen vorher ist schrecklich viel Zeit vergeudet worden} durch unaufhörliche Erzählungen, sehr oft über Leute, die ich nicht kenne und die mich nicht interessieren; zuletzt hörte ich dann einfach nicht mehr zu. Dabei störte mich auch die manierierte Sprechweise mit all den Wendungen, die zum ersten Mal witzig klingen, aber, wenn sie zur Gewohnheit werden, ärgerlich sind. (Leider hat Gittli das schon in ihrem Briefschreiben übernommen, wie ich aus einem Brief von ihr an Maue sah, den Maue mir zeigte.) Diese kompulsive Art von Maue im Sprechen wurde mir zuletzt so irritierend, dass ich dachte, ich könnte es nicht einen Tag länger mehr aushalten. Zum Glück kam dann heute das erste Gespräch, in dem \gestrunl{} sie gleich einen vernünftigen, natürlichen Stil annahm.] -- Im Taxi zum Flugplatz (etwas über 10 \textit{DM}) (ich gebe Maue 50 \textit{DM}, für meine Telefongespräche und ihre Rückfahrt vom Flugplatz; sie war noch nie auf einem gewesen. Ich bedanke mich für die schönen Tage; das klingt wie Abschied für lange; darum sagt sie: ,,Ich werde Dich doch wohl nochmal zu sehen bekommen``, ich bejahe vage.) \uline{\ulinesp{3h Abflug}} (mit Zwischenlandung in Stuttgart, Lufthansa). 5:40 \ulinesp{Ankunft \uline{Hamburg}}.\ort{Hamburg} (Wir kommen einige Minuten früher an. Ich stehe \textit{ca} 15 Minuten draußen an der Fahrbahn, wo die Autos halten. \gestrunl{} Ich denke, dass Hans Arnold allein im Auto kommt, oder vielleicht mit Hanne; darum gebe ich nicht acht, als ein Auto kommt, und ein Mann und ein Knabe aussteigen und\fnA{Original \original{in}.} eilig ins Gebäude gehen. Dann kommt später, als ich beinahe schon ein Taxi nehmen will, der Knabe heraus und sagt: ,,Großvater, ich bin Martin``. \gestrunl{} Hans Arnold und ich umarmen uns. Wir fahren hinaus nach Norden. Er sagt, dass er jetzt ein Kaffeeimportgeschäft hat, anscheinend mit gutem Erfolg; und dass er gesund ist \neueseite{531205} und leistungsfähig. Ich frage nach der Gefangenschaft, und sage, dass ich Gollwitzers Buch\fnE{vermutlich Helmut Gollwitzer: \textit{\ldots{} und führen, wohin du nicht willst : Bericht einer Gefangenschaft,} Bonn und München 1951} gelesen habe; die Leiden müssen ja groß gewesen sein: Unterernährung und zu viel Arbeit. Er sagt: So schlimm war es nicht; der Zivilbevölkerung ging es oft schlechter, weil alles zerstört und disorgansiert war. Er selbst habe genug Nahrung bekommen; er habe als Maurer gearbeitet. -- Sein Sohn Arnold habe gutes Geschäft in Guatemala, Vertreter von deutschen Firmen, als Teilhaber und \textit{chef}. Rüdiger sei später hinübergegangen, aber jetzt ginge es ihm auch schon ganz gut; er vermittelt Kaffeeexport nach Deutschland, auch für seinen Vater. Beide Söhne sind Guatemala Bürger.) Wir kommen an \uline{ihr Haus}; halbkreisförmig; sie wohnen oben. Oben kommt Hanne (im Dunkeln sieht sie jung aus, weil das meiste Haar noch hellbraun, darum glaube ich zuerst, es sei eine der Töchter. Ich bekomme ein schönes großes Zimmer, davor ist ein Balkon, der als innerer Halbkreis vor allen Zimmern hergeht, zum Garten hin (\textit{S}) und ruhig. -- Hanne erzählt von ihrer schwierigen Zeit in Fahrenkamp. Später wurde Sabine sehr streng und kirchlich durch Pfarrer Schutzka; vielleicht war das ein Protest gegen die nicht-kirchliche Haltung der Eltern. -- \gestrunl\gestrunl{} Als ich sage, dass ich vielleicht Sonntag oder Montag abfliege, sagen beide, ich solle doch länger bleiben, \gestrunl{} mindestens 2 Wochen, oder solange ich will. Ich fühle mich wohl bei ihnen, mehr als bei Maue.) -- Nachts ist es kalt, weil ich das Fenster nicht schließe, und ich habe viele schwere Wolldecken. (Am Morgen sage ich Hanne, dass ich meine elektrische Decke, in Freiburg gekauft, nicht mitgebracht habe; sie rät, Chacha anzurufen, sie als Schnellpaket zu schicken; und das tun wir dann.) \tbentry{17}{9}{1964}{} Ich frühstücke \gestrunl{} mit Hanne allein. (Sie erzählt noch von Hans Arnolds Rückkehr; er sei jetzt sehr links, beinahe ein Kommunist; aber in Deutschland \sout{müsse} dürfe man darüber nicht sprechen. -- Sie meint, Johannes sollte, solange er noch in Riedheim ist, für Ruth einen Spezialisten in Heidelberg konsultieren; denn es käme vor in solchen Fällen, dass, wenn im \neueseite{531209} ersten Jahr die Gelenke sich nicht richtig bilden, besser gleich eine Operation gemacht wird, weil sonst später zuweilen mehrere schwierige Operationen nötig sind.) -- (Tagebuch geschrieben, Briefe geordnet usw.). -- Abends nach Tisch gutes Gespräch mit Hanne, Hans Arnold, und Gabriele. (Auch über politische und weltanschauliche Fragen. Gabriele ist die einzige, die aus der Kirche ausgetreten ist. Ich erzähle von Agnes' Entsetzen früher über meine schrittweise Entfernung vom christlichen Glauben, und Mutters Toleranz; keine Krise, weil Ethik nicht auf Gott basiert war. Gabriele fragt: Worauf denn dann basiert? Ich: auf das Gewissen des Kindes. Sie: Ist denn nicht die Lebensanschauung der westlichen Welt ganz basiert auf Christentum? Ich: historisch ja; aber in den wesentlichen Punkten stimmen ja Buddhismus, Hinduismus usw. mit \gestrunl{} Christentum überein; Gandhi und Nehru. Hans Arnold sagt, dass er in Wirklichkeit ganz außerhalb der Kirche steht, nichts mit ihr gemein hat, aber nicht ausgetreten ist. Hanne sagt, sie betrachtet sich noch als eine Christin \gestrunl{} und will darum in der Kirche bleiben, aber sie kritisiert doch vieles, was die Kirche tut. Ich: Die christlichen Kirchen haben in der Vergangenheit viel zur Zivilisation beigetragen. Aber jetzt besteht eine große Gefahr, dass sie zum Hemmnis des sozialen Fortschritts werden; in den nächsten Jahrzehnten, wo die soziale Neuformung gemacht werden muss, werden die Kirchen wahrscheinlich meist auf der Gegenseite \gestrunl{} stehen, wenigstens in Amerika, und besonders die katholische Kirche; das habe ich zuerst erlebt während des spanischen Bürgerkriegs.) -- (Hanne gibt mir eine Gummiwärmflasche für die Nacht; damit schlafe ich dann gut, mit großem Nembutal, wie immer seit Beginn der Reise.) \tbentry{18}{9}{1964}{} (Beim Frühstück ist Hans Arnold noch da, anfangs auch Martin und Gabriele. Dann noch \uline{politisches Gespräch} mit Hans Arnold, der heute erst später zum Geschäft geht, und Hanne. Hans Arnold sagt: Entgegen marxistischer Voraussage, haben die Arbeiter in den industriellen Ländern jetzt gute Löhne; infolgedessen habe \gestrunl{} die \textit{SPD} die Idee des Sozialismus praktisch aufgegeben. Ich: Anscheinend ebenso in \neueseite{531211} Frankreich und England. Die guten Löhne sind aber nur möglich, weil Kolonien ausgebeutet werden; ganz Lateinamerika ist eine Kolonie für \textit{U.S}. Hans Arnold: ,,Das sagst Du? Dann wird wohl Hanne es endlich glauben, die es von mir nicht akzeptieren wollte.`` Ich spreche noch von der notwendigen Entwicklung in Lateinamerika, zu größerer unabhängigen Ökonomie von \textit{US}. Hans Arnold: Eine wesentliche Ursache der ökonomischen Schwäche ist der Kontrast zwischen den Preisen für Rohstoffe und für Industriegüter; und ich stimme lebhaft zu.) -- Nachmittags mit Hanne zur Post (Schnellpaket mit meiner elektrischen Decke aus Stockdorf abgeholt). -- Etwas gelesen (Weizsäckerbuch). -- Als ich zum Abendessen gehen will, höre ich im Korridor eine Beethovensymphonie von dem sehr guten Radio (das ist so ergreifend, dass ich in mein Zimmer zurückgehen muss; ich lege mich aufs Bett und muss sehr weinen und schluchzen, die Musik ist ergreifend schön; Martin kommt nochmal und fragt, ob ich zum Essen komme oder meine Augentropfen nehme; ich sage, ich komme in 5 Minuten. Als ich glaube, meine Fassung wiedergewonnen zu haben, stehe ich auf und gehe hinüber; aber dann merke ich doch, dass ich die Musik nicht hören kann, ohne zu weinen; darum gehe ich weiter und stelle das Radio ab. Spät am Abend erkläre ich es der Hanne.) -- 10h gebadet. \tbentry{19}{9}{1964}{} Beim Frühstück Gespräch mit Hans Arnold allein. (Über die Lage in Deutschland; dass keine Partei wagt, öffentlich zu sagen, dass das Land jenseits der Oder nicht mehr wiedergewonnen werden kann. -- Ich sage, wenn mal in Amerika Faschismus käme, würde es ganz schlimm.) -- Mit Hanne Gespräch auf der Bank im Korridor. (Sie erzählt von den schwierigen Zeiten in Fahrenkamp, wo sie hart arbeiten musste, um genug Nahrung für die Familie zu haben; und ihre Schwägerin Ursula, mit der sie früher befreundet gewesen war, immer verlangte, dass sie auch dort mit ihren Kindern wohnen sollte. Später das lange Warten auf Hans Arnold. Sie erfuhr nach \textthreequarters{} Jahren, dass er noch lebte. Später aber war zuweilen ein ganzes Jahr ohne Nachricht. Dann wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt; sie überlegte manchmal, ob sie wohl nach \neueseite{531213} Russland gehen könnte, um bei ihm zu sein. Nach seiner Rückkehr war er erst sehr schweigsam. Auch jetzt noch spricht er nie über sie geschäftlichen Angelegenheiten. Und auch in Familiensachen, z.B. das Haus in Amrum, fasst er seine Beschlüsse meist aufgrund eigener schweigender Überlegung und hat nicht gerne, wenn sie oder die Töchter mit darüber sprechen und überlegen wollen. -- Ich sage, dass ich durch die Psychoanalyse weniger schweigsam geworden bin und viel mehr Dinge ausspreche als früher. Sie sagt, dass ihre Freunde Heyse\fnE{Der Name erscheint im nächsten Eintrag in Langschrift.} und Frau beide Analyse gehabt haben, aber sie anscheinend ohne Erfolg.) -- 6\,--\,7\,\textonehalf{} mit \uline{\ulinesp{Helga}}\fnE{Dem Kontext zufolge wohl eine Tochter von Grete und Walter Diederichsen. Im Netz findet sich ein Hinweis, wonach sie als Brustschwimmerin 1948 für Mexiko an den Olympischen Spielen teilnahm; vgl. Helga Diederichsen -- Wikipedia} allein gesprochen. (Sie erzählt, dass sie plötzlich fort musste, weil Range\fnE{Der Vorname erscheint im einige Zeilen später in Langschrift.} Sachen unterzeichnet hatte, die dann nicht gedeckt waren oder so ähnlich; sie meint, das habe er \gestrunl{} zu Gunsten von Walter getan. Eine interessante neue Wendung: Sven habe seit langem schon Walter gedrängt, dass er einwilligt, den Gläubigern auch Gretes großes Haus und sein Boot zu geben; die Gläubiger weigern sich, einen Ausgleich zu machen ohne diese zwei Dinge; und für die spätere Reputation von Walter wäre es sicher besser; wenn Walter das täte, wäre Sven \editorstr{sie} bereit, sofort sie zu unterstützen und Walter zu helfen, etwas Neues zu finden; Walter weigert sich dagegen; ich sage, ich kann es nicht beurteilen, aber mir scheint, dass Sven recht hat. Sven missbilligt auch, dass sie 2 Autos haben, und dergleichen. Er will jetzt stärkeren Druck auf die Eltern ausüben, vielleicht Weigerung weiterer Hilfe, bis Walter zustimmt, oder so etwas. Sie glaubt, wenn Walter Svens Rat angenommen hätte, wäre die Einigung schon längst gemacht worden, und dann für alle Beteiligten die aufreibende Wartezeit erspart worden. -- Sie kaufen ein neu gebautes, einfaches, einstöckiges Haus für \textit{ca} 215 \textit{T}; Anzahlung 20 T, wovon die Hälfte von Sven geliehen ist; die andere Hälfte von Ranges Eltern, die sie hier besucht haben. -- Helga macht Übersetzungen aus Englisch und Französisch ins Deutsche, z.B. Berichte von internationalen Kongressen, die in allen 3 Sprachen gedruckt werden; zuweilen schreiben die Autoren eine erste Fassung in deutsch, die sie dann revidiert. -- Als Geschenk für die \neueseite{531215} Ausstattung des neuen Hauses gebe ich ihr 100 \textit{DM}.) Abends kommt \textit{\uline{Range C\unl{}}} (sie beschließen, nicht zu dem Dinner zu gehen, was sie ursprünglich vorhatten, sondern hier zu bleiben.) Wir sitzen alle \uline{beim Kaminfeuer} im Korridor. (Dabei auch mal kurz ein politisches Gespräch. Range nimmt Stellung für Goldwater! Weil die jetzige Regierung Darlehen für andere Länder zu viel verschwendet, auch zu viel an kommunistische Regierungen, wie Jugoslawien; Goldwater würde es stattdessen tun lassen durch ,,freies Unternehmen``.) -- Abends kommt \textit{\uline{Gerti}} im Auto aus Berlin. (Sie ist die jüngste Schwester, studiert Medizin, will vielleicht Kinderärztin werden. Sie spielt auch Flöte, zuweilen im Orchester. Chacha hat mir besonderen Gruß an sie aufgetragen. Sie ist offen, natürlich und symphatisch, gut aussehend mit dunklen Augen und schwarzem Haar. Sie ist interessiert an Musik, Literatur, und Kunst. Hanne sagt mir, dass beide Töchter kein besonders Interesse an Männern zu nehmen scheinen; aber doch ganz befriedigt zu sein scheinen in ihrem Leben.) -- Ich gehe 10h zum Schlafen. (Aber ich höre noch lange Gespräch beim Kamin. Ich rufe 10\,\textonehalf{} Gerti, um mir zu helfen mit den neuen Augentropfen von München. -- Hanne sagt am anderen Tag, dass Gerti noch bis 12\,\textonehalf{} bei den Eltern in deren Schlafzimmer war. -- Gabriele kommt heute gar nicht nach Hause, erst Sonntagnachmittag.) \tbentry{20}{9}{1964}{} Gerti fährt uns in ihrem Volkswagen \uline{nach Blankenese}, weiter unten an der Elbe (unterwegs sehen wir schon manchmal den breiten Strom. In Blankenese zeigen sie uns das Haus, in dessen oberem Stock sie bis vor einigen Jahren gewohnt haben, bevor sie in das jetzige Haus umzogen. Hans Arnold wollte näher bei seinem Kontor sein, von Blankenese war es die doppelte Fahrzeit; außerdem war die Wohnung dort zu klein für sie. Aber dort hatten sie einen sehr großen Garten, teils ziemlich wild, aber schön und geliebt. Anscheinend fiel es damals Hanne schwer, sich von dem Garten zu trennen.) Dann machen wir längeren \uline{Spaziergang}, eine Stunde, \neueseite{531219} aber mit langen Pausen auf Bänken, durch Buchen und anderen Wald, zuweilen mit schöner Aussicht auf die Elbe. -- Dann zum Mittagessen in ein gutes Restaurant in Blankenese; ich sitze am Fenster mit Aussicht auf Elbe und darin die ausgestreckte Insel, ,,der Schweinesand``.) -- Nachmittags zeigt Hanne Bilder von ihrer Freundin \textit{Heyse} (Haus in Nußdorf, Station Degerndorf am Inn, Abzweigung von \gestrunl{} Rosenheim, mit Blick auf Alpen, darunter Wendelstein Gebirge. Es ist schwer erreichbar, aber Freunde kommen doch im Auto hin. Aber sie selbst haben kein Auto, und können daher nur mit Taxi und mit 2 Eisenbahnen nach München kommen; daher ist es für sie unmöglich, an \uline{einem} Tag nach München und zurück zu kommen. Hanne ist mal dort gewesen, weil sie mit beiden seit langem nahe befreundet ist. Sie sagt, ich habe sie damals in Krempelsdorf getroffen. \tbentry{21}{9}{1964}{} Briefe an Helmers und Grete. -- Etwas mit Hanne über Inas letzte Zeit. (Sie sagt, Gerti hat ihr gesagt, aus ihrem Psychiatriekurs, dass eine ernste Depression immer ihren Kurs läuft, zum Ende oder zuweilen zur Besserung, und dass man weder mit psychologischen noch mit medizinischen Mitteln etwas Wesentliches daran ändern kann. Sie sagt, das soll mir ein Trost sein. Ich sage, mein Analytiker hat auch ähnlich gesagt \gestrunl{}. Ich erzähle von Inas inneren Konflikten, hageres Gesicht, usw.; von unserem Singen nachts.) -- Nachmittags mit Hanne langen Spaziergang zum Elbufer. (Über Chacha. Hanne hat den Eindruck, dass Chacha sehr viel von Stockdorf fort ist und, wenn sie wieder dorthin kommt, immer mal wieder krank wird. Sie meint, dass das Zusammenleben der drei auf die Dauer doch zu schwierig ist. Sie meint einerseits, wenn Chacha dort bleiben will, wäre das Beste, wenn man Angermanns ermöglichen würde, vielleicht durch ein Darlehen, sich anderswo eine Wohnung zu kaufen. Andererseits aber hat sie Bedenken, ob Chacha auf die Dauer imstande sein wird, die Gartenarbeit zu leisten, auch die Transportationsschwierigkeiten zwischen Stockdorf und München zu lösen. Hanne meint, in dem Fall, dass ich mich \neueseite{531217} entschließen würde, mit Chacha zusammen zu wohnen für dauernd, dann würde vielleicht das Stockdorfer Haus eine gute Lösung sein, wo ich dann oben für mich still wohnen könnte; allerdings müssten wir dann doch jemanden haben für Einkäufe, Kochen, und Haushalten. -- Hanne sagt, für einige Zeit nächsten Sommer könnte ich im Amrumhaus wohnen; der Trubel von Johannes' Familie komme erst in den Sommerferien im August; für kurze Zeit könnte sie bei mir sein; mit Chacha könnte ich für längere Zeit dort wohnen. Es sei dort windgeschützt, weil der Wind meist von \textit{W\gestrunl{}} kommt und das Haus nahe dem Ostrand der Insel liegt. Alles Einkaufen ist nur einige Minuten weit fort. Auch im Mai sei es schon schön dort. Jetzt wird oben Heizung eingebaut.) \tbentry{22}{9}{1964}{} Mit Hanne (über Maue. Ich erzähle, dass Maue und die Kinder wieder katholisch sind, dass sie sich aber keine moralischen Vorwürfe über das Vergangene macht, dass sie es aber den Kindern nicht gesagt hat, aus Sorge, sie möchten ihr moralische Vorwürfe machen. Jetzt aber überlegt sie es doch; sie meint, Gittli wird es verstehen; aber sie fürchtet Gerhards Urteil. Hanne findet es, wie ich, schwer verständlich, dass man den Kindern nicht alles sagt, und auch, dass ein Mann seiner Frau nicht alles sagt.) Mit Hanne und Gerti (über \uline{meine Psychoanalyse}. Die Wichtigkeit der Aggression; Hemmung von Aggression hemmt alle Gefühlsausdrücke. \gestrunl{} Abfallen der Hemmungen; auch Steigerung der Intensität der Erlebnisse. Ambivalenz; Liebe und Zorn gehen zusammen. Hanne ist sehr interessiert hieran; auch dass hier eine \unll{} sieht dafür, dass sie manchmal, als sie mit den Kindern allein war, da den Jungens einen Klaps gegeben hat, wenn sie frech wurden; und ähnlich für Sabine, wo manchmal Johannes verlangt, dass sie in einem solchen Fall das Kind um Verzeihung bitten solle! [Weiteres hierüber siehe 23., nachmittags]) \neueseite{531225} 5\,\textonehalf{}\,--\,7 mit Hanne spazieren, zum Reemtsmapark, (dort auf einer Bank gesessen. Noch einiges über Maue, siehe oben. Hanne erzählt, dass es ihr zu schwierig wurde, Sabine sexuell aufzuklären.) \uline{Maue ruft an}. (Sie sagt, Gittli könnte Samstag 26. nach München kommen; oder irgendeinen Freitagabend, und dann Sonntag früh zurückfahren. Ich sage, diesen Samstag geht es nicht, ich habe Freitag noch Verabredung mit Flitners und einem Freund aus Bremen. Sie wird zornig und sagt, ich hätte doch gesagt, ich würde 5 Tage hier sein, und nun bleibe ich 10 Tage! Ich sage: ,,5 Tage`` war nur eine Schätzung; kann Gittli nicht Samstag 3. Oktober kommen? Sie: Ja. Ich: Dann werde ich bestimmt hinkommen für ganzen Samstag, wo immer ich auch bin, Stockdorf oder \textit{TH}. Sie sagt, noch besser Freitagabend; ich: ja, vielleicht in der Pension. Sie: Nein, im Fürstenzimmer, Gittli hat dann ein Zimmer im oberen Stock.) -- Ich studiere Fahrpläne und \uline{rufe Chacha an}. (Ich sage: Das gute Flugzeug fliegt nur werktags; darum komme ich nicht Sonntag, sondern Montag; dann nehme ich Taxi zum Holzkirchner Bahnhof in München, und wir fahren mit Bahn nach Bayrischzell; sie stimmt zu. Sie sagt, man hat ihr gesagt, dass von Sonntag ab Platz für uns vorhanden ist.) -- \tbentry{23}{9}{1964}{} \sout{Martin} \uline{Zu Flitners in den Jenischpark} (Martin fährt mich in ihrem \textit{VW} hin und holt mich später wieder ab. Wir gehen durch den schönen, sehr großen Park die ganze Länge hinab und wieder zurück, und sitzen zuweilen auf Bänken, 11-1. Sie meinen, Hans Arnold habe immer seinen politischen Standpunkt nach seiner Umgebung genommen: zuerst starke Neigung zum Nazismus, wenn auch nicht zum Antisemitismus, so doch für Eroberung von Lebensraum; dann in Gefangenschaft \sout{für} und nachher für russischen Kommunismus; später dann, als Geschäftsmann wieder deren übliche Auffassung; ich sage: das letztere doch wohl nicht, denn er kritisiere die deutsche und amerikanische Regierung; sie: weil das jetzt üblich; ich: er ist aber für Pazifismus, gegen deutsche Aufrüstung usw.; sie: er hat keine \neueseite{531221} beständige Grundauffassung. -- Ich: Zweimal habe ich erlebt, dass mein Land das reaktionärste Land wurde, und auch die größte Gefahr für den Weltfrieden. Meine Kritik der amerikanischen Kolonialpolitik in Lateinamerika; über Kuba: Castro wollte Hilfe von Amerika; nur als die abgelehnt wurde, wendete er sich an Russland; die jetzige Handelsblockade ist Brechung eines internationalen Vertrages; die Verweigerung von Nahrungsmitteln nach der Unwetterkatastrophe war unmenschlich. Wilhelm ist sehr interessiert. Er sagt, ein Nationalökonom hat ihm in Alpbach erklärt, wie die amerikanische Wirtschaftspolitik darauf aus ist, Europa in Abhängigkeit von Amerika zu halten.) -- Nachmittags \uline{mit Hanne}. (Noch \uline{über Psychoanalyse}. Wie die Wahrnehmungen und Gefühle intensiver wurden: die farbigen Blumen; der ,,Tanz`` beim Mozart Minuet; der Blick aus dem Fenster, und später durch die Türe: die Tür, der Weg in den Wald usw. Inas Freude und Miterleben.) -- Ich telefoniere mit Martha Hörmann (dass wir uns Freitag bei Küstermanns treffen wollen, und Lisi sie einlädt zum Übernachten.) -- Ich telefoniere mit \uline{Friedrich und Marianne von Rohden} (sie sind in Braunlage im Harz, kommen Samstag nach Lübeck zurück; ich sage, ich will sie Sonntag besuchen, ich \gestrunl{} werde Samstagabend anrufen.) -- Abends ist Onkel Klaus, ein jüngerer Bruder von Hans Arnold, mit Tochter da. Ich ziehe mich vorher zurück auf mein Zimmer. Martin kommt und zeigt mir seine Aufsätze mit Illustration (über Riedheim, den Bauernkrieg des ,,Leipheimer Haufens`` im 16. Jahrhundert usw.) -- Später kommt \uline{Hanne} zu meinem Zimmer und sitzt auf der Sessellehne. (Ich bitte sie um Verzeihung, dass ich ihr in der schweren Zeit der Einsamkeit nie geschrieben habe. Ich kann sprechen, aber nicht Briefe schreiben. Sie versteht es aber gut; sie habe oft an mich gedacht, und innerlich nie den Kontakt verloren. Auch jetzt, vor meinem Kommen, wusste sie, dass wir uns gut verstehen würden. -- Sie fragt, ob Ina alle Dinge in meiner Vergangenheit \gestrunl{} verstand und ob sie wohl Gefühle dagegen hatte. Ich: Sie enthüllte mir gleich zu Beginn ihre ganze Vergangenheit; und später ich ihr meine. Sie verstand alles, wollte alles genauer wissen. Sie hatte keine Gegengefühle; im \neueseite{531227} Gegenteil, sie war es, die mich oft daran erinnerte, dass ich Briefe schreiben solle an die Kinder oder Maue und andere. Sie erinnert mich, dass sie mir schrieb: ,,Gewähre es ihr, dass sie Dich verlassen musste``. Ich: Ich erinnere mich, dass ich noch am 3. Tag dem Analytiker sagte, dass ich es ihr noch nicht verzeihen konnte, dass doch noch ein Vorwurf in meinem Herzen war; erst nach Wochen kam ich darüber hinweg. Hanne erzählt, dass sie in den einsamen Jahren einen sehr eindrucksvollen Traum hatte: sie reitet über einen Bergesgrat mit steilen Abhängen (wie zuweilen in Guatemala); auf einmal \sout{stürz} rutscht sie ab, kann sich aber noch halten, \gestrunl{} vor dem Abgrund. Sie meint: So ist im Leben ein Höhepunkt oft ganz nahe dem Abgrund; Hölderlin in der Zeit der höchsten Reife \gestrunl{} fiel in Wahnsinn; vielleicht musste Ina, weil sie sich auf der Höhe des Lebens fühlte, sich in den Abgrund stürzen. Sie sagt, durch meine Erzählung, dass Ina kein Geschriebenes hinterlassen habe, und dass sie anscheinend in großer Eile handelte, habe ihr klar gemacht, dass in ihr wirklich eine ernste Krankheit war; sonst wäre es ihr unmöglich gewesen, mich zu verlassen. Ich sage: Ich hadere nicht mehr mit Ina, aber doch noch mit dem Schicksal; ich sehe um mich so viele Ehepaare ohne die starke Zusammengehörigkeit wie bei uns; warum musste denn dann gerade unser Zusammenleben zerstört werden? Und warum so grausam? Wenn ich sie schon verlieren musste, warum nicht durch ein ruhiges Ende, wo ich in der letzten Stunde noch hätte ihre Hand halten können, und ihr sagen, wie ich sie lieb habe und wie viel sie mir gewesen ist? Sie: Das Leben ist nun so; man kann nicht immer einen Sinn darin finden; man muss das Vergangene hinter sich lassen. -- Dann sagt sie noch: ,,Ich habe Dich sehr lieb``; ich küsse sie und danke ihr.) \tbentry{24}{9}{1964}{} Vormittags \uline{mit Hanne} zur Elbe spazieren, in der Sonne. (Ich vergesse, mich dort nach einer Bank umzuschauen; so gehen wir hin und zurück, einschließlich eine Strecke am Strand entlang, ohne zu sitzen, \textit{ca} 40-50 Min. -- Nochmal über Maue. Ich sage, dass Maue mir nachher erzählte, dass Gerhard sie kritisiert habe, dass sie mich mit zu vielen Histörchen überschütte, oft über Leute, die ich gar nicht kenne, und dass sie immer am roten Faden \neueseite{531229} bleiben müsse. Ich füge hinzu, dass es mir an den folgenden Tagen zuweilen zu viel wurde; es war mein Fehler, dass ich nicht schneller und energischer eingriff, um meine Sachen zu Sprache zu bringen. Zum Problem, ob Maue den Kindern alles sagen soll: Hanne meint, es könnte sein, dass Maue sich entschließt, dass die Kinder alles erfahren sollen, dass sie aber selbst es doch zu schwierig fände und vorziehen würde, wenn ein anderer es sagte, z.B. Gittlis Mann zu ihr. Hanne sagt, ihr selbst würde es sehr schwierig sein, so etwas selbst den Kindern zu sagen, ebenso wie ihr die sexuelle Aufklärung zu schwierig wurde. Ich: Mir würde nichts zu schwierig sein, meinen Kindern zu sagen; aber vielleicht ist das auch nur, weil ich die Psychoanalyse gehabt habe.) -- Nachmittags 4\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{bei Flitners}. Ich frage Flitner, ob er noch Fragen über meine Philosophie hat, vielleicht aus dem Schilppband. Er liest mir vor, aus der Autobiographie, \textit{p}\ldots{} über mein Wertesystem: Entwicklung der Persönlichkeit usw. Er fragt: Wie will ich diese Werte, die auch seine sind, begründen? Ich: Wenn Freunde in Wertungen Unterschied finden, können sie zunächst über damit zusammenhängende Tatsachen Fragen diskutieren; wenn die vollständige Einigkeit erreicht ist, können doch die Wertungen auseinandergehen; vielleicht kann einer eine ,,Begründung`` angeben, indem er sie als moralisches Prinzip angibt, aus dem die übrigen Werte abzuleiten sind. Man kann auch sich gegenseitig aufmerksam machen auf Unstimmigkeiten in einem System. Aber wenn alles sowas getan ist, bleibt nichts mehr übrig zu argumentieren; da gibt es aber noch Beeinflussung, Erziehung. Er: Aber es bleibt doch die Frage der Wahrheit. Ich: lieber ,,Gültigkeit``; aber darüber kann man doch wohl nur diskutieren, wenn man wenigstens im großen übereinstimmt. Er möchte aber doch irgendwie daran festhalten, dass gewisse Wertungen richtig, andere verkehrt sind; und er hat den Optimismus, zu glauben oder hoffen, dass die Menschen immer besser die ,,wahren`` Werte sehen; aber er gibt zu, dass das nicht kognitiv ist. Gefühlsmäßig stimme ich da \neueseite{531223} auch mit ihm überein; ich finde es aber schwierig, eine Formulierung zu geben, die uns beide befriedigt.) -- Beim Abendbrot ist Lisi wieder dabei, und wir frischen Erinnerungen auf. (Aus dem ersten Weltkrieg: mein Besuch bei seiner Artilleriebatterie, wo ich eine Kanone abschoss. Dann Rückfahrt mit ihm und seinem Hauptmann; da sah ich Restauration ,,zur Rückkehr aus Mexiko`` \sout{und}. -- Sie erzählen von dem großen Bombenangriff auf Hamburg: er fuhr sofort aus Frankfurt nach Hamburg zurück; alle Züge wurden gestoppt und nur langsam über die Brücke gelassen. Dann war er in einem Bunker unter dem Bahnhof. Am nächsten \gestrunl{} Tag sah er dort auf einmal Anne, unter Tausenden Anderen, die auch zurückgereist war. Dann gingen sie zu Fuß mit Gepäck nach Flottbek zurück, zwischen den brennenden Häusern, der Himmel ganz schwarz vom Rauch; die Bombenwürfe hatten 1 \textit{km} vor Flottbek aufgehört.) Hans Arnold holt mich im Auto ab. (Hanne und Gerti sind im Theater.) \tbentry{25}{9}{1964}{} \uline{Mit Hanne} zur Elbe spazieren, in warmer Sonne. (Hanne sagt, dass es gut sei, dass ich in \textit{LA} noch 2 Monate im Haus bleiben werde; man müsse die Erinnerungen nicht zu schnell aufgeben, sondern bewahren, sodass die Intensität des Schmerzes dabei langsam abnehmen kann. Sie erzählt von einem Bekannten, der nach Verlust seiner Frau sehr bald schon wieder heiratete; aber dann kamen später die beiseite geschobenen Erinnerungen heftig wieder hervor und brachten große Schwierigkeiten. Sie meint, die Tatsache, dass ich noch nicht wieder in den Straßen spazieren gegangen bin, zeigt, dass ich es noch nicht überwunden habe. Da sei eine Aufgabe, für die man sich genug Zeit geben muss. Ich erzähle ihr auch, wie ich mich wieder bald daran gewöhnt habe, in die Garage und in Inas Zimmer zu gehen; und von ,,Inas Tod`` als Zeitbezeichnung zu sprechen. Und ich bin froh, dass ich jetzt wieder leicht im Gespräch Redensarten von Ina oder dergleichen erwähnen kann, wie neulich ,,gefärbte Milch``; Hanne sagt, sie hat bemerkt, dass ich froh darüber war. -- Über \uline{Beziehung zu Chacha}. Ich sage, dass ich schon 1963 in Mexiko und jetzt wieder in Stockdorf gleich gut Kontakt mit Chacha \neueseite{531231} hatte und es mir wohl tat, dass ich so lieb und warm von ihr empfangen wurde. Sie sagt, sie habe immer angenommen, dass ich eigentlich nie aufgehört habe, Chacha lieb zu haben. Früher dachte ich, unsere Ehe sei auseinander gegangen, weil wir zu sehr verschiedene Typen seien; aber durch die Analyse kam ich dazu zu denken, dass das kein notwendiges Hindernis, wenn auch eine Erschwerung \editor{ist}; dass wir wahrscheinlich zusammengeblieben wären, wenn ich, und besser noch wir beide, früher analysiert worden wären. Trotzdem aber will ich jetzt keinen Schritt machen, sondern abwarten, wie es sich in mir entwickelt. Und besonders bin ich vorsichtig in Äußerungen zu Chacha, um ja keine vorzeitigen Erwartungen zu erwecken. Hanne meint, \gestrunl{} das Zusammenwohnen von Chacha mit Angermanns ginge doch wohl nicht auf die Dauer; \gestrunl{} wenn sie zu Hause ist, wird sie immerzu krank, aber wenn sie anderswo ist, geht es ihr besser. Wenn ich für dauernd herüberkäme, \sout{wäre es wohl am besten} und mit Chacha zu leben wünschte, wäre es wohl am besten, wenn wir nicht dort wohnten, sondern anderswo, bei München oder in Freiburg.) -- 4-9 \uline{Martha Hörmann} und Flitners hier. (Martha Hörmann hat nicht mehr das kleine, anmutige Gesicht, sondern ein volleres, etwas plumperes; ganz weißhaarig. Ihre Schwester Frieda kommt mit herein für einige Minuten. Ich sage ,,Sie``, wie in Briefen, und wie auch Flitners. Sie zeigt Fotos aus der Serazeit, und erzählt vieles. Sie weiß genau, wann und wo jedes Fest und jede Vagantenfahrt war, und wer dabei war; \gestrunl{} ähnlich wie Agnes. 8-9 sitzen wir am Kaminfeuer.) (Chacha telefoniert: Maue sagt, die Sache mit Gittli könnte um eine Woche verschoben werden; Chacha meint, das sei praktischer, denn sie habe Zimmer für uns im \textit{TH} belegt von 28.9. bis 5.10.) \neueseite{531239} \tbentry{26}{9}{1964}{} \fnA{Mit Verweisungszeichen und Hinweis \original{siehe oben} an dieser Stelle positioniert.}\lhaken Mit Hanne zur Elbe spazieren. (Die Sonne kommt langsam durch den dicken Nebel; die Bänke sind nass, wir setzen uns etwas auf die Steinstufen; dann werde ich doch müde beim Heimweg. -- Ich sage Hanne von Svens Vorschlag. Hanne findet es auch plausibel. Sie haben mit Bekannten aus Mexiko gesprochen (Buchenau und Böcker), die selbst Gläubiger von Walter sind, und die gegen Walter Vorwürfe erhoben haben wegen des früheren Hauses, und auch, dass das jetzige Haus in Contreras unnötig groß für sie sei; und warum Walter einen Mercedes Wagen habe, und dazu noch Grete einen \textit{VW}. Sven hat gesagt, er habe keinen Mercedes gekauft.) -- Mittags, mit Hanne und Gerti (auf Gertis Wunsch erzähle ich von Hannes Jugend. Das ,,Kind``, zart und verträumt, beobachtete die Menschen und wusste, warum sie so handeln \neueseite{531233} mussten. Die erstaunliche Energie und Ausdauer bei der Ausbildung in Buchbinderei. Sie erzählt von Karl Rienitz, mit dem sie sogar einmal verlobt war, und der ihr sagte, sie müsste Medizin studieren. Das Haus neben Reisessen\blockade{} an der Dreisam. Skilaufen mit mir.) -- Nachmittags mit Hanne und Hans Arnold.\rhaken{} \uline{Mit Helga telefoniert}. (Sie wollte gern noch mal kommen, aber die Zeit ist zu kurz geworden. Ich sage ihr, dass ich in positivem Sinne über sie und Range berichtet habe an Grete. Svens Vorschlag für die Eltern, Haus und Boot aufzugeben, scheint mir zwar plausibel, aber ich kann doch wohl nicht gut darüber an Grete schreiben. Helga sagt: Nein, wohl nicht; aber vielleicht an Sven, der würde sich freuen über meine Zustimmung. Ich sage, dass ich aber Bedenken habe, weil Sven vielleicht erwähnen würde, dass er einen Brief von mir hat; sie meint, vielleicht könnte ich es so formulieren, dass es nicht anstößig sein würde; aber das scheint mir schwierig. Helga meint, die Eltern werden wohl kaum vor dem Frühling herüberkommen. Ich sage, dass ich vielleicht auch schon im Mai oder Juni komme und sie dann sehen werde. Ich sage, dass ich erst Hemmungen hatte gegen das Herüberkommen und jetzt sehr froh bin, dass ich es getan habe. Helga meint, wenn ich das Walter sage, könnte das ihm vielleicht helfen, seine eigenen starken Hemmungen auch zu überwinden; auf meine Frage sagt sie, dass die Hemmungen sich nicht auf Freunde oder Verwandte beziehen, da er keine mehr habe: sondern die Unsicherheit, wie ihn selbst das Wiedersehen der Heimat berühren und bewegen würde.) -- \tbentry{27}{9}{1964}{} \uline{Gerti reist ab} (nach Berlin zurück, in ihrem Auto, für weitere Examina bis zum März. Ich schenke ihr \gestrunl{} die kleine grüne elektrische Taschenlampe, mit der sie neulich mit Entzücken Hannes Augen durchleuchtet hatte.) -- Eilbrief von Siri N\ae ss (sie hätten mich gerne gesehen, verstehen aber meine Gründe, und hoffen für nächstes Jahr.) -- Wir fahren \uline{nach \textit{Lübeck}}. (Hans Arnold, Hanne und Martin kommen mit, um mich hinzufahren; sie besuchen inzwischen Freunde dort. 1\textonequarter{} Stunde Autofahrt, \textonehalf{} Stunde durch die Stadt, dann \textonehalf{} Stunde Autobahn, dann 15 Minuten, am Haus Krempelsdorf vorbei, nach \textit{L}\editor{übeck} 12\textonequarter{}-6 \uline{ich bei Friedrich und Marianne \textit{v. Rohden}}. Strohkatenstr. 7. In demselben Haus habe ich sie mit Ina 1937 besucht, auf der Fahrt von Fahrenkamp nach Hamburg. Jetzt haben sie unten ein großes Zimmer angebaut, und oben sein Sprechzimmer, Wartezimmer und Behandlungszimmer eingerichtet. -- Über die Kalzifizierung meiner Bandscheiben. Er meint, das sei ein sehr seltener Fall. -- Ein wenig über meine Psychoanalyse; Beseitigung der Agoraphobie; kurz auch über: allgemeine Auflockerung, Beseitigung von Hemmungen, intensivere Gefühle bei Musik, leichterer Kontakt. -- Ausführlich über die Entwicklung von Inas Depression; Zurücksetzung durch Eltern; Bruder, Mutter; Verlust des Hauses; ausführlicher über 1964, und besonders die letzten Tage. Er sagt: Wahrscheinlich hat sie sich doch sofort erhängt, die Leiche bleibt lange warm; der Tod ist momentan mit Erstickung, weil sie die Schlinge richtig \gestrunl{} gesetzt hat; wahrscheinlich hat sie es vorher schon oft überlegt gehabt, richtig mit Leiter und Springen. Er sagt, er hat hunderte von Fällen von \neueseite{531235} Depression gehabt; wenn Medizin nicht mehr helfe, ist Schockbehandlung das Beste. Gewöhnlich erfährt die Frau gar nicht, dass Schock angewendet worden ist, nur der Mann muss die Zustimmung geben. Zuweilen sind mehrere Behandlungen nötig, aber die Intervalle werden länger. Er besteht darauf, dass keine merklichen Persönlichkeitsveränderungen eintreten; die Männer würden das sonst berichten. Er sagt, er selbst und alle Psychiater würden wünschen, dass im Falle von schwerer Depression, wenn die Medizin nicht genug Wirkung habe, Schock angewendet würde bei ihnen selbst. Ich sage, dass die Psychoanalytiker entschieden dagegen sind; er sagt ,,natürlich``.) -- Abendessen beim Kaminfeuer. (Hans Arnold fragt, ob ich, seit ich 1918 mich zum Sozialismus entwickelt habe, meine Ideen später eingeschränkt und geändert habe. Ich sage: nicht wesentlich geändert; ich habe nicht, wie einige andere, nach Hitlers Sieg die Zuversicht in den endlichen Sieg des Sozialismus aufgegeben. Wohl aber habe ich noch dazugelernt; besonders durch Neurath in Wien einige Grundgedanken des Marxismus: dass für Siege einer Idee es nicht hinreicht, dass sie wahr ist, sondern auch nötig ist, dass sie den Menschen in der gegebenen geschichtlichen Situation etwas Positives bringt, was sie benötigen; wie Marx es für den Sozialismus sah in der Arbeiterschaft und wir für unsere Philosophie in der durch die Industrialisierung bedingten Wichtigkeit von Mathematik und Naturwissenschaften. Hans Arnold: Man kann also wohl sagen, dass nur zwei Gruppen bei Anfang der Hitlerregierung deutlich sahen, dass sie zu einer Katastrophe führen würde, nämlich die marxistisch Geschulten und gewisse protestantische Kreise in Deutschland.) -- Spät abends \uline{Hanne} in meinem Zimmer. (Ich: 1924 ging sie mit mir auf den Feldberg, nach dem Tod meiner Mutter, und sie gab mir Verständnis und Trost; und jetzt\fnA{Original \original{jeder}.} wiederum nach dem Tod von Ina. Sie sagt, sie hat in diesen Tagen gespürt, und von Tag zu Tag mehr, wie wir Kontakt haben, als wären gar nicht \neueseite{531237} die langen Jahrzehnte dazwischen gewesen; bei ihr \gestrunl{} Guatemala, Krieg und Hans Arnolds Gefangenschaft. Und bei mir das lange Leben mit Ina. -- Sie spricht nochmal davon, dass ich lernen muss ,,gewähre es ihr``; ich sage, zuletzt in \textit{LA} hatte ich das Gefühl, dass ich es schon kann, aber ich muss noch mehr hineinwachsen. Hanne sagt, zuweilen hatte sie hier das Gefühl, als müsste sie mich nicht allein lassen, aber dann wieder dachte sie zuweilen, sie müsse mir auch Zeit geben, an Ina zu denken und traurig zu sein. Ich danke ihr für die Zeit hier. -- Ich sage, ob sie wohl mal nach Süddeutschland kommen könne, um mit Chacha, Hanneli, und Annemarie mehr Kontakt zu haben. Vielleicht will sie es tun, aber sie kommt nicht leicht \gestrunl{} in den Süden. Ich soll Chacha herzlich grüßen, und ihr sagen, dass sie sie gern mal dort hätte. Sie schlägt vor, dass ich Chacha einen Flug nach Hamburg schenke. Sie fragt, ob ich möchte, dass sie mit zum Flugplatz kommt. Ich sage: lieber nicht. Sie sagt, auch für sie war diese Zeit ganz besonders schön.) \tbentry{28}{9}{1964}{} Hans Arnold \gestrunl{} fährt mich zum Flugplatz. Er sagt, er freute sich, mich dort zu haben. Ich sage noch, ich bin auch froh, dass wir uns politisch so gut verstehen. Das hatte ich nicht erwartet; leider stimmten seine Tochter und Hanne ihm nicht zu; sie seien durch die herrschende antikommunistische Einstellung ganz beeinflusst. Ich drücke Erstaunen aus; ich hatte gedacht, Hanne sei auch Sozialist. Er sagt, \gestrunl{} vielleicht würde sie das \gestrunl{} sagen; aber das Wort wird ja meist nicht im alten Sinne verstanden, sondern nur ,,für die \textit{SPD}``, die ja selbst nicht mehr sozialistisch ist. Ich erzähle von Friedrich, der sich auf meine Frage auch als ,,Sozialist`` bezeichnete, aber hinzufügte ,,wir wählen\textit{ SPD}.``) -- Schöner, ruhiger Flug. 11:00 über Stuttgart (nicht umsteigen, aber aussteigen) \ulinesp{nach \textit{\uline{München}}}.\ort{München} Maue am Flugplatz und Taxi zum Holzkirchner Bahnhof (da war es gut, dass Maue dabei war, \neueseite{531245} der Taximann trug zwar den Koffer die hohe Treppe hinauf, aber dann gab es keinen Gepäckträger! Auch keinen Wartesaal. Ich kaufte Fahrkarten 1. Klasse, um bequem zu sitzen, und mich von den unbiegsamen Armlehnen des Flugzeugs zu erholen, und Maue kaufte Bahnsteigskarte. Sie plauderte mit dem Mann an der Sperre; als mein Eilzug hergebracht wurde, \textit{ca} 2:15, verließ der Mann an der Sperre seinen Platz, alle die hinter uns standen mussten warten, und trug den Koffer zum nächsten Nichtraucherabteil; dann sagte ich, ich fahre aber erster Klasse, und dann trug er den Koffer noch etwas weiter, vorbei am erster Klasse Raucher bis zum Nichtraucherwagen. Dann setzten wir uns ins Abteil, und verzehrten Birnen, die Maue gebracht hatte. Maue erklärte mir mehr \uline{über Gittli}; die könne sowohl diese wie nächste Woche Freitag herkommen. Ich sagte, Chacha habe nur von Reservation in \textit{TH} Samstag bis Montag gesprochen; in diesem Falle wäre allerdings mein Herunterkommen \unl{} am \textit{Fr}. 2.10. unpraktisch; das würde uns nicht genug Zeit in \textit{TH} lassen. So beschlossen wir \textit{Fr}. 9. \uline{Maue} bestätigte wieder, dass \ulinesp{ihr lieber wäre, wenn ich schon \textit{Fr} käme}, damit wir den Samstag ganz zusammen sein könnten; Gittli würde dann Sonntag gegen 11\textsuperscript{h} wieder abfahren. Ich bitte sie, Gittli schon vorher zu erklären, dass ich mich abends dann \gestrunl{} zurückziehen müsse. -- Sie sagt, \ulinesp{es habe ihr nachher leid getan, dass sie damals so zornige Vorwürfe gegen Chacha gemacht habe}, weil sie mal kam und blieb, obwohl Maue für eine Dinnereinladung kochen usw. musste. Sie sagt: Man hat ja doch wohl Gefühle gegen einander; ich sage, das ist ja ganz natürlich und unvermeidlich.) 2:55-4:30 Eilzug nach \uline{\textit{\ulinesp{Bayer. Zell}}}.\ort{Bayerisch Zell} Chacha holt mich ab und schleppt den Koffer. Dann fahren wir im \textit{TH} Auto zum \textit{TH} hinauf. (Chacha ist seit gestern hier. Sie klagt über mein abruptes Telefonat am 22.; ich erkläre, dass ich verärgert war über Telefonat mit Maue. -- Abends auf meinem Zimmerchen. \neueseite{531249} Sie erzählt \uline{von Hanneli}. \gestrunl{} Sie benötige mal einen Wechsel; sie habe Chacha erzählt, dass ich sie gefragt habe, ob sie mal zu mir hinüber kommen wolle; ich erinnere nur, dass Annemarie mir das mal vorschlug, worauf ich aber nicht einging. Chacha meint, das sei vielleicht eine gute Lösung für mich, und für Hanneli. Ich äußere mich zurückhaltend; sie ist lieb und einfühlungswillig; aber \sout{kann sie} wird es für sie bei meiner Lebensweise nicht zu einsam sein? -- Und ist sie nicht etwas kindlich-naiv für Gespräche mit meinen Freunden über Politisches oder auch über Psychologisches? Aber ich will es noch mehr überlegen. -- Zur Guten Nacht küsse ich Chacha herzlich. Sie erhebt lachend den warnenden Finger; und dann sagt sie: ,,Wir können doch wohl nicht an dauerndes Zusammenleben denken, gell? Wir sind doch zu verschieden, oder?{}`` Ich: ,,vielleicht ja; ich weiß es nicht``. Es ist nicht klar, ob sie den negativen Ausspruch ganz ernst und bestimmt meint, oder mehr als Frage.) \tbentry{29}{9}{1964}{} Chacha zeigt mir ihr Dachkämmerchen in einem kleinen Haus neben dem neuen Doktorhaus oben am Berg. Dann gehen wir ins Dorf hinunter, für Einkäufe, und wieder hinauf. -- 3-4 \uline{Dr. Mengershausens}\fnE{vermutlich Dr. med. Johannes von Mengershausen, der Sohn des Gründers der Naturheilstätte Tannerhof1881} Untersuchungen. (Er sagt, dass, in Hinsicht auf mein Alter, alle Organe in guter Verfassung sind. Rückgrat zwar gebeugt, aber sonst in Ordnung. Er rät mir gymnastische Übungen, und viel Gehen. Gewicht 72,5 \textit{kg}; Atmungsvolumen 4400? \textit{ccm} ist noch gut. Über Nembutal; ich sage, ich brauche es zum Einschlafen; zuweilen werde ich aber auch früh wach, gegen 3 oder 4, und kann dann schwer wieder einschlafen. Er: Das Einschlafen ist das Wichtige; hier soll ich aber um 10 anstatt 12 Licht abdrehen; wenn ich dann bis 5 schlafen kann, also 7 Stunden, so ist das schon genug; er verschreibt mir auf meinen Wunsch ein Nicht-Barbiturat ,,\textit{Nolulan}`` Tabletten, auf der Dose steht: 1-2 Tabletten.) -- Mit Chacha ins Dorf; wir trinken Kaffee und Kuchen; dabei liest sie mir Annemaries langen Brief vor; und Hannelis Briefe. (Hanneli hat plötzlich ein Karzinom im Uterus; es ist noch nicht klar, ob es \neueseite{531247} klein genug ist, um durch Auskratzung beseitigt zu werden, oder ob Operation nötig ist; sie hatte versprochen, nach Riedheim zu kommen, \gestrunl{} während Johannes und Sabine nach Berlin fahren; das ist jetzt unsicher geworden.) -- Abends \uline{telefoniert Chacha mit Hanneli}; sie will morgen zum Doktor gehen und uns dann wieder anrufen. -- Abends erzählt Chacha allerhand Erlebnisse aus Mexiko 1927. (Wie der kleine Johannes mutig auf dem Pferd ritt; mit den Kindern im heißen Tecuman; die Ermordung des Vaters, der früher immer von den Rebellen geschont wurde, weil er immer unbewaffnet ritt. -- Auch über Walters Geschäft. \uline{Sven} hat auch zu ihr davon gesprochen, dass die Eltern das Haus aufgeben sollten; er sage, dass Walter auf diese Weise schon vor Jahren eine Einigung hätte haben können, aber durch sein Beharren sich selbst und Grete diese schrecklichen Jahre des Her\unl{} verursacht habe). \tbentry{30}{9}{1964}{} Mit Chacha ins Dorf (Sachen gekauft). -- Nachmittags mit Chacha 3-5 langen Spaziergang (die Fahrstraße hinauf; dann Fußpfad nach links hinauf; auf verschiedenen Bänken gesessen. Chacha erzählt von \textit{Ibiza};\fnA{Original \original{\textit{Ibitza}}.} dort war sie mit einer Schwester vom Tannerhof. Ihre langen Beziehungen zu von Mengershausen beginnend 1909, also bevor wir uns kannten; damals war sie mit Otto auf Dr. Martins Rat hier, weil beide Furunkeln hatten; das war bei dem alten Mengershausen\fnE{vermutlich Christian von Mengershausen (1881-1922)}. Dann nach dem Krieg öfters hier, bei dem jungen; einmal kam sie und verdiente sich den Aufenthalt, indem sie beide Graphologie lehrte (das war die erste Frau vom Johannes von Meng.).) \gestrunl{} Nachher ins Dorf hinunter, Kaffee getrunken, und wieder heraufgestiegen. Das Ganze war ein anstrengender Gang, teilweise auf holperigem, steinigem Pfad hinunter. -- Abends Vortrag von Dr. Mengershausen über 10. Konvent des ,,Weltbundes für Ernährung und Schutz der Gesundheit`` (dieser Bund hat einen großen Gesetzesentwurf ,,\textit{Lex protectionis vitae}`` ausgearbeitet, gegen Schädigung in Luft, Wasser, Boden, \neueseite{531241} Nahrungsmittel, Medizin usw.; international, hat ein Gremium von 400 Wissenschaftlern aus 91 Ländern. Sie sind für ,,Synthese von Zivilisation und Gesundheit``; im Unterschied zu Rousseaus ,,zurück zur Natur``. Sie machen gute Vorschläge, und wollen den Gesetzesentwurf allen Regierungen, besonders den Gesundheitsämtern, und den Vereinigten Nationen vorlegen. Der Dr. spricht verständig, und zuweilen eifrig. Sie wollen sich mit Organisationen von Verbrauchern und von Hausfrauen in Verbindung setzen.) -- (10h nehme ich 2 von den neuen Schlaftabletten; um 2h schlafe ich aber immer noch nicht (imaginierte Gespräche mit Gittli und Gerhard) und nehme darum noch kleines Nembutal und Dramanin. Dann geschlafen.) \tbentry{1}{10}{1964}{} 10 zur Gymnastikhalle (ich sehe aber, dass überhaupt keine Sitzgelegenheiten vorhanden sind; dort eine ganze Stunde herumstehen und dazwischen noch einige der Übungen zu machen wird offenbar viel zu anstrengend für mich. Als der Dr. Mengershausen kommt, sage ich es ihm und gehe zu meinem Zimmer.) -- 11\,\textonehalf{}\,--\,12 bei Frau Brockmann (etwas Gymnastik und Atemübungen, für die Wirbelsäule. Sie erinnert mich an Hanneli, sowohl im Gesicht, wie auch in der Sprechweise über die Übungen und ihre Wirkungen. Sie betont die Wichtigkeit der Nasenatmung; es sei schlecht, dass ich mir die Mundatmung so angewöhnt habe.) -- Nachmittags langen Spaziergang mit Chacha (von der Alten Tann hinauf in den Wald; dann lange horizontaler schöner kleiner Pfad hinunter zur ,,Melkstatt``, wo die Hirsche und Rehe im Winter gefüttert werden. -- Ich erzähle Chacha von Inas letzten Tagen; sie wusste schon von Heini, dass sie sich in der Garage erhängt hatte. Sie fragt nach der Depression und ihren Ursachen. Nachher zeige ich ihr Friedrichs Brief, der schildert, wie furchtbar quälend diese Zustände sind. Dann sagt sie: Dann wäre es doch vielleicht nicht richtig gewesen, sie zum Leben zurückzurufen, wie ich es versucht hatte. Ich sage: Nicht, wenn die Krankheit unheilbar war; aber vielleicht hätte die Medizin doch geholfen. Sie liest mir dann aus Friedrichs Brief die Stelle vor: ,,Nun hat sie alles überwunden. Stören wir ihren Frieden nicht!{}`` \neueseite{531243} Abends in meinem Zimmer sprechen wir noch darüber. Ich sage, anfangs grübelte ich immer darüber, ob \gestrunl{} das Tragische hätte vermieden werden können, wenn wir noch dies oder das getan hätten. Aber das hat keinen Zweck. Ich muss lernen, das Unabänderliche hinzunehmen, und mich der Gegenwart und Zukunft zuzuwenden. Und in der Erinnerung an Ina will ich versuchen, weniger an die letzten Wochen zu denken, und mehr an die frühere gute Zeit, besonders im Chenault Haus, und auch in Princeton. Chacha sagt, ihr ging es ähnlich; zuerst musste sie, wie durch Zwang, immer an die letzte Zeit von Broder denken; sie ist darüber hinweggekommen, und ich würde es auch.) \tbentry{2}{10}{1964}{} 7:45 Bad (mein erstes hier! Mit Latschenkieferextrakt Bürstenbad.) -- Ins Dorf, bei herrlicher Sonne. -- Nachmittags Spaziergang über die Melkstatt hinaus; schöner Weg, meist horizontal. (Hinunter kommen wir auf Kuba und Castro zu sprechen. Chacha sagt, er sei doch ganz schrecklich, habe ein Balisten\blockade{} Gesicht, usw. Ich sage, sie soll doch nicht den Zeitungen dies alles glauben. Ich erkläre, was er Gutes für das Land getan hat, und dass Washingtons Verweigerung von Hilfe, und und sogar Blockade, ihn gezwungen hat, sich mit Russland zusammenzutun; aber mir ist nicht klar, ob das irgendeinen Eindruck auf sie macht. Heute morgen kaufte sie die Illustrierte ,,Quick``, die sie sonst nicht mag; hier fand sie die Bilder des jungen Paares in Griechenland (Kronprinz?) so anziehend; die jetzige Königin (oder vorige?) habe auch so viel Gutes getan mit Schulen, Krankenhäusern, Hilfe bei Erdbeben, usw. Wir gingen bergauf, und es war mir zu mühsam, dagegen zu sprechen. Problem: Wie wichtig würde diese \uline{politische Differenz} in einem Zusammenleben sein?) \tbentry{3}{10}{1964}{} 8 ins Labor (oben in der ,,alten Tann``. Blutprobe von der Fingerspitze, etwa 5 mal Tropfen, werden gemischt mit verschiedenen Jo\unl{}). -- 9:15 zweite \uline{Sprechstunde bei Dr. von Mengershausen}. (Er hat nicht nur nicht die Ergebnisse der heutigen Blutprobe, sondern auch noch nicht \neueseite{531253} die von der früheren Blutprobe und der Urinprobe; über deren Ergebnisse \editor{will} er mir noch Bescheid sagen. Er betont auch die Wichtigkeit der Nasenatmung. Ferner rät er, täglich mindestens eine Stunde spazieren zu gehen; durch die Bewegung bleibe der Körper gesünder. Er verschreibt mir noch die Entspannungsmassage, die Chacha mir pries; und ein Darmbad, wie ich sie früher (in Pistyan) mit gutem Erfolg als Anwendung bekam. Er empfiehlt die Rohkost sehr; und vor allem Vollkornbrot.) -- Wir gehen zum \uline{Sessellift}. Trotz des Nebels entschließen wir uns, hinaufzufahren die untere Strecke, die bis zur ,,Mittelstation`` geht, \uline{wo die Sudelfelder} beginnen. (Da gehen wir spazieren, in eine Mulde, und hinüber den anderen Hang ein Stück hinauf. Schöner Blick auf Wendelstein; wir sind weit über dem Nebel, und die oberen Felder und Berge liegen im schönsten Sonnenschein. Ich glaube, ich bin 1910 auf diesen Feldern Ski gelaufen, aber natürlich mit Aufstieg zu Fuß.) -- Nachmittags \uline{großen Rundgang} (ins Dorf, dann links hinaus, über die Autostraße, die von Ursprung kommt, und auf einem alten Weg parallel zur Straße; dann zur anderen Seite des Tälchens hinüber (das nach Ursprung geht); dann kommen wir zur 2. Melkstatt. Dann hören wir einen Hirsch hoch am Berg röhren. Später treffen wir Prof. Flörke\blockade{}; er sagt, dass er soeben auch Röhren getan hat, um den Hirsch näher zu locken, was ihm aber nicht gelungen ist.) -- Nach dem Abend\editor{essen} informelle Diskussion im kleineren Kreise (Dr. Mengershausen bespricht verschiedene Untersuchungen von einigen Leuten, wie man die Aufklärung über gesundheitsschützende Produkte besser organisieren könnte.) \tbentry{4}{10}{1964}{} Vormittags neblig. Spaziergang. -- Nachmittags immer noch Nebel; ins Dorf (Kaffee und Kuchen; telefoniert mit Rohs; ich kann am 11. zu ihnen kommen.) -- Abends liegen wir auf den Betten und sprechen über alte Erinnerungen. \neueseite{531259} (Chacha spricht wieder von der\fnA{Original \original{den}.} Verschiedenheit unserer Interessen. Ich: Ich glaube nach der Analyse, dass dies nicht unbedingt Hinderung von gutem Zusammenleben sein muss. Die wesentlichen Gründe lagen woanders. Z.B. meine Unreife; ich machte keine Bemühungen, mich um einen Beruf und Versorgung der Familie zu bekümmern. Ich war auch unbeholfen und gehemmt im Sexuellen. Chacha\fnA{Original \original{Ina}.} erzählt, dass ich es ohne Vorbereitung wollte; dass sie nie Orgasmus erlebte \sout{(}\gestrunl{} mit mir früher (erst später mit Broder; und dann mit mir in Davos); dass sie dadurch kühl wurde, und daher mir etwas fehlte; dass ich mich darum der Margret zuwandte; ich habe ihr erzählt nach der Bodenseefahrt mit Margret, dass sie nicht gewollt hätte, obwohl ich es wünschte. Als sie von Mexiko zurückkam und mich in Davos traf, wollte ich schon nicht mehr ernstlich; ich sagte, ich sei inzwischen so nahe mit Maue, und wolle diese im Engadin treffen; andererseits sperrte Broder sich von ihr ab. So geriet sie mit Gall zusammen, was sie jetzt sehr verärgert. Ich sage, es kam doch bei ihr aus einem inneren Bedürfnis heraus, und sie soll diese Person nicht so herabsetzen. -- Ich erkläre meine Hemmungen durch den Mangel meiner Mutter an natürlicher Zärtlichkeit; vielleicht weil sie sich ihre erste, starke Liebe versagen musste, und die spätere Ehe mehr eine Vernunftheirat war. Gegensatz zu Maues spontaner Zärtlichkeit mit dem Söhnlein. Sie sagt auch noch, wie unpsychologisch ich war, als ich einmal Prof. Diepgen, ihren Gynäkologen in Freiburg, konsultierte, und dann, anstatt seine Ratschläge für Vorspiel durchzuführen, ihr die Ratschläge erzählte, sodass sie schon von vornherein eine Abscheu davor bekam. -- Ich sage schließlich: Wir hatten uns wirklich lieb und hatten den besten Willen; leider genügt das aber nicht für gutes Zusammenleben. Vielleicht wäre es besser gegangen, wenn wir beide vorher analysiert worden wären.) \tbentry{5}{10}{1964}{} Vormittags spazieren zur Melkstatt. -- Mittags sitze ich neben Frau Lohmann (,,Omi``, die Mutter der jetzigen Frau Anneli Mengershausen; sie spricht von der deutschen Jugendbewegung und Volkstänzen. Ich erzähle von den Freischaren Freiburg und Jena, und von Eugen Diederichs' Kreis, wo ich schwedische Tänze \neueseite{531251} einführte. Draußen treffen wir Frau Anneli selbst, und ich sage \gestrunl{} davon. Sie ist begeistert für Schweden, ,,wäre beinahe eine Schwedin geworden``, erzählt von den Volkstänzen bei Skandi, wo jeder jetzt teilnehmen kann.) -- 4:30 \uline{Darmbad} (das ist hier nicht in einem Bad, sondern man sitzt auf einem hohen Sessel, der dann um 45$^\circ{}$ gekippt wird, sodass man bequem halb liegt. 20 \textit{l} Wasser läuft langsam ein; man hält es zurück, solange man kann. Während der ersten Zeit tritt dabei oft ein Zwicken im oberen Querdarm auf, vielleicht weil der harte Darminhalt den Abfluss hindert, wenn der Darm sich zusammenzieht. Später wird das besser. Dann macht der Darm immer wieder die Gymnastik der Zusammenziehung und Ausdehnung. Das ist ganz angenehm; aber man wird schläfrig dabei, wohl weil das Blut vom Kopf abgezogen wird.) Ich komme erst 5:50 auf mein Zimmer, sollte mich eigentlich \textonehalf{} Stunde ausruhen. Darum bringt Chacha mir das Abendessen herüber. -- Später fange ich ein Gespräch mit Chacha an über Möglichkeiten zwischen uns und wie sie ihr zukünftiges Leben wünschen würde. (Siehe extra Notizen.) \tbentry{6}{10}{1964}{} 7:45 Moweva\blockade{} Ölbad. -- 10: Gymnastik und Atem bei Frau Brockmann. -- 11 ich \uline{telefoniere mit Maina} (sie fährt nächste Woche schon nach San Francisco, zu ihrer ältesten Tochter Almuth. Die ist glücklich verheiratet mit einem Flieger, sie erwartet jetzt ihr drittes Kind. Maina fragt, wenn wir im Auto abgeholt würden, könnten wir sie nicht in Icking besuchen. Ich sage, dass wir mit Bahn fahren; dass ich aber vom Sonntag bei Roh bin und sie vielleicht dort sehen kann; aber da sie bald abreist, wird sie wohl kaum Zeit haben.) -- Nachmittags mit Chacha ins Dorf (bei Haarschneider, auch Kopfwäsche, und Chacha Haarlinie rasieren; alles zusammen bloß 5 \textit{DM}!). Zum Bahnhof: \uline{Hanneli kommt an}! (Mit ihr gehen wir den großen Rundweg über die 2. Melkstatt. -- Ich erzähle ihr von den Gesprächen mit Johannes ausführlich, und von Hamburg und Lübeck.) \neueseite{531255}\textspns{Das Gestrichene \uline{ist notiert} (auf Extrablättern ,,Hanneliese``)} Nach dem Abendessen kommen Chacha und Hanneli noch kurz auf mein Zimmer (und sprechen noch über Erlebnisse in der Zwischenzeit). \tbentry{7}{10}{1964}{} 10:30 Rücken\uline{massage} vom Bademeister Kormer, gründlich und gut. -- 12h treffe ich \uline{Chacha und Hanneli} auf der Autostraße (wir gehen noch etwas spazieren. \ulinesp{Wir sprechen von der Möglichkeit von Hanneli kommt nach \textit{L.A}}. Sie will vorher Autofahren lernen, und besser Englisch. Sie dachte, vielleicht von Januar oder Februar bis zu meiner Reise nach Deutschland nächstes Jahr. Ich sage, wenn ich im Dezember umziehe, wäre ihre Hilfe besonders erwünscht in den Wochen vorher. Aber das ist wohl zu früh für sie. Sie erwähnt, dass Erika, die jetzt 12 Jahre ist, vielleicht in ein \textit{LEH} kommen könnte; sie hat sie gefragt, was sie sagen würde, wenn Hanneli \sout{mit} zu dem Großvater nach Amerika ginge für eine Zeit; Erika war gleich begeistert dafür; aber vielleicht macht sie sich jetzt nicht die Einsamkeit klar. Hanneli fragt nach den Flugkosten; ich: \$\,740, wenn außerhalb des Sommers. -- Nachmittags wir drei im Dorf Kaffee getrunken, dann schönen langen Spaziergang zum \textit{Paraplui}; weiter gesprochen über den Plan von Hannelis Kommen. Ich sage, ob sie imstande ist, Alleinsein gut auszuhalten; dass ich fast immer für mich allein bin, meist sogar auch abends. Sie sagt, sie kann das gut; sie ist auch selbst gern allein. Ich sage, sie soll intensiv Englisch lernen, und um Zeit zu gewinnen, lieber weniger ertragreiche Arbeiten weglassen. \gestrunl{} Chacha sagt, vielleicht käme sie dann später auch mal für ein halbes Jahr oder so hinüber; aber ich gebe ihr zu bedenken, dass das eine arbeitsreiche Zeit werden würde, nicht eine Ferienzeit wie 1959 ihr Jahr in Mexiko. -- Ich sage Hanneli, wir können dann in \textit{LA} sehen, ob sie abends Kurse an der Universitätsextension machen will, vor allem in fortgeschrittenem Englisch; vielleicht gibt es auch etwas in ihrem Gebiet, Psychologie und Erziehungsberatung und dergleichen; beide sind entzückt über diese Möglichkeiten.) 7\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{Volksliederabend} (geleitet von Frau Anneli Mengershausen mit Gitarre; \neueseite{531257} es war angeregt von Frau Lohmann, ihrer Mutter, als die beim Essen hörte, dass ich Freude an Volksliedern habe; sie gab mir ein Liederbuch, in dem ich dann eine Reihe von Liedern anstrich, die ich gern habe, darunter: Ade zur guten Nacht, es freit ein wilder Wassermann, es dunkelt schon in der Heide, der Winter ist vergangen, und viele andere, auch solche, die ich nicht kenne. Auf meinen Wunsch setzen wir uns an die Wand ganz hinten, obwohl wir da die Texte nicht lesen können, weil ich fürchte, dass mir die Tränen kommen würden, besonders bei ,,Der Mond ist aufgegangen``. Als nahe beim Schluss jemand dies vorschlägt, flüstert Chacha mir zu: ,,Jetzt kommt die Probe für dich``; ich dachte, es würde wohl gut gehen; aber dann wurde es doch nicht gesungen. Ich habe immer mitgesungen, wenn ich das Lied kannte, oft auch zweite Stimme, die ich instinktiv fand oder die ein anderer Mann sang; am Anfang sang ich ganz leise, später etwas lauter. Und bei ,,Ade zur guten Nacht`` ziemlich laut, zweite Stimme, weil ich hier den Text gut wusste, und ich schon Mut bekommen hatte. Das Mitsingen freut mich sehr.) \tbentry{8}{10}{1964}{} Strömender Regen. 10 Atemgymnastik bei Frau Brockmann. -- 11\,\textonehalf{} wir drei besuchen Frau Anneli von Mengershausen (sehr schönes Haus; im Wohnzimmer ganz großes Aussichtsfenster nach \unl{}tal hin; daneben offene Küche, wo sie im Sommer meist leben. Oben \gestrunl{} vor den Schlafzimmern ein langer Balkon längs der ganzen Front des Hauses; am Ende davon des Doktors Schlafkoje in der Ecke, wo er alles nach \unl{} öffnen kann; seine Bettstelle ist aber von unten her geheizt, sodass er auch im Winter dort schlafen kann. Sie spielt eine Platte von Marienliedern, 4-stimmig, bayerische Sänger, mit einigen Jodlern. Sie zeigt mir schwedische Kinder-Schulbücher mit Liedern und Noten. Ich frage nach Platten mit schwedischen Liedern. Sie weiß von Platte schwedischer Tänze, und zeigt mir eine, bezogen durch eine Firma bei Stuttgart-Mösern (?).) -- \neueseite{531269} Nachmittags Chacha sagt, dass \uline{Hanneli mit Temperatur} und Schnupfen zu Bett liegt. (Wir überlegen, dass sie vielleicht einige Tage länger hier bleiben sollte.) \fnA{Am Seitenfuß mit Einfügungszeichen und Bemerkung \original{zu oben} an diese Stelle positioniert.}\lhaken 4h \uline{mit Chacha zur \textit{Omi}} zum Tee, in ihrem Zimmer, auf demselben Stock wie mein Zimmer, aber zur Front hin. Sie zeigt mir \textit{Kazantzakis}, ,,Die griechische Passion``, und ich erzähle ihr von ,,\textit{Zorba}, der Grieche``, dem Kretabuch, von dem sie nichts weiß. Sie erzählt von ihrem Mann, der vor 10 Jahren gestorben ist, etwa 80 Jahre alt; in seinen letzten \textit{ca} 8 Jahren betrachtete er sich ,,im Ruhestand``, aber war sehr tätig, arrangierte Konzerte, wo er selbst Einführungen zu den Werken sprach, Vorträge usw. in dem kleinen Ort in den Alpen, wo sie lebten. -- Ich glaube, er war im diplomatischen Dienst. -- Sie ist geistig rege und an vielem interessiert; sehr Kriegsgegner, aber vermutlich doch in konservativer Tradition; sie spricht von seinen Korpsfreunden, allerhand adlige Leute. Sie ist religiös interessiert; sie lehnt Niemöller ab, weil er in Südamerika ,,gegen Deutschland`` gesprochen habe. -- Wie ich gerade zu Hanneli gehen will, bemerkt Chacha, dass eine \uline{Entspannungsübung} angesagt ist, die gerade anfangen soll, und sie bringt mich zum Vortragssaal und geht zurück.\rhaken{} (Ich sitze auf bequemen Stuhl, lerne aber zu spät, dass ich hätte die engen Schuhe, die ich wegen \gestrunl{} Regens \gestrunl{} an hatte, hätte ausziehen sollen. Der Doktor beschreibt, was jeder tun soll, bequem sitzen, alle Kleidung locker, Hände im Schoß, tief ausatmen, einatmen kommt von selbst. Dann Lockerung der Hände, der Arme, des Beckens, der Füße, der Beine. Dadurch erweitern sich die Adern, und die Glieder werden warm und schwer. Lange in diesem Zustand bleiben und ruhig atmen. Dann die Arme erheben, Fäuste machen, Arme und Finger hinaufstrecken, mehrmals beugen und strecken, wie am Morgen beim Aufwachen. Ich frage nach einem Buch. Er nennt \textit{Würten} (oder Würtner\fnE{Würthner, Hans. Die Macht der Entspannung. https://www.booklooker.de/B\%C3\,\%BCcher/Angebote/titel=Die+Macht+der+Entspannung\&autor=W\%C3\,\%9CRTHNER+HANS.}), aber mit Vorbehalt. Er nimmt jetzt alles, was er sagt, allmählich auf Tonband auf; aufgrund davon soll eine Schallplatte gemacht werden.) \neueseite{531261} -- Wir überlegen, dass Hanneli mit ihrer Erkältung einige Tage länger hier bleiben soll. -- Abends \uline{Gespräch mit Chacha} auf meinem Zimmer \gestrunl{}\sout{(Ich sage, sie hat im Grunde recht, was sie vor einigen Tagen} (\uwave{Siehe Notizen}!) -- \tbentry{9}{10}{1964}{} Angefangen Korrekturen in Hochkeppels Interview. -- 10:30 zweite Rückenmassage. -- Heute morgen ist auf einmal die ganze \uline{Landschaft weiß verschneit}. (Später regnet es, und der Schnee wird ein rutschiger Matsch.) -- Ins Büro (Rechnung bezahlt, und 200 \textit{DM} bar bekommen). Dann \uline{zu Hanneli}. (Sie ist im Bett und anscheinend ganz vergnügt; es geht ihr heute schon etwas besser.) -- Wegen Tropfen muss ich schnell hinauf zu meinem Zimmer. (Dort etwas gepackt.) -- Nachmittags \uline{zu Hanneli}. (Ich gebe ihr Scheck 1000 \textit{DM}. Sie soll ihre jetzigen Reisekosten und alles für Vorbereitung auf Amerika dagegen anrechnen, besonders für Lernen von Autofahren und Englisch. [\uwave{Siehe Notizen Hanneli}!] Wir hoffen, uns in München oder Stockdorf noch zu sehen. -- Chacha nimmt Fotos von mir vor der Alten Tanne, und später von Omi und mir. Sie sagt zu uns ,,Bitte näher zusammenrücken``; darauf sagt Omi: ,,Das fällt uns doch nicht schwer`` und legt einen Arm um mich; dadurch ermutigt, als Chacha sie zum Abschied geküsst hat, frage ich: ,,Darf ich auch ein Abschiedsküsslein?{}`` und küsse sie auf die Wange. -- Der Himmel ist klar geworden, die beschneiten Berge glänzen in der Sonne; hier unten ist der Schnee verschwunden. Mit Chacha \uline{zu Fuß hinunter}. \uline{Bahnfahrt} im Dunkeln \editorstr{nach} \uline{\ulinesp{nach München}}\ort{München} (Eilzug 18:00-19:28. \uline{Christoph im Auto} holt uns ab. (Er hatte einen Gepäckträger bestellt, der ist aber nicht gekommen; er schleppt 2 Koffer hinaus, Chacha einen. Wir fahren zu Maues Haus. Chacha packt einiges um, dann fährt sie mit Christoph nach Stockdorf.) Ich begrüße \uline{\ulinesp{Maue und Gittli}}. \neueseite{531265} \ulinesp{Gittli ist lieb und ganz unbefangen}. -- Nach dem Abendbrot sitzen wir drei noch gemütlich zusammen und plaudern. \gestrunl\gestrunl{} Maue hatte gesagt, dass ich früh zu Bett gehe. Aber es ist so nett zusammen, und ich bleibe bis 10 sitzen! Ich erzähle allerhand von \textit{BZ} und Annemarie, Hanneli, und Johannes; Hannelis Plan nach Amerika, usw.) \gestrunl{} \tbentry{10}{10}{1964}{} Vormittags \uline{mit Gittli spazieren} (zum Hirschpark, wo noch Hirsche sind. Auf meinen Wunsch erzählt sie von Mann und Kindern, und dem Leben in Freiburg, Kappel und Sommer in Frankreich. -- Dann sagt sie, vielleicht wäre es für Erika besser, nach Amerika mitzukommen, um nicht dem Dienstmädchen überlassen zu sein. [Siehe Notizen ,,Hanneliese``]) -- Auf Gittlis Vorschlag habe ich heute früh Roh angerufen (vorgeschlagen, dass ich lieber mal von hier einen Tag zu ihnen käme; er stimmt zu und sagt, ob Maue mitkommen möchte, sie haben sie so lang nicht gesehen. Ich sage aber, lieber nicht, sodass wir mehr persönlich sprechen können.) -- Nachmittags auf meinem Zimmer geschrieben. (Inzwischen \ulinesp{haben sie unten Besuch von Maues} ältestem \ulinesp{Bruder Arnold}, der Geschäftsmann in Spanien ist, mit Verwandten; \gestrunl{} er war 11 Jahre in russischer Gefangenschaft, ist jetzt wieder etabliert in Spanien, und reist herum in vielen Ländern. Sie klagen nachher sehr, dass er außer seinen geschäftlichen Dingen für nichts Interesse hat.) -- Beim Abendbrot \ulinesp{sage ich Gittli, sie könne ruhig laut beten}, Johannes habe das auch getan (und ich erzähle die Geschichte von Pater Laso); sie sagen beide, eigentlich wird nur mittags gebetet, morgens und abends sind oft nicht alle zusammen da. -- (Maue erzählt endlos von einem mir ganz unbekannten Herrn Zahr, den Nutto kannte, der Japanisch konnte und japanische Sitten studiert hatte.) Wir plaudern nach dem Abendbrot, bis es auf einmal wieder 10h geworden ist. -- \gestrunl\gestrunl{} Oben mit Maue noch kurz gesprochen. (Ich sage, ich \sout{will} möchte einen Wunsch vorbringen. Aber ich will sie \neueseite{531267} keineswegs drängen in der \uline{Frage der Enthüllung}, weder ob oder nicht, noch wann. Sie sagt, sie hat schon für ja entschieden; darum habe sie heute auf allerhand in der Vergangenheit angespielt, so dass Gittli doch sehr den Eindruck bekommen musste, dass wir uns nahe gestanden haben; in Bezug auf Gittli habe sie keine Hemmung, die Besorgnis sei in Bezug auf Gerhard. Ich: Mein Wunsch wäre: Wenn ja, und wenn bald, so \ulinesp{würde es mir eine besondere Freude} sein, wenn sie das \ulinesp{heute noch in einem Mitternachtsgespräch} tun könnte, sodass ich noch persönlich die Freude erleben und sie in meine Arme schließen könnte; so oft heute konnte ich mich nur mit Mühe davon abhalten; und wenn Gittli es weiß, könnte sie helfen bei Gerhard; vielleicht raten, wie es ihm zu sagen; die Gleichaltrigen haben oft ein besseres Gefühl dafür. Das bestätigt sie; sie will sehen.) \tbentry{11}{10}{1964}{} Morgens 8 (während sie beide in der Kirche sind) finde ich an meiner Türklinke \uline{\ulinesp{Maues Brief über das Mitternachtsgespräch mit Gittli}}! (Es war ihr eine schwierige Aufgabe, da bloße Andeutungen nicht genügten; aber dann war Gittli beglückt, weil sie die gespürte Verwandtschaft des Denkens nun verstand.) 9\,\textonehalf{} kommen sie aus der Kirche zurück. Ich gehe hinunter und begrüße sie. Ich umarme Gittli sehr herzlich und küsse sie. Wir drücken beide unsere Freude aus. Nachher sitze ich \gestrunl{} mit Gittli auf dem Sofa in meinem Zimmer oben. (Ich sage ihr, es ist unvermeidlich, dass sie auch Vorwurfsgefühle hat; und es ist nun ganz wichtig, dass sie diese unverhalten äußert. Sie sagt, ihre Vorwürfe richten sich mehr gegen mich als gegen Maue; ich sage, das ist ganz richtig, weil der Mann doch die Initiative hat. Sie: Es sind keine Vorwürfe wegen dem, was Du der Maue getan hast; die bekam Liebe und Kinder; sondern was Du dem Nutto angetan hast. Aber sie fügt hinzu, dass Maue ihr schon klar gemacht hat, dass da keine wirkliche, befriedigende Ehebeziehung bestand. \gestrunl{} Ich erzähle, wie Nutto immer befragt wurde und sein Einverständnis gab. Ich: Wenn die Ehe ohne mein Eingreifen weiter gegangen wäre, so wäre Maue wegen mangelnder Befriedigung immer mehr irritiert worden, und die Ehe wäre dann gescheitert. Sie betont, wie lieb Nutto zu ihnen war, \neueseite{531263} und ich stimme sehr zu. Später mal sagt sie: Durch diese ganze Geschichte ist dann im Grunde mehr Glück in Nuttos Leben hineingekommen, als wenn sie nicht geschehen wäre. Gittli sagt mal, dass es ihr leid tut, dass \uline{Maue zuletzt oft sehr unfreundlich gegen Nutto war}, ihn auszankte usw.; ich sage, das sie wohl zu erklären durch die unbefriedigenden Umstände in der Situation. -- Später mal sagt sie, dass ich durch die Trennung unserer Ehe den Kindern einen Vater entzogen habe, den sie nötig hatten. Ich sage, sie hat recht, und ich fühle heute, dass ich an ihnen vieles wieder gut zu machen habe. Sie sagt, das kann ich jetzt der Hanneli tun dadurch, dass ich sie hinübernehme, und noch mehr, wenn ich Erika auch mitnehme. -- Ich erzähle ihr, \uline{wie Ina zu mir kam}; der Brief usw.; und dass ich später den Brief an Maue schickte; dass wir uns in Salzburg trafen, und sie zwar sehr geknickt war über die Trennung unserer Beziehung, aber doch sehr verständnisvoll sagte, wie Ina eine besonders gute Gefährtin für mich sei. -- Bei Tisch, als Maue mal hinausging, nahm ich schnell ihre Hand und liebkoste sie; als Maue wieder erschien, sagte ich zu ihr, mir sei wie einem Bräutigam, wenn die Brautmutter mal verschwindet. \ulinesp{Gittli bittet mich, niemandem zu sagen}, dass sie das Geheimnis jetzt weiß; auch Annemarie und Chacha nicht, weil sie nicht wünscht, dass diese darüber zu ihr dann sprechen. Ich sage ja, aber es sei doch schwierig mit Chacha, wenn die vielleicht direkt danach fragt; sie versteht das und sagt, in diesem Fall soll ich nicht lügen, aber ihr sagen, dass Gittli nicht darüber sprechen will.) (Wir sitzen noch zusammen. Inzwischen geht Gittli und packt ihre Sachen. \gestrunl{} Ich wollte mit zum Bahnhof kommen, aber Gittli sagt, der Abschied hier ist schöner.) Herzlicher Abschied, ich sage Grüße an Carl Max. -- Nachmittags und abends mit Maue (\ulinesp{Maue sagt mir mal, dass Gittli sie gefragt habe, warum \gestrunl{} wir nicht Heirat erwogen hätten; sie hat ihr dann gesagt, sie habe mir damals einen Korb gegeben, und auch jetzt wieder [?!]}) (Beim Abendbrot \ulinesp{werde ich ungeduldig}, als \ulinesp{Maue immerzu von fremden Leuten erzählt}; ich sage: nun genug über diese Fremden, wir wollen \ulinesp{lieber über Gittli} sprechen. Später ruft Gittli an, sie sei gut nach Hause gekommen, und Maue erzählt ihr dies, und sie lacht darüber.) Nachmittags und abends arger Schnupfen. (Maue ruft Carl Max darüber an! Und dieser gibt ihr Anweisung, und daraufhin gibt sie mir drei Medizinen: \neueseite{531273} \textit{Otriven} Tropfen, \textit{Omeril }Tabletten, und \textit{Esberitox} Tabletten zum Lutschen.) \gestrunl{} Auf einmal ist es 10h, und wir sitzen noch am Esstisch, wo wir doch beide heute früh zu Bett wollten. (Ich sage Maue Gute Nacht, und gehe auf mein Zimmer. Sie kommt aber noch hinauf und redet noch weiter unwichtiges Zeug. 10:15 sage ich, jetzt muss ich noch Tagebuch schreiben; und dann geht sie endlich. Sie ist eine seltsame Mischung von: liebevoll, hilfreich, amüsant, und auch wieder irrational durch das Tratschen.) \tbentry{12}{10}{1964}{} Zu Maues \uline{Zahnarzt} \gestrunl{} \textit{Calbhenn}\fnE{Im Einwohnerbuch der Stadt München für 1961 findet sich unter den Zahnärzten ein Theodor Calbhenn, Mauerkircher Str. 8}(jenseits der Isar. Ich habe seit einer Woche empfindliches und geschwollenes Zahnfleisch um die 3 letzten natürlichen Zähne oben links hinten. Ein Klopfen auf die Zähne ist nicht schmerzhaft; daraus schließt er, dass keine Wurzelentzündung da ist. Er reinigt die Tasche unter dem Zahnfleisch und pinselt etwas Desinfizierendes hinein. Dann gibt er mir 2 Papiersäckchen mit \textit{Kavosan} (von der \textit{Knox Co}. in \textit{Los Ang}., Zweigniederlassung Düsseldorf) zum Mund ausspülen. Übermorgen wiederkommen.) -- Zu \textit{PanAm} (sie empfehlen ihr eigenes Flugzeug, obwohl ich da in Frankfurt umsteigen muss.) Bei \textit{Cook} Reisescheck eingelöst. Nachher stolpere ich vom Gehsteig hinunter (weil ich eilig zu einem Taxi will; es passiert nichts, aber es gibt einen argen Ruck im Rücken und das erschreckt doch immer noch.) -- Nachmittags 3\,\textonehalf{}\,--\,6\,\textonehalf{} \textit{\uline{Humburg}} hier. (Er bringt mir die erste Hälfte seiner Diplomarbeit. Er ist gescheit und hat Ideen. Gutes Gespräch, \uline{siehe Notizen}.) (Gittli hat an Maue telefoniert: Sie wird sich eine längst gewünschte Wildlederjacke kaufen von meinen 190 \textit{DM}; sie und auch ausdrücklich Carl Max selbst schicken mir sehr herzliche Grüße.) \tbentry{13}{10}{1964}{} 11 \uline{\ulinesp{zu \textit{Rohs}}} (Taxi 10.--. Ursprünglich wollte ich mehrere Tage zu ihnen kommen, wie ich telefonisch von \textit{BZ} vorgeschlagen hatte. \neueseite{531275} Aber durch Lisi erfuhr ich, dass Juliane eifrig an einem Buch arbeitet; und vor dem Abendbrot musste er noch schnell ein \textit{ms} von ihr revidieren, das er dann vor 9:45 zum nahen Postamt bringen musste. -- Roh zeigt mir seine Bücher: eine Geschichte der bildenden Kunst von 1900 bis Gegenwart, und andere. Und auch seine \textit{Collagen}; dies sind Bilder zusammengeklebt aus Stücken, die er aus alten Illustrationen aus Zeitschriften und anatomischen Büchern zusammengestellt hat; er hatte viele hunderte gemacht; in verschiedenen Städten sind Ausstellungen von ihnen gemacht worden; jetzt will er ein Buch ,,Metamorphosen`` aus ausgewählten zusammenstellen. -- Über Sozialismus; ich erkläre meine Argumente für Sozialismus, durch Analogie zur Monarchie; sie sind beide sozialistisch im starken Sinne. Sie sind entschieden gegen die Aufrüstung von Deutschland, besonders jetzt die bilaterale Atomgeschichte mit Amerika. -- Ich erzähle \uline{von Ina}: ihr erster Brief und erster Besuch, ihre Mithilfe bei meiner Arbeit. -- Er hat Einladung von einer Mäzenatin für abstrakte Malerei in \textit{N.Y}., für beide hinzukommen und dort zu wohnen; er möchte es gern, fürchtet aber, dass die dann erwarten wird, dass er ein Buch über ihre Malerei schreibt; Juliane aber denkt, es würde zu anstrengend für ihn. Ich sage: Du willst ihn in Watte packen; genau wie Ina mich. -- Sie fragen nach der Entwicklung von Inas Depression, und ich erzähle kurz einige Phasen. -- Er fragt, ob ich jetzt positiv denke über meinen Entschluss \gestrunl{} herüberzukommen diesen Sommer. Ich: ja, sehr; ich war so zerschlagen; und da gibt es nichts Besseres als Kontakt mit anderen Menschen, besonders den Kindern, und Teilnahme an ihren Problemen, usw. -- Über Flitners; dass ich sie in Hamburg mehrmals sah; er sagt, er freut sich immer, Wilhelm wiederzutreffen; aber \gestrunl{} lieber ohne Lisi; ich sage, mir geht es ebenso. Er sagt, Wilhelm habe leider Lisi zur Religion gebracht, die früher dagegen war, wie ihr geliebter Bruder Hans. Andererseits habe Lisi starke Hemmungen in Bezug auf Sex, und habe das auf Wilhelm übertragen. \neueseite{531277} Dieser habe viel zu spät eine Auflockerung erfahren und sogar eine kleine polygame Phase gehabt; da habe sie mit Scheidung gedroht, und er musste alle Beziehungen abbrechen! Ich sage, dass mir ihr Puritanismus zum ersten Mal klar wurde, als ich Flitners auf der Lindenhöhe besuchte; sie war unfreundlich zu mir, aber es äußerte sich nicht direkt, sondern durch heftige Reaktion in philosophischen Gesprächen; später erfuhr ich dann, dass sie böse war auf gewisse meiner polygamischen Erlebnisse. -- Zum Abschied sagen sie, dass es gut sei, dass es nicht für lange sei. Ich küsse Juliane, und umarme Franz.) -- Abends bei Rohs telefoniert mit Chacha (sie fragt, ob ich bei Maue gut versorgt werde; ich: ja, sehr; darauf fragt sie \gestrunl{}: Solltet Ihr nicht zusammen wohnen? Ich bin höchst erstaunt, als sich herausstellt, dass sie meint: drüben!); und mit Annemarie (ich erzähle, wie viele Menschen ich gesehen habe und in den nächsten Tagen sehen werde; und dass es sehr nett war mit Gittli.) -- Ich erzähle Maue (sie schlägt vor, dass Hanneli doch hier wohnen könnte; sie würde ihr ihr Zimmer geben (wie auch der Gittli) und selbst dann im \gestrunl{} augenblicklich leeren Studentenzimmer im Souterrain schlafen.) \tbentry{14}{10}{1964}{} Mit Maue zum Zahnarzt \textit{Calbhenn} (es ist ein wenig besser; er gibt mir 4 Kavosansäckchen, für Mundspülungen. Siehe Notizen!). Zu \textit{Panam} (die Reservation wird im Ticket eingetragen; sie sagt, sie haben jetzt keine Zeit, um nachzuprüfen, ob die Hamburger Berechnung \gestrunl{} meiner Aufzahlung von 77 \textit{DM} richtig ist; ich soll das mit dem Reisebüro in \textit{LA} aufnehmen.) -- Brief von Gittli (sie schreibt lieb und offen; sie fühlt es wie eine neue, aber erstaunlich erlebte Liebschaft (genau wie ich).) -- Nachmittags mit Maue gesprochen. (Für sie und die Kinder besteht ein reichliches Vermögen, mit Mietshäusern in Freiburg, usw.; sie ist ,,beschränkter Erbe``, bezieht also nur das Einkommen; nach ihrem Tod geht das Vermögen an die Kinder; Carl Max hat gutes Einkommen; dem Gerhard kann sie gut aushelfen, wenn er es mal braucht. Auf keinen Fall soll \neueseite{531271} ich etwas an ihre Kinder vermachen, auch nicht in versteckter Form; denn \gestrunl{} sie will nicht, dass Chachas Kinder beschränkt werden, die es dringender benötigen. -- Ich sage, dass ich dieses Weihnachen reichlichere Gelder geben will; ich kann ihr einfach einen Scheck schicken. Ich sage, ich werde den Kindern dann dazu schreiben, dass dies nicht gemeint ist als regelmäßig, sondern als etwas Besonderes, aus Freude über das Wiedersehen. -- Ich sage, ich weiß augenblicklich selbst nicht, wieviel ich für die ganze Reise mit Geschenken usw. ausgegeben habe, und ob es, wenn ich es berechne, \editorstr{es} übermäßig sein wird. In meiner gegenwärtigen Stimmung will ich freigiebig sein. Sie sagt, wenn ich weiß, ob ich im ganzen zu viel verplempert habe oder nicht (oder vielleicht, ob mein Vermögen erheblich gesunken ist oder nicht), soll ich ihr mal eine Andeutung darüber schreiben.) -- Abends Gespräch mit Maue. (\ulinesp{Ich frage, ob es wohl unmöglich ist} \gestrunl{} für sie, am Samstag \ulinesp{ein Mitternachtsgespräch mit Gerhard} zu haben; ich will sie in keiner Weise drängen; aber wenn es geschehen könnte so, dass ich dann noch vor meiner Abreise es erleben und mit Gerhard selbst besprechen könnte, das würde mich sehr freuen. Maue sagt, \ulinesp{das ist unmöglich}. Sie findet es so schwierig; auch Gittli hat gesagt, dass es schwierig sein würde für Maue und sie sich überlegen will, ob sie selbst mit ihm sprechen solle. Mit Gittli sei es viel leichter gewesen, weil Gittli Liebe lebendig und stark erlebt hat. \ulinesp{Dagegen mit dem ,,dünnblütigen`` Jungen}, da wisse man gar nicht, wie er Liebe erlebe. Ich wundere mich sehr und frage, ob nicht Gerhard viel umgänglicher und leichter in menschlichen Beziehungen sei \gestrunl{} als ich. Sie sagt: Gewiss; aber es sei doch nicht sicher, ob er, wie Karl Max, so einer sei, bei dem einem ,,die Knöchel knacken``. Ich sage, vor unserer Beziehung würde sie mich doch wohl auch für sanft und wenig sinnlich gehalten haben. Aber sie kann, ebenso wie ich, nur sehr wenig erinnern von unserer Bekanntschaft vor dem Beinbruch. Sie fürchtet sich vor ihm, vielleicht würde er es nicht verstehen können und daher stark verurteilen. -- \ulinesp{Ich frage, wodurch sie wieder zum Katholizismus zurückgekommen sei}; ob hauptsächlich der Kinder wegen; sie verneint das entschieden. Sie selbst habe das Bedürfnis gehabt, zu etwas zu gehören, wo sie einen starken Halt finden kann; \neueseite{531279} wo man immer im Angesicht des Todes lebte. Ich: Vielleicht war es eine Rückkehr zu ihrem Kindheitsglauben? Sie: Nein, den Kindheitsglauben hatte sie hinter sich gelassen; denn das war eben Erstarrtes und Unlebendiges; aber in der Kriegszeit gab es wieder einen lebendigen Katholizismus, unter dem vorigen Papst \ldots{} Sie sagt, sie sei jetzt ganz da drin, nicht nur so gespielt, wie bei Chacha, die sich eigentlich nur gefühlsmäßig für Religion interessiere.) -- Gegen 11h telefoniert Maue noch mit Gittli (sie sagte Gittli, ich fände nicht Zeit, jetzt ihr einen Brief zu schreiben; aber Gittli wünschte es doch so und habe gesagt, wenn man sich nach 30 Jahren wiederfindet, so ist das doch was Wichtiges und da müsse man auch was dafür tun. Ich sage, Brief ist aber zu dürftig; wenn es möglich gewesen wäre mit Gittli zu telefonieren, ohne dass zugehört wird oder Erklärungen abgegeben werden müssen, hätte ich es jeden Tag dreimal getan. \gestrunl\gestrunl{} Maue hatte mir gesagt, Gittli habe ganz allein vom Arztzimmer aus telefoniert, weil sie dort oft abends noch Geschäftliches erledigt. Jetzt geht sie schweigend weg, kommt nach einigen Minuten wieder und sagt: Geh hinüber, Gittli \gestrunl\gestrunl{} \unl{} Gespräch. Ich gehe in Maues Zimmer, lege mich auf ihr Bett, und spreche mit Gittli. (Ich bin so froh, ihre Stimme zu hören, obwohl jetzt über das Fon etwas Hartes \gestrunl{} darin ist. Ich danke ihr nochmal und sage, dass der Aufenthalt in Deutschland eine nötige und sehr gute Erholung für mich war; und dass das Allerschönste dabei war, sie zu erleben. Ich bitte sie, Carl Max sehr herzliche Grüße zu sagen und ihm für seine zu danken. Ich danke sehr für ihren Brief (im Moment kann ich aber all die Punkte nicht erinnern aus dem Brief, zu denen ich etwas zu sagen gehabt hätte.) Sie sagte im Brief, sie habe noch so viele Fragen; kann sie jetzt eine Frage stellen? Sie sagt: Wie ist es mit meiner Philosophie? Es sei ihr seltsam und bedauerlich, dass so viele Philosophen sich jetzt von der Religion abwenden. Ich sage, das würde ich gern besprechen, aber das geht so kurz nicht, wir müssen es nächstes Jahr besprechen. Maue hatte ihr gesagt, dass ich sie gefragt habe, \neueseite{531287} warum und wie sie zur Religion zurückgekehrt sei; Gittli sagt, sie möchte die Frage umkehren: warum und wie ich von der Religion fortgegangen sei. -- Nach dem langen Telefonat gehe ich zu Maue in mein Zimmer zurück und bedanke mich; ich bin so froh, sie noch gesprochen zu haben. Aber ich bin doch auch etwas enttäuscht; ein Telefonat kann doch nicht ein direktes Gespräch ersetzen.)) \tbentry{15}{10}{1964}{} Maue zeigt mir Gittlis Brief, der gestern gekommen ist. (Gittli erzählt vom ,,Mitternachtsgespräch`` mit Carl Max am Sonntagabend. Er las den Brief (von Maue an Ina) und hielt ihre Hand immer fester; sie lag hinter seinem Buckel ,,löffelweise``; sie stimmten überein, dass Maue genau den richtigen Zeitpunkt gewählt hat: vorher war ich weit weg. Carl Max war dann sehr froh. Gittli schreibt, sie hat jetzt sehr viel zu tun. Sie ist aber doch mit \textit{CM} in die Stadt gefahren und habe eine Wildlederjacke ausgesucht als Geschenk von mir, Ziegenleder hellbraun, und sie freut sich darüber. Sie sagt, die ganzen Tage voller Arbeit gehen ihre Gedanken doch immer wieder zurück zu dem Erlebnis in München.) -- 9\,\textonehalf{} \ulinesp{\textit{Hanneli} kommt} (von ihrer Freundin in Bogenhausen, wo sie übernachtet hat.) (Ich spreche mit ihr über Auto lernen und Englisch lernen. Wir machen langen Spaziergang in den Nymphenburger Park. Ich spreche auch lange mit ihr Englisch. Sie hat ganz gute Aussprache, auch schon ein gutes Vokabular, und spricht ganz unbefangen, wenn auch manchmal langsam. Mit weiterer Schulung wird sie es sicher gut lernen.) Nachmittags packen Maue und Hanneli meine Sachen. Zum Abschied danke ich Maue nochmal herzlich, umarme sie und küsse sie, sie lässt es aber nur auf die Backe zu. -- Mit Hanneli im Taxi (13.50) \uline{\ulinesp{nach \textit{Stockdorf}}},\ort{Stockdorf} 5h. (Wir erzählen Chacha von unseren Überlegungen über Hannelis Amerikareise. -- Chacha sagt mir später nochmal, wie wichtig es ist, dass Hannelis Gefühle \neueseite{531281} von Zurücksetzung und Minderwertigkeit geheilt werden durch diese besondere Gelegenheit für sie, mir eine wichtige Hilfe zu sein. Sie sagt aber auch, dass Hanneli leicht etwas vergisst oder vertut; ich soll ihr immer eindringlich sagen, wenn eine Sache, ein Brief oder ein Einkauf, wirklich wichtig ist.) \tbentry{16}{10}{1964}{} Vormittags mit Chacha im Wald spazieren. Dabei Gespräche und beim Mittagessen und Nachmittagskaffee, immer mit ihr allein. (Ich erzähle, dass ich Maue nach ihrem Katholizismus fragte; dass sie es nicht als Rückkehr zu einem alten, sondern Eintritt zu etwas Neuem empfindet; dass sie und Gittli in die Kirche gingen und auch bei Tisch leise beteten. Sie fragt, ob die Kinder es denn immer noch nicht wissen. Ich vermeide eine direkte Antwort und sage nur: Maue fürchtet ihre Vorwürfe, da sie ja katholisch erzogen sind; weniger von Gittli, die selbst Liebe stark erlebt hat; aber mehr schon Gerhard, der ,,dünnblütig`` sei. Ich frage, ob sie auch diesen Eindruck von Gerhard habe; sie sagt, ja, er \editor{habe} nicht viele ,,Vitalkräfte``; ich frage: Bedeutet das ,,Sinnlichkeit``? Sie: Nein, es ist etwas Anderes; anscheinend meint sie so etwas wie starke Impulse, Fähigkeit sich zu entschließen und sich durchzusetzen. Sie sagt: Broder habe von Nutto gesagt, er sein ein ,,Schlappschwanz``, weil er keine Arbeit zu Ende bringen konnte, sondern nur damit spielte; sie meint vielleicht, das könne ein negatives Vorbild für Gerhard gewesen sein. Chacha sagt, sie könne es sich gar nicht vorstellen, dass sie ihren Kindern so etwas Wesentlich\editor{es} geheim halten würde. Ich: Ich auch nicht; und ich habe jetzt in Maue einen Keim des Zweifels gesät, vielleicht wird etwas daraus.) 6h \uline{Hanneliese} kommt (per Eisenbahn aus München. Sie bringt mir drei verschiedene Ledertäschchen für Geld oder Noten, mit überwiegend geschmackvollen Ansichten von München in Gold und Farbe darauf gedruckt, als Mitbringsel für meine Freunde drüben! Wenn es keine weiteren Folgen haben würde, hätte \neueseite{531283} ich sie angenommen; aber mir scheint, ich muss unbedingt mit der strengeren Erziehung für drüben anfangen, sonst macht sie weiteren Unfug hier (etwa Mitbringsel für drüben) oder dann drüben.) -- 7h \uline{\textit{Arne} \& \textit{Dizko Gangart}} kommt zum Essen (Christiane ist dabei, aber Lini und Christoph nicht \gestrunl{}; und Hanneli. Er ist groß (\unl{} nicht?) blond, breites Gesicht; sie schwarz, mit Brille, auch breites Gesicht. Wir haben sie damals in Mexiko gerade versäumt; Annemarie hat von ihnen so viel erzählt, auch Chacha [der Anne jetzt monatlich 50 zahlt!]; da bin ich froh, sie zu sehen. Auch über die Hochgebirgstour, bei der Annette und Sven mit waren; sie sagen, ich\fnA{Original \original{es}.} muss nächstes Mal auch zu ihnen kommen. -- 8h kommen der \uline{Maler \textit{Hans Olde} und Frau},\fnE{Hans Olde (1895-1987), lt. NDB (Artikel über den Vater) Maler in Gauting, Oberbayern.} und deren Freund, \textit{\uline{Dr. von Scheltema}}\fnE{Vermutlich handelt es sich um Frederik Adama van Scheltema (1884-1968), der sich in der NS-Zeit einen Namen gemacht hatte mit Studien zu nordischer Kunst.}. (Olde ist Sohn des Mannes,\fnE{Hans Olde (1855-1917); vgl. NDB-Artikel} der Leiter der Weimarer Kunstschule war vor dem ersten Krieg. Sein älterer Bruder war bei der Braschoß-Gruppe, die beim Goethe-Fest war und zuweilen zum Serakreis kam; er selbst war jünger, aber auch zuweilen dabei; seine Frau war Österreicherin, aus Kroatien; Olde selbst war in der Marburger \textit{A.V}., sehr befreundet mit Heinz von Rohden, der damals Vorsitzender war. Oldes machen jetzt immer noch weite Reisen, auch in Türkei und Griechenland, oft mit Zelt. Er kannte gut Brügmann und Kremers; sie sind noch befreundet mit Dita Smith. \textit{Sch}\editor{eltema} ist aus Holland, jetzt seit langem in Deutschland; anscheinend Privatgelehrter, betreibt Kunstgeschichte der prähistorischen Zeit, besonders in Skandinavien.) Bis 10\,\textonehalf{}! \tbentry{17}{10}{1964}{} \uline{\textit{Jo} und \textit{Sabine} kommen} aus Jugoslawien (mit der Bahn. Sie waren mit einer Jugendgruppe, meist Mädchen, auf der Insel \textit{Krk}, östlich von der Halbinsel \neueseite{531285} Istria. Auf der Rückreise haben sie die riesige Höhle bei \textit{Postojna} besichtigt, die ich 1910 gesehen habe. Jo sagt, \sout{ich soll} die Lösung von Hannelieses Problem bestände doch offenbar darin, dass sie weiter zusammenhalten müssten; aber ich sage, dass Werners Affäre nicht nur eine Ferienangelegenheit war, sondern anscheinend etwas Dauerndes ist. \editor{Dagegen} meint er, ich müsse Werner sagen, dass er das aufgeben und wieder zu Hanneli zurückkehren solle. Damals in 1927, als Vater Schöndube Chacha einlud, mit allen Kindern hinüber zu kommen, wäre das auch verkehrt von ihm gewesen; und für uns wäre es besser gewesen, wieder ganz zusammen zu leben! Auf sein Zureden hin beschließe ich dann doch, heute Werner zu sehen, wie Hanneli wünscht.) 5\,--\,7\,\textonehalf{} \uline{Hanneliese und Werner} hier. (Ich sehe ihn zum ersten Mal. Ich frage, was er zum Prospekt von Hannelieses Kommen nach Amerika denkt. Er meint, das ist eine sehr gute Gelegenheit für sie, ihren Horizont zu erweitern. Ich spreche dann von der kritischen Situation in ihrer Ehe, und dass es vielleicht gut wäre, mal Ferien von einander zu haben. Er stimmt zu, dass Schwierigkeiten und eine kritische Situation da sind. Er oder Hanneli sagt, dass sie uns Eltern als Vorbild darin genommen haben, \gestrunl{} sich nicht an die Konventionen zu binden, sondern neue Formen zu finden. Auf meine Frage sagt er, dass wohl eine gute Aussicht bestände, dass die Ehe wieder in ein gutes Geleise kommt. Über Erika: Sie haben es noch nicht näher überlegt, aber er sagt, dass dies sich sicherlich gut lösen lassen \editor{werde}, da sie eher an ihm hängt, und er sich um sie kümmern wird; in Riedheim und bei anderen Gelegenheiten, wo sie von den Eltern getrennt war, hat sie nicht zuviel Heimweh gehabt. -- Er will versuchen, die Aufträge von Firmen, die bisher Hanneli ausgeführt hat, selbst weiter zu führen, \neueseite{531289} damit sie diese Firmen nicht verliere. Ich frage, ob Hannelis Einkommen nur für ihren Unterhalt verwendet wurde, während Erika von Werner unterhalten wurde; sie sagen, sie haben das nicht so getrennt, aber er meint, dass er dann für Erikas Unterhalt sorgen kann; Hanneli sagt halb im Scherz zu mir: und Du zahlst mir dann für die Arbeit, die ich Dir tue; und ich sage: gewiss. -- Nachher noch etwas über ihre Arbeit und den Graphologenkongress jetzt in München. Ich empfehle ihm \textit{Machlo} Broschüre.) Chacha kommt und plaudert noch mit. Dann Abschied; ich sage, dass ich mich freue, ihn kennengelernt zu haben; er küsst zum Abschied Chacha auf die Backe. -- \uline{Johannes und Sabine} kommen zum Abendessen, und \gestrunl{} wir plaudern dann bis 10h. (Sie erzählen von ihrer Reise und der Arbeit von Christians Gruppe, auch in Sizilien und Israel.) \tbentry{18}{10}{1964}{} 11-1 \uline{\ulinesp{\textit{Gerhard} und Bärbel}} hier. (Wir sitzen im study und besprechen, auf Maues Anregung hin, seine \uline{Doktor Diss}. Es stellt sich heraus, dass meine beabsichtigten Warnungen gegen zu viel Arbeit, entweder von neuen Problemen, oder durch qualitativ hohe Anforderungen als ,,magnum opus``, nicht nötig sind. Er ist sich dieser Gefahren ganz klar bewusst \editorstr{war}. Er hat schon alle experimentellen Daten beisammen; noch zu tun: Konklusion daraus aufgrund von theoretischen Annahmen; und studieren einiger neuerer Aufsätze, die verwandte Probleme behandeln. Ich frage, wie lange es wohl noch dauert; er meint, vielleicht ein halbes Jahr, sodass es vor dem nächsten Sommer fertig würde.) Es ist auch nicht so, dass er zu wenig Beistand bekommt; außer dem Sche\unl{} \gestrunl{} beraten ihn auch 2 ältere Assistenten oder Dozenten. -- Er möchte nicht in die Unterrichtskarriere, aber auch nicht in die Industrie; sondern in private, aber von Bund und Land finanzierte Forschungsinstitute; \neueseite{531297} vielleicht auch mal in ein ,,Entwicklungsland``, z.B. Südamerika, vielleicht sogar auch Afrika.) -- Mittagessen alle zusammen; Johannes und Sabine reisen ab (am 22. werden sie von München nach Berlin, am 26. zurück). -- Nachmittags \uline{telefoniert mit Hanne} (sie sagt, sie denkt täglich an mich), \uline{Maue}, \uline{Annemarie}. Gerhard brachte mir lieben Brief von Gittli (über Mitternachtstelefongespräch am 20; mit Karte von Carl Max und Foto von beiden). -- Chacha packt meine Sachen. Sie behält einige Wäsche dort, um Gewicht zu mindern. Trotzdem stellt sich am nächsten Tag heraus, dass das Gesamtgewicht der beiden Koffer 20.3 \textit{kg} ist (anstatt etwas über 19, wie Chacha mit der Waage gemessen hatte); \textit{Panam} machte aber keine Schwierigkeiten.) -- Abends fragt Chacha, ob sie noch zu mir kommen darf (ich sage: gewiss; ich glaubte aus einer früheren Äußerung zu erkennen, dass sie es nicht wolle (ich kann aber auch nicht mehr erinnern, wann und wie das war); wir liegen still zusammen, mein Arm ist um sie; dann streichle ich sie, Brüste und Bauch, weiter möchte sie es nicht; ich umklammere ihr Bein mit meinem Bein, und habe eine kleine Erektion, sie bemerkt es auch, aber kommt nicht mit der Hand. Ich sage, dass ich lange nicht bei einer Frau war; sie fragt, ob ich nicht versucht habe, Ina dadurch zu trösten. Ich sage, sie wollte später nicht mehr; aber ich denke bei mir: Hätte ich nicht doch bei Ina mehr probieren müssen?) \tbentry{19}{10}{1964}{} Letztes Packen und Abschied (ich sage Chacha Dank für alles, und dass ich mich bei ihr immer etwas wie zu Hause fühle.) -- 9:30 \uline{\ulinesp{Gerhard und Bärbel}} holen ab im Citroyen (,,Zitrönchen``) und fahren mich \uline{\ulinesp{zum Flugplatz München-\textit{Riem}}}.\ort{München} (Dort fahren sie nach einiger Zeit ab, zurück nach Stuttgart; unterwegs erzähle ich von den schönen zwei Tagen mit Gittli; dass sie auch hören wollte über meine Analyse, und dass ich sie beruhigen konnte, dass Zornausbruch gegen Kinder nichts schadet, wenn sie das Gefühl haben, dass sie es verdient haben und auch fühlen, dass die Mutter sie liebt. Beim Abschied muss ich \neueseite{531293} denken an Gittlis geplantes Mitternachtsgespräch mit Gerhard, und wie schade es ist, dass ich dann nicht mehr dabei bin; zu Bärbel sage ich auch gute Wünsche für das Kind.) Bevor sie fortgehen kommen \uline{\ulinesp{Maue und Gebhard}} (er ist Gittlis jüngstes Kind, ich glaube 9 oder 10 Jahre; er trägt ein bayerisches Hütchen, lange hellgraue Jacke und lange Hosen; sein Aussehen, sowohl Kleidung wie Gesicht, ist nicht besonders anziehend, und dazu macht er immer einen steifen Bückling. Aber ich unterhalte mich freundlich mit ihm während Maue fortgeht, um etwas zu besorgen; über ,,Maschinen``, d.h. Flugzeuge, und dergleichen. Im Moment, wo ich mich für Augentropfen hinlegen will, kommt Maue zurück. Danach ist es dann auch schon Zeit, für mich, hinauszugehen. Die beiden wollen hinaufgehen, damit sie Abflüge beobachten können. Darum wende ich mich zweimal um und winke mit meinem Arm.) \uline{\ulinesp{Abflug 9:30}}\ulinesp{ (Lufthansa)} \uline{\ulinesp{nach Frankfurt}},\ort{Frankfurt} an 12:30. \textit{Panam jet} \uline{ab 13:15}. (Ich habe Fenstersitz, vorher belegt im Frankfurter Gebäude; Blick nach rechts hinaus, also ohne Sonne; die 2 Sitze neben mir sind frei, \gestrunl{} so auch bei den meisten anderen! So kann ich mich hinlegen, und auch mich hinlegen für die Augentropfen. Wir fliegen über Belgium, Kanal, Irland; meist Wolken unter uns; dann über dem Meer gibt es zuweilen Blick nach unten aufs Wasser. Über Irland fange ich an, \uline{meinen ersten Brief an Gittli} zu schreiben; erst etwas zögernd, nachher eifrig weiter; auch, was sie von mir dem Gerhard sagen soll. Zuletzt noch über dem amerikanischen Kontinent, südlich fliegend, schließlich in Nebel. Zuletzt wird die Zeit knapp, ich muss hastig schreiben; auf einmal bemerke ich, dass ich noch Schuhe anziehen muss; dann eiligst Umschlag geschrieben, und Brief beendet, während wir schon \ulinesp{landen} und lange bis zum Gebäude rollen.\ort{New York} \ulinesp{5 \textit{PM} = 10 \textit{PM}} deutsche Sommerzeit. \gestrunl{} Ich frage vergeblich nach Gepäckträger; das ist ,,\textit{Panam self service}``; jemand gibt mir einen kleinen Gepäckwagen und ich lade meine Sachen selbst auf und rolle sie bis zum \textit{custom} Tisch. Dann sehe ich oben Hempel und Student stehen und winke ihnen. Der Zollmann fragt, ob der Elektrorasierer, den ich schon im Flugzeug auf die Karte geschrieben habe, alles ist, was ich \neueseite{531295} eingekauft habe. Er fragt: Wo ist er; ich: in der Mappe; ich will ihn herausholen, aber er will ihn nicht sehen, sondern den kleinen braunen Plastikkoffer; ich fummele vergeblich mit dem Schlüssel; er: darf ich mal probieren? Er öffnet ihn leicht, schaut schnell hinein, wo nur folders sind, und sagt: das ist alles. Ein Beamter sagt 2 Negerporters, die einen großen Wagen haben, auch mein Gepäck darauf zu tun; sie fahren es durch große, selbstöffnende Türen hinaus, wo \ulinesp{Hempel} schon steht und ihnen was gibt. \gestrunl{} Ich frage, wo ein Postamt ist, aber das gibt es nicht, oder ob Hempel oder der Student \textit{Tyler} Marken hat, aber sie haben keine. Tyler erfährt, dass oben eine Buchhandlung ist, wo eine Waage ist, vielleicht haben sie auch Marken. Ich bitte ihn, hinauf zu gehen, da ich gern möchte, dass er heute noch zur Post kommt, damit er ganz sicher Freitag in Freiburg ausgetragen wird. Er geht lange Zeit fort, und sagt dann, es ist erledigt, für 30 \textit{c}. Wir gehen mit dem Gepäck zum Parkplatz. Der Student fährt uns zuerst \uline{nach Manhattan}, wo ich die 6:15 \textit{PM} Tropfen nehme (das ist äquivalent zu deutscher Zeit 11:10 \textit{PM).} Dann fährt er zum riesig hohen \textit{U.N}. Gebäude (vorher waren wir zwischen zwei Teilen der \textit{World's Fair} durchgefahren), später durch den Lincoln-Tunnel, und dann noch eine lange Strecke (im ganzen 2 \textonehalf{} Stunden Fahrzeit) \uline{\ulinesp{nach \textit{Princeton}}},\ort{Princeton} nach 8h (= 1 \textit{AM} deutsche Zeit!). \gestrunl{} Wir essen etwas. Ich bin erstaunt, dass ich nicht noch viel mehr müde bin. Zwischen 9 und 10 \textit{PM} (2-3 \textit{AM} deutsche Zeit) endlich zu Bett!) \tbentry{20}{10}{1964}{} (Diane geht immer vormittags 9-1 zum \textit{Un. Mag}., als editorial Assistentin.) Mit Hempel zu Fuß Prospect Avenue und (parallel dazu) Nassau nach \textit{W}, bis Washington (die Ecke unseres Zahnarztes); zu seinem office (dort an Chacha geschrieben); dann zum lunch in den Stawobty Essraum, über \textit{Firestone Libr}; dort sitzen wir mit \textit{Nozick}\fnA{Original \original{Nozik}.} und einem anderen (wir sprechen mit \textit{N}\editor{ozick} über Alpbach, Sinnkriterium, \neueseite{531299} und theoretische Sprache. Hempel fragt: Sind wir sicher, dass der Physiker jede Theorie, die er hat, in eine solche Form bringen kann? Er muss doch vage Begriffe benutzen wie ,,unter normalen Umständen``, ,,vorausgesetzt, dass keine störenden Kräfte vorhanden sind`` und dergleichen.) -- Nachmittags kommen \uline{Oppenheimers} kurz her. -- Nachher erzähle ich Hempels (vom Plan, dass Hanneliese nach \textit{LA} kommen soll. Über Möglichkeit, in \textit{Sovereign} Hotel zu ziehen. Dass ich nächsten Sommer wieder nach Deutschland will, vielleicht im Juni; Diane sagt: Aber bitte bleibe nicht dort! Ich sage, dass jetzt in Bezug auf persönliche Relationen Deutschland für mich stärkere Anziehung hat als Amerika.) \tbentry{21}{10}{1964}{} 11-3 \uline{\ulinesp{Bohnert}} hier. (Er spricht über die Vorzüge seiner theoretischen Sprache im Vergleich zu meiner: Da er keine theoretischen Konstanten hat, bleibt die Spache ungeändert, wenn neue physikalische Theorien genommen werden; daher kann er leichter induktive Beziehungen zwischen einer jetzigen und einer künftigen Theorie herstellen. -- Er möchte seine Diss über Ramsey Satz zu einem Buch ausarbeiten; Quine hat ihm versprochen, es dann für Harvard Press zu empfehlen. Er hat mehrmals über seine Ideen vorgetragen; jemand hat danach auch schon etwas über Ramsey Satz gedruckt, und er möchte jetzt das Buch bald schreiben. Aber \textit{IBM} will ihm dafür nicht Zeit geben. Darum möchte er doch gern einen Universitäsjob haben, um mehr Zeit für eigene Arbeit zu haben. Sein Gehalt war anfangs 14\,\textit{M}, jetzt 16\,\textit{M}. Er möchte bald mal an die Westküste kommen, und dann auch 2 Tage zu mir.) -- 4\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \uline{\textit{\ulinesp{Jeffrey}}} (ich erzähle von Deutschland, Kindern und Freunden. -- Er sagt, Popper hat auf Bar-Hillel und seine Kritik eine Erwiderung geschrieben; Bar-Hillel sagte ihm, Erwiderung lohne wohl nicht, aber er selbst würde vielleicht doch etwas schreiben, um zu zeigen, dass gewisse Bemerkungen von Popper nur für $N\dagger{}$\blockade{} gelten. -- Ich erzähle von Bar-Hillels \unl{} Vortrag ,,Verrat der Logiker``; meine Analogie: Verrat der \neueseite{531291} \textit{cab-driver}, die das Pferd durch Motor ersetzen, als Träger der Gedanken, auch gegen Gottes Willen. Er meint, \textit{BH} sei durch Alter gemildert. -- Ich erzähle von Humburg, der ihm seine Diplomarbeit schicken wird; darin Vergleich mit \unl{}, und auch Humburgs viel einfachere Ableitung des Relevanzprinzips. -- Er fragt, ob ich doch \editor{zu} \textit{Kneale's} Konferenz nach England gehen werde; ich sage, dass ich lieber nicht hingehen will, aufgrund der Warnungen von Paneth und Feigl in Alpbach.) \tbentry{22}{10}{1964}{} Mit Hempels Besorgungen (Reisebüro, in der Universität), gegessen, ich zu Fuß nach Hause; er hat office Stunde. -- 5\,--\,7\,\textonehalf{} \textit{\uline{Cocktail Party}} bei Hempels (Vlastos (chairman), Rorty (studierte bei mir in Chicago) und Frau, \textit{\uline{Hampshire}} (\unll{} Philosophie, interessiert in Griechisch), \textit{Baumol} und Frau, Walter Kaufmann und Frau, \textit{Nozik}, Thomas Kuhn.) 9 telefoniert mit Mia; Rückkehr Sonntag angekündigt. 9\,\textonehalf{}\,--\,12\textonequarter{} (!) \uline{meine Mitternachtserzählung} (die alte Lady hatte Besuch von einer jungen Freundin; ich falle in Liebe, um Mitternacht sagt sie es ihr; am Morgen umarme ich sie: \gestrunl{} ,,verwandte Denkweise``; jetzt aber Korrektur: sie war die Tochter der Lady; im Mitternachtsgespräch sagte sie ihr, dass ich ihr Vater bin. Ihre Freude; ihre Kritik nur vom menschlichen Gesichtspunkt aus. Nachher noch: Problem des Bruders; vielleicht wird Mitternachtsgespräch sein zwischen Schwester und Bruder; wir müssen es abwarten. \unl{} Ansicht. Über Chacha und Broder, Eline. Die Lebensweise und Wertsysteme in den 20 \gestrunl{} Jahren, Gespräch mit dem Bruder über Doktor Diss in Stockdorf.) \tbentry{23}{10}{1964}{} \uline{\ulinesp{Diskussion über induktive Logik}} in Hempels office (mit Stegmüller, Nagel, Bohnert, Nozick, Oppenheim.) -- Ich mache einführende Bemerkungen über \neueseite{531303} von $\gamma{}$ und von \textit{ped}.; Rationalitätsforderungen; anstatt der alten Rechtfertigungsdiskussion lieber Gründe für Axiome; dann über die Arten der zulässigen Gründe: die 4 üblichen Faktoren und meine Stellung dazu; Nagel versucht die Verwendung von vergangenen Erklärungen zu verteidigen, er bezweifelt, ob apriori Gründe genügen. Dann über induktiven common sense. Die meisten scheinen zuzustimmen. Paul Oppenheim redet unverständlich über Zusammenhang zwischen Symmetrieaxiom und Wahl von $\lambda{}$; ich frage Hempel, ob er es uns erklären kann, aber er versucht stattdessen, es dem Paul auszureden; der aber kommt später nochmal darauf zurück.) -- Nachher sitzen wir (außer Nagel, der mit Bedauern fortmusste, und Oppenheim) in Hempels Wohnzimmer. Dann 8-9 Abendessen. (Stegmüller erzählt von Lorenzen.) \tbentry{24}{10}{1964}{} 11\,\textonehalf{}\,--\,12\,\textonehalf{} \uline{Richard Martin} hier. (Er erzählt von dem gekauften Haus; es macht allerhand Schwierigkeiten. Ich bedanke mich wieder für sein freigiebiges Angebot, dort zu wohnen. -- Er arbeitet jetzt an der Logik von Glaubenssätzen, ohne Operationen. Er sagt, er schreibt auch etwas über Ramseysatz, angeregt durch Bohnerts Vortrag.) 12\textthreequarters{}-3\,\textonehalf{} \uline{zu Oppenheims}. (Dort sind außer uns: \uline{Frau des Statistikers \textit{Tukey}}\fnE{John Tukey: https://en.wikipedia.org/wiki/John\_Tukey}, Frau Rorty (ihr Mann hatte nicht Zeit); Prof. Berkmann\fnE{Vielleicht eher Valentine Bargmann, auch Einstein-Assistent: https://en.wikipedia.org/wiki/Valentine\_Bargmann}\fnE{Es könnte sich um Peter Gabriel Bergmann (1915-2002) handeln, einen deutsch-amerikanischen Physiker, bei Philipp Frank promoviert, früherer Assistent von Einstein.}\blockade{} und Frau; Psychologe \textit{Brody} und Frau. Bei Tisch sitze ich zwischen Gabi und Frau Berkmann; sie ist blond, hat Doktorat in physikalischer Chemie in Zürich gemacht; sie spricht von dem mangelnden Kontakt zwischen Professoren und Studenten. Nach dem Essen höre ich, dass Berkmann zu Paul spricht über den \sout{zweit} Einwand gegen den zweiten Hauptsatz. Ich setze mich zu ihnen. Aber bald \neueseite{531301} monopolisiert Paul das Gespräch so, dass ich nichts Vernünftiges mit Berkmann sprechen kann; ich hatte mich auf einen Endstuhl von dreien gesetzt in der Hoffnung, dass Berkmann sich in die Mitte setzen würde; aber Paul tat das und dadurch dominierte er das Gespräch. Das ging lang, und es wurde langweilig; außerdem machte das viele laute Sprechen der 10 Personen das Verstehen für mich schwierig. Ich dachte: Ich will nie mehr zu so einer großen Party gehen. (Ich besprach es später mit Hempels, wie es wäre, wenn ich mal wiederkomme; sie meinen, ich könnte wegen schlechtem Hören leicht sagen, dass ich lieber mit nur 2 Hempels zu ihnen zum Tee käme, anstatt der großen Mittagstafel, und dann Gespräch bis 3\,\textonehalf{}, wo ich schon schläfrig bin.) -- Dann spreche ich noch mit Brody, der jetzt auch für Paul arbeitet, über verschiedene Typen von Denkern und dergleichen; er ist auch interessiert an Fragen von statistischen Schlüssen für Psychologie; er sagt, dass viele Leute jetzt unbefriedigt sind von der \textit{Neyman Pearson} Methode, z.B. Willkürlichkeit der Wahl von $\alpha{}$, und dergleichen; und dass unter Statistikern und solchen, die Statistik anwenden, interessiert sind am \textit{Bayesian} approach und einige auch an meiner Methode. Ich sage, dass der Unterschied zwischen \textit{Bian} Methode, z.B. Savage, und meiner Auffassung nicht gross ist, dass wir im wesentlichen übereinstimmen.) -- Abends langes Gespräch mit Hempels (über Deutschland und Amerika, und was mich hier und dort anzieht. An einem Punkt wird Diane auf einmal sehr heftig gegen die Deutschen, die soviel klagen darüber, was sie im Krieg erlitten haben, und die sich nicht bewusst sind, wie schrecklich das ist, was Deutschland angestellt hat, besonders mit der Vernichtung von Juden; und dass die Nazi Denkweise doch noch immer in Deutschland bestehe; sie ist voll Hass gegen alles Deutsche! \sout{Ich sage,} Evas Vater, Arendt\fnE{für Nachname Ahrends?}, dessen Vater schon getauft war, und der sich daher nicht mehr als Jude fühlte, \neueseite{531305} der aber jetzt noch immer mit ihnen Korrespondenz hat; er ist jetzt in Amerika; sie verabscheut ihn. Ich sage, dass Hempel und ich doch auch Deutsche sind; sie sagt: nein, da wir aus Deutschland fortgegangen sind. -- Sie bringen von sich aus die Frage auf, wie ich über Lini denke (siehe Notizen auf Blatt ,,Eline``); sie finden, dass sie bei Weihnachtsgeschenken und dergleichen gleich behandelt werden sollte.) \tbentry{25}{10}{1964}{} Gepackt. 12 Abfahrt im Auto, Diane fährt, zum \uline{Flugplatz \textit{Newark}}. 2:00 \uline{Abflug} (non stop, \textit{Amer. Airlines}, Flug 9, 5\,\textonehalf{} Stunden; über dem Südufer von \textit{Lake Erie}, Südspitze von \textit{Lake Michigan} und Teil von \textit{Chicago}; über die frisch beschneiten Dächer von \textit{Denver}, klarer Blick auf die \textit{Rocky Mtns}, beim Überflug sehr plastisch die Berge, mit glänzendem Schnee aber nur auf der \textit{W} Seite der Gipfel, über \textit{LA} liegt dicker Nebel.) \uline{\ulinesp{Ankunft \textit{LA}}}\ort{Los Angeles} 4: \gestrunl{}10 (\textit{Eastern} Zeit 7:10, also nur \uline{etwas mehr als 5 Stunden}, 15 Minuten früher als Fahrplan; heute hat Standardzeit begonnen sowohl in \textit{NY} wie \textit{LA}.) \uline{David und Ren\'{e}e} holen mich ab und fahren zu \uline{meinem Haus}; dort sind \uline{Mia und Wim}. Kaplans fahren nach Hause. Mia und Wim packen aus und zeigen mir: Vorräte im Refrigerator usw.; das ganze Haus ist gereinigt worden, alles ist gut besorgt und in Ordnung. Um 6h fahren wir \uline{zu Helmers} zum Abendessen. (Dabei erzähle ich vom Plan mit Hanneliese; über Alpbach, und einiges Andere.) 9 allein zu Hause; ich hatte mich ein wenig gefürchtet vor dem Alleinsein im alten Haus; aber es ist nicht schwierig. Ich sehe einige Post an, und schaue das ganze Haus wieder an. Ich fühle, dass ich jetzt ein anderer bin, \gestrunl{} dass es mir innerlich viel besser geht jetzt als damals vor der Abreise. \tbentry{26}{10}{1964}{} Brief an Annemarie, zum Geburtstag. Allerhand gekramt. 11h kommt \uline{Frau Kass}. (Eine gebildete Frau, die Mia für mich \neueseite{531307} gefunden hat zum Kochen, Reinigen usw.; sie hat lange in Chile gelebt, ihr Mann ist dann gestorben; hier ist sie Haushälterin und ,,companion`` für eine Frau Sabersky, Tel. 270-4362.) -- 2h gehe ich zum \textit{Country Mart} (Bohnensuppe, Frankfurter und Sauerkraut, alles viel zu reichlich; ich gehe jetzt schneller und leichter als früher.) -- 4-6 \uline{Mia und Wim} hier (ich erzähle von Deutschland; besonders über Gespräche mit Johannes. Über Dianes heftige Gefühle gegen alle Deutschen; beide stimmen mir zu, dass die ganze Stimmung unter Gebildeten in Deutschland jetzt frei ist von Antisemitismus und dergleichen.) -- Abends 8\,\textonehalf{} \uline{Gusti Kalmus ruft an} (aus \textit{Los Al}., sie lässt sich über Deutschland erzählen; ich sage, dass Hanneli kommen wird, und dass ich nächsten Sommer wieder hinüber gehen will.) \tbentry{27}{10}{1964}{} Gegen 12 kommt \uline{Mrs. Black}. (Sie hat Anfang Oktober ein ad in die Zeitung getan für das Haus, zu 325\,\$, und auch sofort lebhaftes Interesse gefunden. Jetzt hat sie es vermietet an ein Paar mit Kind; sie lassen fragen, ob ich wohl schon am 29. November ausziehen könnte, weil sie ihre Wohnung bis dahin haben. \sout{Das} Ich bin entsetzt, dass dies schon entschieden ist. Sie erinnert mich aber daran, dass ich vor der Abreise sagte, ich wolle das Haus nicht länger, weil es für mich allein zu teuer ist. Sie sagte, sie würde Anfang Oktober keine Schritte unternommen haben, wenn ich ihr auch nur angedeutet hätte, dass ich längeres Bleiben hier erwägte. Sie hat schon den Scheck von den neuen Mietern angenommen, ist also gebunden. Ich habe den Fehler gemacht, ihr nicht sofort zu schreiben, als ich erwog, länger zu bleiben, mit Hanneli.) -- Mittags wieder lunch gegessen im \textit{C.\,M.} -- Sachen gekramt. \tbentry{28}{10}{1964}{} Die Heizung funktioniert nicht (ich telefoniere Mr. Dermott, er kommt und findet, dass die pilot flame ausgegangen ist. Er fragt mich, ob er sein Auto in die Garage stellen kann und wieviel ich chargen will. Ich sage: Nichts, er hat mir ja auch oft geholfen. Er bedauert es, \fnA{Ende des ausgelagerten Teils zur Europareise.}\neueseite{537837}\textspns{\uline{Reise nach Deutschland} herausgenommen!} dass ich sie nicht früher verständigt habe; inzwischen ist der \textit{l}\unl{} mit den anderen Leuten für ein Jahr unterzeichnet worden. Das macht es also definitiv, so schwindet meine Hoffnung.) -- Briefe geordnet. 5\,\textonehalf{}\,--\,8\,\textonehalf{} \textit{zu Helmers}. (Er gibt mir seine Abrechnung; und den Restbestand 40.\,$\cdot{}\cdot{}$ bar.) Wir besprechen Problem von Wohnungssuche (ich bin dafür, nur etwas bis zum Mai zu nehmen; denn ich weiß heute noch nicht, ob ich nach dem Sommer 1965 allein sein werde oder nicht.) \tbentry{29}{10}{1964}{} \uline{Brief von Maue} (über Gittlis Mitternachtsgespräch mit Gerhard, alles ist sehr gut gegangen; er war ,,erstaunlich lieb und verständnisvoll, ganz ohne Vorwürfe``; er will zunächst dem Bärbel nichts sagen; Maue legt mir noch die lieben Briefe von Gittli und und \textit{CM} bei, nach dem ersten Mitternachtsgespräch). -- 5-8 \uline{Mia} hier (sie macht Abendbrot; tippt weiter den von mir angefangenen Brief an Hanneli). \tbentry{30}{10}{1964}{} 10-3 \uline{Frau Kass} (arbeitet zum ersten Mal hier. 5 Stunden zu 2 = 10; die Eßzeit wird anscheinend mitgerechnet.) Gittli schickt 2 Briefe zusammen (einen als Antwort auf meinen ersten Brief, den langen vom Flugzeug über dem Meer. Der andere ist an Maue (,,Oma``) und mich zusammen: Bericht über das Mitternachtsgespräch mit Gerhard; alles ist gut gegangen, aber er muss es noch in sich verarbeiten. Sie schreibt, er habe keine Vorwürfe \unl{}, nicht einmal verborgene; dabei denke ich aber: er kann sie sich anscheinend nicht zugeben, so ähnlich wie ich immer vor Analyse. Ich bin froh, dass es gut gegangen ist; aber doch schade, dass ich nicht persönlich dabei sein kann, wie bei Gittli.) [Zum ersten Mal kein Nembutal, nur \unl{} und \unl{}.] \tbentry{31}{10}{1964}{} Sachen gekramt. Mittags wärme ich mir zum ersten Mal eine Mahlzeit auf (nämlich eine Hälfte von dem Hühnchen, das Frau Kass für mich gebraten hat). -- Nachmittags finde ich Aufzeichnungen \neueseite{537835} von Ina (Jahresschema ihres Lebens; über Vater und Mutter; Briefwechsel mit Hansi: ,,Depression in der Familie``. Auch einige Gedichte, anscheinend aus der Princeton Zeit, eines ,,über ein Mädchen, das nicht war``, nämlich das gewünschte und nicht erhaltene Kind; es packt mich mal wieder arg; ich will es heute nicht lesen.) \tbentry{1}{11}{1964}{} Allerhand \gestrunl{} Sachen gelesen. (\textit{De Finetti} ,,\textit{Forsight}``; viertes Berkeley Symposium, einiges in Bänden I und II.) -- Mittags wiederum \textonequarter{} Hühnchen aufgewärmt. (Langes Ferngespräch mit Maina.) \tbentry{2}{11}{1964}{} Frau Kass. -- Nachmittags kommt endlich die Post vom department. \tbentry{3}{11}{1964}{} Einiges gelesen; Sachen gekramt. -- Vormittags zur Wahl gegangen. -- Abends in Lemonts\blockade{} Anthologie gelesen. \tbentry{4}{11}{1964}{} Vormittags zur Post und Bank an 20\textsuperscript{th} Str\textit{.} (120.-- abgehoben). -- 3\,\textonehalf{}\,--\,5 \uline{zu \textit{Kahn}} (Siehe Notizen. Hauptprobleme: Was als \unl{}ty probe interpretiert wird; das hat später Einfluss auf tax, aber leider in zwei entgegengesetzten Richtungen!) (Taxi hin und zurück; 7.70). \tbentry{5}{11}{1964}{} Hanneliese schreibt: Sie will möglich bald kommen! 4\,\textonehalf{}\,--\,8 \uline{David} fährt mich zu ihrem Haus. (Über das Wohnungsproblem; sie raten, doch mal zuerst unmöblierte Wohnungen erkunden, telefonisch, ob sie für kurze Zeit vermieten. - Princeton hat David eingeladen für Herbst 1965; er ist, zu meinem Erstaunen, geneigt, hinzugehen, um auch die ihm noch unbekannte Ostküste und Privatuniversitäten kennenzulernen. Ich sage, halb im Scherz, vielleicht würde ich dann auch eine Zeit dorthin kommen. \gestrunl{} Mit Hempels, Jeffrey und David könnte es ganz schön sein.) \tbentry{6}{11}{1964}{} Nochmal Brief von Hanneli (wahrscheinlich Reise am 9. Dez.; das ist zwar recht spät, aber sie meint, früher kann sie den Führerschein \neueseite{537833} kaum schaffen.) -- Frau Kass hier \textonehalf{}10-3. -- Allerhand gekramt. \tbentry{7}{11}{1964}{} \uline{Zu Mia}. -- (Wir studieren Zeitungs ads für Wohnungen, und zwar zunächst unmöblierte, nach Davids Rat. Mia ruft verschiedene an; und es zeigt sich, dass eine ganze Anzahl keinen Jahresvertrag (\textit{lease}) fordern. Dann besehen wir drei Wohnungen: eine an \textit{Gorham}, erstes Gebäude rechts, keinen freien Ausblick; und 2 an \textit{Dorothy} St. nahe südlich von \textit{San Vic}.; \sout{das erste teuer} -- zweite billiger und schlecht; das erste ist ganz anziehend: 3. Stock, nach hinten, freien Ausblick nach \textit{SW}, über ein nahes Gebäude hinweg, 27\unl{}. -- Dann lade ich beide zum Essen ein im nahen Restaurant ,,Love`` an \textit{S. Vic}. Um 4h nach Hause. (Dann erst hingelegt). \tbentry{8}{11}{1964}{} \textit{Nozick} über logische \textit{pr} gelesen, und ihm Brief geschrieben. Und Brief an Hanneli. Endlich mal wieder spazieren gegangen, und viele Briefe eingesteckt. \tbentry{9}{11}{1964}{} Gelesen. (Frau Kass hier.) (Brief von Maue aus Freiburg, mit einigen Zeilen von Gittli; Bärbel darf immer noch nichts wissen!) \tbentry{10}{11}{1964}{} Gelesen. -- Mittags zum Haarschneider; spät gegessen und genapt. Plötzlich unterbrochen 3h von \uline{\ulinesp{Abraham Kaplan}} mit Kalish. (Sie bleiben nur kurz; er ist nur heute hier, hat abends Vortrag. Ich sage, dass es mir sehr leid tut, dass ich die Einladung nach Ann Arbor für Ehrendoktor ablehnen musste. Er sagt, ich soll sie für einige Tage besuchen, wann immer ich mal durchkomme, z.B. auf Weg nach Deutschland. Ich sage, dass ich wahrscheinlich bei Hempel in Princeton unterbreche; er sagt, ihr Haus ist nicht weit vom Flugplatz Detroit. Ich erzähle, dass Deutschland mir sehr gut getan hat, und dass ich nächsten Sommer \neueseite{537841} wieder hin will, Kinder und Freunde zu besuchen. Er sagt, dass er bald Großvater wird und in einigen Monaten nach Jerusalem reisen will. Zum Abschied gibt er mir einen Kuss ,,von Iona`` auf die Wange.) -- Kyborg: gelesen. \tbentry{11}{11}{1964}{} Mit \uline{Mia und Wim}. Auf Wohnungssuche (ein nettes gesehen an Idaho und 12\textsuperscript{th}; aber eine Treppe hoch, und Schlafzimmer und study noch eine Treppe höher). \tbentry{12}{11}{1964}{} Briefe an Maue und Gittli getippt bis abends spät in Antwort auf ihre Mitternachtsgespräche mit Gerhard. -- Abends zum Essen \uline{bei Helmers}. \tbentry{13}{11}{1964}{} 9\,\textonehalf{} Frau Kass fährt mich \uline{zu Dr. Seiff}. (\gestrunl{} Druck im Auge wieder normal; \textit{R} 20, \textit{L} 17; er meint, die Reise hat den Augen nicht geschadet; viel Bewegung verbessert Zirkulation \gestrunl{} und ist daher gut. Ich soll in \textit{ca}. 3 Monaten wiederkommen, für Sehfeldtest.) -- Frau Kass hier. -- An Agnes getippt. \tbentry{14}{11}{1964}{} Nachmittags \uline{mit Mia und Wim} nochmal auf die Wohnungssuche. (Diesmal ergibt sich nichts, was ohne \textit{lease} verfügbar wäre. Daher sind wir uns einig, dass ich mich jetzt bald entscheiden muss. Ich will darum morgen nochmal mit Olaf die Wohnung an Dorothy Str. besehen. -- Wim trägt mir auch schon 4 Boxen heraus, zum Sortieren der Bücher.) \tbentry{15}{11}{1964}{} \uline{Olaf} kommt. (\uline{Mrs. Black} ruft an; ich sage, dass Hanneli schon 9.12. kommt, um mir zu helfen für neue Wohnung; darum würde ich möglicherweise erst 11. umziehen; sie fragt, ob es nicht früher möglich wäre; ich sage, vielleicht; dann würde sie mir die entsprechende Miete zurückzahlen? Sie: Gewiss; ich: 10\,\$ pro Tag; sie stimmt zu. Ich sage, ist da nicht vielleicht eine Möglichkeit, \neueseite{537839} die neuen Mieter zu bewegen, vom Vertrag zurückzuziehen; sie sagt: vielleicht, es seien sehr nette Leute; sie hatten gesagt, sie hätten ein schlechtes Gewissen, dass ich nun ausziehen müsste; sie sind heute fort, aber sie will sie heute abend anrufen und sehen, was sie dazu denken; ich sage, mir wäre es sehr lieb, wenn ich den Umzug vermeiden könnte, darum wäre ich bereit, ihnen eine Kompensation zu zahlen. \gestrunl\gestrunl{} Sie sagt, da die neuen Mieter 325 Miete zahlen würden, müsste ich das aber auch zahlen. Ich sage, ich will es überlegen. -- Um 12h rufe ich sie wieder an und sage, ich bin bereit, 325 Miete zu zahlen, bis Mitte Mai; meine Pläne für später sind noch unbestimmt, im Sommer will ich nach Deutschland gehen; wenn ich nachher allein bin, wäre das Haus zu groß für mich; wenn aber jemand bei mir ist, wäre es richtig. Sie sagt, da die anderen für ein Jahr Vertrag machen, und es vielleicht dann auf mehrere Jahre geht, ist das günstiger, außerdem würden die für Rasenbewässerung usw. sorgen; daher sei die Entscheidung schwierig; sie will mit ihrem Mann sprechen, und mich abends wieder anrufen.) Inzwischen \uline{mit Olaf} die Wohnung angesehen (\textit{Dorothy} 11728 Manager Mr. Hurwit. Es gefällt ihm gut; heute gefällt es mir auch besser, weil die Sonne scheint; da ist das study schon ohne Heizung ganz gut per Sonne erwärmt, obwohl es draußen kühl ist. Es ist auch geräumig, hat viel Platz für Bücher im Wohnzimmer, und eine Menge closet Platz.) -- Abends 6h \uline{ruft Mrs. Black an: dies Haus ist doch vermietet} (die Leute wollen es für 3 oder 4 Jahre mieten; das ist eine so gute Chance, die sie \gestrunl{} nicht aufgeben können, wo ich es nur für 5 Monate will. -- So ist meine leise Hoffnung schon wieder zerfallen!). -- Nachmittags und abends lese ich Gardners \textit{ms} (\textit{chs} 26-28, über Ramseysatz und Analytizität.) \neueseite{537843} \tbentry{16}{11}{1964}{} \uline{Ich miete die neue Wohnung} (111728 \textit{Dorothy}, \textit{Apt}. 304). Frau Kass fährt mich hin. Der Manager, Mr. \textit{Hurwit}, in Wohnung 103, und Frau schreiben das Mietgesuch für die Metropol. Devel. Compn. Ich zahle 540 jetzt, für ersten und letzten Monat; \textit{lease} 1.12.64-15.5.65; ich habe option, früher einzuziehen; und option, für weitere 6\,\textonehalf{} Monate zu Verlängerung, wobei ich dann am Schluss einen Monat Konzession bekomme, d.h. Mietfreiheit. Ihre Kinder studieren, \unl{} \textit{MA} in journalism oder movies an \textit{USC} \unl{} und anderes. Der Mann malt, er zeigt mir seine Malerei an den Wänden. Er besitzt selbst ein großes Miethaus anderswo, war im real estate, hat dort einen manager, und ist hier manager, aber hauptsächlich um Miete einzuziehen und Haus zu überwachen; er hat Magen großenteils herausoperiert, und Herzfehler; daher kann er keine Arbeit tun; das tut hier ein \textit{Maintenance Man}. Er will mir für das Auto einen möglichst leichten Platz in der Garage geben.) -- Nachmittags \uline{Mr. \textit{Bruyan}} kommt, (Schätzung für Umzug: der eigentliche Umzug ungefähr wie voriges Mal (das war 133); am Tag vorher Packen, er schätzt 2 Mann 5 Stunden, also 60\,\$, und dazu Behälter; er wird aber zunächst die leeren Boxen in der Garage benutzen. Also zusammen \textit{ca}. 200, oder etwas mehr.) -- Abends schreibe ich wieder Adresszettel, getippt, mit Bemerkungen über die neue Wohnung (und dazu kurze Brieflein). \tbentry{17}{11}{1964}{} Ich erhalte Bestätigung, dass mein Mietgesuch akzeptiert ist; daraufhin schreibe ich die 6 Zettel ab. (Dann Telefonate für Gas, Wasser, Elektrizität, und Telefon.) -- 5\,--\,7\,\textonehalf{} Bücher sortiert (nur die oberste Reihe im Schlafzimmer!). -- Heute schreibt Hanneli, dass es schwierig ist, schnell genug fahren zu lernen; sie hat die reservation vom 7. auf 16. Dez. verschoben; ich schreibe \neueseite{537847} ihr, das ist recht, sie könnte auch bis nach Weihnachten verschieben, wenn sie möchte.) \tbentry{18}{11}{1964}{} Weiter Bücher sortiert, im Schlafzimmer. -- \uline{David Kaplan} kommt zum lunch (er wird wahrscheinlich nächstes Herbstsemester nach Princeton gehen). \tbentry{19}{11}{1964}{} Vormittags endlich mal wieder spazieren (zum Postamt, \textit{ms} an Gardner zurück geschickt; und zur Bank, Geld geholt). Nachmittags fleißig Bücher sortiert, im Schlafzimmer beinahe fertig. -- 6h \uline{Mia} kommt (sie kocht uns Abendbrot, und tippt einige Geschäftsbriefe für mich). -- \sout{(Abends finde ich} \tbentry{20}{11}{1964}{} Agent vom Automobilclub hier. 11-12 \uline{Paul Ruthling} hier. (Wir sitzen im study. Er erzählt die alte Geschichte, wie Maria die Kinder von ihm abhält. Sie habe ein Verhältnis mit einem Indianer, der meist betrunken sei und sie dann verprügle. Sie verhindere wiederum den Verkauf der ranch. Darum will er vom Gericht eine Zweiteilung der ranch machen lassen, was aber Paul Kosten machen wird.) -- (Frau Kass hier.) -- 3-6 Ruel \uline{Fishman} hier. (Er packt alle Bücher im Schlafzimmer.) \tbentry{21}{11}{1964}{} Brief von Maue (mit Gerhards erstem Brief an sie über die Enthüllung). -- 10\,\textonehalf{} \uline{Mia und Wim}. (Wim bringt die Autobatterie meines Autos, die sich doch inzwischen erschöpft hat, zur repair station und lässt sie ,,quick charge`` geben \gestrunl{}, für 3 Stunden, und setzt sie wieder ein. Dann fährt er das Auto in die Garage bei der neuen Wohnung und parkt es dort. Mia und \gestrunl{} ich sprechen mit dem manager. Dann gehen wir drei in die Wohnung und überlegen Möbelanordnung, usw.) Wir drei fahren wieder zu meinem Haus, mit Besorgungen unterwegs. Nach 3h erst zurück. Mia macht uns ein lunch. \gestrunl{} Dann gehen sie. Sie haben heute sehr viel geholfen (sie können beim Umzug und in den \neueseite{537845} Tagen danach nicht helfen, weil sie für das verlängerte Thangsgiving Wochenende schon lange irgendwo reservation gemacht haben.) \tbentry{22}{11}{1964}{} 10\,\textonehalf{}\,--\,3 \uline{Ruel Fishman} hier (packt Bücher, auch während ich fort bin; holt auch noch Kisten). -- 12h \uline{Frau Jokl} holt mich \uline{zum lunch} dort (und auch Frau Kulka; als wir sie abholen, sehe ich unser altes Chenault Grundstück; nicht viel mehr als die Fundamente eines großen Hauses sind gebaut; das Nachbarhaus von E\unl{} steht noch immer. -- Jokl war in Frankreich und Schweiz. \gestrunl{} Ich erzähle ihr auf der Fahrt, dass ich mich mit den Kindern gefreut habe, und sogar Gespräch mit dem Pastorsohn zur \gestrunl{} Verständigung über unsere verschiedenen Weltanschauungen. Sie fragen nachher, ob ich Niederlassung in Deutschland erwogen habe. Ich: Ja, schon erwogen, aber noch kein Entschluss; vorläufig noch pendeln. - Sie sagen, ich sehe gut aus. Frau Jokl rät aber doch, wie Mia, morgen Dr. Halpern anzurufen.) -- Abends Maina angerufen (aber ihr Schwiegersohn ist dadurch gestört, ich soll morgen wieder anrufen morgens). -- Ersten Brief an Gerhard \sout{geschrieben} angefangen. \tbentry{23}{11}{1964}{} Mit Maina telefoniert (auch kurz mit Almuth auf ,,Du``: sie und das Kind sind sehr wohl; Maina bleibt bis 4. Jan.) - (Den langen Brief an Gerhard (und Bärbel) beendet, 4 große Seiten handgeschrieben.) \tbentry{24}{11}{1964}{} 8 -- 11 ein Mann von \textit{Bruyan} packt (allerhand Sachen in Küche, study, Badezimmer, Wohnzimmer; fast alle Bücher waren aber schon vorher gepackt). -- \uline{Larry Kuhns} kommt (für \textonehalf{} Stunde, von RAND. Sie sind in dem neuen Haus, von Neutra\fnE{vermutlich Richard Neutra (1892-1970), renommierter österreichisch-amerikanischer Architekt} gebaut, ich soll sie dort besuchen mit Hanneli.) - 5\,\textonehalf{}\,--\,7\,\textonehalf{} \uline{bei Helmers} (er nimmt 3 Kisten mit Büchern mit, um sie für mich aufzuheben; auf seinem Regal im Wohnzimmer \gestrunl{}. -- Für Mutzli will der Doktor \neueseite{537851} nächste Woche entscheiden, ob vielleicht der ganze Rest der thyroid Drüse herausoperiert werden soll!) -- Noch am Schreibtisch gekramt, alles für Umzug fertig gemacht. \tbentry{25}{11}{1964}{} 6 aufgestanden; 8 kommt schon der Möbelwagen, bis 10\,\textonehalf{} gepackt und eingeladen (es war schon fast alles gestern gepackt). \uline{Frau Jokl} kommt um 8\,\textonehalf{} und hilft mir bis 5! \uline{\ulinesp{Umzug zu} 11728 \ulinesp{\textit{Dorothy,} LA} 49} (wie Chenault). Das Entladen und Heraufbringen und auf der hall \unl{} um den \unl{} Hof nimmt sehr viel Zeit, morgens 3 Leute, von 2h ab nur 2; eine Zeitlang kommen 2 andere, um zu helfen, die Bücherregale hochzuziehen; einfach bei Hand, ohne Rolle oder \textit{puclley}! Zuerst, als sie fanden, dass der elevator viel zu klein war und die Treppen zu eng für die Regale, glaubten sie, das Zerlegung nötig sei. Aber ich drängte sie, doch pulley zu versuchen, und sie taten es dann freihändig! Dann große Schwierigkeit: die Regale gingen nicht durch den engen Korridor; sie sagten, ich müsse Schlafzimmer und study vertauschen, aber ich wollte sehr \gestrunl{} ungern das große study aufgeben; ich schlug dann vor, zu versuchen, ob es genüge, wenn von jedem der beiden Regale für das study eine Hälfte nur zerlegt würde. Und das ging wirklich! Da war ich sehr froh. Den Wiederaufbau eines Drittels vom 90'' Regal im Wohnzimmer machte der Hauptpacker. Aber dann sagte ich ihm, das würde mir doch zu teuer, ein Student würde mir dabei helfen. Er sagte, er habe das \gestrunl{} auch überlegt und mir raten wollen. Dann kam 3\,\textonehalf{} \textit{\uline{Ruel}} und half sehr tüchtig 2 Stunden. Er setzte die beiden Regale im study wieder zusammen; gestern schon hatte er hier allein gearbeitet und alle Birnen eingesetzt. Ferner stellt er überall Stehlampen auf und schaltet sie ein, sodass ich nicht mehr das Dunkel des Abends befürchten muss. - 5\,\textonehalf{} kam \uline{Olaf} und brachte mir vom Laden \textonequarter{} Huhn warm; \neueseite{537849} dasselbe hatte er für seine Familie gekauft.) Zwischendurch hatte ich mal \textonehalf{} Stunde auf der Couch gelegen und, \sout{vielleicht} glaube, richtig geschlafen ein wenig. Trotzdem war ich am Nachmittag bald wieder ganz arg müde. Aber froh, dass alles schon hier ist, und alle Büchergestelle sogar schon aufgestellt. \tbentry{26}{11}{1964}{Thanksg.} 11\,--\,1\,\textonehalf{} \textit{\uline{Ruel}} hier. (Er bringt seinen Freund, den \uline{Cellisten \textit{Sharon}} mit; der lebt jeden Sommer in Salzburg, und spielt mit bei den Salzburger Festspielen; ich sage, dass ich \sout{als Knabe} in der Jugend Cello gespielt habe, und dass ich besonders Bach liebte, z.B. die Solosuiten; er sagt, die liebt er auch sehr und spielt sie zuweilen in Konzerten. Er hat Ruel im Auto gebracht und hilft auch eine Weile mit. -- Wir beschließen, das 48'' Regal auch ins study zu bringen, weil die weißen Kästen mit Zeitschriften im Wohnzimmer nicht gut aussehen würden. Sie zerlegen es halb und setzen es hier wieder zusammen in 20 Minuten! \gestrunl{} Ich hatte vorausgesagt: 1 Stunde. Ruel packt dann viele Boxen aus, legt schon die Mehrzahl der Bücher, die die vorher im 9'' im study waren, in das Regal an der langen Wand.) -- Nachmittags Sachen aus dem Schreibtisch herausgekramt. -- 7 kommen \uline{Olaf und Mutzli} (sie können keinen Kochtopf finden, obwohl sie \gestrunl{} 2 große Schachteln Küchenzeug auspacken! Olaf meint, vielleicht ist eine box aus Versehen nicht abgeliefert worden! Sie haben mir von Wohlstetters Truthahnfleisch mit stuffing und Beilagen mitgebracht, und Mutzli möchte die Brühe aufwärmen; schließlich tut sie es in einen Wasserbehälter.) \tbentry{27}{11}{1964}{} Frau Kass zum ersten Mal hier (sie kann auch keinen Kochtopf finden!) -- 1-5 \uline{Ruel} hier (er glaubt nicht, dass die ungeöffneten Boxen Kochtöpfe enthalten. Daraufhin, als seine Frau um 4 mit dem Auto kommt, bitte ich sie, uns \uline{zum alten Haus} zu fahren. Dort finde \uline{ich die Kopftöpfe} hinter der Klappe unten im Herd; und dann findet Ruel noch \uline{2 Boxen mit Büchern und reprints} (hier ganz unten im Wäscheschrank!) \neueseite{537853} \tbentry{28}{11}{1964}{} 11 \uline{Tintner} hier. Er ist etwas formell; vielleicht gekränkt, weil ich seine Einladung zum dinner nicht angenommen hatte. (Er möchte näher hören über seine \textit{Encycl}. Monographie. Ich sage: für Gebildete, nicht Fachleute; nicht Inhalt der Wissenschaft, sondern hauptsächlich das Methodologische; vielleicht allgemeiner zuerst, weil sonst sehr wenig über Sozialwissenschaften, außer Neuraths \editor{Beitrag}. Dann, was er möchte: Mathematik in Ökonomie; ich: Betonen des Methodologischen. Er möchte ein besonderes Kapitel über Statistik und \textit{prob}. Da Nagel das rein theoretisch gemacht hat, soll er es mehr vom Gesichtspunkt der Anwendung bringen; das will er auch. Er meint, vielleicht könne er es in einigen Monaten oder in \textonehalf{} Jahr schreiben; ich sage, das wäre sehr erfreulich. Er will mir dann die erste Version schicken. Er möchte gern etwas \uline{mehr Raum} haben, etwa 100 Seiten; ich sage: wir haben an sich als Herausgeber nichts dagegen; aber der Verleger mag Bedenken haben; das muss Morris dann verhandeln.) -- Rundbrief bekommen: \uline{Grete hat Oberschenkel gebrochen}. Ich schreibe gleich einen Brief an sie. -- Dann gehe ich 7h im Dunkeln zum Briefkasten, Ecke Barrington und San Vincente; es ist ganz nah, und gut zu gehen im Dunkeln. \tbentry{29}{11}{1964}{} Gekramt. -- Gestern und heute Abend lese ich das alte, sehr kurz gefasste Tagebuch von 1926 und dann 1925 (ich bin erstaunt zu sehen, wie gut wir schon Gramms kannten vor meiner Beziehung zu ihr; und wie oft von da ab ich dann bei ihr oder beiden in Freiburg war, auch oft zum Mittagessen. Dann finde ich Maues ,,Märchen von den 6 Tagen``, über unsere 6 verwunschenen Tage in Hinterzarten zusammen, unsere erste Zeit der Liebeserfüllung, im April 1925. -- Auch erstaunlich, dass ich mehrmals in Lübeck war, im Krempelsdorfer Haus, überhaupt Hanne damals viel sah, und ihr sehr nahe stand.) -- Abends vergesse ich ganz die Zeit; ich gehe gewöhnlich um 11 zu Bett; aber es war einmal schon 12! \tbentry{30}{11}{1964}{} Alte Sachen und Briefe gekramt; vieles fortgeworfen. -- Frau Kass hier. -- \tbentry{1}{12}{1964}{} Zu \uline{Dr. Piper} (wegen Ekzem, das nach Jahren auf einmal wieder auftritt; vielleicht durch Erregung des Umzugs. Er verschreibt Salbe.) \neueseite{537857} Ich gehe zu Fuß hin und zurück. -- Nachmittags Ruel Fishman und ein Theaterstudent Jacobson, 4\,\textonehalf{}\,--\,8 (!) (Sie packen die letzten Kisten aus (mit wenigen Ausnahmen, und stellen die \gestrunl\gestrunl{} auf die Regale gelegten Bücher auf, noch nicht alphabetisch; so weiß\fnA{Original \original{wird}.} man, wieviel Platz jedes Fach nimmt. Da Jakobson nicht Philosophie studiert, will er keine Bücher von mir. Darum dränge ich ihn, Geld zu nehmen; aber er weigert sich, unterstützt von Ruel. Um 7 sage ich, wir wollen essen. Aber sie sagen, Frau Fishman wartet mit dem dinner auf sie.) -- \tbentry{2}{12}{1964}{} 11h Packer holen die leeren Kästen ab (aber die besseren, für die ich hoch bezahlt habe, \gestrunl{} behalte ich; die sind in closets verstaut). -- Zum ersten Mal einen kleinen Spaziergang (nicht gerechnet der gestrige zum Doktor.) -- (\uline{Heini} telefoniert; er war bei Svens Verlobung; aber \gestrunl{} nicht mehr bei Gretes Beinbruch, davon weiß er auch nur durch den Rundbrief. Sie sind jetzt bis nach Weihnachten in Bel Air; er wird mal kommen, aber vorher anrufen.) -- 6 \uline{Olaf} kurz hier (er fährt morgen nach New York und New Haven für Vorträge; mit Hempels wird er aber nur telefonieren, weil die Zeit nicht ausreicht, er kommt Sonntag zurück.) (Abends finde ich Maues Bericht von Gittlis Hochzeit 1947, mit 20 Jahren! Und Fotos davon.) \tbentry{3}{12}{1964}{} 12 zu \uline{Dr. Halpern} (er betastet den Bauch, keine Schmerzen. Ich berichte: Zuletzt 1-2 mal Stuhlgang, meist nur einmal, aber doch immer ganz flüssig. Seit \textit{ca}. 15.11. Er gibt Diätregel: gekochtes Obst ist auch verboten; Toast nur von weißem Brot; keinen Fruchtsaft; aber Eiscreme ist erlaubt. -- Ich habe Stuhlprobe mitgebracht (in Einmachglas); erst wenn er Analyse davon bekommt, kann er sicher sein, dass nichts Ernstes vorliegt; er vermutet auch, dass es psychologisch bedingt ist.) -- Frau Jokl ruft an bei Dr. Halpern, ob ich da bin; nachher rufe ich sie an; ich warte vor dem Gebäude; sie macht \textit{U}-turn und wird prompt von Polizist auf Motorrad \neueseite{537859} erschnappt. Er gibt ihr ein ticket, weiß aber nicht wieviel es ist. Ich sage, ich will es dann bezahlen; sie will zuerst nicht, aber ich bestehe darauf. -- Ich gehe zu Fuß vom Farmway zum market, kaufe weißes Brot und Käse, gemäß Diätregeln, und gehe nach Hause, 2:45. \uline{Ruel} ist schon seit 2 da, (er hatte von früher her noch den Schlüssel. Er arbeitet noch bis 7\,\textonehalf{}!) -- \uline{Mia} kommt 4-8 (sie sammelt alles herumgestreute paper im Wohnzimmer auf, stellt die Möbel richtig hin, und es sieht auf einmal richtig wie ein Zimmer aus. Sie bestimmt, dass allerhand Bettsachen zum Reinigen gegeben werden sollen, und andere fortgeworfen. Ich bitte sie, später auch Hanneli zu helfen, die ungeschickt mit Kleidern und Wohnungseinrichtung ist. Sie will es gern tun, besonders da sie nächstes Semester frei hat für ihr Projekt.) \tbentry{4}{12}{1964}{} 9-3 (!) Frau Kass hier (Mia hat gestern aufgeräumt, jetzt kann sie den ganzen Wohnzimmerteppich mit Staubsauger reinigen, und mein Schlafzimmer.) -- 3\,\textonehalf{}\,--\,5 \uline{Ruel und Jacobson} hier (sie rücken die 2 file Kästen rechts vom Schreibtisch an richtigen Platz. Sie bemühen sich vergeblich, den garbage disposal in Gang zu setzen; da stimmt etwas nicht.) -- Abends noch Sachen gekramt. \tbentry{5}{12}{1964}{} Ausgegangen, etwas eingekauft. -- Brief von Chacha. -- 4\,\textonehalf{}\,--\,9\,\textonehalf{} (!) \uline{Mia und Wim} hier. (Er bringt allerhand Geräte, Lampen, Scheinwerfer usw. in Ordnung. Sie räumt vieles zurecht. -- Ich sitze viel dazwischen; heutzutage werde ich schon nicht mehr so schnell müde wie früher.) \tbentry{6}{12}{1964}{} Langen Brief an Hanneli getippt. -- \uline{Langes Telefonat mit Almuth}, \uline{dann kurz mit Maina} (siehe Notizen; Almuth sagt, ihre Mattheit liegt sehr an Schlaflosigkeit, will aber weder Psychoanalyse noch Medizin nehmen; das fing schon an, als sie noch mit Gerhard Bachmann war. Ich sage vermutlich\blockade{} könnte sie vielleicht der Mutter zureden, mal herzukommen, ich möchte mit ihr sprechen, ob man \neueseite{537861} ihr nicht helfen kann; sie ist sehr dafür. Dann kurz mit Maina, sie sagt, möglicherweise könnte sie \textit{Di} kommen, sie will abends wieder anrufen. Ich sage, ich rufe dann an. Zusammen 24 Minuten.) -- 4-8 \uline{David} holt mich \uline{zu ihnen}. (Er besieht zum ersten Mal meine Wohnung; sie gefällt ihm sehr gut. Drinnen sprechen wir über Problem eines Polsterstuhls, um den alten im study zu ersetzen; David sagt: zu einem billigeren Möbelhaus oder Sears Retail oder Disconthaus wie Atk\unl{} gehen, \gestrunl{} wo wenig Leute zum Bedienen sind, sodass man Muße hat, alle durchzuprobieren; er findet die recliners sehr bequem, nicht zum Sprechen mit Anderen, sondern zum Ausruhen oder vielleicht Lesen; er meint dabei die ganz zurückgelehnte Lage, wobei eine Beinstütze auch hochgeht; ich meinte eigentlich: nur etwas zurücklehnbar, wie im Flugzeug, aber ohne Beinstütze. -- David war jetzt in \textit{Austin} Texas, hat Diskussion abgehalten, und sie sind an ihm interessiert; die Gehälter für volle professor sind 13-25 Tausend. Sie suchen nach ,,Pionieren`` (die willig sind, in die philosophische Wüste zu gehen). Er selbst zieht es nicht in Betracht.) -- 8\,\textonehalf{} ich rufe \uline{Maina telefonisch} an (sie sagt, sie will Dienstagnachmittag kommen, bis längstens Donnerstag. \sout{Ich sage}\gestrunl\gestrunl{} von \textit{Okland mit West. Airl.} 1230; Limousine Westwood-Wilshire, dann Taxi zu mir.) \tbentry{7}{12}{1964}{} (Frau Kass hier; sie macht Hannelis Zimmer fertig für Maina.) -- Weihnachtsgelder überlegt; an Chacha geschrieben, und an Bank München. \tbentry{8}{12}{1964}{} (Mit \uline{Dr. Halpern telefoniert}, dass es ziemlich besser ist, nur täglich einmal (heute sogar erst später, und weniglich\blockade{}).) -- 10\,\textonehalf{} \uline{zu Dr. Piper}. (Es sieht viel besser aus; ich soll die Salbe weiter nehmen; dazu aber verschreibt er neue Pillen.) -- Zur pharmacy (die neue prescription für Pillen, morgens und abends zu nehmen, gegen Übersensitivität der Haut; 25\,\$ bar genommen, sie haben nicht \unl{}). Nach Hause für Tropfen. -- Schnell zum market (Milch und weißes Brot gekauft). Schnell lunch gegessen. Ich will mich \neueseite{537855} für \textonehalf{} Stunde hinlegen, werde aber vom Telefon unterbrochen, aber ich komme zu spät hin. - \gestrunl{} 1:15 \uline{Frau Jokl} holt mich im Auto ab (wir sind in 20 Min. schon am \gestrunl{} Flugplatz. Dann aber suchen wir sehr lange nach einem Parkplatz. Dann gehen wir hinein. Das Luftzeug ist schon 12 Minuten vor Fahrplanzeit angekommen; die Passagiere kommen schon den escalator hinunter. Dabei eine Frau mit welligem weißen Haar; sie spricht mit dem Mann neben ihr; trotzdem scheint sie mir ähnlich und ich schaue sie fragend an und als sie auch richtig schaut, sage ich \uline{\ulinesp{,,Maina?{}``}} Sie hat nur eine kleine Handtasche. Sie erzählt beim Gehen und im Flugzeug\blockade{Sinn?} sehr lebhaft von Tochter, Enkelkind, dem Schweizer, der ihr im Flugzeug gut zusprach, als sie Angst bekam, und vielem anderen.) In meine neue Wohnung. Wir essen etwas, und sprechen noch etwas, sind aber beide müde, und legen uns hin, 3-4; dann sprechen wir wieder. Um 6h im Dunkeln zum Markt, und zum Blumenladen (bunte Astern, weil die sie an die Gärten erinnern). \textonehalf{}7-8 Abendessen. Dann will sie eigentlich bald zu Bett, weil sie wenig geschlafen hat. Wir sprechen aber noch bis 10. (Sie spricht von ihrem Glauben als eine große Hilfe im Leben, da sie nicht verzagen kann \gestrunl{}, sondern immer Zuversicht hat, dass alles von der Vorsehung weise angeordnet ist. Ich erzähle auch mal von Ina; sie meint, ein richtiger Glaube sei ein Schutz gegen Depression; ich sage, vielleicht \gestrunl{} bei den üblichen depressiven Stimmungen, aber bei wirklichen pathologischen, tiefen Depressionen hilft nichts mehr. Ich erzähle, wie ich in den letzten Tagen etwas mehr Hoffnung hatte, obwohl sie seit Wochen von dem bevorstehenden Ende gesprochen hatte; so kam es doch als furchtbarer Schock. Sie erzählt von ihren Kindern und anderen. Bei Almuth sagt sie einerseits, dass die die beiden Jungen ganz ohne Schranken aufwachsen lässt, sodass sie zu wild sind und jetzt für sie, Maina, eine arge Belastung und Ermüdung; dass sie, Almuth, andererseits aber doch nicht die \textit{U.S}. Bürgerschaft annimmt, als ob sie vielleicht doch noch an Deutschland hänge. Wenn Maina zu ihren Kindern von ihrem \neueseite{537871} Glauben spricht, so sagen sie, sie hätten doch auch einen religiösen Glauben; aber das ist etwas Vages, an das man sich wirklich festhalten kann.) (Ich komme wenig zu Worte, wie bei Maue. Aber es sind doch meist interessante Geschichten, und mehr relevant zu einem topic, wie hier der Glaube oder die Lebenseinstellung. Sie erwartet von ihren Kindern Toleranz gegenüber ihrer Stellung; es ist aber nicht sicher, dass sie selbst ihnen gegenüber wirklich tolerant ist. Almuths Mann ist ein schweigsamer Texaner, sehr guter, zuverlässiger Charakter, hat aber außer seinem Fach, dem Fliegen, kaum Interessen.) \tbentry{9}{12}{1964}{} Wir gehen zusammen zum Markt und kaufen allerhand ein. Bei der Rückkehr finde ich \uline{Hannelis Brief}, \gestrunl{} dass sie die Reise vom 16. auf 21. verschoben hat; aber das ist ja nicht schlimm, es kommt nicht auf ein paar Tage an. -- Wir wollen mit dem Bus ans Meer fahren, sitzen auf der Bank an \textit{San Vinc}. über \textonehalf{} Stunde, ohne dass irgendein Bus vorbeikommt; daraufhin geben wir es auf und gehen heim. Dann rufe ich die Businformation an und erfahre die Abfahrtszeiten (kurz nach 1, 2, 3). Wir essen und legen uns hin.Dann fahren wir mit dem \uline{Bus zur Ocean Avenue}; (dort gehen wir lange spazieren, und sitzen auf einer Bank; Maina freut es sehr, das Meer zu sehen, sie hatte sogar Schwimmzeug mit, aber wir gehen dann doch nicht den steilen Weg, der hinunter führt.) Im Bus nach Hause. Dann schreibe ich Brief an Maue, und Maina arbeitet in der Küche. Dann gehen wir im letzten Tagesschein \textonehalf{}6 \uline{zum Laden ,,\textit{Nutrition}``} bei den Barrington Plaza Türmen. (Dort gibt es viele anziehende Sachen; Hanneli wird ihre Freude haben. Wir kaufen Blaubeersaft, Boysenbeersaft, beides je 1.--, und Pfefferminttee.) Dann im Dunkeln wieder zurück.) -- Abendessen. Dann sitzen wir noch auf dem Sofa (Maina fürchtet, dass Almut\fnE{Bisherige Schreibung: Almuth. Im Geni https://www.geni.com/people/Almuth-Armstrong/6000000179303287833 findet sich die Angabe Almuth als Tochter von Maina Bachmann, geboren 1925.} \editorstr{sich} ganz fest auf ihren Mann baut. Der Mann hat einen Sohn erster Ehe, zurückgeblieben und mit spastischen Schwierigkeiten, 17 Jahre, der jetzt von ihnen aufgenommen werden muss. Almut war in Elmau verwöhnt, weil sie als älteste Tochter von Maina Kontakt mit großen Musikern und anderen hatte und die Einstellung hat, dass ihr eigentlich Elmau \neueseite{537863} \gestrunl{} unbewusst als Paradies vorschwebt, was es ihr schwer macht, die Situation des wirklichen Lebens anzunehmen; sie ist schon über 10 Jahre hier im Lande, hat aber immer noch nicht die Bürgerschaft angenommen. - Ich erzähle von mir nach Inas Tod, und wie gut \gestrunl{} für mich die Reise nach Deutschland war, mich auf die Kinder und Freunde einzustellen, anstatt nur meinen eigenen Jammer zu betrachten. -- Sie schlägt vor, Musik zu hören; aber ich sage, es ergreift mich zu sehr, da die Dinge, die ich immer mit Ina gehört habe; ich erzähle auch vom Singen mit Ina, und vom Volksliedersingen im Tannerhof. -- Sie sagt, dass die Arbeit bei Almut für sie fast zu schwer war; von Anfang Oktober war sie dort; Almut sieht sie als die ,,große Mutter`` im Jungschen Sinne an, auf die man Kinder und alle sonstigen Schwierigkeiten abwälzen kann. Sie, Maina, hat selbst 1600 \textit{DM} aus ihren Ersparnissen ausgeben müssen für die Reise! Dabei besteht ihr \gestrunl{} Einkommen hauptsächlich aus Vermietung von Zimmern in ihrem Ik\unl{} Haus, das sie anscheinend zusammen mit Gerhard hatte (oder vielleicht aus geerbtem Geld gekauft hatte). Sie \editor{ist} froh, dann Anfang Januar wieder nach Deutschland zurückzukehren; vorausgesetzt, dass nicht durch den spastischen Stiefsohn, wenn Almut nicht kräftig genug ist bis dahin, ein weiteres Bleiben dort nötig wird. -- Mit allen Schwierigkeiten, und besonders mit dem langen Wachliegen in der Mitte der Nacht, scheint sie große Geduld zu haben. Da fallen ihr Ideen ein, sie denkt über vieles nach, auch über Zusammenhang zwischen lateinischen und französischen Wörtern, auch über Persönliches, usw. Ich sage, es wäre doch gut, einen Psychologen zu konsultieren; sie besteht aber fest darauf, dass es physiologisch sei; ihre ältere Schwester Manne habe dasselbe; es sei eine Schwellung der Darmschleimhäute, eine mangelhafte Zerlegung der Proteine oder sonstigen Nahrungsstoffe; dadurch trete eine Stauung im Darm ein, und \gestrunl{} dadurch eine Störung im Schlafen. -- Sie ist froh über diese kurzen Ferienstunden bei mir; und Entspannung und Aussprache. Und wir verstehen uns gut; ich sage ihr, ich habe das Gefühl, dass sie an einer Kon\unl{} leidet, auch in der Hinwendung zum Katholizismus. -- Zur Guten Nacht küsse ich sie auf Kopf und Wange, und streichle den Kopf, und schließlich küsse ich sie auf den Mund.) \neueseite{537867} \tbentry{10}{12}{1964}{} Wir machen reservation für \textit{West. Airl}. 3:30; die letzte Limousine vorher geht vom Miramar 11:20! Ich erkundige mich nach Busverbindung; sie ist viel zu lang und umständlich. \gestrunl{} Ich sage, ich werde sie im Taxi hinbringen; sie sagt, dann fährt sie allein hin, dann sparen wir eine Taxifahrt; ich sage, ich muss sie doch richtig zum Luftzeug bringen, aber dann gebe ich nach. \gestrunl{} Ich gebe ihr 10.-- für Taxi usw. (Gestern habe ich ihr Scheck 24.-- für Luftticket gegeben, anscheinend ermäßigt, vielleicht durch Beziehung des Piloten.) Wir gehen zum Laden, sie kauft Mitbringsel für die Enkelkinder; dann zum Markt. Als wir zurückkommen, bin ich ein wenig müde; wir hatten überlegt, vielleicht nochmal zum Meer zu fahren; sie wünschte auch sehr, den campus zu sehen; aber wir geben es auf. Ich legte mich auf ihr Bett; sie saß dabei und fragte einiges (im Zusammenhang mit dem Buch von \ldots{} \textit{Smith}, ,,\textit{Man \& his gods}``, mit Vorwort von Einstein, den sie verehrt, um seines Kopfes und Gesichts willen; nachher schenke ich ihr das Buch.) -- Kurz lunch. Wir beide legen uns kurz hin. 2:40 \uline{\ulinesp{Maina fährt ab} im Taxi zum Flugplatz}, und fliegt zurück nach Berkeley. (Vorher sage ich ihr noch, wie schön sie ist in ihrem Wesen, weil einheitlich; der Unterschied der Weltanschauungen stört mich nicht, das ist nur in den Denkweisen und betrifft nicht das Wesentliche, das Menschliche. Ich habe ihr vorher auf Frage gesagt, dass die meisten meiner Freunde in Amerika mit mir weltanschaulich übereinstimmen; dass sie aber oft sehr interessiert sind an nicht-intellektuellen Dingen, z.B. Musik.) -- 4h \uline{mit Almut telefoniert}, 11 Minuten, 4.50 (Maina fliegt zurück; sie sagt, Robert ist soeben nach \textit{Oakl}. weggefahren, sie will dann mit Bus heimfahren. Almut sagt, ohne die Mutter war es ja doch ziemlich schwierig, trotz Roberts da Sein. Ich sage, es hat Maina doch sehr gut getan, und ich habe mich sehr gefreut, sie wiederzusehen; ich danke, dass sie ihr 2 Tage, ,,Urlaub`` gegeben hat. Sie sagt, wir müssten uns doch auch mal sehen, und ich wünsche es auch.) -- 6-9 \uline{Mia} hier. (Sie weiß von Mainberg \neueseite{537865} und Elmau etwas; ich sage, dass Maina hier war. Sie erzählt über die Unruhen der Studenten in Berkeley.) (Es tut mir einesteils leid, dass Maina wieder fort ist. Es war so schön, sie hier zu haben; sie ist so lebendig und an vielem interessiert. Andererseits ist sie aber doch auch recht ermüdend, besonders wenn es mir nicht ganz gut geht; sie spricht so viel und schnell. Aber es geht mir doch nicht so auf die Nerven wie Maue, der sie in diesem Punkt ja sehr ähnlich ist. - Sie liebte ganz besonders die Indianderteppiche; sie zeichnete von einigen die Muster sich auf, aber mit Schwierigkeit; ich wollte, ich hätte ihr schnell einen zum Aussuchen geschenkt!) \tbentry{11}{12}{1964}{} Frau Kass hier. (Geschäftliches erledigt; folders gekramt.) -- Abends nach dem Essen schaue ich die \uline{Indianerteppiche} an, die \uline{Maina} so entzückten. Ich beschließe, ihr den, den sie am liebsten hatte, zu schicken. Ich schneide eine kleine Kiste zurecht, sodass er gerade hinein passt; aber ich habe weder Weihnachtspapier, noch Packpapier, noch Bindfaden. \tbentry{12}{12}{1964}{} \uline{Montague} und \textit{\uline{Lakatos,} Dr. Imre}, kommen 11:40 (anstatt 11:10). (Er ist Kommunist-Trotzkist aus Ungarn, war dort 4 Jahre im Gefängnis, dann nach England, wo Popper ihm Anstellung verschaffte. Jetzt ist er \textit{La Jolla}, wird aber oft in \textit{L.A.} sein. Ich sage, dass ich nicht zur \textit{Kneale}-Konferenz kommen will, Feigls Warnung. Er fragt, wie Popper so wurde; ich sage, wie er Tischlerlehrling und elementar\editor{y} Lehrer war, und verbittert; schwere Zeit in \textit{NZL}; dann Ruf nach London. Aber das machte ihn doch nicht sanfter, wie ich erwartet hatte. Er sagt, er habe sich in den letzten 2 Jahre sehr gebessert; hauptsächlich durch die Operation beider Augen; er hatte gefürchtet, blind zu werden. Ich sage, ich zweifle über diese Verbesserung; Feigl und andere haben mich in Alpbach gewarnt, nicht in öffentlicher Debatte mit Popper aufzutreten. Andererseits wäre ich bereit, mit Feigls Vermittlung mit Popper und anderen die induktive Logik zu diskutieren, etwa in Minneapolis. Er meint, vielleicht könne dann eine solche kleine \gestrunl{} \neueseite{537869} Gruppendiskussion in London gemacht werden. Ich bin skeptisch; aber ich erlaube ihm, Kneale informell über unser Gespräch zu informieren. \gestrunl{} Da er nett und zugänglich ist, sage ich ihm offen, dass ich den Ton seines Artikels zuweilen unpassend fand von \textit{Arist. Soc.} 1960; ich lese ihm aus meinen stenografischen Notizen vor. Er entschuldigt sich, und gibt zu, so hätte er nicht schreiben sollen; es war in einer schwierigen Zeit geschrieben. Ich: Ich vermutete Ansteckung durch Poppers Haltung und Ton. -- Er ist intelligent, nett und umgänglich, und ich nehme die Einladung beider an für lunch in \textit{Sand's} (Sunset und San Diego, im Motel, nett und nicht zu teuer.)) -- Sachen gekramt; Bilanz. \tbentry{13}{12}{1964}{} 1-3 \uline{Mia} hier. (Sie ist etwas besorgt und erregt, weil sie \uline{mit Wim Schwierigkeiten} hat. Er ist jetzt schon verärgert, weil Frankie Weihnachten kommt, und sie auch ihre gewohnte Weihnachtsparty mit \textit{ca}. 16 Leuten nicht aufgeben will. Er ziehe sich immer mehr zurück, macht ihr unberechtigte Vorwürfe, und ist nicht willig, es zu besprechen. Allerdings scheint sie selbst auch nicht in der Lage, Dinge ruhig zu besprechen; sie wird sehr emotional und defensiv, wenn sie über die Beziehung spricht. Er wisse nicht, ob er mit ihr bleiben oder sich trennen soll; vielleicht wünsche er, dass sie die Entscheidung für ihn trifft. Er ist in Psychotherapie (aber ich soll nicht darüber sprechen); so hat er dort eine Stelle, sich auszusprechen; aber mit ihr kann er es anscheinend nicht. Das Ganze ist ihr arg; zuweilen ist sie nahe an Tränen; sie nimmt es auch zu ernst, wenn er ihr Vorwürfe macht, und verteidigt sich bei mir dagegen. -- Es tut ihr aber wohl gut, sich mal mit mir auszusprechen.) -- Nachmittags arbeite ich an dem von Hempel überarbeiteten \uline{Transkript von} Hochkeppel. (Hempel hat es gut und sorgfältig gemacht; oft als ganze Seite neu getippt.) 8h \uline{ich rufe Hempels an} (sie haben 11h. Ich danke ihm sehr für die gute \uline{Hilfe am \textit{ms}}. Er hatte Magen flu, schon vorüber; Diane Erkältung, noch nicht ganz \neueseite{537875} vorüber. Ich sage von meiner Darmverstimmung, durch Aufregung mit Umzug. Er fragt über Weiteres aus Deutschland, von Mitternachtsgesprächen. Ich sage, ich habe ihm langen Brief geschrieben, aber noch nicht direkt von ihm gehört, nur von der Mutter, die mir seinen Brief schickte. - \uline{Diane} kommt nach Hause, und wird herbeigerufen. Sie fragen nach Wohnung und ich beschreibe es. Ich sage auch, dass ich 2 Tage Besuch von einer alten Freundin (Maina) hatte; und dass es sehr nett war. -- Diane sagt: hugs und kisses, und nächstes Mal wollen sie anrufen. Es war vielleicht 12 Minuten.) \tbentry{14}{12}{1964}{} (Frau Kass hier.) Ich fahre mit ihr zu altem Haus an 22\textsuperscript{th} \textit{St}.; es ist niemand da. (Die Telefoninformation kann mir nicht die Nummer geben, aufgrund der bloßen Adresse.) -- Ich mache die Überarbeitung vom Hochkeppel Transkript, aufgrund von Hempels revisions, fertig. (Es scheint mir jetzt, wie Hempel, möglich, das Ganze zu veröffentlichen.) -- Abends alte \uline{Maue Korrespondenz 1946}-8 durchgesehen \editorstr{und} \sout{fortgeworfen} (manches mit Interesse gelesen, das meiste fortgeworfen, nur einige Briefe aufgehoben.) \tbentry{15}{12}{1964}{} 10\,\textonehalf{} \uline{zu Dr. Piper}. (Es sieht sehr viel besser aus. Ich soll nur die Salbe weiter nehmen, und in einer Woche berichten.) (Ich gehe zur Savings Bank an Gorham, hinter dem Blumenladen; aber die können keinen Scheck einlösen; sie raten mir zur \ldots{} California Bank, schräg gegenüber; aber die steht nicht im Telefonbuch. -- Ich gehe zum Markt, einkaufen; und mache Gesuch von \textit{change} \unl{}. Das wird 2 Wochen dauern.) - Nachmittags \uline{Telegramm von Hanneli}: Sie hat Prüfung bestanden, und kommt am 21. abends. -- (Mia ruft an: Die Schwierigkeiten mit Wim werden größer; er will die Weihnachtstage fortgehen, weil Frank da kommt; und er macht ihr immerzu Vorwürfe und deutet an, dass die Beziehung am Abbrechen ist. Ich sage, sie soll sich nicht auf die einzelnen Vorwürfe verteidigen; er sagt sie heraus, weiß aber im Grunde selbst, dass sie nicht wahr sind. Er handelt wie ein Kind; und sie muss lieb zu ihm sein und ihn trösten wie ein Kind. Sie will es tun. Sie hat große Angst, wenn es auseinanderbräche; das Alleinsein wäre ihr arg.) -- \neueseite{537877} Abends lese ich weiter die Korrespondenz mit Maue aus der Nachkriegszeit (mehr und mehr schreibt Ina die Briefe; es ist sehr viel über \textit{Care} Pakete, und von Ina eigens besorgte und gepackte Pakete; wie Gittli und Gerhard größer werden, kommen auch Briefe an sie und von ihnen; und selbstverständlich alles mit ,,Du``; das hatte ich vergessen vorigen August, als ich Maue fragte, wie ich sie anreden sollte; und da ist allerhand Besprechung mit Gerhard, was er wohl studieren soll, und so. Im ganzen hatten also die Kinder doch mehr Bekanntschaft mit mir als ich dachte.) \tbentry{16}{12}{1964}{} (Ich gehe vergeblich zum Haarschneider, der geschlossen hat, und vergeblich zur \textit{Un. Calif}. Bank, die keinen Scheck einlösen will! Ich fühle frustriert; so verdammt viele Banken hier herum und alles zersplittert und daher nutzlos!) -- Brief von Maria Lutman an Ina (Dank für Schilppband). -- Weiter alte Briefe gekramt, aus Stockdorf (das meiste fortgeworfen, einiges aufgehoben.) 5\,\textonehalf{} \uline{Olaf} holt mich ab. Zuerst zum vorigen \uline{Haus an 22\textsuperscript{th}} (dort begrüßt mich ein Herr \textit{\uline{Joe W. Johnson}} sehr freundlich, führt mich in die Garage; ich sage, dass ich die Teppiche nicht mehr haben will; er gibt mir das Heiz \textit{tray} für Teller und einen großen Papiersack mit kleinen Küchengeräten, darunter viele, die wir schon sehr vermisst haben; aber von der bed pan weiß er nichts; er meint, Mrs. Black sei in \textit{S. Dakota} oder irgendwo; er fragt, ob sie entgegenkommend ist, und ich sage ja; ich erwähne auch Mr. Dermott, von dem sie nichts wussten! Ich sage, dass er immer bereit ist, irgendwas \gestrunl{} instand zu setzen.) Zu \uline{Helmers} (seit ca. 10 Tagen ist Mutzli in der radioaktiven Behandlung, und zwar gleich am Anfang die ganze Dosis! Das war anscheinend \textit{upsetting} für sie, psychologisch auch. Aber jetzt geht es einigermaßen. -- Sie sagen, ich soll doch Hanneli nicht allein im Taxi kommen lassen; Olaf ist bereit; aber ich sage, das soll er nicht nach dem anstrengenden Tag noch tun; Frau Jokl ist bereit; ich werde sie Sonntag bei Dr. Kulka sehen. Olaf spricht von der Möglichkeit, \uline{research Professor} an \textit{UCLA} zu werden, nicht in Mathematik, sondern in einem neuen Institut für \textit{Public} \ldots{}, d.h. Voraussage, \unl{} und anderes.) \neueseite{537881} \tbentry{17}{12}{1964}{} (Zum Haarschneider. -- Einkäufe im paper Laden.) -- Nachmittags Briefe. -- Abends das \uline{Paket an Maina} fertig gemacht (zu dünnes Packpaier, dafür aber starke box, und Bindfaden herum, nicht dick, aber stark. Außen sind Absender und Mainas \editor{Adresse} angegeben, innen nur \unl{} und Er\unl{}.) \tbentry{18}{12}{1964}{} Brief an Johannes und Gittli (über Weihnachten und Religion) getippt. Das ist die ganze Tagesleistung bis 8:30 abends! Dann erst Abendbrot. \tbentry{19}{12}{1964}{} 12-2 \uline{Herbert Stussig}\fnE{Wilhelm Herbert Stussig (*1900), Ehemann der ältesten Tochter von Carnaps Schwester Agnes.} hier. (Er ist auf einem Rückflug von Australien, wo er Vorträge über Wissenschaftsorganisation gehalten hat, wird erst nach Weihnachten zu Hause sein. Ich zeige ihm alles in der neuen Wohnung, damit er Agnes ausführlich berichten kann. Er erzählt von einigen prominenten Wissenschaftlern in Deutschland, deren Vorträge er einführte, weil er Präsident des Verbands der industriellen Forschungsgemeinschaft ist; außerdem ist er Präsident eines Instituts in Aachen\fnE{https://de.wikipedia.org/wiki/DWI\_\%E2\,\%80\,\%93\_Leibniz-Institut\_f\%C3\,\%BCr\_Interaktive\_Materialien}, wo vor einigen Jahren zum ersten Mal Insulin synthetisiert wurde; er rechnet sich auch credit dafür an, weil er das Projekt bewilligt hatte. Er ist 64, läuft noch Ski, schläft nur 6 Stunden nachts, und scheint in guter Form. Er spricht \gestrunl{}, auf meine Fragen, sehr für Aufgeben von Barbituraten; Soludor sei ganz unschädlich und hauptsächlich für Einschlafen. Er habe ganz früher zuerst Medizin studiert. Dagegen ist er skeptisch über die Bedeutung der Vermeidung der tierischen Fette, die Cholesterintheorie. Ihre Firma hat jetzt 30\,\% einer chemischen Firma erworben, ich glaube in München, die größte Firma in Bezug auf Anzahl der produzierten Verbindungen; sie werden meist an wissenschaftliche Institute geliefert, in allen Ländern, auch das ,,rote China``. Ich sage ihm, dass ich den grant für 3 Jahre erneuert bekommen habe, und nenne ihm mein Gehalt; er sagt, er ist interessiert, um zu vergleichen deutsche und amerikanische Einkommen von Wissenschaftlern; in Deutschland ist von jedem Einkommen für wissenschaftliche Tätigkeit die Hälfte einkommensteuerfrei!) -- Briefe für Weihnachten geschrieben. -- 3h \uline{Mia und Frankie} kurz hier (sie bringt mir Einkäufe und \neueseite{537873} wäscht Geschirr, usw.) -- Für Mainas Student die Collegeliste durchgesucht. \tbentry{20}{12}{1964}{} Letzte Weihnachtsbriefe geschrieben. -- \uline{Mit Mia zu Dr. Kulkas \textit{brunch}}, 2-3. Dort noch Jokls und einen Dr. \textit{Louis} \textspkl{\textit{Lauy}?} (Psychiater aus Berlin) und Frau. (Mia hat mit allen gemeinsame Bekannte, und erzählt lebhaft von Berlin, Israel usw. Mit dem Neubau auf unserem Chenault Grundstück sind sie immer noch bei den Fundamenten.) -- Briefe geschrieben an Maina und Hanne; es kostet mich übermäßig viel Zeit. \tbentry{21}{12}{1964}{} Nachts \uline{sehr schlecht geschlafen}; abends und morgens ein wenig erhöhte Temperatur, und die Hände fühlen sich etwas fiebrig. -- (Mein Versuch, \uline{\ulinesp{Wiebe und Frau}} abzusagen, gelingt nicht. Sie kommen her, bringen auch department Post und seine Diss. Ich sage: Der Plan \unl{} für lange intensive Diskussion und dann essen zusammen; aber das wird mir zuviel; so wollen wir nur ein wenig zusammensitzen und plaudern; dann gehe ich zurück ins Bett. \gestrunl{} Er gibt mir seine thesis ,,Abstrakte Entitäten in Carnaps Philosophie``. Ich frage, was er kritisiert; er: er meint, dass die $A$-Postulate manchmal etwas über die Welt aussagen; ebenso auch\fnA{Original \original{aus}.} Unendlichkeitsaxiom (siehe Notizen über Gespräch, im folder ,,Wiebe.) Er will jetzt Stellung suchen an der \textit{Pan. Amer}; er bittet mich um Empfehlung für placement office. Er möchte an \textit{State Coll}; die lieben die Gegend dort und haben ihre Freunde dort.) Frau Kass ist zum letzten Mal hier (sie sagt aber, falls Hanneli gerne einmal die Woche Hilfe hätte, kann sie es vielleicht arrangieren; dann soll ich sie es bald wissen lassen.) -- Meist bin ich im Bett. (Temperatur gestern abend und heute morgen 100.6; heute abend 100.8.) -- \unl{} fährt \uline{Frau und Dr. Jokl} mit mir zum Flugplatz; kurz vorher hatte ich \neueseite{537879} telefonisch erfahren, dass wegen schlechtem Wetter das Flugzeug um 8 anstatt 7:40 ankommen würde; es sei nicht sicher, ob Landung möglich sei, wegen Nebel. Um 8h kommen wir hin und erfahren: Das Flugzeug ist soeben in \textit{Las Vegas} gelandet! die Passagiere bleiben dort über Nacht; wenn gutes Wetter ist, bringt dasselbe Flugzeug sie morgen früh herüber.) Sie fahren mich nach Hause; 8\,\textonehalf{} zu Hause. Aber erst 10\,\textonehalf{} \uline{ruft Hanneli an} vom Hotel in \textit{L.\,V.} Alles ist gut gegangen; aber sie ist schrecklich müde. \tbentry{22}{12}{1964}{} Nach 7 telefoniere ich und erfahre, dass das Flugzeug \textit{ca}. 8 von \textit{L.\,V}. abfliegen und \textit{c}. 9 in \textit{L.\,A}. landen wird. Ich rufe noch mehrmals an und telefoniere mit Frau Jokl. Dr. Halpern kann ich nicht erreichen, in der Nacht habe ich zwar geschlafen, wurde aber gegen 3 wach und meine Pyjamajacke wird gänzlich durchgeschwitzt; ich beschließe schließlich, vorsichtig zu sein, und nicht mit zum Flugplatz zu fahren. Frau Jokl lässt Hannelis luggage \editor{am} Flugplatz; dann rufen beide bei mir an, und kommen \textit{ca}. 10h. Ich höre draußen ihre Stimmen und stehe auf. \uline{Herzliche \gestrunl{} Umarmung}. (\uline{\ulinesp{Hanneli}} ist zwar schrecklich müde, aber sie geht noch lange in der Wohnung herum, sieht alles an und bringt mir Sachen und plaudert. Gegen 12 geht sie zu Bett, und schläft durch bis 6. -- \gestrunl{} 1 Uhr esse ich lunch, aber Hanneli schläft. 2-3 nap. Nach 3 \uline{Anruf von Prof. Aschenbrenner}\fnE{Wahrscheinlich Karl Aschenbrenner: https://en.wikipedia.org/wiki/Karl\_Aschenbrenner} in Berkeley (ob ich an \textit{Howison} Vortragseinladung interessiert wäre; nach meiner Wahl, entweder ein einzelner Vortrag oder 3, die dann zusammen veröffentlicht werden; entweder in diesem Jahr oder im nächsten. Ich sage, ich bin gewiss interessiert; aber in diesem akademischen Jahr ist es unwahrscheinlich, weil ich durch persönliche Umstände zu viel Zeit verloren habe und mich jetzt ganz auf meine Arbeit konzentrieren muss, die für Veröffentlichung fertig gemacht werden muss. \neueseite{537883} Er fragt, ob ich nicht etwas aus dieser Arbeit nehmen könnte. Ich: Die Arbeit ist über induktive Logik, prob.; es würde mich allerhand Zeit kosten, daraus etwas für das allgemeine Publikum zu machen. Er will mir jedenfalls schreiben, und dann kann ich es überlegen.) -- \uline{Anruf von Dr. Halpern} (ich: erhöhte Temperatur, aber sonst keine Symptome. Er: häufiges Urinieren letzte Nacht? Ich: ja. Er: dann vermutlich etwas in der Blase. Er ruft die pharmacy an, und die schicken Pillen, vermutlich eine Sulfatverbindung. Ich soll täglich 8 Gläser trinken, irgendwelche Flüssigkeiten. Wenn nach 2 Tagen nicht besser, wieder anrufen.) -- Abends wäscht Hanneli mich im Bett ab. -- Noch Temperatur abends. \tbentry{23}{12}{1964}{} Noch erhöhte Temperatur; meist im Bett. -- Hanneli geht allein zum Westward Ho Market\fnE{https://calisphere.org/item/d9fda43fb9b8e7384ad645c7a28e8ca0/}; sie spricht leicht mit Leuten, und findet das daher gar nicht schwierig, die Einkäufe zu machen. -- \textit{\uline{Larry Kuhns}} kommt kurz und bringt ein Paket mit Gebäck. -- Gespräch mit Hanneli über Faschismus, und meine schlimmen Vorahnungen mit Hitler; und mein Zusammenstoß mit Broder in Mai 1933, usw. -- Abends Temperatur wieder normal. \tbentry{24}{12}{1964}{} Gebadet, mit Hannelis guter Hilfe. -- Temperatur normal, aber doch noch müde; viel im Bett. -- Nachmittags kommt \uline{Mia} 4-6. (Sie bringt Marzipan und Notizbücher (für mein Tagebuch. Sie gibt Hanneli allerhand guten Rat in Preisfragen. -- \gestrunl{} Wim war gestern in \textit{S.\,B}.; daher abends nicht zu Hause; heute war er im office, hat telefoniert, will nicht nach Hause kommen, sondern über Weihnachten wegfahren, sagt aber nicht, wohin. Er ist böse, dass sie morgen die große Familienparty hat; aber das ist nun so schon seit vielen Jahren. Sie ist bekümmert.) -- \neueseite{537885} Abends packen wir Päckchen aus: Maue schickt eine Lupe mit Selbstbeleuchtung, und Zimtgebäck; Agnes den Zupfgeigenhansel und eine Xeroxkopie von Bausingers\blockade{Baußnerns?} Dreistimmen Liedern; Hanneli hat von Chacha noch mitgebracht: Quittenschnitzen und Gebäck. Dann singen wir beide einige Lieder aus den dreistimmigen; aber ich weiß Melodien nicht mehr so gut wie ich dachte. Hanneli hat mir noch von meinen alten schwedischen Volkstanzheften mitgebracht: \textit{Lek\unl{} und Phil\unl{}.} \tbentry{25}{12}{1964}{Weihnachten} Wir warten den ganzen Vormittag vergeblich auf Heini, der sein Kommen angesagt hatte; dann auch noch den Nachmittag. Schließlich gehen wir aber doch \textonehalf{} Stunde spazieren, zum ersten Mal, auf der Dorothy. -- Ich finde auf einmal im Münchner Scheckbuch noch den Scheck für Maue (ausgefüllt und unterschrieben, aber nicht herausgerissen; den wollte ich am 9. mitschicken und \gestrunl{} übersah es, und am 19. schrieb ich wieder, aber glaubte, der Scheck sei abgeschickt. Ich schreibe ihr jetzt schnell, aber doch langen Brief mit Dank, und lege den Scheck bei.) \tbentry{26}{12}{1964}{} \uline{\textit{Ruel} Fishman und Jakobson} (vom Theater department, mit Bart; sie kommen 10-2; um 1 essen wir lunch zusammen. Ich gebe Ruel den \uline{Schilppband}, mit Dank hineingeschrieben.) -- Nachmittags rufe ich Mia an; sie ist allein und bekümmert (Frankie und Mädchen sind kurz aus, kommen aber zurück, und so ist Wim natürlich noch nicht heimgekehrt; sie weiß auch nicht, wann er kommt. Ich frage, ob sie mal herüberkommen möchte; aber sie will jetzt gerade nicht.) -- Mit Hanneli in den \textit{Nutrition} Laden im Barrington Platz (wir besehen alles ausführlich, und sie bringt eine Menge Sachen nach Hause; viele Sachen sind aber sehr teuer.) -- \neueseite{537887} \tbentry{27}{12}{1964}{} 1-3 \uline{Helmers hier} (zum ersten Mal. Hanneli kocht Rührei mit Reis und Salat. Mutzli sagt mir, sie sei ein ,,sehr netter Mensch``.) -- 5 wir machen Spaziergang, 40 Min. \tbentry{28}{12}{1964}{} (11-4 \uline{Mia mit Hanneli} zum Einkaufen von Kleidung für Hanneli, und Bettwäsche.) \tbentry{29}{12}{1964}{} 10 \uline{Frau und Dr. Jokl} fahren mit uns in die Stadt. (Zum \uline{deutschen Generalkonsulat}. Zum notarisieren meiner Löschungsbewilligung für Fritz Dörpfeld.) -- Dann zum \textit{\uline{Farmers Market}}, (großes Gedränge, unzählige Buden mit Eßsachen, Tieren, Körben, Geflochtenes usw. von vielen verschiedenen Ländern. Wir kaufen Shrimps.) Etwas spazieren in einem Park; dort ist eine Tiersammlung, in dem viele Saurier usw. umgekommen und für Jahrtausende erhalten worden sind.\blockade{Sinn?} -- 4 \uline{David Kaplan} holt uns ab, \uline{zu ihnen}. (Hanneli bringt für Ren\'{e}e mit: Quittenschnitze und Gebäck von Chacha, Lingonbeeren, \ldots{} -- Hanneli erzählt von ihrem Psychologiestudium mit Werner.) \tbentry{30}{12}{1964}{} 1h \uline{Hannelis erste Fahrstunde} (Mr. Dickson von \textit{S.\,M}. traffic school. Sie versteht ihn sehr schlecht.) -- 4\,--\,6\,\textonehalf{} \uline{zu Jokls} (Hanneli schenkt Frau Jokl ein schönes Seidentuch aus Italien. Dort sind Dr. \uline{Leawy} (,,Laui``) und Frau, \uline{Frau Munk} (auch psychiatrist) und Frau \uline{Derni}, 84 Jahre, noch sehr munter, sie ist bis vor 2 Jahren noch Auto gefahren.) \tbentry{31}{12}{1964}{} Auf Davids Rat fragen wir Ruel Fishman, ob er Hanneli Fahrstunden geben will. (Er fährt von vor 2 bis 4\,\textonehalf{} mit ihr herum, an den Ozean, Sunset, Bel Air, Benedict