\tbtwoA{446} \diary{33}{31.\,XII.\,1929\,--\,6.\,I.\,1931} \ersteseite{539685} \tbentryllong{31}{12}{1929}{}\ort{Seefeld} Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} kommen nicht. Abends \gestrunl\ ins Caf\'{e} Hohe Munde\IO{Wien!Caf\'{e} Hohe Munde}. Fräulein Liesel Stern\IN{\sternliesel}, Studentin aus München\IO{München}, 19~Jahre, Bekannte von {\lspitz}Weils{\rspitz}\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude} kommt noch. Wir sind alle müde, wachen erst ganz allmählich auf. Getanzt, schließlich sogar viel getanzt; \gestrunl\ es geht schnell besser, schließlich reinstes Vergnügen. Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} will nicht mehr mit Weil\IN{\weilernst} tanzen, weil er schlecht tanzt. Wir huschen vor 12 hinaus, es wird gerade alles dunkel gemacht. Auf Tschicholdskajas\IN{\tschicholdfrau} Zimmers zwei intensive Küsse. Lange wach gelegen, um~3 hinaus, Balkon verschneit; nicht hinüber. \tbentry{1}{1}{1930}{\kreis\kreis\,i} Nachmittags mit Tschich\editor{old\-skaja}\IN{\tschicholdfrau} und Weils\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude} zum Waldheim\IO{Waldheim}. Dort über Haldane\IN{\haldane} und exogene Zeugung\fnE{Vgl. TB~28.\,IV.\,1927\diaryref{TB-28-IV-1927}.} erzählt. Frau \gestrunl\ \sout{Weil}\IN{\weilgertrude} hat moralische Gegenempfindungen; Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} findet es so schlimm, dass sie zweimal mit Tränen hinauslaufen muss. Abends zu Tschich\editor{old\-skaja}\IN{\tschicholdfrau} Scheußlich knarrendes Bett. Zweimal (dazwischen noch einmal nicht ordentlich). Das liebe, schmale Rehlein, enorm beweglich und temperamentvoll. \tbentry{2}{1}{1930}{} Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} kommen immer noch nicht! Weil\IN{\weilernst} und Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} laufen Ski. Nachmittags ins Caf\'{e} Hohe Munde\IO{Wien!Caf\'{e} Hohe Munde}; wieder getanzt, nur mit Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau}; geht gut. Abends Gesellschaftsspiele. Nachts ohne Häschen; im Traum geschrien. \tbentry{3}{1}{1930}{} Roh\IN{\rohfranz} telefoniert: kommen mittags; aber wieder nicht. Telegramm: 5~Uhr; da kommen sie! Sie haben dreimal den Zug verpasst! Und schließlich beinahe noch den letzten. Mit ihnen ins Caf\'{e} Hohe Munde\IO{Wien!Caf\'{e} Hohe Munde}; getanzt; Hilde\IN{\rohhilde} ist entzückt, dass ich tanzen kann. Abends sehr vergnügt zusammen. Das Tanz- und Schneehäschen sagt, dass ich nicht mehr kommen soll; man solle eine Episode nicht künstlich verlängern. Sie bittet aber sehr, ob ich nicht etwas länger bleiben könne. Abends bin ich doch etwas traurig, ohne Häschen.~\neueseite{539707} Franz\IN{\rohfranz} erzählt, dass viele Leute großen Gefallen an Chacha\IN{\elisabeth} finden oder sich in sie verlieben: er selbst, Tschichold\IN{\tschichold}, Steinitzer\IN{\steinitzer}, (Stackelberg?)\IN{\stackelberg}. \tbentry{4}{1}{1930}{} Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} hat Kummer: Hilde\IN{\rohhilde} und Franz\IN{\rohfranz} haben unsere Beziehung erraten; und wegen meiner gestrigen Ablehnung des~,,Du``. Ich leihe mir Skier. Wir gehen aber doch alle zu Fuß nach \uline{Mösern}\IO{Mösern}; herrliche \tbtwoA{447} Sonne. Dort Mittag. Dann zurück. Hilde\IN{\rohhilde} erzählt von ihren Schwierigkeiten. Beide scheinen mir äußerst nervös, Franz\IN{\rohfranz} ist auch gereizt gegen Hilde\IN{\rohhilde}. Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} muss ich trösten, weil sie glaubt, ich hielte sie für oberflächlich. Ich bitte sie, dass wir ,,Du`` sagen; jetzt aber hat sie Hemmungen. Abends unten alle zusammen Gespräch über Metaphysik, die von Weils\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude} noch etwas verteidigt wird. Gertrude Weil\IN{\weilgertrude} hat noch Gefühle für das religiöse Judentum, wenn sie auch selbst nicht mehr darin steht. \tbentry{5}{1}{1930}{} Mit Franz\IN{\rohfranz} spazieren. Er gibt mir zu, dass Trennung der Bereiche in der Wohnung für ihrer beider Nerven notwendig. Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} ist ganz beruhigt wegen des Missverständnisses der Kränkung; vielleicht kommt sie im Sommer nach Wien\IO{Wien}. Im Seespitz\IO{Seefeld!Seespitz} gegessen. Nachmittags Caf\'{e} Korso\IO{Wien!Caf\'{e} Korso}; nochmal mit Hilde\IN{\rohhilde} und Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau} zum Abschied getanzt. 5\,\textonehalf{}\,\hbox{--}\,9 \ulinesp{nach} \uline{\ulinesp{München} \IO{München}}.\ort{München} \ulinesp{(Zu Gramms\IN{\gramm}\IN{\maue}. Gerhard\IN{\gerhardgramm}!)} Das Würmle. Maues\IN{\maue} prächtiger Busen. Maue\IN{\maue} denkt, ich sei mit Eva\IN{\eva} in Seefeld\IO{Seefeld} gewesen. Ich wohne mit Gramm\IN{\gramm} in Pension Flüggenstraße\IO{München!Pension Flüggenstraße} (sonst Mädchenpensionat); Gramm\IN{\gramm} lässt mich nicht die Rechnung bezahlen! \tbentry{6}{1}{1930}{} Ganzen Tag bei Gramms\IN{\gramm}\IN{\maue}. Maue\IN{\maue} im Milchbetrieb. Gramm\IN{\gramm} freundlich und unbefangen.~\neueseite{539727} \tbentry{7}{1}{1930}{\kreis\,i} Nachmittags Maue\IN{\maue} mit auf mein Zimmer! Ich erzähle schließlich vom Häschen, und Maue\IN{\maue} ist nicht eifersüchtig; ich sage ihr, dass ich meine Beziehung zu ihr doch nie \sout{da} bei solchen Episoden vergesse. Abends sind wir sehr gut zusammen; Plan von März. Ich kann vielleicht 2~Wochen hierbleiben, ,,wenn ich's aushalte``, oder mehr; vormittags arbeiten, nachmittags manchmal zu anderen Leuten ausgehen. \tbentry{8}{1}{1930}{} 9\,\hbox{--}\,6 nach \uline{\ulinesp{Wien}}\IO{Wien}.\ort{Wien} \tbentry{9}{1}{1930}{} Briefe. Gekramt. Vorlesung vorbereitet. Zirkel\II{\schlickzirkel} fällt aus, weil Hahn\IN{\hahnhans} Skifußverletzung. Abends \uline{Konzert} von Frau Jüllig-Kolbe\IN{\juellich}; Komposition von Markl\IN{\markl}; ich habe Freikarte von \uline{Frau Cloos}\IN{\clooselisabeth}, sie macht mich mit der Künstlerin bekannt. \tbentry{10}{1}{1930}{\strich} \uline{Vorlesung}. Mit \uline{Schlick}\IN{\schlick} gegessen. \tbentry{11}{1}{1930}{} \uline{Übungen}. Briefe geschrieben. \tbentry{12}{1}{1930}{\strich} Briefe geschrieben.\pagebreak \tbtwoA{448} \tbentry{13}{1}{1930}{\strich} 6\,\hbox{--}\,8 mit \uline{Neurath}\IN{\neurath} im Arkaden\IO{Wien!Caf\'{e} Arkaden} über sein \sout{Buch} \gestrunl\ \textit{MS};\IW{\neurathwgb}\fnE{Neurath, ,,Der wissenschaftliche Gehalt der Geschichte und der Nationalökonomie (TS)`` (ON 191/K.2), eine Vorstufe von Neurath, \emph{Empirische Soziologie}. Vgl. Manninen, ,,Toward a Physicalistic Attitude``, 141\hbox{--}148.} er verteidigt den Materialismus. \sout{Sein} 8\textsuperscript{h} Neuraths\IN{\neurath} Vortrag bei sozialistischen Studenten\II{\sozialistischestudenten} ,,Marxismus und wissenschaftliche Weltauffassung``. \tbentry{14}{1}{1930}{} Axiomatik\IC{\axiomatik} für Prager Bericht geschrieben und getippt.\fnE{Carnap, ,,Bericht über Untersuchungen zur allgemeinen Axiomatik``.} %\tbentry{15}{1}{1930}{} \tbentry{16}{1}{1930}{Maue}\IN{\maue} 7\textsuperscript{h} Schlick\IN{\schlick} getroffen, Brief von Maja\IN{\maja}. 8\textsuperscript{h}~\uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel} bei \uline{Hahn}\IN{\hahnhans}! Über Königsberger Kongress\II{\koenigsbergerkongress}.\fnE{Vgl. TB~4.\,IX.\,1930\diaryref{TB-4-IX-1930}} Terminologie weiter besprochen.\fnE{Vgl. TB~23. und 30.\,XI. sowie 7. und 12.\,XII.\,1929.} \tbentry{17}{1}{1930}{} 11\,\hbox{--}\,1 Vorlesung. \textonehalf{}\,6 zu Neurath\IN{\neurath}; über Marxismus. 7 zusammen ins \unll\ Apollo-Kino\IO{Wien!Apollo-Kino}. ,,Atlantic``, Untergang eines großen Schiffes; packend.~\neueseite{539749} \tbentry{18}{1}{1930}{} 12 Übungen. 3\textsuperscript{h}~zu \uline{Neurath}\IN{\neurath} in die Wohnung; er hat sein Marxismus-Referat für den Zirkel\II{\schlickzirkel} schriftlich ausgearbeitet!\fnE{Dieses Manuskript von Neuraths Vortrag am~23.\,I.\,1930 ist nicht erhalten. Vgl. aber auch den Eintrag zu diesem Tag.\baustellex{WISS}} Wir sprechen es durch bis \textonehalf{}\,10! Interessante Diskussion, wir verstehen uns gut. Dann kommt Neuräthin\IN{\neuratholga}; zusammen essen gegangen, bis~11\textsuperscript{h}. \tbentry{19}{1}{1930}{\strich} \textonehalf{}\,1 \uline{Konzert}, Musikvereinssaal\IO{Wien!Musikvereinssaal}; mit Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, Neuräthin\IN{\neuratholga}. Bach\IN{\bach}, Sonate für Orgel und Orchester (darin die bekannte Sarabande und Gigue (?)); Beethoven\IN{\beethoven}, Coriolan Ouvertüre; Bruckner\IN{\bruckner}, 9.~Symphonie. Zusammen ins Caf\'{e}, auch Blumberg\IN{\blumberg}. Neuräthin\IN{\neuratholga} gegen Wittgenstein\IN{\wittgenstein}, Befürchtungen für Waismann\IN{\waismann}. 5\textsuperscript{h} mit \uline{Blumberg}\IN{\blumberg} Kino gesucht, kriegen keine Karten mehr. Er erzählt von \uline{Paris}\IO{Paris} (richtige Bemerkung: Wien\IO{Wien} eine Stadt der Zuhause-Menschen; in Paris\IO{Paris} meist Ausländer, Künstler usw.; daher dort leichter Tanz, Freundin usw.). \tbentry{20}{1}{1930}{} Abends im Caf\'{e} Reichsrat\IO{Wien!Caf\'{e} Reichsrat}: Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, Rand\IN{\rand}, Blumberg\IN{\blumberg}, Broadwin\IN{\broadwin}, nachher auch seine Frau\IN{\broadwinfrau}. Über meine und Feigls\IN{\feigl} Vortragsthemen im Machverein\II{\machverein}. Blumberg\IN{\blumberg} über neuen Realismus. \tbentry{21}{1}{1930}{} 6 mit Neuraths\IN{\neurath} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}. 8\textsuperscript{h}~\uline{Neuraths\IN{\neurath} Vortrag} in der marxistischen Studiengemeinschaft\II{\marxistischestudiengemeinschaft} ,,Marxismus und Materialismus``. Sehr interessant. Er fasst den Materialismus so, dass ich auch zustimmen könnte. Aber jemand entgegnet, das sei kein Materialismus, sondern Positivismus und öffne \tbtwoA{449} dem Idealismus die Tür! Weil er nicht hinter den Vorstellungen noch Dinge annimmt. Ein anderer, Anhänger von Max Adler\IN{\adlermax}, weist auf Kant\IN{\kant} hin. \tbentry{22}{1}{1930}{\strich} Logizismus\IC{\logizismuskoenigsberg} (für Fraenkel\IN{\fraenkelabraham}) angefangen.\fnE{Möglicherweise eine frühe Fassung von Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``. Allerdings ist der Bezug der Beifügung ,,für Fraenkel`` in diesem Zusammenhang unklar. Vgl. aber TB~27.\,I.\,1930\diaryref{TB-27-I-1930}. Eine mögliche Lesart wäre auch \original{Frenkel}.}~\neueseite{539763} \tbentry{23}{1}{1930}{} Abends, inoffizieller Zirkel\II{\neurathzirkel}: \uline{Neuraths\IN{\neurath} Vortrag} über Marxismus.\fnE{Dieses, wohl wegen der Nicht-Teilnahme Schlicks, als ,,inoffiziell`` etikettierte Treffen ist als Auftakt zu dem sog. Neurath-Zirkel über Marxismus zu sehen, der in den folgenden Wochen montags (in der Boltzmanngasse) stattgefunden hat. Vgl. TB~3., 10., 17.\,II., 3., 10.\,III., 5., 12.\,V.\,1930. Zu den Treffen am~17.\,II., 3. und 10.\,III. sowie am~5. und 12.\,V.\,1930 sind maschinschriftliche Protokolle erhalten (Teilnachlass Otto Neurath, Archiv der Rebublik, Österreichisches Staatsarchiv, Wien, I, 1433-1-5), eine Kopie des Protokolls vom 5.\,V. auch als (\href{http://doi.org/10.48666/808114}{RC~029"~18"~01}). Vgl. SCH, 24, Sandner, \textit{Otto Neurath}, 223\,f. sowie Damböck, ,,The Politics of Carnap's Non-Cognitivism``.} Gut formuliert und ganz sachlich. Ich stimme in Bezug auf materialistische Basis zu. Heftige Diskussion mit Kaufmann\IN{\kaufmannfelix} und Neumann\IN{\neumann}, die die Zurückführung des Fremdpsychischen auf Physisches leugnen. \tbentry{24}{1}{1930}{\strich} Vorlesung. Mittags mit \uline{Waismann}\IN{\waismann}. Er findet Neuraths\IN{\neurath} Art (ebenso die von Frank\IN{\frankphilipp} und Russell\IN{\russell} in den letzten Büchern) gänzlich sich entgegengesetzt (sicher unter Wittgensteins \IN{\wittgenstein} Einfluss) zu flach statt tief. Er glaubt auch, im Marxismus steckt nichts Wesentliches. Ich äußere hier gegenteilige Vermutungen. Gespräch mit \uline{Gödel}\IN{\goedel}, Formalisierbarkeit der Mathematik; \sout{vielleicht} meine Vermutung: Vielleicht sind die nicht formalisierbaren Fragen, Sätze und Begriffe nicht eigentlich mathematischer Art. \tbentry{25}{1}{1930}{\strich} Übungen. Mittags mit \uline{Schlick\IN{\schlick}}. Über Marxismus. Er ist skeptisch; man könne nicht alles überblicken und nach dem Verstand regeln, wie die Russen es wollen, die dabei auch scheitern werden, sondern müsse es langsam sich entwickeln lassen.\fnA{Es folgt ein leerer Eintrag mit dem Symbol~\original{\strich}.} %\tbentry{26}{1}{1930}{\strich} \tbentry{27}{1}{1930}{} Abends Caf\'{e} \uline{Reichsrat}\IO{Wien!Caf\'{e} Reichsrat}. Frau Neurath\IN{\neuratholga}, Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, später Waismann\IN{\waismann}; Hempel\IN{\hempel}, Broadwin\IN{\broadwin}, Rand\IN{\rand}, Blumberg\IN{\blumberg}, Gödel\IN{\goedel}. \uline{Fräulein Frenkel\IN{\frenkelelse}} berichtet von ihrem Plan von Diskussionsabenden mit Fachleuten\II{\studiengruppe}.\fnE{Die auf die Initiative von Else Frenkel-Brunswik zurückgegangene \emph{Studiengruppe für wissenschaftliche Zusammenarbeit} wurde zunächst von Carnap geleitet. Er erwähnt die Studiengruppe aber nur bis zum 11.\,XI.\,1930. Es ist unklar, ob sie weiter bestanden hat. Vgl. \emph{Erkenntnis} 1, 1930/31, 79 sowie Stadler, \emph{Studien zum Wiener Kreis}, 382.}\pagebreak \tbtwoA{450} \tbentry{28}{1}{1930}{} Abends mit \uline{Reidemeisterin}\IN{\reidemeistermarie} in die Komödie\IO{Wien!Komödie} %Das Theater heißt so, lt. Wiener Zeitung ,,\editor{Die} Spinne im Netz``, ein Zwischenfall in 3~Akten; mit Harald Paulsen\IN{\paulsenharald} als Zauberkünstler; Schuss im Publikum. Interessant.~-- Rei\editor{demeisterin}\IN{\reidemeistermarie} holt Neurath\IN{\neurath} an der Bahn ab. \tbentry{29}{1}{1930}{} Abends \uline{Kasperle}\IN{\kasper} bei mir, 8\,\hbox{--}\,11. Erzählt von ihrer Kindheit. Fürchtet sich, mit Feigl\IN{\feigl} nach Amerika\IO{Amerika} zu gehen, weil sie dann~\neueseite{539791} sobald nicht zurück könnte. Sie ist sehr verschieden von den Eltern; der Vater ist Beamtenseele; die Mutter in einer Anstalt. Mit 15~Jahren hat sie den Haushalt übernommen. Ich putze ihre Schuhe; beim Heimweg trage ich sie über den Schlamm der Ameisbachzeile\IO{Wien!Ameisbachzeile}. Ich erzähle, dass ich oft die Leute sehr viel frage, wenn es mir nötig scheint. Sie scheint mir im Gleichgewicht. Erst draußen sagt sie, dass das nicht so ist; sie sagt: Adler\IN{\adleralfred}-Fall, Hemmungen (vielleicht aber: Freud?\IN{\freudsigmund}). \tbentry{30}{1}{1930}{} 7 Schlick\IN{\schlick}. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. \uline{Menger}\IN{\menger} über Intuitionismus. Diskussion, ich verteidige die logizistische Arithmetik. \tbentry{31}{1}{1930}{\strich} 11\,\hbox{--}\,1 Vorlesung. \tbentry{1}{2}{1930}{} 12 Übungen. Mittags mit \uline{Hempel}\IN{\hempel}. Er muss im Sommer nach Berlin\IO{Berlin}, unterrichten, zum Geldverdienen. Über Fraenkels\IN{\fraenkelabraham} Axiomatik der Mengenlehre.\IW{\fraenkelmengen}\fnE{Vgl. LL \refcn{1936}.} \tbentry{2}{2}{1930}{} 4 bei Fräulein \uline{Gertrud Schiff}\IN{\schiffgertrud} Kammermusik: Trio usw., Bach\IN{\bach}, Mozart\IN{\mozart}, Haydn\IN{\haydn}; Zugabe: Großes B-Dur Trio Beethoven\IN{\beethoven}, sehr schön! Waismann\IN{\waismann} und Feigl\IN{\feigl} da. \tbentry{3}{2}{1930}{} Nachmittags Caf\'{e} Josefinum\IO{Wien!Caf\'{e} Josefinum} \unl. 4\textsuperscript{h}~\uline{Herrigel}\IN{\herrigel} aus Frankfurt; hält Urania\IO{Wien!Urania}\II{\uraniawien} Vortrag über ,,Kulturkrise und Erziehung``; wir sprechen über Metaphysik. 5\,\hbox{--}\,7 Feigl\IN{\feigl} und Hempel\IN{\hempel}; Prager Bericht. 7 ins Mathematische Institut\II{Mathematisches Institut der Universität Wien}; mit \uline{Hahn}\IN{\hahnhans} über Veröffentlichung der Axiomatik\IC{\axiomatikms} in der Akademie\II{\akademiewien}. Dann wieder Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}; \uline{Frenkel}\IN{\frenkelelse}, Hartmann\IN{\hartmannheinz}, Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}, Feigl\IN{\feigl} usw. über die Studiengruppe\II{\studiengruppe}. Abends Boltzmanngasse\IO{Wien!Boltzmanngasse}: Neurath\IN{\neurath}, Diskussion über \uline{Marxismus}\II{\neurathzirkel}; ich leite; Schlick\IN{\schlick} ist doch nicht gekommen. Jeder nimmt zum Prinzipiellen Stellung, meist zustimmend.~\neueseite{539807} Diesmal fruchtbare Diskus\-sion. \tbentry{4}{2}{1930}{} 6 mit Neurath\IN{\neurath} und Oskar Kraus\IN{\krausoskarwien} (vom Wohlfahrtsamt\II{\wohlfahrtsamtwien}). \uline{Vortrag Neu\-rath\IN{\neurath}}\IW{\neuratheinheitswissenschaftmarxismus} (Machverein)\II{\machverein} im Pädagogischen Institut\IO{Wien!Pädagogisches Institut}: ,,Einheitswissenschaft und \tbtwoA{451} Marxismus``;\fnE{Vgl. Neurath, ,,Chronik``, 75.} lang, aber gut, Verschiedenes interessant. Nachher mit Neurath\IN{\neurath} und Fräulein \uline{Frenkel}\IN{\frenkelelse} bis~11 im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}, über Studiengruppe\II{\studiengruppe}; Neurath\IN{\neurath} will, dass die Leitung marxistisch ist. \tbentry{5}{2}{1930}{} Logizismus\IC{\logizismuskoenigsberg} gearbeitet. \tbentry{6}{2}{1930}{} 7 \uline{Neurath}\IN{\neurath} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}; über neue Zeitschrift\II{\erkenntnis}.\fnE{Die erste Nummer der \emph{Erkenntnis} erschien 1930. } 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Vorher mit \uline{Schlick}\IN{\schlick} über neue Zeitschrift\II{\erkenntnis}; Schlick\IN{\schlick} ist sehr passiv und gleichgültig, was mich sehr betrübt; wahrscheinlich Symptome persönlicher Depression. Im Zirkel\II{\schlickzirkel}: Terminologie zu Ende. \tbentry{7}{2}{1930}{} 11\,\hbox{--}\,1 Vorlesung. Lungenuntersuchung bei \uline{Professor Wilhelm Neumann}\IN{\neumannwilhelm} (siehe besonderen Zettel);\fnE{Nicht überliefert.} sehr günstig. Soll ruhig Bewegung machen. Höhensonne und Ateban. \tbentry{8}{2}{1930}{\strich} 12 Übungen. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}. Nachher \uline{Gödel\IN{\goedel}}. Über Formalisierbarkeit der Mathematik fortgesetzt. Ziel der Mathematik. Finitismus. \tbentry{9}{2}{1930}{} Sonnig und kalt, mittags Spaziergang. Logizismus\IC{\logizismuskoenigsberg} gearbeitet. \tbentry{10}{2}{1930}{\strich} \textonehalf\,7 Besprechung für die ,,Studiengruppe``\II{\studiengruppe}. 8 Boltzmanngasse\IO{Wien!Boltzmanngasse}. Fortsetzung der \uline{Neurath\IN{\neurath}}-Diskussion\II{\neurathzirkel} über Marxismus. Über den Behaviorismus der Marxisten.~\neueseite{539813} \tbentry{11}{2}{1930}{} Gearbeitet ,,Über die verzweigte Typentheorie (Weyls\IN{\weyl} \textit{circ.~vit.})``.\IC{\logizismuskoenigsberg}\fnE{Vgl. Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``, Abschnitt~3.} \tbentry{12}{2}{1930}{} 1. \uline{Höhensonnen}bestrahlung. ,,Logizismus``\IC{\logizismuskoenigsberg} fertiggeschrieben. \tbentry{13}{2}{1930}{} \textonehalf{}\,7 \uline{Neurath}\IN{\neurath} Caf\'{e}; über Wirtschaftsplan, Berechnung unmöglich. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Schlick\IN{\schlick} über interne und externe Relationen; historisch über metaphysische und logische Probleme. Verworrene Geschichte. Bedeutung bei Wittgenstein\IN{\wittgenstein}; etwa = grammatische Eigenschaft bzw. Relation. \tbentry{14}{2}{1930}{} 11 \uline{Vorlesung}. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}; über Fremdpsychisches. \tbentry{15}{2}{1930}{} 12 \uline{Übungen}. Diskussion über Existenz der Fremdpsyche. Vorher bei \uline{Marinelli}\IN{\marinelli} im Zoologischen Institut\IO{Wien!Zoologisches Institut}; er möchte die Tierpsychologie in die Zoologie hineinziehen, um sie \sout{dadurch} für die Morphologie zu verwerten~(!).\shortenpage \tbtwoA{452} Mittags mit \uline{Hempel}\IN{\hempel}; Strukturcharakteristik. \tbentry{16}{2}{1930}{} Ich bearbeite Neuraths\IN{\neurath} \textit{MS}\IW{\neurathprag} für Prager Bericht.\fnE{Neurath, ,,Wege der wissenschaftlichen Weltauffassung``.} Nachmittags \uline{zu Hahn}\IN{\hahnhans}. Dort Menger\IN{\menger}, Neuräthin\IN{\neuratholga} und \uline{Tarski}\IN{\tarski}. Er spricht zurückhaltend, bescheiden und sehr klar. Über Metamathematik. Gödels\IN{\goedel} Problem der Formalisierbarkeit der Mathematik.\fnE{Vgl. dazu das in von Plato, ,,Kurt Gödel's First Steps in Logic`` dokumentierte ,,Übungsheft`` von Kurt Gödel, das dessen aus dieser Zeit stammende Versuche einer Formalisierung der Artithmetik und Mengentheorie enthält.} Erster Abend der ,,\uline{Studiengruppe} für wissenschaftliche Zusammenarbeit``\II{\studiengruppe}, im Saal der Arbeiterkammer\IO{Wien!Saal der Arbeiterkammer}. \uline{Feigls}\IN{\feigl} Vortrag über statistische Gesetzlichkeit; allgemein \sout{Problem} und physikalistisches Problem. Dann \uline{Lazarsfeld}\IN{\lazarsfeld}: Statistik in der Psychologie; \textit{Spearmans}\IN{\spearman} Korrelationsrechnung, ,,Zentralfaktor``. Sehr interessant und klar. Diskussion auf nächstes Mal verschoben. (Sehr müde; das gibt eine anstrengende Woche!).~\neueseite{539811} \tbentry{17}{2}{1930}{} 2. Bestrahlung Höhensonne. 7 Mathematisches Institut\II{Mathematisches Institut der Universität Wien}. \uline{Hahn}\IN{\hahnhans} ist böse auf Reichenbach\IN{\reichenbach}, dass er die Zeitschrift\II{\erkenntnis} alleine machen wollte; ich hätte in meinem Brief energischer widersprechen sollen.\fnE{Der Brief Carnaps an Reichenbach, auf den hier Bezug genommen wird, ist nicht überliefert. Vgl. aber Reichenbach an Carnap, 4.\,II.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/828676}{RC~014"~23"~03}).} Er schlägt vor: ,,Fundamenta; Forschungen über die Grundlagen der Wissenschaft``. Kurz mit Neuraths\IN{\neurath}\IN{\neuratholga} ins Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}. Abends \uline{Neurath-Zirkel}\II{\neurathzirkel} über Marxismus. Neurath\IN{\neurath} schildert Geschichtsverlauf ohne Namen; sehr instruktiv und interessant. \tbentry{18}{2}{1930}{} 3\,\hbox{--}\,5 bei \uline{Tarski}\IN{\tarski} (in Mengers\IN{\menger} Wohnung). Seine metamathematischen Postulate; meine Axiomatik\IC{\axiomatikms}. 6 \uline{Neurath}\IN{\neurath} (Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}); Plan des Buches ,,Einheitswissenschaft``\IW{\neuratheinheitswissenschaftbuch}.\fnE{Vermutlich der Plan zu bzw. eine frühe Fassung von Neurath, ,,Einheitswissenschaft und Psychologie``.} 7 \uline{Schlicks}\IN{\schlick} Vortrag Machverein\II{\machverein} ,,Reiseeindrücke über wissenschaftliche Weltauffassung in \textit{USA}\IO{USA}``. Nachher kommt ein einfacher Mann zu mir und sagt, dass Schlick\IN{\schlick} die soziologische Erklärung der Einheitlichkeit durch die einheitlichen Lebensbedingungen der Kolonisatoren vernachlässigt. Mit Hempel\IN{\hempel} und Broadwins\IN{\broadwin}\IN{\broadwinfrau} gegessen. \tbentry{19}{2}{1930}{\strich} \textonehalf{}\,7~\uline{Urbach}\IN{\urbach}; Problem des halb durchlässigen Spiegels, ob in Widerspruch mit Thermodynamik. \textonehalf{}\,8~Vortrag \uline{Tarski}\IN{\tarski} zur Kardinalzahlen\-\tbtwoA{453}arithmetik. Auch über Auswahlaxiom und verallgemeinerte Kontinuumshypothese.\fnE{Vgl. die kurzschriftliche Skizze (\href{http://doi.org/10.48666/808116}{RC~90"~15"~04}).} Nachher noch mit Tarski\IN{\tarski} und Menger\IN{\menger} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}. \tbentry{20}{2}{1930}{} 6 im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}: \uline{Neurath}\IN{\neurath}, aus seinem \textit{MS}\IW{\neurathwgb} vorgelesen.\fnE{Vgl. TB~13.\,I.\,1930\diaryref{TB-13-I-1930}.} 7~Hahn\IN{\hahnhans} und Schlick\IN{\schlick}; zusammen Zeitschrift\II{\erkenntnis} besprochen. 8 Zirkel\II{\schlickzirkel}: \ulinesp{\ulinestr{Tarski}\IN{\tarski} über Meta\-mathematik}. \tbentry{21}{2}{1930}{} 11\,\hbox{--}\,1 Vorlesung. 6 Philosophische Gesellschaft\II{\philosophischegesellschaft}, \gestrunl\ \uline{Vortrag Kraft}\IN{\kraftvictor} über Husserls\IN{\husserl} Logik\IW{\husserllogik}.\fnE{Vermutlich Husserl, \emph{Formale und transzendentale Logik}.} Langweilig. \ulinesp{8 Zirkel\II{\schlickzirkel}: \ulinestr{Tarski}\IN{\tarski} über Metamathematik des Aussagenkalküls.} Man scheint die Wichtigkeit dieser Untersuchungen nicht zu sehen, z.\,B. Schlick\IN{\schlick}.~\neueseite{539683} \tbentry{22}{2}{1930}{} 12\,\hbox{--}\,2 Übungen. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}. Mit Neurath\IN{\neurath} zu Hahn\IN{\hahnhans} hinaus, unterwegs Brief an Reichenbach\IN{\reichenbach} besprochen. Bei \uline{Hahn}\IN{\hahnhans} \uline{Gomperz}\IN{\gomperz}, Diskussion über Hahns\IN{\hahnhans} Aufsatz über die Logik\IW{\hahnlogik}.\fnE{Vermutlich Hahn, ,,Empirismus, Mathematik, Logik``.} Gomperz\IN{\gomperz} bestreitet, dass die Logik es nur mit äquivalenten Umformungen zu tun hat; meint, der Sinn bei einer äquivalenten Umformung ändere sich auch. Verwechslung von Gehalt und Begleitvorst\editor{ellung}. 8\,\hbox{--}\,11 mit \uline{Tarski}\IN{\tarski} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}.\fnE{Vgl. die kurzschriftlichen Gesprächsnotizen (\href{http://doi.org/10.48666/808118}{RC~090"~15"~03}).} Über Monomorphie; über Tautologie, er will nicht zugeben, daß sie nichts über die Welt sagt; er meint, zwischen tautologischem und empirischem Satz sei ein bloß gradueller und subjektiver Unterschied. Er fragt inoffiziell an, ob ich Einladung zu Vorträgen nach Warschau\IO{Warschau} annehmen würde;\fnE{Vgl. TB~26.\,XI.\,1930\diaryref{TB-26-XI-1930}.} ich sage gern zu. (Heute 2\,x Pyramidon\fnE{Schmerz"~, entzündungs- und fiebersenkendes Medikament.} geschluckt; sehr müde). \tbentry{23}{2}{1930}{Maue}\IN{\maue} Abends \uline{Studiengruppe}\II{\studiengruppe}. Gute Diskussion über Feigls\IN{\feigl} und Lazarsfelds\IN{\lazarsfeld} Vorträge (Statistik). \tbentry{24}{2}{1930}{} \textthreequarters{}\,7 kommt \uline{Tarski\IN{\tarski} zu mir} (anstatt \textonehalf{}\,5; er hatte den Plan verloren und fuhr 2~Stunden in die Irre). Über meine Axiomatik\IC{\axiomatikms};\fnE{Carnap, \emph{Untersuchungen zur allgemeinen Axiomatik}.} sie scheint zu stimmen, aber verschiedene Begriffe treffen nicht das, was man meint; das müsste anstatt mathematisch metamathematisch definiert werden. \tbtwoA{454} Er~fragt inoffiziell, ob ich nach Warschau\IO{Warschau} kommen würde zu Vorträgen, ich sage gerne zu. Abends kommt \uline{Gödel}\IN{\goedel}. Bis~\textonehalf{}\,12. \tbentry{25}{2}{1930}{} Mittags Höhensonne. 8 \uline{Trioabend}. \sout{Schiff} Gertrud Schiff\IN{\schiffgertrud}~-- Fräulein Kraus\IN{\krausfraeulein} (Cello)~-- Jahoda\IN{\jahoda} (Klavier) im Kammerkonzertsaal\IO{Wien!Kammerkonzertsaal}. Beethoven\IN{\beethoven}, Mozart\IN{\mozart}, Willner\IN{\willner} (selbst da), Brahms\IN{\brahms}, sehr schön. Ich lade Kasperle\IN{\kasper} für morgen abend ein. Rand\IN{\rand} sagt mir, dass Kasperle\IN{\kasper} Angst hat. \tbentry{26}{2}{1930}{\strich} Vorlesungen und Übungen gearbeitet. Kasper\IN{\kasper} sagt ab, weil nicht geschlafen in der Nacht! (seit 15.~Januar zum 1.~Mal wieder alleine zu Hause abends).~\neueseite{539689} \tbentry{27}{2}{1930}{} \textonehalf{}\,7 im Caf\'{e}: \uline{Peter Diederichs}\IN{\diederichspeter}, studiert in Heidelberg\IO{Heidelberg} Soziologie, wird später Verlag\II{\diederichsverlag} übernehmen.\fnE{Vgl. Ulbricht und Werner, ,,Die Diederichs-Verleger``, 155\,ff.} Über Methode der Geisteswissenschaft. Dann Neurath\IN{\neurath} . 8 \ulinesp{\ulinestr{Zirkel}\II{\schlickzirkel}: \ulinestr{Ich über Tarski\IN{\tarski}} und Bedeutung der \ulinestr{Metamathematik}}. Ich wollte nur 5\,\textit{min}, sprach dann \textonehalf{}~Stunde, weil einige, besonders Schlick\IN{\schlick}, die Bedeutung unterschätzen. \textspkl{(} \dickeliniec Ich sagte, wir müssen auch die Erläuterungssprache exakt machen und symbolisieren, haben das bisher unterlassen, weil stets mit schlechtem Gewissen, infolge Wittgenstein\IN{\wittgenstein}.\textspkl{)} \tbentry{28}{2}{1930}{} 11~Vorlesung. Höhensonne. \tbentry{1}{3}{1930}{} 12~Übungen. Mittags mit \uline{Schlick}\IN{\schlick} im Rathauskeller\IO{Wien!Rathauskeller}. Seit langem zum ersten Mal. \editorstr{Leider wird er} \sout{Margit\IN{\margit} \gestrunl\ Lila\IN{\lila} nicht sehen} Sieht jetzt öfters Margit\IN{\margit}; gute Aufheiterung, daher tut er's mit gutem Gewissen, obwohl Lila\IN{\lila} das nicht wissen dürfte. Er überlegt, vielleicht im Sommer geschichtsphilosophische Übungen zu machen, Max Weber\IN{\webermax} oder dergleichen; ich sage: ich würde mich nicht getrauen aus Kenntnismangel. Ich vermeide schonend die Schwierigkeiten mit Menger\IN{\menger} und Neurath\IN{\neurath}. 5~Uhr \ulinesp{Elisabeth \ulinestr{Stöger\IN{\ina} bei mir}}, bis~11! \ulinesp{Zum ersten Mal gesprochen!} Sie ist zum Glück erstaunlich unbefangen. Ich necke sie mit allerhand Spott, aber sie weiß es richtig aufzufassen. Ist aber kolossal bescheiden, \textit{MW}~Komplex,\fnE{Minderwertigkeitskomplex.} zugegeben; sei nur mir gegenüber. Kommt immer mit Werturteilen über mich, die ich ablehne. Hat etwas asketischen Zug. Die Frauen schätzt sie meist höher als die Männer; sie hatte eine lesbische Liebe, \gestrunl\ danach dann einige wahllose Beziehungen zu Männern, die sie jetzt missbilligt. \tbtwoA{455} Sie sagt, die Frauen gingen viel besser auf die Empfindungen einer Frau ein, ein Mann denke stets nur an seine Befriedigung~(!).~\neueseite{539687} Sie ist intelligent und schlagfertig; funkelnde Augen und anziehend. Ich wage weder Zärtlichkeiten noch Diwangespräch. Sie ist glücklich, immer länger zu bleiben, gibt Karl Kraus\IN{\krauskarl}-Vortrag auf. Beim Abschied Kuss auf die Stirn; erst auf der Lützowgasse\IO{Wien!Lützowgasse}~(!) richtige Küsse, intensiv; und beim Abschied Linzerstraße\IO{Wien!Linzerstraße}. \tbentry{2}{3}{1930}{} 4\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,8 bei \uline{Broadwin}\IN{\broadwin}, Pension Kramer\IO{Wien!Pension Kramer}; dabei seine Frau\IN{\broadwinfrau}, Blumberg\IN{\blumberg}, Miss~\ldots{}, Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, Hempel\IN{\hempel}. \uline{Englisch} gesprochen! Ich am schlechtesten. Mit Broadwin\IN{\broadwin} über Philosophie. Dann alle zusammen allerhand topologische Rätsel mit {\lspitz}Fäden{\rspitz} usw., die ich leicht löse. (Vorher bis Oberdöbling\IO{Wien!Oberdöbling} gefahren, dann doch nicht zu Stöger\IN{\ina} gegangen). Abends mit Hempel\IN{\hempel} ins Staffa Kino\IO{Wien!Staffa Kino}: ,,Die Lawine``. \tbentry{3}{3}{1930}{} 5\,\hbox{--}\,7 mit Feigl\IN{\feigl} und Hempel\IN{\hempel}; über Gomperz\IN{\gomperz}. \gestrunl\ Prager Bericht, Diskussion, durchgesprochen. Über die Konstitution der Aussagen der physikalischen Sprache, alle mit Wahrscheinlichkeitskoeffizient. 7~Neurath\IN{\neurath}; seine Ansicht über soziologische und psychologische Erklärung von Reichenbachs\IN{\reichenbach} Philosophie; er habe nicht, wie ich, irgendeine ,,Minna``, daher steiferes Festhalten an seinen Thesen in der Wissenschaft. 8 Neurath\IN{\neurath}, Marxismus Diskussion\II{\neurathzirkel} in der Boltzmanngasse\IO{Wien!Boltzmanngasse}. \tbentry{4}{3}{1930}{} 4 mit \uline{Gödel}\IN{\goedel} im Bellaria. Über mein \textit{MS}~Logizismus\IC{\logizismuskoenigsberg}. Über verzweigte Typentheorie; er stimmt mir jetzt zu, dass man sie weglassen kann, wenn man nicht nach der Bedeutung von~$(\varphi)$ fragt, sondern metamathematisch vorgeht.\fnE{,,$(\varphi)$`` ist hier wohl im Sinne von ,,für alle Eigenschaften`` zu lesen. Vgl. Carnaps auf Ramsey zurückgreifende Ausführungen in Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``, Abschnitt III und IV.} 6 Neurath\IN{\neurath}. 7 \uline{Vortrag Feigl\IN{\feigl}}, Machverein\II{\machverein}: Naturgesetz und Willensfreiheit.\neueseite{539681} Diesmal spricht er nicht so klar und schwungvoll wie sonst. Nachher im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}: Feigl\IN{\feigl}, Broadwin\IN{\broadwin} und Frau\IN{\broadwinfrau}, Lindemann\IN{\lindemann}, Hempel\IN{\hempel}, Frenkel\IN{\frenkelelse}. Hauptsächlich mit Frenkel\IN{\frenkelelse}, über Erlebnispsychologie. \tbentry{5}{3}{1930}{\kreis\kreis\,i} 6\textsuperscript{h} kommt (Elisabeth, \uline{\ulinesp{Ignatia}}, Theresia) \uline{\ulinesp{Stöger}}\IN{\ina} zum 2.~Mal zu mir.\fnE{Lt. Taufschein (\href{http://doi.org/10.48666/808120}{RC~083"~36"~01}) ist der Name von ,,Ina`` Stöger: Elisabeth Maria immacul[ata] Ignatia Stöger.} Hat Blinddarmreizung. Ich sage, sie muss die Nacht hierbleiben, auch wenn wir brav sein müssen. Sie zieht Kleid aus und Pyjama an. Sie badet. Nachher zusammen ins Bett (Diwan), \pagebreak mit der Absicht, brav zu sein. \tbtwoA{456} ,,Du``. Aber schließlich sagt sie, sie sei gesund. Entzückende Rehgestalt, dünne Glieder, schmale Taille, gute Hüfte, Jungensbrust. \kreis~i. \gestrunl{} Dies war das erste Mal, dass es ihr nicht weh tat; der Arzt hat gesagt, schmal gebaut; aber wohl auch psychisch bedingt. \textonehalf{}\,2~gehe ich schlafen. \tbentry{6}{3}{1930}{} Sie kommt \textonehalf{}\,9 in mein Bett. Erst brav, dann schließlich doch. Zum ersten Mal mit einem Mann kann sie sich mitfreuen. Zusammen in der Badewanne; liebliche Figur. Endlich sagt sie Büro ab. Sie hat zwei Gesichter: das strenge Gesicht von vorn, ,,Ignatia``, nicht entspannt, etwas künstliche Haltung; ein lieblicheres, freieres Gesicht, besonders von links unten. Beim hellen Tag am Frühstückstisch erschrecke ich ein wenig über das wache Ignatia Gesicht; aber die Strenge wird sich schon lösen. 7, mit \uline{Neurath}\IN{\neurath} im Caf\'{e}; liest mir \textit{MS}\IW{\neurathwgb}\fnE{Vgl. TB~13.\,I.\,1930\diaryref{TB-13-I-1930}.} vor. \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Über ,,Orange liegt zwischen Rot und Gelb``; Schlick\IN{\schlick} und Waismann\IN{\waismann} sagen, dies sei eine interne Relation; ich meine: empirisch oder tautologisch, je nach Definition. \tbentry{7}{3}{1930}{} Vorlesung. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}. Höhensonne. (seit 1~Woche endlich mal wieder alleine zu Hause). \tbentry{8}{3}{1930}{} 12 Übungen. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}, bei ihm ausgeruht. 5\,\hbox{--}\,8 Tee bei \uline{Bühlers}\IN{\buehlerkarl}\IN{\buehlercharlotte}. Schlick\IN{\schlick}; der Amerikaner \uline{Durfee}\IN{\dorfe} mit Frau\IN{\dorfefrau} (wohnt in Grinzing\IO{Wien!Grinzing}; Schwager hat dementia praecox).~\neueseite{539699} \tbentry{9}{3}{1930}{} Nachmittags 3\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,8 bei \uline{Otto Bauer}\IN{\bauerotto}, zum 1.~Mal gesehen. Dabei Neurath\IN{\neurath}, Frau Helene Bauer\IN{\bauerhelene}, Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}, Zeisel\IN{\zeisel}, Zilsel\IN{\zilsel} und Fräulein~\ldots\ Sehr interessante soziologische Gespräche: Erklärung des englischen Konservativismus, Entwicklung Amerikas\IO{Amerika}; Ähnlichkeit zwischen Amerika\IO{Amerika} und Russland\IO{Russland}; Frömmigkeit im Bergischen Land\IO{Deutschland!Bergisches Land}; Unmöglichkeit eindeutiger Voraussage; Erklärung von Max Adlers\IN{\adlermax} Apriorismus als Bedürfnis nach Geborgenheit. \uline{Studiengruppe}\II{\studiengruppe}, im Renaissance Caf\'{e}\IO{Renaissance Caf\'{e}}. Referat \uline{Bertalanffy}\IN{\bertalanffy} über Entropieproblem, und über Normbegriff; \uline{Marinelli}\IN{\marinelli} über Statistik in der Biologie, wie wenig sie leistet. \tbentry{10}{3}{1930}{} 4 Caf\'{e} Thurn: \uline{Englisches} Gespräch mit Blumberg\IN{\blumberg}, Broadwin\IN{\broadwin}, Feigl\IN{\feigl}. Über Bergson\IN{\bergson}; Atomsätze; Russells\IN{\russell} Christian;\IW{\russellchristian}\fnE{Russell, \textit{Why I am not a Christian}.} Religion in Amerika\IO{Amerika}. 7~mit Neurath\IN{\neurath} und Frau\IN{\neuratholga} in \sout{Hans Zimmer} Hahns\IN{\hahnhans} Zimmer im Institut\II{Mathematisches Institut der Universität Wien} gegessen; er liest \textit{MS}\IW{\neurathneuesbuch} vor. 8 Marxismus\II{\neurathzirkel}. \tbtwoA{457} \tbentry{11}{3}{1930}{\kreis\kreis\, i} 6 kommt \ulinesp{Stöger}\IN{\ina}. Geredet, gegessen, gebadet; um~12 zu Bett. Ihr Verhältnis mit dem Benediktinerabt\IN{\klotzpetrus} von Salzburg\IO{Salzburg} dort und in Wien\IO{Wien}.\fnE{Vgl. TB~1.\,V.\,1930\diaryref{TB-1-V-1930}.} Sie bekommt Schmerzen. Trotzdem schließlich \kreis\kreis{} i. Sie sagt (spontan): Abneigung gegen Verhütungsmittel. \textonehalf{}\,3 gehe ich in mein Bett. \tbentry{12}{3}{1930}{} 9\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,12 in meinem Bett zusammen, aber keusch, trotz ihrer ,,Ini\-tiative``. Ich erkläre es ihr. Zusammen gebadet und gegessen \textonehalf{}\,1\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,3. Sie {\lspitz}\sout{meint}{\rspitz} fürchtet immer, es sei das letzte Mal, lässt aber Pyjama, Zahnbürste, Hausschuhe hier. Sie hat drei sehr schöne Aufnahmen von sich mitgebracht (von Trude Fleischmann\IN{\fleischmanntrude});\fnE{Vgl. Abb.\,\refcn{ina}.} schön entspanntes Gesicht; 1~Akt. Abends 7\,\hbox{--}\,11 \uline{Kasper}\IN{\kasper} bei mir. Erzählt von den Schwierigkeiten mit Feigl\IN{\feigl}; er ist eifersüchtig auf ihren Freund; sie hat ihn 1~Jahr ganz abstellen müssen! Sie leidet jetzt an Schlaflosigkeit. Sexualität scheint aber in Ordnung. Hauptursache: Entmutigung im Studium, weil viel Verzögerung durch Krankheiten. Ich spreche ihr gut zu.~\neueseite{539697} \sout{Beim Abschied} Nur nach \gestrunl\ mehreren Aufforderungen legt sie sich neben mich auf den Diwan. Zum Abschied Kuss auf die Stirn. Sie ist getröstet und etwas beruhigt. (Schläft dann zum ersten Mal wieder gut). \tbentry{13}{3}{1930}{} 5\,\hbox{--}\,7 mit Broadwin\IN{\broadwin}, Frau\IN{\broadwinfrau}, und Hempel\IN{\hempel} in der \uline{Psychiatrie}\IO{Wien!Psychiatrie}, Vorlesung von Professor Pötzl\IN{\poetzl}; Vorführung Kranker. Interessant. Zusammen gegessen, Englisch gesprochen. \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Nochmal über Farben (Orange liegt zwischen Rot und Gelb); ich bestehe darauf, dass angegeben wird, ob die Farbnamen Grundzeichen oder definiert sind. Schlick\IN{\schlick} will dauernd diese Frage beiseite schieben oder als schief gestellt hinstellen. \tbentry{14}{3}{1930}{p} 11\,\hbox{--}\,1 \uline{letzte Vorlesung}, noch volles Auditorium, viel Beifall. Psychologische Erklärung der Metaphysik als Ausdruck des Lebensgefühls. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}. Höhensonne. \tbentry{15}{3}{1930}{} 12 Letzte Übungen. Mittags mit Hempel\IN{\hempel}. 4 bei \uline{Neurath}\IN{\neurath}. \textonehalf{}\,5 kommen Rand\IN{\rand}, Feigl\IN{\feigl}, Hempel\IN{\hempel}, Blumberg\IN{\blumberg}. Feigl\IN{\feigl} liest \textit{MS} seines Prager\IO{Prag} Vortrags\IW{\feiglprag} über Wahrscheinlichkeit vor.\fnE{Feigl, ,,Wahrscheinlichkeit und Erfahrung``.} Nachher mit Neurath\IN{\neurath}, Reidemeister\IN{\reidemeisterkurt}, Blumberg\IN{\blumberg}, Hempel\IN{\hempel}, weil Avantgarde Film der Ausstellung\fnE{Filmaufführung der avantgardistischen Ausstellung FiFo (Film und Foto) des Deutschen Werkbundes, die 1929 in Berlin stattfand und 1930 nach Wien übersiedelte.} ausverkauft, ins Schwedenkino\IO{Wien!Schwedenkino} ,,Tropenglut``.\pagebreak \tbtwoA{458} \tbentry{16}{3}{1930}{} 5 zu \uline{Professor Jacobsson}\IN{\jakobsonmalte} aus Göteborg\IO{Göteborg}, Professor der Philosophie, Vorsitzender des Stadtrates\IO{Göteborg!Stadtrat Göteborg}, Sozialdemokrat. Hat Aufbau\IC{\konstitutionstheorie} und Schein\-probleme\IC{\scheinprobleme} gelesen. Schreibt jetzt eine Logik. Wir sprechen über Urteils\-theorie; Unterschied zwischen Sachverhalt und Gegenstand. Er ist Schüler von Cassirer\IN{\cassirerernst}; interessiert sich für unsere Philosophie, ist aber nicht Empirist, sondern Apriorist. Frau\IN{\jakobsonemma} ist Wienerin, nicht gesehen. 7~Arbeiterkammer\II{\arbeiterkammer} \uline{Studiengruppe}\II{\studiengruppe};~\neueseite{539693} Referate: \uline{Zilsel}\IN{\zilsel} über Induktion, Zeisel\IN{\zeisel} über Konjunkturstatistik, Polanyi\IN{\polanyi} über Wirtschaftsstatistik (\gestrunl\ schwach und zu breit). \tbentry{17}{3}{1930}{\kreis\,i} 6 kommt Stöger\IN{\ina}. Eben ist Maues\IN{\maue} Brief gekommen, der Stögers\IN{\ina} Brief bewundert und sich über meine Ablehnung wundert, weil wir so verwandt seien. Neue Frisur. Wir verstehen uns sehr gut und sind sehr vertraut mit einander. Bilder der Buchenbacher\IO{Buchenbach} und Münchner\IO{München} Kinder. Am nächsten Morgen auch Maues\IN{\maue} Bild. Nachts noch unwohl, morgens \kreis. Abschied für einige Wochen; ich schenke ihr meine Bücher. \tbentry{18}{3}{1930}{} \textonehalf{}\,7 \uline{Vortrag Mises\IN{\mises}} ,,Naturwissenschaftliche Theorie der Wahrscheinlichkeit`` sehr schön klar. Nachher mit \uline{Neurath}\IN{\neurath}, Hempel\IN{\hempel}, \uline{Feigl}\IN{\feigl}, \mbox{Gödel}\IN{\goedel} über Atomsätze. Neurath\IN{\neurath} möchte die Sprache möglichst erst dicht vor der physikalischen Sprache beginnen lassen, Gödel\IN{\goedel} vielleicht erst in der physikalischen Sprache; oder beide: beginnen mit der gewöhnlichen Alltagssprache, aber nicht mit den Einzelempfindungen.{\tolerance1000\par} \tbentry{19}{3}{1930}{} 5 \uline{Tee bei Schlick\IN{\schlick}}, unser Zirkel\II{\schlickzirkel}, und Jacobssons\IN{\jakobsonmalte}\IN{\jakobsonemma}. Nochmal über Farbenproblem und über Mises\IN{\mises}; Schlick\IN{\schlick} meint, Hahn\IN{\hahnhans} habe ihm gestern alles zugegeben; ich frage nachher Hahn\IN{\hahnhans}, der bestreitet das entschieden. Im Auto mit Neuraths\IN{\neurath}\IN{\neuratholga} und Jacobsson\IN{\jakobsonmalte} zu \uline{Hahn}\IN{\hahnhans}; Gesellschaft für Mises\IN{\mises}. Gesprochen mit Kraft\IN{\kraftvictor}, Direktor Berger\IN{\bergereins} vom Versicherungsmathematischen Institut\IO{Wien!Versicherungsmathematisches Institut}; Jacobsson\IN{\jakobsonmalte}. \tbentry{20}{3}{1930}{} Nachmittags bei Neurath\IN{\neurath}; er liest \textit{MS}\IW{\neurathneuesbuch} vor. Abends inoffizieller \uline{Zirkel}\II{\inoffiziellerzirkel} für Jacobsson\IN{\jakobsonmalte}, ohne Schlick\IN{\schlick} und Hahn\IN{\hahnhans}. Ich referiere über Konstitutionstheorie und (statt Hahn\IN{\hahnhans}) über Mathematik und Empirie, Waismann\IN{\waismann} über Wittgensteins\IN{\wittgenstein} Logik, Neurath\IN{\neurath} über Einheitswissenschaft. Diskussion über Fremdpsychisches (Analogieschluss). \tbentry{21}{3}{1930}{} 5 mit \uline{Neuräthin}\IN{\neuratholga} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}; aus Maues\IN{\maue} Briefen vorgelesen. 6 \uline{Vortrag Gomperz}\IN{\gomperz}, Philosophische Gesellschaft\II{\philosophischegesellschaft}: ,,Kann die Deduktion zu ,neuen` Ergebnissen führen?{}`` Klar und verständlich und vorsichtig ge\-\tbtwoA{459}sprochen. Ich spreche in der Diskussion,~\neueseite{539691} kann dem Meisten zustimmen. Stelle Definition für ,,logisch neu`` auf ($q$ enthält Neues, wenn möglich ist, dass $p$~wahr und $q$~falsch). \uline{Zu Kraft\IN{\kraftvictor}}; Jacobsson\IN{\jakobsonmalte}, Feigl\IN{\feigl}, Blumberg\IN{\blumberg}, Neuräthin\IN{\neuratholga}. Kraft\IN{\kraftvictor} \gestrunl{} referiert über Husserls\IN{\husserl} Logik\IW{\husserllogik} und wir nehmen Stellung dazu. \tbentry{22}{3}{1930}{} \textonehalf{}\,11 Feigl\IN{\feigl}, Blumberg\IN{\blumberg}, Hempel\IN{\hempel} bei mir. Über meinen geplanten Aufsatz\IC{\konstitutionms} für Kaila\IN{\kaila}: Ergänzungen zur Konstitutionstheorie; bloße Umordnung, Induktionsaxiom.\fnE{Carnap, ,,Konstitution des Nichtgegebenen``. Vgl. TB~8.\,XI.\,1929\diaryref{TB-8-XI-1929}.} Zusammen in Breitensee\IO{Wien!Breitensee} gegessen. Nachher Hempel\IN{\hempel} noch zu mir; Bücher gegeben; über Dissertation\IW{\hempeldiss} gesprochen.\fnE{Hempel, \emph{Beiträge zur logischen Analyse des Wahrscheinlichkeitsbegriffs}.} Er möchte gern wiederkommen, es hängt von den Schulamtsverhältnissen in Berlin\IO{Berlin} ab.\fnE{Zu Hempels Tätigkeit als Mittelschullehrer in Berlin vgl. ders., ,,An Intellectual Autobiography``, 5\,ff.} Abends in Grinzing\IO{Wien!Grinzing} bei \uline{Durfees}\IN{\dorfe}\IN{\dorfefrau}. Dabei Frau Besson\IN{\besson}, spielt etwas Klavier; sie ist mit Kindern in Wien\IO{Wien}, um Musik zu studieren. Frau Durfees\IN{\dorfefrau} Bruder kommt auch, der geisteskrank gewesen ist; sehr schweigsam. Ich auch sehr schweigsam. Später alle zusammen zum \uline{Heurigen}! Die Wiener singen und werden von der Musik angesungen, aber trüber Eindruck. Frau Durfee\IN{\dorfefrau} erklärt sich als Pazifistin; ich sage, dass ich vom Pazifismus zum Sozialismus gekommen bin. Sie bringen mich im Auto nach Hause. \tbentry{23}{3}{1930}{} Gekramt, geschrieben, gepackt. \tbentry{24}{3}{1930}{Maue}\IN{\maue} 10\,\hbox{--}\,8 nach \uline{\ulinesp{München}}\IO{München}.\ort{München} 9 kommt Maue\IN{\maue} nach Hause. Ich habe Schnupfen und Kopfschmerzen, Maue\IN{\maue} unwohl. Also nur sanft zusammen. Viel über Ignatia\IN{\ina} gesprochen. Sie hat das ,,Pfäfflein``\IN{\klotzpetrus} spontan geküsst. \tbentry{25}{3}{1930}{} Faules Leben. Nachmittags mit Maue\IN{\maue}, aber auch Gittli\IN{\birgit} dabei, spazieren. Wir sprechen viel von Ignatia\IN{\ina}. Maue\IN{\maue} ist nicht eifersüchtig, merkt aber doch die stärkere Bedeutung dieser Geschichte.~\neueseite{539695}\fnA{Es folgt ein leerer Eintrag mit dem Symbol~\original{\kreis} im Datum.} %\tbentry{26}{3}{1930}{\dreieck} \tbentry{27}{3}{1930}{\kreis\kreis\ \dreieck} Abends \textonehalf{}\,7\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,9 bei \uline{Elisabeth}\IN{\elisabeth}. Schönes großes Zimmer. Sie ist munter und vergnügt, erzählt von den Kursen, der Graphologie, Maina\IN{\maina}, Hanneliese\IN{\hanneliese}. Ich von Wien\IO{Wien}, den vielen schönen Unternehmungen, Zeitschriftenplan\II{\erkenntnis} usw. \tbentry{28}{3}{1930}{} Abends \uline{Maues\IN{\maue} Tante} hier. Lebhaft und gescheit. Jetzt ruhiger, vielleicht, weil sie alleine lebt (ohne die Tochter Anneliese).\shortenpage \tbtwoA{460} \tbentry{29}{3}{1930}{\kreis} Nachmittags und abends \uline{Reichenbach}\IN{\reichenbach} hier; kommt aus Arosa\IO{Arosa}. Über Zeitschrift\II{\erkenntnis}. Über Heideggers\IN{\heidegger} Berufung nach Berlin\IO{Berlin};\fnE{Vgl. Safranski, \emph{Ein Meister aus Deutschland}, 239\,ff.} das schreckt Reichenbach\IN{\reichenbach} sehr ab, dort zu bleiben; Prag\IO{Prag}. Über Wahrscheinlichkeit und Induktion; ich sage, er muss das Induktionsproblem genauer formulieren, er meint, seine Formulierung genüge einstweilen. \tbentry{30}{3}{1930}{} Nachmittags und abends \uline{Reichenbach}\IN{\reichenbach}. \tbentry{31}{3}{1930}{\kreis\,i} Nachmittags und abends \uline{Neresheimer\IN{\neresheimer} und Lore}\IN{\lore} hier. Sehr nett mit ihnen. Ich erzähle von Wien\IO{Wien}; 2-Parteiensystem; Anti-Metaphysik; Heid\-egger\IN{\heidegger}. \tbentry{1}{4}{1930}{} Vormittags bei \uline{Elisabeth}\IN{\elisabeth}. Ich bringe Tulpen, sie freut sich sehr. Hilde Carnap\IN{\carnaphilde} ist in München\IO{München}; sie hat erzählt, wie die Ronsdorfer\IO{Wuppertal!Ronsdorf} (Otto\IN{\kreitzotto}, Lies\IN{\lies}) über uns lästern. Dadurch ist in Elisabeth\IN{\elisabeth}, die schon schön ruhig war, wieder Altes aufgebrochen; Tränlein, aber bald Beruhigung. Graphologische Analyse von Ignatia\IN{\ina}. Aber Brüderles\IN{\johannes}~\neueseite{539705} Weichheit und Gefährdetheit; sie würde Landerziehungsheim für ihn wünschen. Annemarie\IN{\annemarie} \sout{und Hanneliese}\IN{\hanneliese} gut entwickelt; sie erzählt von ihrer sexuellen Aufklärung bei ihr. Mittags Nachricht von Gramm\IN{\gramm}: kommt 9. zurück, ich muss also 8. abreisen. Plötzlich scheint's uns so kurz, das gibt Stimmungserschwerungen. Abends ,,Kino der Urzeit``, mit Maue\IN{\maue}; lustig. Danach Missverständnisse; Maue\IN{\maue} geht mit \unsicher{Silos} Wagner und anderen, dann nach Hause; ich noch 1~Stunde Caf\'{e} mit Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde}, Tschicholds\IN{\tschichold}\IN{\tschicholdfrau}, Irmgard Peters\IN{\petersirmgard} und ihrem Freund von Königswald\IN{\koenigswald}. \tbentry{2}{4}{1930}{\kreis} Vormittags mit \uline{Rohs}\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} im Nymphenburger Park\IO{München!Schlosspark Nymphenburg}. Pläne gemacht: Seefeld\IO{Seefeld}; auch: Auto nach Bozen\IO{Bozen}, dazu müssten aber beide erst Examen machen, daraus wird sicher nichts werden. Mittags bei Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde}. Maue\IN{\maue} kommt aus Angst vor Unpünktlichkeit der Rückkehr nicht mit. Inzwischen ist bei Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} eingebrochen: 32\,\textit{M} fehlen. Schöne Wohnung! Helle weiße Zimmer. Nach Tisch \uline{Tschicholds}\IN{\tschichold}\IN{\tschicholdfrau} kurz besucht, auch \unll\ ganz weiße kahle Zimmer, für mich anziehend. Nachmittags einige Verstimmungen mit Maue\IN{\maue}; hervorgerufen durch plötzlichen Eindruck der Kürze meines Hierseins: Gramm\IN{\gramm} kommt 9. zurück. Abends bei \uline{Neresens}\IN{\neresheimer}\IN{\lore}. Ich fühle mich sehr wohl. Maue\IN{\maue} schüttet ihr Herz \editorstr{über} aus; Lore\IN{\lore} hilft rührend mit gütigem Verstehen. Über die Psychologie meiner langen Leitung (Sehen aller Möglichkeiten). Maue\IN{\maue} wird wieder ganz gut gestimmt. Taxi zurück.\shortenpage \tbtwoA{461} \tbentry{3}{4}{1930}{} Vormittags zu \uline{Elisabeth}\IN{\elisabeth}. Etwas im Englischen Garten\IO{München!Englischer Garten} spazieren. Dann bei ihr Mittag gegessen. Finanzierung von Brüderles\IN{\johannes} \textit{DLEH}\II{\landerziehungsheimgebesee} beraten; wenn Hanneliese\IN{\hanneliese} nicht mehr mehr kostet, könnte ich 150 zahlen (oder: Schulgeld,~\neueseite{539701} falls auf \nicefrac{2}{3}, etwa~110, ermäßigt; und die Nebenrechnungen von dort, etwa~40). Elisabeth\IN{\elisabeth} könnte das übrige zahlen, falls Haus verkauft. Für die teure Koli Bazillenkur will ich \nicefrac{1}{3} zahlen. Wir rufen Hilde Carnap\IN{\carnaphilde} an, damit ich sie doch spreche. Elisabeth\IN{\elisabeth} will die Briefe der Ignatia\IN{\ina} noch behalten; sie möchte sie ganz abtippen! Als charakteristisches Zeitdokument; möchte mehr Schriftproben; hierauf lasse ich aber keine ab; vielleicht später. Sie erzählt, dass Christiansen\IN{\christiansen} kleine Schrift über Heidegger\IN{\heidegger} und mich schreiben will (spielendes Denken, positiv und negativ).\fnE{Dieses Buch kam nicht zustande.} Über Möbel in Wiesneck\IO{Wiesneck}. Ich schlage ihr einen Ordnungsplan für ihr Schriftenarchiv vor, den sie sich eifrig notiert. Wir verstehen uns sehr gut. \textonehalf{}\,3 Elisabeth\IN{\elisabeth} weg, ich ruhe mich aus. 4 kommt \uline{Hilde Carnap}\IN{\carnaphilde}. Agnes\IN{\agnes} hatte Elisabeth\IN{\elisabeth} gebeten, ihr nichts von unseren Geschichten zu erzählen; wir beschlossen aber, es doch zu tun. Und sie versteht es nun alles viel besser, obwohl ihr manches unverständlich bleibt, besonders, dass ich die Frau\IN{\maue} nicht zu mir nehme. Plötzlich erscheint \uline{Maina}\IN{\maina} mit Almuth\IN{\almut}. Wir gehen etwas im Englischen Garten\IO{München!Englischer Garten} spazieren. Maue\IN{\maue} bittet \uline{Maina}\IN{\maina} zum Abendessen zu uns; sie erzählt von Gerhards\IN{\gerhard} Darmentzündung, hält es für psychisch verursacht; \sout{es soll} sie werden entweder nach Bremerhaven\IO{Bremerhaven} zurückkehren, oder Gerhard\IN{\gerhard} erst in der Elmau\IO{Elmau} gesundpflegen und dann das Gut pachten. \tbentry{4}{4}{1930}{} Nachmittags \uline{Maina}\IN{\maina} bei uns. Ich mit ihr Nymphenburger Park\IO{München!Schlosspark Nymphenburg}. Sie ist in passiver Stimmung, gelähmt, wegen Ungewissheit der Zukunft. Sie möchte von Gerhard\IN{\gerhard} weg; ihr Vater\IN{\muellerjohannes} aber will, dass sie bei Gerhard\IN{\gerhard}~\neueseite{539703} bleibt und sogar noch ein Kind kriegt! Walter\IN{\walterm} liebt sie sehr, sie ihn aber körperlich nicht, könne ihn daher nicht heiraten. 7\,\textonequarter{}\,\hbox{--}\,8\,\textonehalf{} bei Fräulein \uline{von Brasch}\IN{\brasch}. Elisabeth\IN{\elisabeth} habe sich sehr an sie angelehnt, und sie sei ihr dadurch nahegekommen. Sie werde gut graphologisch \sout{unter} mit einem anderen arbeiten können, aber nicht selbständig; das reibe auch sehr auf; schwere Verantwortung. Untersuchung der \uline{Handlinien}; sie nimmt Abdrücke von meinen;\fnE{Vgl. die auf diesen Tag datierten Handabdrücke (\href{http://doi.org/10.48666/808122}{RC~021"~74"~09}).} ich soll später wiederkommen, um Entwicklung zu untersuchen; besonders in meinem 40.~Jahre (oder mit 40~Jahren) stehe eine Entscheidung bevor, vielleicht Erfolg nach außen; sie möchte sehen, ob das eintritt. Die künstlerische Linie ist stark; die Kopflinie; das 1.~Liebeserlebnis mit 18 oder 19~Jahren, als ich sage, \tbtwoA{462} dass das nicht stimmt, fragt sie, wann ich Elisabeth\IN{\elisabeth} kennengelernt; mit 21~Jahren, das nimmt sie aber als gute Bestätigung! Zu Hause \unsicher{Halmast} erklärt; Maue\IN{\maue} will nicht aufwachen, ich suche mein Abendbrot in der Küche. Später kommt sie weinend in mein Bett. \tbentry{5}{4}{1930}{\kreis} Wir vertragen uns wieder, nach ausführlicher Aussprache. Maue\IN{\maue} meint, ich bin zu viel weggewesen. \uline{Maina}\IN{\maina} kommt nicht; ich fahre hin, gehe 6\,\hbox{--}\,7 mit ihr und Almuth\IN{\almut} auf der Straße spazieren, eingehängt, zweimal treffen wir Bekannte von ihr. Wiener Besuch ist unsicher; Gerhards\IN{\gerhard} Einwilligung notwendig, jetzt aber schwer zu bekommen. Zu \uline{Neresens}\IN{\neresheimer}\IN{\lore}, später auch Maue\IN{\maue}. Sie schüttet ihr Herz über mich aus, dass ich zu viel wegginge. Ich erkläre, dass diese Tatsachen nicht stimmen, wohl aber Maue\IN{\maue} durch Größeres belastet sei. Lore\IN{\lore} redet Maue\IN{\maue} gut zu, nicht ihrer Stimmung nachzugeben, sich nicht \sout{leicht} leidzutun. Wir vertragen~\neueseite{539709} uns sehr gut. Neres\IN{\neresheimer} spielt Spinett: Bach\IN{\bach}, Galuppi\IN{\galuppi}, Caspar Fischer\IN{\fischercaspar} usw., sehr schön. Taxi heim. Dann sehr schönes Zusammensein, nach~2 keuschen Nächten. \tbentry{6}{4}{1930}{\kreis} Fauler Sonntag. Nachmittags nur Familie im Haus. Auch mal in den Garten. \tbentry{7}{4}{1930}{\kreis} Mit Maue\IN{\maue} spazieren, in Nymphenburger Park\IO{München!Schlosspark Nymphenburg}. \tbentry{8}{4}{1930}{} \sout{Nachmittags} Mittags bei \uline{Weils}\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude}. Frau Weil\IN{\weilgertrude} ist, wie ihre Möbel, eine Mischung von Mystik und Disziplin; das möchte sie aber nicht ganz zugeben. Nachts brav; viel geredet. Kindererziehung, jetzt gut. Unsere Zeit jetzt war zu sehr gestört durch Kinderbetrieb; auch in den Zeiten, wo ich im Hause war, hatte ich Maue\IN{\maue} zu wenig, konnte aber doch nicht in den übrigen Zeiten ruhig arbeiten. Also zu kleiner Nutzeffekt. Also: lieber anderswo treffen, solange die Kinder so klein, besonders der Säugling. \tbentry{9}{4}{1930}{} \gestrunl\ Mit Maue\IN{\maue} im Botanischen Garten\IO{München!Botanischer Garten} spazieren. 3\,\hbox{--}\,8 nach \uline{Seefeld}\IO{Seefeld},\ort{Seefeld} Haus Edelweiß\IO{Seefeld!Haus Edelweiß}. Einziger Gast. \tbentry{10}{4}{1930}{} Spazieren gegangen, kühl. \tbentry{11}{4}{1930}{\strich} \textwh{Spazieren gegangen}, wärmer. Auch draußen gelegen. Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} Buch\IW{\kaufmanndasunendliche}\fnE{Vermutlich Kaufmann, \emph{Das Unendliche in der Mathematik und seine Ausschaltung}.} gelesen, Füllhalter verloren (Post). Abends frierendes Zimmer, weil schwach geheizt. Ich wäre lieber in Wien\IO{Wien}, will aber Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} abwarten; sie kommen anstatt \textit{Sa} erst \textit{Mo}. \tbentry{12}{4}{1930}{} Ebenso. \tbtwoA{463} \tbentry{13}{4}{1930}{} Mittags kommen \uline{Weils}\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude} mit 8"~jähriger Hanna\IN{\hannaweil}. Ferner Frau Professor~\neueseite{539717} \uline{Prandtl\IN{\prandtlfrau}} (Professor der Chemie in München\IO{München}), mit 16"~jährigem Sohn. Schöne, gescheite Wienerin; wir reden viel über die Wiener, ich greife an, sie verteidigt; besonders weil sie glücklicher leben als die gehetzten Berliner. Nachmittags alle nach \uline{Mösern}\IO{Mösern}. \tbentry{14}{4}{1930}{} Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} kommen erst morgen. Kalt, Regen und Schnee. Abends mit Weil\IN{\weilernst} und Frau Prandtl\IN{\prandtlfrau} über Sozialismus. \tbentry{15}{4}{1930}{} Franz\IN{\rohfranz} telefoniert: kommt erst morgen. Ich entschließe mich, Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} lieber in München\IO{München} aufzusuchen. \textonehalf{}\,6\,\hbox{--}\,9 nach \uline{\ulinesp{München}}\IO{München}.\ort{München} Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} an der Bahn. Zusammen essen gegangen. Bei Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} gewohnt. \tbentry{16}{4}{1930}{\kreis} Vormittags kommt \uline{Maue}\IN{\maue} \gestrunl\ Wir reden ihr zu, bis nachmittags zu bleiben. Beim Mittagsschlaf \kreis~i. 6\textsuperscript{h}~bringen wir sie im Auto nach Hause. Gittli\IN{\birgit} ist sehr überrascht, mich zu sehen, fremdelt. Wir nehmen Gramm\IN{\gramm} mit ins Kino; ,,Der weiße Teufel``, mit Iwan Mosjukin\IN{\mosjukin}, nach Tolstojs\IN{\tolstoj} ,,Hadschi Murat``\IW{\tolstojhadschi}, kaukasische Geschichte; Tonfilm, sehr gut. \tbentry{17}{4}{1930}{} Franz\IN{\rohfranz} fragt, warum ich Tschich\editor{olds}\IN{\tschichold}\IN{\tschicholdfrau} nicht besucht habe; ich sage, weil er Maue\IN{\maue} erzählt habe, dass sie keinen großen Wert darauf gelegt haben, mich in Seefeld\IO{Seefeld} zu treffen. 9\,\hbox{--}\,6 \ulinesp{nach} \uline{\ulinesp{Wien}\IO{Wien}}.\ort{Wien} \tbentry{18}{4}{1930}{\kreis} 5 \textsuperscript{h} kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. Noch auf dem Diwan, in Kleidern, \kreis~i. Viel gesprochen; ihre Krankheit (Nierenentzündung; vor Schreck auch vom Dermatologen untersuchen lassen); Verhütung; Maues\IN{\maue} Empfindungen. Lange gegessen, sie schon im Bett. Zusammen etwas geschlafen. Bis~\textthreequarters{}\,2. \tbentry{19}{4}{1930}{\kreis} Ina\IN{\ina} früh ins Büro. Mittags zusammen im Rathauskeller\IO{Wien!Rathauskeller}. Dann Pessar\fnE{Mechanisches Verhütungsmittel für Frauen.} gekauft. Ina\IN{\ina} zum Arzt. Sie kommt dann um~6, \uline{bleibt bis \textit{Di} früh}.~\neueseite{539715} Sie erzählt von der erotischen Technik, die sie von den Männern gelernt hat. (Ich bin der~10.!). Bis~2. \tbentry{20}{4}{1930}{\dreieck\ Ostern} Erst mittags aufgestanden. Gebadet, dabei \kreis\, mit den Händen. Abends etwas spazieren, Flötzersteig\IO{Wien!Flötzersteig}. Keusche Nacht, viel erzählt aus ihrer Vergangenheit. Nach der Trennung von der Freundin warf sie sich weg; sie fürchtet das gleiche wieder, wenn wieder Trennung kommt. Bis~\textonehalf{}\,3. \tbtwoA{464} \tbentry{21}{4}{1930}{\kreis\ Maue}\IN{\maue} Spaziergang in den Wald hinauf. Ich kränke sie durch ein rohes Wort über ihre Vergangenheit und Perversitäten. Ins Restaurant am Steinbruch\IO{Restaurant am Steinbruch}, plötzlich essen wir gar nichts. Der Wald wimmelt, keine richtige Aussprache möglich. Abends theoretischer Vortrag von ihr mit Demonstration am Objekt. Später die Ausführung; auf einmal kann ich's lange. Trotz ihrer technischen Kenntnisse sagt sie, dass es jetzt neu, wie zum ersten Mal, erlebt, weil ohne Schmerzen und mit seelischer Beteiligung. Aber das zweite Mal, von ihr inszeniert, geht nicht. Dann noch lange und lieb zusammen; {\lspitz}Zahnstempel{\rspitz}, auch sie will einen sehr intensiven. Bis~2. Schöne Tage waren das; gut verstanden, gut vertragen. [Wie wird es weiter gehen? Wird Maue\IN{\maue} es vertragen auf die Dauer? Werde ich das können, Beziehung zu zwei Frauen pflegen?] \gestrunl{} \tbentry{22}{4}{1930}{} Nachmittags zu \uline{Neurath}\IN{\neurath}. Dabei Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, Rand\IN{\rand}. Neurath\IN{\neurath} liest 1.~Kapitel seines \textit{MS}\IW{\neurathneuesbuch} vor. Abends mit Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper} ins Caf\'{e}. Kasper\IN{\kasper} müde und zurückhaltend; Feigl\IN{\feigl} anscheinend etwas unsicher mit ihr; sie sieht mich oft, vermeintlich unbemerkt, länger an. %\tbentry{23}{4}{1930}{} \tbentry{24}{4}{1930}{} Mittags mit \uline{Ina}\IN{\ina} gegessen; dann zusammen im Volksgarten\IO{Wien!Volksgarten}. Sie verliert ihr schönes goldenes Armband, Familienstück. 5\,\hbox{--}\,9 bei \uline{Kaufmann}\IN{\kaufmannfelix} im Büro; dann Caf\'{e}; über sein Buch\IW{\kaufmanndasunendliche}.~\neueseite{539719} \tbentry{25}{4}{1930}{} Mittags mit Ina\IN{\ina} gegessen. \textonehalf{}\,4\,\hbox{--}\,9 bei \uline{Neurath}\IN{\neurath}. Philipp \uline{Frank}\IN{\frankphilipp} auch da; über Neuraths\IN{\neurath} \textit{MS}. Dem Museum\II{\museumneurath} geht's nicht gut, es wird abgebaut, wegen der schlechten Wirtschaftslage in Deutschland\IO{Deutschland}. Über Zeitschriftvertrag\II{\erkenntnis}.\fnE{Vgl. Brief Carnap an Felix Meiner, 26.\,IV.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/828678}{RC~013"~41"~69}).} \tbentry{26}{4}{1930}{\kreis} Nachmittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}, bis \textit{Mo} früh. Etwas spazieren. Sie ist bedrückt wegen Maue\IN{\maue}; Maue\IN{\maue} hat ihr auf ihren Brief geschrieben; und ich lese ihr von Maue\IN{\maue} vor; Maue\IN{\maue} nimmt da zurück, daß es ,,schwer`` sei; aber andermal kommen doch Tränen vor. \gestrunl\ \kreis\ {\lspitz}praes{\rspitz} (wegen Geruch des Pessars). \tbentry{27}{4}{1930}{\kreis\kreis} Morgens Karezza\fnE{In der Lebensreformbewegung verbreitete Sexualpraxis bei der der Mann auf den Samen\-erguss verzichtet.} (es glückt mir zum ersten Mal), sehr lange. Erst mittags aufgestanden; Frau Mayerhofer\IN{\mayerhofer} bringt Essen. Nachmittags spazieren, zum Steinhof\IO{Wien!Steinhof}. \kreis\ pr.; ich küsse vieles (sie alles). \tbentry{28}{4}{1930}{} Mittags mit Zeisel\IN{\zeisel}, dann \uline{Feigl}\IN{\feigl}. Berichtet über Waismanns\IN{\waismann} Stimmung gegen uns; die Auffassungen von Russell\IN{\russell} und Carnap sind total falsch; \pagebreak er wird uns Vorträge halten, arbeitet jetzt sehr fleißig; Feigl\IN{\feigl} \tbtwoA{465} fürchtet sogar Apriorismus, weil Waismann\IN{\waismann} \sout{ausdrücklich} uns ausdrücklich als ,,Empiristen`` ablehnt. Besprechung wegen Studiengruppe\II{\studiengruppe}~3\,\hbox{--}\,4. 5\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,6~\uline{Schlick}\IN{\schlick}; wir lehnen Reichenbachs\IN{\reichenbach} Entwurf eines programmatischen Aufsatzes für die Zeitschrift\II{\erkenntnis} entschieden ab.\fnE{Vgl. Carnap an Reichenbach, 29.\,IV.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/828680}{RC~013"~41"~66}).} Schlick\IN{\schlick} fährt zu Vortrag nach Frankfurt\IO{Frankfurt}; dann Darmstadt\IO{Darmstadt} (Lila\IN{\lila}). Abends \uline{Kasper}\IN{\kasper} bei mir. Ich ermutige sie zur Arbeit über das Fremdpsychische. Es geht ihr nicht gut, sie hat psychoanalytische Behandlung angefangen. \tbentry{29}{4}{1930}{} Briefe. ,,Alte und neue Logik``\IC{\alteneuelogik} geschrieben.\fnE{Carnap, ,,Die Alte und die neue Logik``.}~\neueseite{539711} \tbentry{30}{4}{1930}{} 7\textsuperscript{h} \uline{Franz Roh}\IN{\rohfranz} kommt an, wohnt bei mir. Logik\IC{\alteneuelogik} gearbeitet. Abends mit Franz\IN{\rohfranz} und Neuraths\IN{\neurath}\IN{\neuratholga} bei \sout{zu} {\lspitz}Weingart{\rspitz}\IN{\weingart}. Spät nachts zeigt Neurath\IN{\neurath} noch die Museen\IO{Wien!Museen im Rathaus}\II{\museumneurath} im Rathaus\IO{Wien!Rathaus} und Parkring\IO{Wien!Parkring}. \tbentry{1}{5}{1930}{} Franz\IN{\rohfranz} wieder ganzen Tag beschäftigt. Ich schreibe Logik\IC{\alteneuelogik}. \textonehalf{}\,7 mit Franz\IN{\rohfranz} ins Fotografische Atelier von Trude \uline{Fleischmann}\IN{\fleischmanntrude}, Eben\-dorfer Straße\IO{Wien!Ebendorfer Straße}~3; auf Veranlassung von \uline{Ina}\IN{\ina}, die auch dort ist. (Wir nennen uns~,,Sie``!). Franz\IN{\rohfranz} besieht die Fotos, findet sie aber \editor{zu} konservativ für die Ausstellung. An der Wand Aktbild von Ina\IN{\ina}, Bilder vom Abt (Erzabt Petrus Klotz\IN{\klotzpetrus} in Salzburg\IO{Salzburg}), Doktor Ernst Wagner\IN{\wagnerernst} (Autor einer idealistischen Ästhetik\IW{\wagnerverwandlung} bei Diederichs\II{\diederichsverlag},\fnE{Vermutlich Wagner, \emph{Verwandlung der Erde}.} Freund der Fleischmann\IN{\fleischmanntrude}, der auch Freund von Ina\IN{\ina} gewesen ist, die das nicht wusste), der ist auch selbst da. Noch verschiedene Gäste. 7\,\textthreequarters{} mit Franz\IN{\rohfranz} zum Caf\'{e} Kronprinz\IO{Wien!Caf\'{e} Kronprinz}. Dort \uline{Neurath}\IN{\neurath} und Feigl\IN{\feigl}, später Zeisel\IN{\zeisel} und Philipp Frank\IN{\frankphilipp}. Diskussion Neurath\IN{\neurath} (wettet~50\,\textit{S}!) und Zeisel\IN{\zeisel}, ob Kostenberechnung im Sozialismus möglich.\fnE{Vgl. TB~13.\,II.\,1930\diaryref{TB-13-II-1930}.} 12\textsuperscript{h} zu Hause. Franz\IN{\rohfranz} hat noch Besprechungen, kommt erst \textonequarter{} vor~3! \tbentry{2}{5}{1930}{} Franz\IN{\rohfranz} schläft wieder ein, in Hetze weg, 7\textsuperscript{h} nach Dresden\IO{Dresden}; \gestrunl\ Berlin\IO{Berlin} (zu Lucia\IN{\luzia}). Hilde\IN{\rohhilde} ruft an. Mittags in Neuraths\IN{\neurath} neuer Wohnung am Gaudenzdorfer Gürtel\IO{Wien!Gaudenzdorfer Gürtel}. Neider\IN{\neider} kommt; über die geplante Diskussion bei Bühler\II{\buehlerscolloquium}\IN{\buehlerkarl}. Logik\IC{\alteneuelogik} fertiggeschrieben (1.~Entwurf). \tbentry{3}{5}{1930}{\kreis} Nachmittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. \kreis\ {\lspitz}spontan{\rspitz} (wegen Geruch des Pessars).~\neueseite{539713} \tbentry{4}{5}{1930}{\dreieck} Morgens \dreieck\ Mund zum ersten Mal. Mittags Ina\IN{\ina} ins Büro, 3\textsuperscript{h} zurück. Spazieren. Viel über Maue\IN{\maue} gesprochen. Ina\IN{\ina} \uline{tippt} nach meinem Dik\-\tbtwoA{466}tat ,,\mbox{Alte} und neue Logik``\IC{\alteneuelogik}; es macht ihr Spaß, sie verbessert meinen Stil (Bandwurmsätze). Sie hat Angst, die nächsten Tage hier zu wohnen (sie will Krankheitsurlaub nehmen), Angst, mir lästig zu werden. Wir überlegen ihren Vorlesungsplan; Berufspläne. Abends bin ich müde, daher \textonehalf{}\,12 schlafen gegangen; sie sagt, die nur seelische, nicht lokale Erregung am Morgen macht Lösung nicht unbedingt nötig. \tbentry{5}{5}{1930}{} ,,Logik``\IC{\alteneuelogik} nochmal durchgearbeitet. Ina\IN{\ina} früh ins Hahn\IN{\hahnhans} Kolleg~(9\textsuperscript{h}). Mittags Ina\IN{\ina} Breitensee\IO{Wien!Breitensee} getroffen. Abends Marxismus\II{\neurathzirkel};\fnE{Vgl. das neunseitige maschinschriftliche Protokoll dieser Diskussion (\href{http://doi.org/10.48666/808114}{RC~029"~18"~01}).} dabei Ina\IN{\ina} als Fremde. \tbentry{6}{5}{1930}{\kreis} Nachmittags Ina\IN{\ina}; Logik\IC{\alteneuelogik} diktiert. Zusammen zum Waismann\IN{\waismann}-Vor\-trag ,,Das Wesen der Logik``;\fnE{Ein Typoskript (19\,S.) zum Vortrag liegt im Nachlass von Friedrich Waismann, University of Oxford.} er spricht furchtbar gehemmt, lange Stockungen, daher auch pädagogisch nicht gut. Nachher mit Ina\IN{\ina} hinaus. \kreis~(sp.) weil Kalender bald droht; sehr schön. Bis~\textonehalf{}\,1. \tbentry{7}{5}{1930}{} 5\,\hbox{--}\,7 erste \uline{Vorlesung}, Grundlagen der Geometrie. Etwa 80~Hörer, ich muss in den großen Hörsaal (Mathematisches Seminar) hinübergehen. Ina\IN{\ina} dabei. Nachher mit ihr zu mir. Brav zusammen. \tbentry{8}{5}{1930}{} 4\,\hbox{--}\,5 Vorbesprechung der \uline{Übungen}: Logische Probleme. Vorverlegung auf \textonehalf{}\,4\,\hbox{--}\,5 (statt \textonehalf{}\,5\,\hbox{--}\,6), weil viele in Bühlers\IN{\buehlerkarl} Vorlesung ,,Theorie der Sprache`` wollen. Mit Feigl\IN{\feigl} ins Josephinum\IO{Wien!Josephinum}; der Schwede Doktor Petzäll\IN{\petzaell}. 7\textsuperscript{h}~\uline{Schlick}\IN{\schlick} und \uline{Hahn}\IN{\hahnhans}; über Reichenbach\IN{\reichenbach} und Zeitschrift\II{\erkenntnis}. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}; \uline{Waismann\IN{\waismann}} 1. Vortrag, ohne Diskussion. Über ,,Wittgensteins\IN{\wittgenstein} Philosophie gegen Russells\IN{\russell}``.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} Sehr klar und interessant. Russells\IN{\russell} Vermengung von Menge und System; empirische Gesamtheit von Dingen und System von Zahlen, Raumpunkten, Zeitpunkten. Scheint mir richtig. Unterschied zwischen Tautologie und Gleichung. \tbentry{9}{5}{1930}{\kreis} Mittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina} und kocht für uns zu Mittag. Nachmittags ,,Logik``\IC{\alteneuelogik} getippt zusammen. \tbentry{10}{5}{1930}{} Mittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. Getippt. Abends \uline{mein Referat} in der Sozialistischen Arbeitsgemeinschaft\II{\sozialistischearbeitsgemeinschaft} (Hélène Bauer\IN{\bauerhelene}) über ,,Die materialistische Basis der Wissenschaft``.\fnE{Siehe die kurzschriftliche Skizze dazu (\href{http://doi.org/10.48666/808127}{RC~110"~07"~39}).}~\neueseite{539723} \tbtwoA{467} Gut besucht. Ziemlich verständige Diskussion; große Bedenken gegen die Übersetzung des Fremdpsychischen, es sei für die Sozialwissenschaft unentbehrlich; Kelsens\IN{\kelsen} Normwissenschaft; Zilsel\IN{\zilsel}: empirische Forschung sei jetzt wichtiger als logische Analyse; wozu diese Sachen? Dagegen Zeisel\IN{\zeisel}: Funktionen des Kontrolleurs. \tbentry{11}{5}{1930}{} Morgens Kar. Nachmittags getippt, Logik\IC{\alteneuelogik} fertig. Ich trage lange Strümpfe und Schlupfhose. \tbentry{12}{5}{1930}{} Nachmittags \uline{Frau Cloos\IN{\clooselisabeth}} im Josephinum\IO{Wien!Josephinum} (dort zufällig auch Ina\IN{\ina}!). Sie will in Wien bleiben. Hans\IN{\clooshans} hat in Bonn\IO{Bonn} eine Freundin (Schwägerin seiner Frau), will sich vielleicht scheiden lassen. Mit \uline{Neurath}\IN{\neurath}. Über Reichenbach\IN{\reichenbach}. Mit Neurath\IN{\neurath} und Neuräthin\IN{\neuratholga} zusammen gegessen. \textonehalf{}\,8 \uline{Marxismus}\II{\neurathzirkel}. Interessant. Die heutigen Ideologien. \tbentry{13}{5}{1930}{\kreis} Vormittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}, ist endlich unwohl, nach viel Chinin schlucken. Ich arbeite für Vorlesung. Wir bleiben mittags zu Hause. Sie ist müde. \kreis\ (pr.)! \tbentry{14}{5}{1930}{} Ina\IN{\ina} ist müde, geht nicht ins Kolleg, aber doch ins Büro; zum ersten Mal nach dem Krankheitsurlaub. Morgens Schwindel und Erbrechen. 5~Vorlesung; nachher will Ina\IN{\ina} nach Hause, \sout{um mir} damit ich einen Abend alleine habe. \tbentry{15}{5}{1930}{} \textonehalf{}\,4~Übungen. 5~mit \uline{Feigl}\IN{\feigl}; über meine ,,Alte und neue Logik``\IC{\alteneuelogik}. Er wünscht noch Einfügung über Induktion; aber das würde zu umständlich. 7~Schlick\IN{\schlick}. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Waismanns\IN{\waismann} 2. Vortrag; über Zahlen;\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} er greift Russells\IN{\russell} schlechte Definition von~,,5`` an; die gute (in \textit{PM}\IW{\principiamathematica}) erwähnt er nicht. \tbentry{16}{5}{1930}{} Nachmittags Caf\'{e} Kolonnaden\IO{Wien!Caf\'{e} Kolonnaden}: mit Neurath\IN{\neurath} und Neider\IN{\neider} wegen Plan der Diskussion bei~\neueseite{539725} Bühler\II{\buehlerscolloquium}\IN{\buehlerkarl}. Später Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld} dabei. Neurath\IN{\neurath} liest beabsichtigtes Referat vor.\fnE{Vgl. das siebenseitige Typoskript ,,Einheitlichkeit der Gegenstände aller Wissenschaften`` (\href{http://doi.org/10.48666/808129}{RC~029"~17"~06}).} Ich kritisiere verschiedene Formulierungen. Meiner These, dass alle Aussagen der Psychologie in physikalischer Sprache ausdrückbar sind, stimmt Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld} zu!, hält sie aber für trivial! \gestrunl\ Daraufhin vereinbaren wir, den Plan fallen zu lassen. \tbtwoA{468} Abends \uline{Waismann}\IN{\waismann} und Frau\IN{\waismannfrau} bei mir. Wir verstehen uns gut, trotz der Spannung, die zwischen W\IN{\wittgenstein}\IN{\waismann}\fnE{Nach Carnaps kurzschriftlicher Logik würde die Kurzschreibweise für ,,Waismann`` stehen. Inhaltlich schiene aber ,,Wittgenstein`` ebenso plausibel.} und dem Kreis\II{\schlickzirkel} besteht. Ich berichte von den Schwierigkeiten mit Reichenbach\IN{\reichenbach}. Lese aus der kuriosen Schrift\IW{\thoeneschrift} von {\lspitz}Thoene{\rspitz}\IN{\thoene} vor.\fnE{Vielleicht Thoene, \emph{Weltanschauungslehre vom Standpunkte der heutigen Naturkunde aus aufgestellt}.} \tbentry{17}{5}{1930}{\kreis} 4\textsuperscript{h} kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. Müde. \tbentry{18}{5}{1930}{} Vormittags Kar. Etwas spazieren. Ina\IN{\ina} müde, daher nichts gearbeitet. Ich erzähle von Wiesneck\IO{Wiesneck}, Scheidung, Grete\IN{\grete}, Hanne\IN{\hanne} usw. Sie ermahnt abends zur Bravheit, weil ich müde bin; ihr macht es nichts; sie sorgt sehr dafür, dass ich nach den Tagen mit ihr nicht müde sein soll. \tbentry{19}{5}{1930}{} Brief von Elisabeth\IN{\elisabeth} (über Maue\IN{\maue}, Maina\IN{\maina}, Hanne\IN{\hanne} und mein Leben), Hanne\IN{\hanne}, Maina\IN{\maina}, Agnes\IN{\agnes}.\fnE{Elisabeth an Rudolf Carnap, 16.\,V.\,1930 (025-32-67).\baustellex{BIO}} Abends \uline{Studiengruppe}\II{\studiengruppe}; vorher Vorbesprechung. \uline{Hartmann}\IN{\hartmannheinz} ,,Die Psychoanalyse und das Problem der Illusionen``. Interessante Diskussion; \ulinesp{Dr.~Wälder}\IN{\waelder}: Die Wissenschaft gibt Deutung. \tbentry{20}{5}{1930}{Maue?} Abends \uline{mein Vortrag im Machverein\II{\machverein}} ,,Einheitswissenschaft auf physikalischer Basis``.\fnE{Vgl. die zweiseitige kurzschriftliche Vortragsskizze (\href{http://doi.org/10.48666/808131}{RC~110"~07"~29}) sowie den in \emph{Erkenntnis}~1, 1930, 77 veröffentlichten Abstract zu Carnaps Vortrag.} Nicht viele Hörer; gelingt gut. \tbentry{21}{5}{1930}{\kreis} 5 Vorlesung; statt Hörsaal für theoretische Physik\IO{Wien!Hörsaal für theoretische Physik} doch wieder großer Hörsaal des Mathematischen Instituts\IO{Wien!Mathematisches Institut} \textonehalf{}\,6\,\hbox{--}\,7. Einigung mit Professor Prey\IN{\prey}. Nachher kommt \uline{Ina}\IN{\ina} mit hinaus. \tbentry{22}{5}{1930}{Maue}\IN{\maue} \textonehalf{}\,4 Übungen. \textonehalf{}\,6 Josephinum\IO{Wien!Josephinum}: {\lspitz}Boschan{\rspitz}\IN{\boschan}. \textonehalf{}\,7 Schlick\IN{\schlick}. 8~Neurath\IN{\neurath} abgeholt (bis \textonehalf{}\,9 gewartet). \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}, Waismann\IN{\waismann}, 3.~Vortrag.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).}{\tolerance1000\par} \tbentry{23}{5}{1930}{\kreis} 1\textsuperscript{h} kommen plötzlich Dr.~\uline{Eisen}\IN{\eisen} und Frau, aus Halle\IO{Halle}, waren bei der Prager Tagung\II{\pragertagung}. Gibt mir Schrift über Mauthner\IN{\mauthner}\IW{\eisenschrift}.\fnE{Vermutlich Eisen, \emph{Fritz Mauthners Kritik der Sprache}.} Mittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}; Tränen getrocknet \kreis\ sp.~\neueseite{539721} \tbentry{24}{5}{1930}{} Beide getrennt gearbeitet. Nachmittags zu \uline{Bühler}\IN{\buehlerkarl}; Gomperz\IN{\gomperz}-Zirkel\II{\gomperzzirkel}. Kröner\IN{\kroenerfranz} referiert über \uline{Heidegger}\IN{\heidegger}, Sein und Zeit\IW{\heideggerseinundzeit} (2.~Referat, das 1. habe ich nicht gehört). Lebhafte Interpretationsversuche, wobei ich mit Büh\-\tbtwoA{469}ler\IN{\buehlerkarl}, Gomperz\IN{\gomperz}, Hahn\IN{\hahnhans} ziemlich einig bin. Ich erzähle von Davos\IO{Davos}\II{\davoserhochschulkurs}: Heidegger\IN{\heidegger}~\hbox{--}~Cassirer\IN{\cassirerernst}.\fnE{Vgl. TB~18.\,III.\,1929\diaryref{TB-18-III-1929}.} \uline{Bühler}\IN{\buehlerkarl} wünscht mein Referat für \textit{Mi}. \uline{Doktor Eisen}\IN{\eisen} und Frau mit uns (Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, Rand\IN{\rand}) im Caf\'{e}. Er referiert über Mauthner\IN{\mauthner}; wir sind im Ganzen einig; einige logische Differenzen. \tbentry{25}{5}{1930}{} Vormittags Kar. Spazieren. Nachmittags Waismanns\IN{\waismann} Proseminar\-aufzeichnungen~I durchgesprochen. Schlecht geschlafen. \tbentry{26}{5}{1930}{} \textonehalf{}\,7 Vorbesprechung, \textonehalf{}\,8 Studiengruppe\II{\studiengruppe}: Professor Strigl\IN{\stringl} über: die ökonomischen Kategorien. (Ina\IN{\ina} mit Halsschmerzen im Bett). \tbentry{27}{5}{1930}{} Für Vorlesung und morgigen Vortrag gearbeitet. \tbentry{28}{5}{1930}{} \textwh{Für Vorlesung und morgigen Vortrag gearbeitet.} \textonehalf{}\,6 Vorlesung. 6\,\textthreequarters{}\,\hbox{--}\,8 \uline{mein Vortrag} in Bühlers\IN{\buehlerkarl} Colloquium\II{\buehlerscolloquium} ,,Die Psychologie im Rahmen der Einheitswissenschaft``;\fnE{Siehe die zweiseitige kurzschriftliche Vortragsskizze (\href{http://doi.org/10.48666/808133}{RC~110"~07"~40}) sowie das einseitige Typoskript (\href{http://doi.org/10.48666/808135}{RC~110"~03"~33}).} die physikalische Sprache als totale Sprache, das behavioristische Prinzip. Kurze Entgegnung von Bühler\IN{\buehlerkarl}; Diskussion wird auf nächsten \textit{Mi} verschoben. Ina\IN{\ina} stenographiert. Nachher an langer Tafel beim Pilsner\IO{Wien!Pilsner} draußen gesessen. Heftige Diskussion mit Bühler\IN{\buehlerkarl} (Strukturaussagen, z.\,B. Farbkörper, sind nicht physikalisch und doch intersubjektivierbar) und Brunswik\IN{\brunswik}. Frau Bühler\IN{\buehlercharlotte} macht fehlgehende Bemerkung und ist auf meine scharfe Erwiderung hin eingeschnappt, nachher unfreundlich zur Rand\IN{\rand}. \ulinesp{Ina}\IN{\ina} bei mir, mit \ulinesp{Angina}. \tbentry{29}{5}{1930}{Himmelfahrt} (Keine Übungen). Ina\IN{\ina} zu Bett. Ich arbeite. \tbentry{30}{5}{1930}{} Mittags mit \uline{Schlick}\IN{\schlick}. Er will morgen Gesuch um Professortitel einreichen.\fnE{Vgl. Personalakte Rudolf Carnap (UW). Das dort zu findende Ansuchen ist auf den 28.\,V.\,1930 datiert und trägt einen Eingangsstempel mit dem Datum 31.\,V.\,1930.} Nachmittags Englisch mit Blumberg\IN{\blumberg}, Feigl\IN{\feigl}, Zeisel\IN{\zeisel} im Psychologischen Institut\IO{Wien!Psychologisches Institut}.~\neueseite{539729} Abends Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper} bei mir. \tbentry{31}{5}{1930}{\kreis} Mittags mit \uline{Neurath}\IN{\neurath}. Über \uline{Nationalökonomie}; systematisch nicht möglich, sondern nur wie Maschinenlehre oder Biologie: Theorie einiger zufälliger \gestrunl\ Strukturen, nicht System aller möglichen; z.\,B. Geldwirtschaft, sozialistische Wirtschaft, usw. Abends \uline{Ina}\IN{\ina}. \tbtwoA{470} \tbentry{1}{6}{1930}{\kreis} Von Maja\IN{\maja} erzählt. Ina\IN{\ina} tippt Vortragsstenogramm,\fnE{Vgl. TB~28.\,V.\,1930\diaryref{TB-28-V-1930}.} während ich Abendessen richte: {\lspitz}Eierkuchen{\rspitz}, Salat. \tbentry{2}{6}{1930}{} Mittags nach \uline{Grinzing}\IO{Wien!Grinzing}, zu Ina\IN{\ina} in die Baracke, zum ersten Mal. In ihrem Sonnenbad, zuerst auch andere Leute, später allein. Am Tisch gegessen, dann im Gras auf Leintuch gelegen. Sonne, mal Schatten. Bis~5\textsuperscript{h}. Mit Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}, Brunswik\IN{\brunswik} und Zeisel\IN{\zeisel} diskutiert über Psychologie. 7\,\textonehalf{}~\uline{Stu\-dien\-grup\-pe}\II{\studiengruppe}; Brunswik\IN{\brunswik} über ,,Gestaltpsychologie``. Klar und instruktiv, mit Demonstrationen. \tbentry{3}{6}{1930}{} ,,Einheitswissenschaft`` geschrieben, angefangen.\IC{\psychologiesprache}\IC{\physikalischesprache}\fnE{Carnap begann in dieser Zeit die Arbeit an ,,Die physikalische Sprache als Universalsprache der Wissenschaft`` (hier als ,,Einheitswissenschaft`` abgekürzt) und ,,Psychologie in physikalischer Sprache`` (hier als ,,Psychologie`` abgekürzt). Vgl. die in den folgenden Wochen entstandenen Manuskripte (\href{http://doi.org/10.48666/808137}{RC~110"~03"~22}) und (\href{http://doi.org/10.48666/808139}{RC~110"~03"~36}). Zu diesen Arbeiten vgl. Uebel, \emph{Empiricism at the Crossroads}, 191\hbox{--}200.} Nachmittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}.{\tolerance10000\par} \tbentry{4}{6}{1930}{} Ina\IN{\ina} erzählt, dass sie im Winter mit ihrem Chef einmal nachmittags im Büro zusammen war (Mantel auf Fußboden), \textit{Sa}, nachdem vormittags Übungen gewesen waren; ich schien unerreichbar. \textonehalf{}\,6~Vorlesung. 7\,\hbox{--}\,9~Diskussion über meinen Vortrag in \uline{Bühlers\IN{\buehlerkarl} Colloquium\II{\buehlerscolloquium}}. Hauptsächlich nur Bühler\IN{\buehlerkarl} und Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}. Möglichkeit einer nicht behavioristischen, und doch intersubjektiv verifizierbaren Erlebnispsychologie. Ina\IN{\ina} kommt mit heraus. \tbentry{5}{6}{1930}{} \textonehalf{}\,4 Übungen. Nachher mit \uline{Feigl}\IN{\feigl} im Rathauspark\IO{Wien!Rathauspark}. Er erzählt von schlimmen Schwierigkeiten mit Kasper\IN{\kasper}. Ganze Situation kritisch. Ich erzähle von Christiansen\IN{\christiansen}. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}, Vortrag Waismann\IN{\waismann}.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} Hahn\IN{\hahnhans} bittet mich, in Königsberg\II{\koenigsbergerkongress}\IO{Königsberg} den Vortrag Logizismus\IC{\logizismuskoenigsberg} zu übernehmen, da er keine Zeit hat.\fnE{Vgl. TB~5.\,IX.\,1930\diaryref{TB-5-IX-1930}.}~\neueseite{539735} \tbentry{6}{6}{1930}{\kreis} Mit Kopfschmerzen zu Hause. Nachts um~3 \kreis. \tbentry{7}{6}{1930}{\kreis} Um \textonequarter{} vor 8 ruft plötzlich \uline{Frau Munzinger\IN{\munzinger}} (,,meine Tante``) vom Westbahnhof\IO{Wien!Westbahnhof} an, kommt dann mit ihrer Freundin, Frau Gieseler\IN{\gieseler} aus {\lspitz}Chile{\rspitz}\IO{Chile}, herüber, um sich auszuruhen. Zum Glück ist Ina\IN{\ina} schon angezogen, sie trifft sie unterwegs, holt Frau Mayerhofer\IN{\mayerhofer}. Ich muss dann fort. Mit Schlick\IN{\schlick} im Volksgarten\IO{Wien!Volksgarten}, sein~\textit{MS}\IW{\schlickwende} für ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis} gelesen, kurz, gut: ,,\editor{Die}~Wende der Philosophie``\IW{\schlickwende}. \shortenpage Ins Psychologische Institut\IO{Wien!Psychologisches Institut}: Englisch fällt \tbtwoA{471} aus. In die Universität\II{Universität Wien}, zum Psychopathologiekongress\II{\psychopathologiekongress}; Vortrag~\luecke{} über Kulturwissenschaft und Psychopathologie.\fnE{Die \emph{1. Internationale Tagung für angewandte Psychopathologie und Psychologie}. Bei dem Vortrag handelt es sich vermutlich um Sigerist, ,,Psychopathologie und Kulturwissenschaft``.} Die Damen\IN{\munzinger}\IN{\gieseler} im Hotel Union\IO{Wien!Hotel Union} getroffen, dann Zimmer gefunden im Hotel Bellevue\IO{Wien!Hotel Bellevue} am Franz Josefs Bahnhof\IO{Wien!Franz Josefs Bahnhof}. Beim Rathaus\IO{Wien!Rathaus} zusammen gegessen. Dann ich nach \uline{Grinzing}\IO{Wien!Grinzing}, Sonnenbad. Abends mit Ina\IN{\ina} nach Hause. \tbentry{8}{6}{1930}{\uline{Pfingsten}} Mit Ina\IN{\ina} hier. Nachmittags \textonehalf{}\,5 die \uline{Damen}\IN{\munzinger}\IN{\gieseler} in \uline{Schönbrunn}\IO{Wien!Schönbrunn} getroffen. Auf die Gloriette\IO{Wien!Gloriette}; im Thalergarten Eiscaf\'{e}\IO{Wien!Thalergarten Eiscaf\'{e}}. Nach Hietzing\IO{Wien!Hietzing}, um~7\textsuperscript{h} getrennt; sie gehen ins Josefstädter Theater\IO{Wien!Josefstädter Theater}. Sie machen Anspielungen, dass ihnen Gesellschaft angenehm wäre, aber ich will lieber mit Ina\IN{\ina} sein. Sie sind bis morgen Abend in Wien\IO{Wien}. \tbentry{9}{6}{1930}{\kreis} Morgens \kreis~i, Ina\IN{\ina} reitet auf mir. Mittags nach Grinzing\IO{Wien!Grinzing}, Sonnenbad. Ina\IN{\ina} kriegt neues Zimmer für sich. Abends zurück. Müde. \tbentry{10}{6}{1930}{} Ina\IN{\ina} wieder ins Büro. Mittags mit \uline{Kaufmann}\IN{\kaufmannfelix}; über das geplante Memorandum für die Rockefellerstiftung\II{\rockefellerstiftung} über ein wissenschaftstheoretisches Institut.\fnE{Nicht näher zu ermittelnder Plan, ein wissenschaftstheoretisches Institut an der Universität Wien zu gründen, mit finanziellen Mitteln der Rockefellerstiftung. Vgl. die handschriftliche Skizze von Herbert Feigl, ,,Institut für Popularisierung der Wissenschaften`` (HF~05"~08"~12).} Nachmittags mit Blumberg\IN{\blumberg}, Feigl\IN{\feigl}, Zeisel\IN{\zeisel}: Englisch; im Rathauspark\IO{Wien!Rathauspark}; abends mit Feigl\IN{\feigl} und Blumberg\IN{\blumberg} Bellaria. Blumbergs\IN{\blumberg} Pläne: Er will Aufsätze\IW{\blumberglogischerpositivismus} in Amerika\IO{Amerika} über uns schreiben; schlägt als Name ,,Logischer Positivismus`` vor.\fnE{Vgl. Feigl und Blumberg, ,,Logical Positivism``.}~\neueseite{539731} \tbentry{11}{6}{1930}{Ina}\IN{\ina} (Schlecht geschlafen; Kopfschmerzen). (\sout{Hertz} Professor \uline{Hertz}\IN{\hertzpaul} aus Göttingen\IO{Göttingen} ist hier; ich sage ihm wegen Kopfschmerzen ab. \tbentry{12}{6}{1930}{} \textonehalf{}\,4 Übungen. Dann mit Feigl\IN{\feigl} zu Schlick\IN{\schlick}; dort \uline{Hertz}\IN{\hertzpaul}. Schlick\IN{\schlick} hat schon vergeblich versucht, ihn von seiner Auffassung des synthetischen Charakters der Logik abzubringen. 8\textsuperscript{h}~zusammen in den Zirkel\II{\schlickzirkel}. Wais\-mann\sout{en}\IN{\waismann} trägt weiter vor.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} Königsberger Programm\II{\koenigsbergerkongress} besprochen. \tbentry{13}{6}{1930}{} Nachmittags zum 1.~Mal bei Neuraths\IN{\neurath}\IN{\neuratholga} in der neuen Wohnung, mit Feigl\IN{\feigl} und Hertz\IN{\hertzpaul}. Habe vorher sein \textit{MS}\IW{\hertzlogik} gelesen (1.~Teil; über Interpositum).\fnE{Vgl. Hertz, ,,Vom Wesen des Logischen``, 373\hbox{--}377.} Ich sage meine Bedenken gegen Veröffentlichung. Wir sprechen \tbtwoA{472} auch sachlich darüber. Neurath\IN{\neurath} ordnet Hertz\IN{\hertzpaul}, der sich völlig alleinstehend glaubt, in die Brentano Richtung\IN{\brentanofranz} ein. Zusammen ins Caf\'{e}. \tbentry{14}{6}{1930}{\kreis} \textonehalf{}\,5 bei Kraft\IN{\kraftvictor}, Gomperz-Kreis\II{\gomperzzirkel}. 3.~Referat von Kröner\IN{\kroenerfranz} über Heidegger\IN{\heidegger}. Kraft\IN{\kraftvictor} erzählt mir, dass Gomperz\IN{\gomperz}, Bühler\IN{\buehlerkarl} usw. sich gewundert haben, dass ich imstande war, Heidegger\IN{\heidegger} zu interpretieren. \uline{Gomperz}\IN{\gomperz} fragt mich privatim, ob ich denn den Professorentitel sehr wünsche, oder ob es nur Schlicks\IN{\schlick} Initiative sei. Ich sage, dass es zwar Schlicks\IN{\schlick} Initiative sei, aber mir selbstverständlich auch lieb. Darauf er: Er meine eigentlich, man solle jemandem nicht den bloßen Titel geben, der nach seinen Fähigkeiten das Amt selbst verdiene. Ich erkläre, dass es für Prag\IO{Prag} günstig wäre. Er erzählt, dass Ewald\IN{\ewald} den Titel als unphilosophisch abgelehnt habe; auch sonst käme ich nach der Anciennität noch nicht dran; aber meine Schriften ständen ja jetzt im Mittelpunkt der Diskussionen. Zu Hause \uline{Ina\IN{\ina}}. \kreis\ pr (unwohl?) \tbentry{15}{6}{1930}{\kreis} Heiß, darum hiergeblieben, nur abends spazieren.~\neueseite{539737} \tbentry{16}{6}{1930}{} 4 zu \uline{Feigl}\IN{\feigl}; vornehme Wohnung. Blumberg\IN{\blumberg} und Hertz\IN{\hertzpaul}. 5 im Radio: Vortrag \uline{Einstein}\IN{\einstein} ,,Äther, Raum und Feld in der Physik``, gut verständlich, klar und schön. \textonehalf{}\,7 Kolonnaden\IO{Wien!Caf\'{e} Kolonnaden}, Vorbesprechung; es kommen nur (und sehr verspätet!) Zeisel\IN{\zeisel} und Frenkel\IN{\frenkelelse}! \textonehalf{}\,8 \uline{Studiengruppe}\II{\studiengruppe}, Vortrag Reich\IN{\reichwilhelm} ,,Die Trieblehre der Psychoanalyse``. \tbentry{17}{6}{1930}{} \textonehalf{}\,4 im Schwarzenbergpark\IO{Wien!Schwarzenbergpark}: \uline{Hertz}\IN{\hertzpaul}, Feigl\IN{\feigl}, Blumberg\IN{\blumberg}, Schlick\IN{\schlick}, Neurath\IN{\neurath}. Diskussion über Hertz\IN{\hertzpaul} Auffassungen. 7 Machverein\II{\machverein}, Vortrag \uline{Bauer}\IN{\bauerotto}, ,,Wissenschaft und industrielle Rationalisierung``.\baustellex{WISS} Gut und interessant. Anknüpfung an Mach\IN{\mach}; Ausblick auf Überwindung der Schäden der Mechanisierung, wenn das ingenieurmäßige Denken nicht mehr im Dienste des Kapitalismus, sondern für das Wohl der organsierten Gesellschaft angewendet wird. Mit Ina\IN{\ina} im Caf\'{e}, Westbahnstraße\IO{Wien!Westbahnstraße}, gesessen. \tbentry{18}{6}{1930}{} \textonehalf{}\,6 Vorlesung. 7 mit \uline{Ina}\IN{\ina}; vergeblich Kino gesucht. Zusammen im Kolonnaden\IO{Wien!Caf\'{e} Kolonnaden} unter den Säulen gegessen. Ina\IN{\ina} im feschen roten Hut. Dann Ina\IN{\ina} nach Hause. \tbentry{19}{6}{1930}{\kreis} Fronleichnam, daher keine Übungen. Endlich wieder an den Aufsätzen (Physikalische Basis)\IC{\psychologiesprache}\IC{\physikalischesprache}\fnE{Vgl. TB~3.\,VI.\,1930\diaryref{TB-3-VI-1930}.} gearbeitet. \textonehalf{}\,7 kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. Spazieren. Prag\IO{Prag} \tbtwoA{473} besprochen. Heute ist Brief vom \uline{Prager\IO{Prag} Ministerium}\IO{Prag!Ministerium} gekommen; unklar, ob die Sache mit Reichenbach\IN{\reichenbach} schon erledigt ist.\fnE{Vgl. TB~6.\,X.\,1929\diaryref{TB-6-X-1929}.} \tbentry{20}{6}{1930}{} \textonehalf{}\,4 Psychologisches Institut\IO{Wien!Psychologisches Institut}: Englisch; ich erkläre Blumberg\IN{\blumberg} die Typen\-theorie. \textonehalf{}\,5~Thurn: {\lspitz}\uline{Boschan}{\rspitz}\IN{\boschan}; ich schlage ihm vor, Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} Gedanken über reelle Zahlen und über Mächtigkeiten symbolisch auszuarbeiten. Später kommt Neurath\IN{\neurath} hinzu. Später Kundermann\IN{\kundermann} und Matzek\IN{\matzek}, Vorbesprechung.\baustellex{WISS} Neurath\IN{\neurath} rät mir, die Prager\IO{Prag} Bedingungen anzunehmen; vielleicht Extraordinariat mit Titel ordentlicher Professor. 6\,\hbox{--}\,7~Boltzmanngasse\IO{Wien!Boltzmanngasse} Vorstandssitzung Machverein\II{\machverein}. Nachher Josephinum\IO{Wien!Josephinum} mit Schlick\IN{\schlick}. Er erzählt, dass alle in der Kommission mit Nachdruck~\neueseite{539733} dafür gesprochen hätten; Gomperz\IN{\gomperz} aber habe gesagt, noch besser hätte es ihm gefallen, wenn ich den Titel ablehnen würde; dem habe Hahn\IN{\hahnhans} energisch widersprochen, in Deutschland\IO{Deutschland} sei es so allgemeine Sitte, dass man, wenn ich den Titel nicht bekäme, denken würde, ich hätte etwas verbrochen.{\tolerance2000\par} \tbentry{21}{6}{1930}{} Mittags nach \uline{Grinzing}\IO{Wien!Grinzing}. Sonne bald weg. 4~zusammen nach Breitensee\IO{Wien!Breitensee}. Schlick\IN{\schlick} telefoniert: Professortitel in der Fakultät\IO{Wien!Philosophische Fakultät} angenommen (39~gegen~5). \tbentry{22}{6}{1930}{\kreis} Ina\IN{\ina} fährt früh nach Grinzing\IO{Wien!Grinzing}, damit ich arbeiten kann. \textit{MS}~,,Einheitswissenschaft``,\IC{\psychologiesprache}\IC{\physikalischesprache} 1.~Entwurf fertig. ,,Psychologie`` angefangen.\fnE{Vgl. TB~3.\,VI.\,1930\diaryref{TB-3-VI-1930}.} 7\textsuperscript{h}~kommt Ina\IN{\ina}. Spazieren, kühl. \ulinesp{Prag\IO{Prag} geplant}; Wenn ich hinkomme, will Ina\IN{\ina} mir Wohnung einrichten und Haushalt führen, aber woanders wohnen. \gestrunl\ Der Ring.{\tolerance5000\par} \tbentry{23}{6}{1930}{} Fleißig ,,Psychologie``\IC{\psychologiesprache} gearbeitet. \tbentry{24}{6}{1930}{} Nachmittags mit Schlick\IN{\schlick}, Feigl\IN{\feigl}, Blumberg\IN{\blumberg} nach \uline{Vöslau}\IO{Vöslau} zum Baden. Schönes Bad. Mit Schlick\IN{\schlick} Antwort für Prag\IO{Prag} besprochen. \tbentry{25}{6}{1930}{} Nach Prag\IO{Prag} geschrieben. \textonehalf{}\,6 Vorlesung. Nachher mit Kasper\IN{\kasper} und Ina\IN{\ina} gegangen; dann mit Ina\IN{\ina} vor dem Arkaden\IO{Wien!Caf\'{e} Arkaden} gesessen und gegessen. Ina\IN{\ina} ohne Hut, im ,,Nachthemd``. Sie ruft spät noch \sout{die} an; nur so, Telegramm. \tbentry{26}{6}{1930}{} Heiß. \textonehalf{}\,4 Übungen. 5 Zahnarzt. 6 Josephinum\IO{Wien!Josephinum}. Nöbeling\IN{\noebeling} mache ich Angaben nach meinen Niederschriften über Tarskis\IN{\tarski} Vorträge.\fnE{Vgl. TB~19. und 22.\,II.\,1930.} Mit Feigl\IN{\feigl} über Sommerpläne. Schlick\IN{\schlick}. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}, Waismann\IN{\waismann} Vortrag.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} \tbtwoA{474} \tbentry{27}{6}{1930}{\kreis} Heiß. Mittags bringt mir immer Frau Mayerhofer\IN{\mayerhofer} Essen. Nachmittags kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. Sie ist morgens in Astronomie durchgefallen; hatte auf ,,sehr gut`` gerechnet, nichts gewusst, nervös. Muss getröstet werden.~\neueseite{539739} \tbentry{28}{6}{1930}{} Nachmittags Gomperz\IN{\gomperz} Zirkel\II{\gomperzzirkel} bei \uline{Hahn}\IN{\hahnhans}. Hahn\IN{\hahnhans} referiert über Meyerson\IN{\meyerson}, Identität und Realität\IW{\meyersonidentitaet}.\fnE{Meyerson, \emph{Identität und Wirklichkeit}.} Historische Untersuchung der Forschungstendenzen, aber sehr ontologisch aufgefasst. Mit Petzäll\IN{\petzaell} und Feigl\IN{\feigl} zu \uline{Schlick}\IN{\schlick}; Abendessen mit vielen unseres Kreises\II{\schlickzirkel}. \tbentry{29}{6}{1930}{\kreis} \uline{Ina}\IN{\ina} kommt erst abends, obwohl ich nachmittags telefoniere, sie soll sofort kommen. Sie hat eine Freundin da, die sie treffen muss. Von ihrem Wunschtraum (Brüderle\IN{\johannes}) kann sie immer noch nicht lassen. \tbentry{30}{6}{1930}{} Nachmittags Zahnarzt. Zu \uline{Kaufmann}\IN{\kaufmannfelix}; über höhere Funktionskalküle, und über unser Memorandum zur Wissenschaftslehre\II{\rockefellerstiftung}.\fnE{Vgl. TB~10.\,VI.\,1930\diaryref{TB-10-VI-1930}.} \textonehalf{}\,8 \uline{Studien\-gruppe}\II{\studiengruppe}. \uline{Halpern}\IN{\halpern} ,,Der Kausalitätsbegriff in der Quantentheorie``. %\tbentry{1}{7}{1930}{} \tbentrylong{2}{7}{1930}{\kreis} \textonehalf{}\,6 Vorlesung. 2 Kolloquien. Mit \uline{Ina}\IN{\ina} zu mir. Ina\IN{\ina} macht sich Kummer wegen Maues\IN{\maue} sehnsüchtigen Briefen. \tbentry{3}{7}{1930}{} 1 Zahnarzt. Mittags mit \uline{Ina}\IN{\ina} im Arkaden\IO{Wien!Caf\'{e} Arkaden}. Übungen; Ina\IN{\ina} protokolliert. Kolloquium, Ina\IN{\ina} hört zu. Mit Ina\IN{\ina} Milchbude Votivpark\IO{Wien!Votivpark}. 6\textsuperscript{h}~mit Kaufmann\IN{\kaufmannfelix} zu \uline{Přibram}\IN{\pribramalfred}, im Garten an der Billrothstraße\IO{Wien!Billrothstraße}; 70jähriger Historiker. Wegen Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} Memorandum an die Rockefellerstiftung\II{\rockefellerstiftung} über Institut für Wissenschaftslehre. Freundlicher alter Herr. 8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}, Vortrag Waismann\IN{\waismann}.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} \tbentry{4}{7}{1930}{\kreis} Mittags nach \uline{Grinzing}\IO{Wien!Grinzing}; gegessen. Heißes Sonnenbad. Nachher \kreis~i (post.). 7\textsuperscript{h}~nach Hause. \tbentry{5}{7}{1930}{} Heiß. Abends kommt \uline{Ina}\IN{\ina}. \tbentry{6}{7}{1930}{\kreis\kreis} Nach dem Bad stehend~-- aber sie wehrt sich innerlich. Nach dem Frühstück auf dem Diwan, Absicht Karezza, aber plötzlich \kreis~i. Heiß. Im Haus geblieben.~\neueseite{539743} Reisevorbereitungen. Ina\IN{\ina} sieht meine Hemden und Spielhosen durch; abends näht sie. Nachts Gewitter. Ich zu Ina\IN{\ina}. Schließlich \kreis~i. \tbentry{7}{7}{1930}{} Ina\IN{\ina} Abschiedstränen; weil schlecht geschlafen, Kopfschmerzen. Abends \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Letzter Vortrag von \uline{Waismann}\IN{\waismann}.\fnE{Siehe das Protokoll (\href{http://doi.org/10.48666/808124}{RC~102"~76"~10}).} Über Atomsätze; interessant.{\tolerance1000\par} \tbtwoA{475} \tbentry{8}{7}{1930}{} 4\,\hbox{--}\,7 bei \uline{Neuraths}\IN{\neurath}\IN{\neuratholga}. Er liest aus Mauthner\IN{\mauthner}, Kirchenlexikon\fnE{Bibliografische Bezüge unklar.} und F.\,A.~Lange\IN{\langefriedrich} über Materialismus\IW{\langematerialismus} vor.\fnE{Lange, \emph{Geschichte des Materialismus}.} Geschrieben und gekramt. \tbentry{9}{7}{1930}{Ina}\IN{\ina} Mittags mit \uline{Schlick}\IN{\schlick} und \uline{Waismann}\IN{\waismann}. Über Neuraths\IN{\neurath} \textit{MS}\IW{\neurathwgb}.\fnE{Vgl. TB~13.\,I.\,1930\diaryref{TB-13-I-1930}.} Schlick\IN{\schlick} missfällt die Ausdruckweise sehr; leider muss man ihm Recht geben. Mit Feigl\IN{\feigl}, Kasper\IN{\kasper}, Blumberg\IN{\blumberg}, {\lspitz}Homer{\rspitz}, Gödel\IN{\goedel}, Neider\IN{\neider} im Caf\'{e} Reichsrat\IO{Wien!Caf\'{e} Reichsrat}. Gepackt und geschrieben. \tbentry{10}{7}{1930}{} Mit \uline{Feigl}\IN{\feigl} \textonehalf{}\,11\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,5 nach \uline{\ulinesp{Salzburg}}\IO{Salzburg}.\ort{Salzburg} Hotel Stein\IO{Salzburg!Hotel Stein} (weil Maue\IN{\maue} heute früh telefoniert hat: am liebsten in der Stadt Salzburg\IO{Salzburg}). Regen. Auf der Terrasse vom Mönchsberg\IO{Salzburg!Mönchsberg} gegessen. ,,Du``; er meint, es \gestrunl\ werde ihm schwerfallen (\gestrunl\ weil ,,verehrter Lehrer``!). (Feigl\IN{\feigl} fährt morgen früh in \sout{irg} Gegend Fernpass\IO{Fernpass}, um uns Quartier zu besorgen). \tbentry{11}{7}{1930}{\kreis} 11\textsuperscript{h} \uline{\ulinesp{Maue}}\IN{\maue} kommt! Meist Regen. Mönchsbergterrasse\IO{Salzburg!Mönchsbergterrasse} gegessen. Spazieren, plötzlich Gewitter; Maue\IN{\maue} unglücklich, die Treppe hinunter. Ich hole Mäntel; sie wartet am Tunnel~-- der Erzabtei\IO{Salzburg!Erzabtei}! Zu Hause ausgeruht (sie Zimmer zur Straße, Aussicht über die Salzach\IO{Salzach}; ich hinten). \tbentry{12}{7}{1930}{\kreis} Nonnenkloster\IO{Salzburg!Nonnenkloster}, ich erzähle viel von Ina\IN{\ina}. Burg Hohensalzach\IO{Salzburg!Burg Hohensalzach}, Führung. Terrasse. (Nachmittags \kreis~i.) Abends \sout{Orgel} Glockenspiel; Orgelvorführung im Dom\IO{Salzburg!Dom}.~\neueseite{539741} \tbentry{13}{7}{1930}{} Vormittags die Erzabtei\IO{Salzburg!Erzabtei}. Der nette junge Klosterbruder führt. Schatzkammer\IO{Salzburg!Schatzkammer} mit Gewändern, auch des Erzabtes\IN{\klotzpetrus}; Papstbrief an den Erzabt\IN{\klotzpetrus}; dieser hat für neue {\lspitz}Gewänder{\rspitz} usw. voriges Jahr 20000\,\textit{S} ausgegeben. Vor dem Kollegium\IO{Salzburg!Kollegium} ein Bild ,,Petrus Abbas~\hbox{--}~Petrus Behrens\fnE{Vermutlich Peter Behrens, Architekt des Kollegs.}`` (Erbauer; mit {\lspitz}Brille{\rspitz}). Der Erzabt\IN{\klotzpetrus} verreist; hier nur in gewissen Zeiten die feierlichen Gottesdienste mit Gesang. Nachmittags Kapuzinerberg\IO{Salzburg!Kapuzinerberg}; im Wald hinauf, immerzu Treppen, sehr anstrengend. Daher Dispens vom Nachtdienst. Trotzdem Versuch, misslingt. Auch psychische Hemmungen. Maue\IN{\maue} ist immer sehr kritisch, Auswirkung der Belastung.{\tolerance1000\par} \tbentry{14}{7}{1930}{\kreis} Endlich schönes Wetter. Nach Schloss Hellbrunn\IO{Salzburg!Schloss Hellbrunn}; Wasserkünste, Hirschgarten\IO{Salzburg!Hirschgarten}. Mittagessen (teure Forelle!). Es geht uns besser; nach schonungsloser Aussprache. Maue\IN{\maue} sieht jetzt erst, wie viel sie verloren; besonders die Aussicht auf später (wenn Gramm\IN{\gramm} nicht mehr im Wege sein \tbtwoA{476} würde). \kreis~mit großen Hemmungen bei mir, und Widerstreben bei ihr. Tränen. Schließlich doch. Diesmal schön. \tbentry{15}{7}{1930}{\kreis} Regen. Nur kurze Besorgung. Beim Mittagsschlaf \kreis; Maue\IN{\maue} streichelt auch. Sehr schön. 5\,\textonehalf{}\,\hbox{--}\,8 nach \uline{München}\IO{München},\ort{München} Gramm\IN{\gramm} holt uns ab. Ich Hotel Eden\IO{München!Hotel Eden} (beim Bahnhof\IO{München!Bahnhof}). An Ina\IN{\ina} geschrieben. \tbentry{16}{7}{1930}{} \gestrunl\ Mit Maue\IN{\maue} und Birgit\IN{\birgit} in die Stadt, Schuhe kaufen. Birgit\IN{\birgit} sehr nett, manierlich und klug. Kleine Taxifahrt zum Hotel, Tram heim. Gramms\IN{\gramm} Vorwort\IW{\grammbuch}\fnE{Bezieht sich vermutlich auf den Entwurf eines einleitenden Abschnittes von Gramm, \textit{Formaufbau und Stilgesetz}.\baustellex{WISS}} gelesen. Abends \gestrunl\ mit Maue\IN{\maue} zu Neresheimers\IN{\neresheimer}\IN{\lore}. Lore\IN{\lore} ist auf Maues\IN{\maue} Brief aus Salzburg\IO{Salzburg} zunächst wütend geworden, wollte mir den ,,Schwanz abschneiden``, hat sich dann aber alles verstandesmäßig zurechtgelegt.~\neueseite{539745} Sie möchte mich aber besser verstehen. Gute Aussprache. Maue\IN{\maue} noch nach Hause gebracht; 12\textsuperscript{h}~im Hotel\IO{München!Hotel}.{\tolerance1000\par} \tbentry{17}{7}{1930}{Maue}\IN{\maue} Vormittags zu Maue\IN{\maue}. Sie ist jetzt ruhig und zuweilen vergnügt. Sie wird sich in der Situation schon zurechtfinden, meint sie. 2\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,4 nach Garmisch\IO{Garmisch}; dann Postauto, schöne Fahrt, über Lermoos\IO{Lermoos} nach \uline{Biberwier}\IO{Biberwier}.\ort{Biberwier} Feigl\IN{\feigl} holt mich ab und schleppt den Koffer. Schöne Gegend. Abends erzähle ich von Ina\IN{\ina}. Kasperle\IN{\kasper} hat aber gleich am Anfang alles gemerkt gehabt. \tbentry{18}{7}{1930}{} Mit Feigl\IN{\feigl} spazieren, in der Sonne gelegen. Von Maue\IN{\maue} und Ina\IN{\ina} erzählt. Er ist über Ina\IN{\ina} gar nicht erstaunt, Kasperle\IN{\kasper} hatte schon vieles gemerkt. \tbentry{19}{7}{1930}{} Regen, kalt. Wir überlegen Italien\IO{Italien}. Vormittags nach Ehrwald\IO{Ehrwald}. Ina\IN{\ina} schreibt, dass sie erst 26. fahren will. \tbentry{20}{7}{1930}{} Wir warten alle Autobusse ab; endlich 5\textsuperscript{h} Nachmittag kommt \uline{Kas\-perle}\IN{\kasper}. \tbentry{21}{7}{1930}{} Wir drei zum Mittersee\IO{Mittersee}; ich geschwommen. Feigl\IN{\feigl} hat Schnupfen. Maues\IN{\maue} Brief an Feigl\IN{\feigl}; wir sprechen zusammen darüber. Kasperle\IN{\kasper} meint, Maue\IN{\maue} brauche nicht so viel verloren zu haben, wie es ihr im ersten Schreck scheint. Feigl\IN{\feigl} möchte mal mit Maue\IN{\maue} spazieren gehen, um sie zu beruhigen. Ich schreibe an Maue\IN{\maue};\fnE{Carnap an Maue Gramm, 21.\,VII.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808141}{RC~24"~36"~13}).} telegraphiere an Ina\IN{\ina}. \tbentry{22}{7}{1930}{\kreis\kreis} \textonehalf{}\,11 kommt \uline{Ina}\IN{\ina} plötzlich, telegraphisch angemeldet. Sie ist die Nacht gefahren. Vormittags zusammen \gestrunl\ auf dem gepolsterten Stuhl, sie \tbtwoA{477} rittlings, zugewandt, \kreis~i. Mittags zu viert zusammen, lustig. Nach Tisch zusammen bei mir, \kreis\ nach langer Karezza (als Diathermie-Ersatz). Lermooser Weg\IO{Lermoos!Lermooser Weg} spazieren. Ich erzähle von Maue\IN{\maue} und Elisabeth\IN{\elisabeth}. Ina\IN{\ina} hat beschlossen, einstweilen~\neueseite{1192248} (auf 3~Jahre mindestens) den Kindwunsch wegzutun, um mich nicht abhängig von sich zu machen. \tbentry{23}{7}{1930}{} Kühl. Nachmittags Sonnenbad, mit Feigls\IN{\feigl}\IN{\kasper}, wir beide nackt; dabei Christiansens\IN{\christiansen} ,,\editor{Die} Kunst``\IW{\christiansenkunst} vorgelesen.\fnE{Siehe LL \refcn{2002}.} Abends Karezza. \tbentry{24}{7}{1930}{\kreis} Regen. Morgens Karezza (apost). Zusammen Russell\IN{\russell} vorgelesen, über Behaviorismus\IW{\russellbehaviorismus}.\fnE{Russell, \emph{Mensch und Welt}, Erster Teil (,,Der Mensch von außen gesehen``).\baustellex{LIT} Siehe LL~\refcn{2000}.} Brief von Elisabeth\IN{\elisabeth}: Berliner\IO{Berlin} Plan fällt weg.\fnE{Elisabeth an Rudolf Carnap, 19.\,VII.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808144}{RC~025"~32"~55}).\baustellex{BIO}} \tbentry{25}{7}{1930}{} Briefe geschrieben. Nachmittags nach Ehrwald\IO{Ehrwald} zum Einkaufen; von jetzt ab versorgen wir uns für morgens und abends selbst. Abends Kar. \tbentry{26}{7}{1930}{\kreis} Feigls\IN{\feigl} Ausflug. Wir Sonnenbad, beim Weg nach Lermoos\IO{Lermoos}, zwischen Bäumen; mit Kar. Ina\IN{\ina} knickt den Fuß um, muss zu Bett liegen. Pitigrilli\IN{\pitigrilli}\IW{\pitigrillibuch} vorgelesen.\fnE{Pitigrilli, \emph{Der Keuschheitsgürtel}. Siehe LL~\refcn{2001}.} Abends Kar., dann doch \kreis~i. \tbentry{27}{7}{1930}{} Ina\IN{\ina} zu Bett. Ich mit Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper}; vorgelesen: Russell\IN{\russell} über Behaviorismus (in ,,Welt und Mensch``)\IW{\russellbehaviorismus}, und Becker\IN{\beckeroskar} über Husserls\IN{\husserl} Philosophie (in Kantstudien\II{\kantstudien})\IW{\beckerhusserl}.\fnE{Becker, ,,Die Philosophie Edmund Husserls``.} Ina\IN{\ina} schreibt mir lieben Brief.\fnE{Vgl. Ina Stöger an Rudolf Carnap, 16.\,VII.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808146}{RC~25"~68"~15}).} \tbentry{28}{7}{1930}{} Ina\IN{\ina} zu Bett. Mit Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper} Russell\IN{\russell}\IW{\russellbehaviorismus} gelesen. Nachmittags mit ihnen Wiesenweg Richtung Ehrwald\IO{Ehrwald}. Von Griechenland\IO{Griechenland} und vom Klettern erzählt. \tbentry{29}{7}{1930}{\kreis} Ina\IN{\ina} steht auf. Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper} zur Marienberger Hütte\IO{Marienburger Hütte}. Mit Ina\IN{\ina} oben im Wald Sonnenbad; \kreis~i. Nachmittags auf dem Hügel in der Wiese; Pitigrilli\IN{\pitigrilli}\IW{\pitigrillibuch} gelesen. \tbentry{30}{7}{1930}{} Regen. Zum ersten Mal \uline{gearbeitet}; den 1. Entwurf der ,,Psychologie in physikalischer Sprache``\IC{\psychologiesprache} fertig gemacht. \tbentry{31}{7}{1930}{} Regen. Gearbeitet.~\neueseite{539747} \tbentry{1}{8}{1930}{} Mit Bahn nach Heiterwang\IO{Heiterwang}, Motorboot zum \uline{Plansee}\IO{Plansee}. Dort Mittagessen. \shortenpage Beim See gelegen, kühl, aber Sonne; nur Feigl\IN{\feigl} badet. Abends \tbtwoA{478} zurück, herrliches Alpenglühen: Zugspitze\IO{Zugspitze}, Hohe Munde\IO{Hohe Munde}, Sonnenspitze\IO{Sonnenspitze}. Zu Fuß von Lermoos\IO{Lermoos} zurück, müde. \tbentry{2}{8}{1930}{\kreis} Mit Ina\IN{\ina} Sonnenbad auf dem Berg; Diathermie, lang. Nachmittags Gespräch mit Feigl\IN{\feigl} über Naturgesetze als Operations\sout{empf}vorschriften. \tbentry{3}{8}{1930}{} Regen. Gearbeitet. \tbentry{4}{8}{1930}{} Gearbeitet; {\lspitz}1.{\rspitz} Aufsatz ,,Physikalische Sprache``\IC{\physikalischesprache} fertig.\fnE{Vgl. hier und zum 8.\,VIII.\,1930 TB~3.\,V.\,1930\diaryref{TB-3-V-1930}.} \tbentry{5}{8}{1930}{} Wir 4 am Weg nach Lermoos\IO{Lermoos}; ich lese \textit{MS}\IC{\physikalischesprache} vor. Ina\IN{\ina} verknaxt zum 2.~Mal den Fuß. Nachmittags mit Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper} mit Postauto zum Sternpass\IO{Sternpass}. Zu Fuß über Blindsee\IO{Blindsee} (geschwommen) nach Hause. Abends Pitigrilli\IN{\pitigrilli}\IW{\pitigrillibuch} vorgelesen, Kasperle\IN{\kasper} missfällt es. \tbentry{6}{8}{1930}{\kreis} Regen. Briefe geschrieben. \tbentry{7}{8}{1930}{Ina}\IN{\ina} Regen. Gearbeitet. Ina\IN{\ina} zu Bett. \tbentry{8}{8}{1930}{\strich} Regen. \textwh{Gearbeitet, Ina\IN{\ina} zu Bett.} 2. Aufsatz ,,Psychologie``\IC{\psychologiesprache} fertig. Abends vorgelesen. Findet Feigls\IN{\feigl} starken Beifall. \tbentry{9}{8}{1930}{\kreis} Psychologie-Aufsatz\IC{\psychologiesprache} fertig vorgelesen. Regen. Nachmittags \kreis~\gestrunl\ oral. Abends unten zusammen; Ina\IN{\ina} weint plötzlich heftig, weil ich scherzhafte Anspielung auf ihre Vergangenheit mache. \tbentry{10}{8}{1930}{\kreis} Feigl\IN{\feigl} hat Brief von Maue\IN{\maue}, Gittli\IN{\birgit} war sehr krank; sie wollte nicht an mich schreiben. 12\textsuperscript{h}~kommt \uline{Reichenbach}\IN{\reichenbach} mit seinem Auto aus~\neueseite{539751} Mittenwald\IO{Mittenwald}, dort wohnt er in einem Häuschen mit ganzer Familie. \uline{Über Prag}\IO{Prag}. Traubenberg\IN{\traubenberg} und Frank\IN{\frankphilipp} wollen nicht, dass es Ordinariat wird, weil sie ein 2. mathematisches Ordinariat wollen; das Ministerium\IO{Prag!Ministerium} jedoch hatte anscheinend nichts gegen Ordinariat, war ihm schon bewilligt. Er rät mir, mindestens eine befristete Zusage zu späterer Umwandlung in Ordinariat zu verlangen. Er meint, Traubenberg\IN{\traubenberg} und Frank\IN{\frankphilipp} werden dringend wünschen, dass ich schon diesen Winter komme. Er rät mir, doch richtig 5~Stunden Vorlesung zu machen (nicht 2 als Kolloquium), und zwar immer 1~Anfängervorlesung \sout{(mal~2~-- und} in nur 2-semestrigem Turnus (mal~3, mal 2~Stunden); und 4-semestriger Turnus von Vorlesung für Fortgeschrittene. So müsste ich im ganzen 6 Vorlesungen bereit haben. Über Zeitschrift\II{\erkenntnis}; er ist sehr dafür, dass wir Herausgeber selbst häufig mitarbeiten. Über Königsberg\IO{Königsberg}\II{\koenigsbergerkongress}. Nachmittags auf Feigls\IN{\feigl} Anstiften auch noch Diskus\-\tbtwoA{479}sion über sachliche Probleme: Wahrscheinlichkeit; sehr eifrig und heftig. Gepackt, Ina\IN{\ina} hilft mir. \kreis\ anal. \tbentry{11}{8}{1930}{} Mit Ina\IN{\ina} im Einspänner nach Lermoos\IO{Lermoos}. 8\,\hbox{--}\,11 nach \uline{München}\IO{München}.\ort{München} Weil Gittli\IN{\birgit} krank gewesen und Maue\IN{\maue} trostbedürftig, bleibe ich 1~Tag. Ina\IN{\ina} fährt nach Wien\IO{Wien}. Ich 1\textsuperscript{h} bei Gramms\IN{\gramm}\IN{\maue}. Gestern war Engel\IN{\engel} da, hat Maue\IN{\maue} pädagogische Mahnungen gegeben. \gestrunl\ 3\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,5 gebadet und geschlafen (Maue\IN{\maue} ärgert sich etwas darüber). Zusammen Tee. Mit Maue\IN{\maue} in den Nymphenburger Park\IO{München!Schlosspark Nymphenburg}. \gestrunl\ Park und Himmel sehr schön. Wir vertragen uns gut. Ich vergesse~(!) sie zu küssen; darüber hinterher großer Kummer. Sie hat mit Lore\IN{\lore} herumgerätselt: 1)~wie kann einer 2 intensiv lieben? 2)~mein \gestrunl{} Umwege machen um des Friedens willen (in Salzburg\IO{Salzburg}); sie verstehen nicht, warum ich hier so empfindlich und sonst so hart sein könne.~\neueseite{539757} 3.)~wie ich sogleich nach Maue\IN{\maue} wieder eiligst Ina\IN{\ina} herbeiwünschte (in Biberwier\IO{Biberwier}, nach Salzburg\IO{Salzburg}). Abends zusammen auf dem Diwan, bis nach Mitternacht. Sie beklagt sich, dass ich weder in Worten noch Zärtlichkeiten mehr Liebe ausdrücke. Sie erzählt vom Buch von Lawrence\IN{\lawrence}, Lady Chatter\editor{ley und ihr} Liebhaber\IW{\lawrencelady}. Zuerst muss das Zusammenstimmen der Körper kommen, dann erst das Sprechen; [vielleicht hat sie recht; aber wenn der Körper gehemmt ist?!]. Bis~12\,\textthreequarters{}! Ich sage nun, dass ich morgen früh nicht mehr kommen werde. Da zögert sie mein Weggehen immer noch länger hinaus. Ich kann nicht selbständig gehen, wann ich will, weil jemand mir unten aufschließen muss; das ärgert mich. \gestrunl\ Doch noch Küsse auf dem Diwan; unten Abschied mit Küssen. \textonehalf{}\,2~im Hotel (\hbox{--}~Pension Schönblick\IO{München!Pension Schönblick}, Otto\-straße\IO{München!Ottostraße}~3b; Zimmer~3,50). Sehr müde. \tbentry{12}{8}{1930}{} 12\,\hbox{--}\,8 nach \uline{Freiburg}\IO{Freiburg};\ort{Freiburg} Gall\IN{\gall} holt \sout{m} mich im Auto, bei ihm übernachtet. Elisabeth\IN{\elisabeth} ruft abends aus Freiburg\IO{Freiburg} an; sie wohnt dort. \tbentry{13}{8}{1930}{} Vormittags mit Gall\IN{\gall} im Auto zur Halde\IO{Freiburg!Halde}, Wäsche hinaufbringen. Nachmittags fährt er mich nach \uline{Wiesneck}\IO{Wiesneck}.\ort{Wiesneck} Ich nehme Zimmer bei Fräulein Volbe\IN{\volbe}; Annemarie\IN{\annemarie} hat dort ein Dachzimmer. Hanneliese\IN{\hanneliese} und Johannes\IN{\johannes} wohnen bei Kiechles\IN{\kiechles}; dort nehme ich Frühstück und Abendbrot. Mit Hanneliese\IN{\hanneliese} zum Hirschen\IO{Wiesneck!Zunfthaus Zum Hirschen} gegangen, Zimmer abgesagt. Dann mit allen Kindern in Christiansens\IN{\christiansen} Garten am Bach gespielt, Wehr gebaut. Auch Lini\IN{\eline}. Abends bei Kiechles\IN{\kiechles}. \tbentry{14}{8}{1930}{} Regen. Mit den Kindern bei Kiechles\IN{\kiechles} gespielt, Schnippschnapp, Streichholzspiele usw. Mittags im Hirschen\IO{Wiesneck!Zunfthaus Zum Hirschen}. Nachmittags zu \uline{Christiansen}\IN{\christiansen}. Über sein Buch ,,Die Kunst``\IW{\christiansenkunst}; ich sage ihm, dass die Art der Begriffsbildungen die Gefahr metaphysischer~\neueseite{539753} Hypostasierung offen lässt; er sagt, es \tbtwoA{480} sei alles empirisch gemeint. Abends bei Kiechles\IN{\kiechles} gegessen, auch \ulinesp{Elisabeth}\IN{\elisabeth}. Dann bei Christiansen\IN{\christiansen} ohne ihn. Nachher mit Elisabeth\IN{\elisabeth} in Christiansens\IN{\christiansen} Zimmer (er ist nach Freiburg\IO{Freiburg}). Sie erzählt von Scheurmanns\IN{\scheuermann} Heiratsantrag; von Nudi\IN{\nudi}, Marseille\IN{\walterm} in sie verliebt. \tbentry{15}{8}{1930}{\strich} Vormittags mit Elisabeth\IN{\elisabeth} spazieren. Ich erzähle von Ina\IN{\ina}. Sie möchte wissen, ob ich meine, 2 Lieben vereinigen zu können. Sie will mit Christiansen\IN{\christiansen} später nach München\IO{München}, aber getrennte Wohnungen. Brüderle\IN{\johannes} kommt nach Gebesee\IO{Gebesse}\II{\landerziehungsheimgebesee}; der Einfluss von Rusches\IN{\rusches} Kindern war doch nicht gut. Sie sagt, dass Rusche\IN{\ruscheotto} in seinen Briefen immer noch die Behauptung wiederholt, dass ich der Firma 11000 Pesos schulde. Hannelieses\IN{\hanneliese} Krankheit sei nicht mehr infektiös; bei Unterlassen der Behandlung trete noch Entzündung der Haut ein, aber nicht mehr durch die Bakterien, sondern, weil die Haut durch die bisherige Behandlung verwundet. Mittags im Hirschen\IO{Wiesneck!Zunfthaus Zum Hirschen}. 5\textsuperscript{h} mit Elisabeth\IN{\elisabeth} zur Bahn. Bei Kiechles\IN{\kiechles}. \tbentry{16}{8}{1930}{} Mit den Kindern am Badehäusle\IO{Wiesneck!Badehaus} gespielt. Nachmittags bei Christiansen\IN{\christiansen}. Ich berichte über die 3 Richtungen zur Grundlegung der Mathematik, und meine Ideen zum Zusammenschluss.\fnE{Logizismus, Intuitionismus und Formalismus. Vgl. Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``.} Über das Selbstbewusstsein, mit dem wir Wiener unsere Thesen vorbringen. Er meint, die Theologen fürchten mehr die Forschheit und Rigorosität, als die Argumente; ich meine, das erstere beruht auf dem zweiten. \tbentry{17}{8}{1930}{} Mit Elisabeth\IN{\elisabeth} und den 3~Kindern auf den \uline{Feldberg}\IO{Feldberg}. Endlich strahlendes Wetter. Vom Bärental\IO{Bärental} Postauto zum Feldberger Hof\IO{Feldberg!Feldberger Hof}. Felsenweg. Mittags Rast, Sonnenbad. Seebuck\IO{Seebuck}; über Zweiseenblick\IO{Zweiseenblick}~\neueseite{539755} nach Bärental\IO{Bärental} hinunter. Alle vergnügt, schöner Tag. Abends noch bei Elisabeth\IN{\elisabeth} in Christiansens\IN{\christiansen} Zimmer. Sie ist froh, dass wir einander noch gut sind, und gibt mir einen Kuss. \tbentry{18}{8}{1930}{} Frau Kiechle\IN{\kiechlefrau} hat 70.~Geburtstag. Wir singen alle bei ihr. Mit Elisabeth\IN{\elisabeth} bei den Kindern am Badehäusle\IO{Wiesneck!Badehaus}. Geschrieben; gebadet. Nachmittags alle bei Kiechles\IN{\kiechles}, auch Elisabeth\IN{\elisabeth}. Wir singen, Lina\IN{\lina} spielt am Harmonium. Elisabeth\IN{\elisabeth} zu Rad nach Freiburg\IO{Freiburg}. Abends laden Galls\IN{\galls} mich ein zum Forellenessen im Hirschen\IO{Wiesneck!Zunfthaus Zum Hirschen}. \tbentry{19}{8}{1930}{} Vormittags bei \uline{Christiansen}\IN{\christiansen}. Er meint, es gebe keine phänomenale Sprache; die Phänomene sind keine Sachverhalte; es gibt keine untersten Sätze, \pagebreak alle Sätze drücken psychisches oder physisches oder~\ldots\ Sachver\-\tbtwoA{481}halte aus; sie sind nicht auf Ursätze zurückführbar, sondern stützen einander gegenseitig. Hierüber soll ich das Kapitel ,,Erkenntnistheoretisches Subjekt`` in seiner Kantkritik\IN{\kant}\IW{\christiansenkantkritik}\fnE{Christiansen, \emph{Kritik der kantischen Erkenntnislehre}, Kapitel 2.} lesen. Er stimmt mit uns überein, dass die spekulative Metaphysik aus Scheinsätzen besteht; aber er glaubt, sie lasse sich immer empirisch interpretieren. Die empirische Theologie sei nicht durch Physik zu widerlegen, sondern nur durch eine ihr widersprechende Theologie; denn der empirische Gottesbegriff sei aus dem religiösen Erleben konstituiert, objektiviert in Art des Fremdpsychischen, nur umfassender. Ich frage, ob er meinen Stil korrigieren will, indem ich Proben oder \textit{MS}e schicke. Er verneint das lachend, meinen Stil könne ich nur selbst ausbilden, er sei schon gut, zu mir passend; das meiste philosophisch Geschriebene sei heute nur Kapellmeistermusik.~\neueseite{539759} Abends mit Elisabeth\IN{\elisabeth} in Christiansens\IN{\christiansen} Zimmer. \tbentry{20}{8}{1930}{} Vormittags mit Elisabeth\IN{\elisabeth} und den Kindern in den Wald. Sie erzählt vom Besuch bei Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel}, der sehr freundlich und gut von mir gesprochen hat. Nachmittags mit Galls\IN{\galls}, \uline{Merten}\IN{\merten}, Elisabeth\IN{\elisabeth} im \uline{Auto}: Schluchsee\IO{Schluchsee}, Höchenschwand\IO{Höchenschwand} (Kaffee), Sankt Blasien\IO{Sankt Blasien}, Bernau\IO{Bernau}, Todtnau\IO{Todtnau}, Notschrei\IO{Notschrei}. Sehr schöne Fahrt.\fnE{Vgl. Abb.\,\refcn{merten}.} Merten\IN{\merten} hat Aussicht auf eine neue Stelle bei der Bewag\II{\bewag} Berlin\IO{Berlin}. Ich fahre noch mit in Elisabeths\IN{\elisabeth} Zimmer, Freiburg\IO{Freiburg},\ort{Freiburg} Stadt\-straße\IO{Freiburg!Stadtstraße}~41. Nett und einfach. Wir sind froh, uns so gut vertragen zu haben und uns noch gut zu sein. Nachts \sout{Abends} bleibe ich bei Galls\IN{\galls}. Abends noch bis~\textonehalf{}\,12 gesprochen. Ich deute ihnen an, wie wir durch Sprachanalyse die Sinn\-losigkeit der metaphysischen Sätze zeigen. Gall\IN{\gall} möchte sagen dürfen ,,Gott~ist``; das habe aber nicht die triviale Bedeutung ,,es gibt einen Gott``. Ich: Existenz ohne Angabe einer Beschaffenheit ist sinnlos. Der ,,\unl``. \tbentry{21}{8}{1930}{\kreis} Gall\IN{\gall} bringt mich im Auto mit seinen Kindern, unterwegs werden Hanneliese\IN{\hanneliese} und Johannes\IN{\johannes} abgeholt, nach \uline{Hirschsprung}\IO{Hirschsprung}; den Eilzug überholen wir erst in Falkensteig\IO{Falkensteig}! 9\,\hbox{--}\,18 nach \uline{München}\IO{München}.\ort{München} \sout{Privat} Einfache Pension Mitterer Straße\IO{München!Pension Mitterer Straße}. Abends bei \uline{Gramms}\IN{\gramm}\IN{\maue}. Mit Gramm\IN{\gramm} die Figuren seines Buches\IW{\grammbuch} besprochen;\fnE{Vgl. TB~16.\,VII.\,1930\diaryref{TB-16-VII-1930}.} \textit{MS} ist ganz fertig! Maue\IN{\maue} muss 6~Wochen mit Gerhard\IN{\gerhardgramm} weg, vielleicht nach Kreuth\IO{Kreuth}; unser Septembertreffen ist daher fraglich geworden. Vielleicht aber kann ich dorthin kommen. Ich sage, dass noch die Frage ist, ob es mir gelingt, Prag\IO{Prag} aufzuschieben. \textonehalf{}\,11~schicken \tbtwoA{482} wir Schnurr\IN{\gramm} ins Bett. Zusammen auf dem Diwan,~\kreis! \textonehalf{}\,1~mit Energie Abschied genommen, Maue\IN{\maue} will mich wieder kaum weglassen.~\neueseite{539765} \tbentry{22}{8}{1930}{} 9\,\hbox{--}\,18 nach \uline{Wien}\IO{Wien}.\ort{Wien} Ina\IN{\ina} holt mich ab; sie wohnt in meiner Wohnung; ist wieder im Büro. Brav, Karezza. \tbentry{23}{8}{1930}{\kreis} Morgens Kar., plötzlich aber \kreis~i. Nachmittags mit Inas\IN{\ina} lustiger Hilfe gr. Sp. Abends Kar. \tbentry{24}{8}{1930}{\kreis} Ina\IN{\ina} noch hier. Faul. Etwas spazieren. Nachmittags macht sie mir wieder gr.\,Sp. Ich versuche, ihr auch; aber zu schmerzhaft. Abends \kreis\ Rams (zum 1.~Mal; ich eingesetzt). \tbentry{25}{8}{1930}{} Ina\IN{\ina} ins Büro. Gekramt. Nachmittags 2~Sachen für Königsberg\IO{Königsberg}\II{\koenigsbergerkongress} geschrieben.\fnE{Vgl. die kurzschriftlichen Skizzen (\href{http://doi.org/10.48666/808148}{RC~110"~03"~08}) und (\href{http://doi.org/10.48666/808151}{RC~110"~03"~09}).} (Ina\IN{\ina} schläft in Grinzing\IO{Wien!Grinzing}). \tbentry{26}{8}{1930}{\kreis} Nachmittags mit Ina\IN{\ina} bei Unger\IO{Wien!Herrenausstatter Unger} schwarzes Sakko für Prag\IO{Prag} gekauft. 6\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,9 Caf\'{e} Reichsrat\IO{Wien!Caf\'{e} Reichsrat} mit Feigl\IN{\feigl}, Gödel\IN{\goedel}, dann Waismann\IN{\waismann}. Reiseplan mit Schiff nach Königsberg\IO{Königsberg}. Gödels\IN{\goedel} Entdeckungen: Unvollständigkeit des Systems der \textit{PM}\IW{\principiamathematica}; Schwierigkeit des Widerspruchsfreiheitsbeweises.\fnE{Vgl. Gödel, ,,Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandter Systeme~I`` und Gödel, ,,Einige metamathematische Resultate über Entscheidungsdefinitheit und Widerspruchsfreiheit`` sowie Dawson, \emph{Logical Dilemmas}, 68\hbox{--}75 und Mancosu, \emph{The Adventure of Reason}, 232\hbox{--}239.} \kreis\ klein Pr mit Ring. \tbentry{27}{8}{1930}{} Nachmittags \uline{Zeisel}\IN{\zeisel} hier. Über die Begriffe der subjektiven Werttheorie; Bedürfnisskalen.\fnE{Vgl. Zeisel, ,,Erinnerungen an Rudolf Carnap``.} Er hat Bankanstellung in New York\IO{New York}. Zu \uline{Neu\-rath}\IN{\neurath}, 6\textsuperscript{h}. Über Schlick\IN{\schlick}; ich nehme ihn in Schutz. Später Feigl\IN{\feigl} und Kasper\IN{\kasper}. Neurath\IN{\neurath} liest sein neues \textit{MS}\IW{\neurathneuesbuch} vor;\fnE{Manuskript zu Neurath, \emph{Empirische Soziologie}. Vgl. TB~13.\,I.\,1930\diaryref{TB-13-I-1930}.} in Form und Inhalt gut. \textonehalf{}\,1 zu Hause. \tbentry{28}{8}{1930}{} Mittags zusammen hier. \textonehalf{}\,4 ,,Akademiker`` Krause\IN{\krauseakademiker} zum Kolloquium über Geometrie; er versteht aber gar nichts; \textonehalf{} Stunde lang, ich verzichte endlich. Er glaubt immer noch, ungerecht beurteilt zu sein. 4 \uline{Feigl}\IN{\feigl} und \uline{Kasper}\IN{\kasper}. Erzählen von München\IO{München}, Gramms\IN{\gramm}\IN{\maue}. Abends \sout{bre} begleiten wir sie zur Thaliastraße\IO{Wien!Thaliastraße}. \tbentry{29}{8}{1930}{\kreis} Mittags mit Ina\IN{\ina} im Garten des Dominikanerkellers\IO{Wien!Dominikanerkeller} gegessen. Zu Unger\IO{Wien!Unger}. 5\,\hbox{--}\,9 Caf\'{e} Reichsrat\IO{Wien!Caf\'{e} Reichsrat}. Zuerst erzählt mir \uline{Gödel}\IN{\goedel} von seinen Ent\-deckungen. Dann frage ich ihn wegen Verzicht auf verzweigte Typentheo\-\tbtwoA{483}rie. Feigl\IN{\feigl} kurz da; \uline{Waismann}\IN{\waismann} und Kasper\IN{\kasper}.~\neueseite{539767} Waismann\IN{\waismann} gibt uns den Inhalt seines Königsberger\IO{Königsberg}\II{\koenigsbergerkongress} Vortrags an.\fnE{Vgl. TB~7.\,IX.\,1930\diaryref{TB-7-IX-1930}.} \tbentry{30}{8}{1930}{} Für Königsberg\IO{Königsberg}\II{\koenigsbergerkongress} gearbeitet. Nachmittags Ina\IN{\ina}; ich diktiere ihr Auszüge aus Vortrag\IC{\logizismuskoenigsberg} und Diskussionsbemerkungen für Pressebüro\IO{Pressebüro}.\fnE{Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``. Vgl. ,,Diskussion zur Grundlegung der Mathematik am Sonntag, dem 7.~Sept. 1930``, \emph{Erkenntnis} 2, 1931, 135\hbox{--}151, vor allem 141\hbox{--}144, 145\hbox{--}146.} Kummer, weil ich in ihrem Protokoll der Übungen manches korrigieren muss. Abends Kar., ich sie {\lspitz}fleißig{\rspitz}. \tbentry{31}{8}{1930}{\kreis} Morgens dreimal Kar. Mit Ina\IN{\ina} spazieren. Sie übt, meine stenographischen \textit{MS} ,,Physikalische Sprache``\IC{\physikalischesprache} zu lesen. Nach dem Essen gr.\,Sp. Sie kommt heftig ins Weinen, beim Gedanken, dass ich mal ganz weggehe. \kreis~Rams. \tbentry{1}{9}{1930}{} Mit Ina\IN{\ina} am Nordbahnhof\IO{Wien!Nordbahnhof} gegessen. 2\,\hbox{--}\,10 nach \uline{Prag}\IO{Prag}.\ort{Prag [\hbox{Praha}]} Hotel \unsicher{Atlantic} (teures Doppelzimmer). ({\lspitz}Terman{\rspitz}\IO{Prag!Terman} war besetzt). \tbentry{2}{9}{1930}{} 9\textsuperscript{h} \uline{Ministerium}\IO{Prag!Ministerium}, Doktor Havelka\IN{\havelka}, Besprechung (siehe besondere Aufzeichnung).\fnE{Nicht überliefert.} Dekanat\IO{Prag!Dekanat} ; dann zum Prodekan Professor \uline{Pringsheim}\IN{\pringsheim}, Pflanzenphysiologisches Institut\IO{Prag!Pflanzenphysiologisches Institut} (siehe besondere Aufzeichnung).\fnE{Nicht überliefert.} Mit ihm durchs Physikalische\II{\physikalischesprag} und Mathematische Institut\IO{Prag!Mathematisches Institut}. 2\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,10~nach \uline{Lucken\-walde}\IO{Luckenwalde}. \sout{Hei} Kleines Nest, Hotel\IO{Luckenwalde!Hotel} mit Gesangsverein\IO{Luckenwalde!Gesangsverein}. (Im Zug \uline{Winternitz}\IN{\winternitz} getroffen; über Prag\IO{Prag}, Wohnungsverhältnisse). \tbentry{3}{9}{1930}{} \textonehalf{}\,10\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,11 nach \uline{Berlin}\IO{Berlin}.\ort{Berlin} Telefoniert mit Reichenbach\IN{\reichenbach}, Dubislav\IN{\dubislav} (er soll doch nach Königsberg\IO{Königsberg}\II{\koenigsbergerkongress} kommen! Reidemeister\IN{\reidemeisterkurt} hatte seine Vortragsanmeldung nicht ordentlich beachtet), Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel} (er fährt zum Kaiser, kommt etwa 13 zurück; ich könne dort wohnen). Stettiner Bahnhof\IO{Stettin!Stettiner Bahnhof}. Geschrieben. Hempel\IN{\hempel} kommt zum Bahnhof\IO{Stettin!Stettiner Bahnhof}. Mit Feigl\IN{\feigl}, Gödel\IN{\goedel}, Waismann\IN{\waismann} 2\,\hbox{--}\,6 nach \uline{Swinemünde}\IO{Swinemünde}.\ort{Swinemünde} Dampfer ,,Hansa Stadt Danzig``\IO{Danzig}. Auch Grellings\IN{\grelling}\IN{\grellingfrau} und Hahn\IN{\hahnhans}. Bewegte See. Seekrank, 12\textsuperscript{h} gespuckt; dann erleichtert, aber doch nicht geschlafen.~\neueseite{539761} \tbentry{4}{9}{1930}{Ina}\IN{\ina} Mittags in \ulinesp{Königsberg}\IO{Königsberg};\ort{Königsberg}\fnE{Zur \emph{2.~Tagung für Erkenntnislehre der exakten Wissenschaften} vgl. ,,Bericht über die 2.~Tagung für Erkenntnislehre der exakten Wissenschaften \pagebreak in Königsberg 1930``, \emph{Erkenntnis} 2, 1931, 91\hbox{--}190 sowie Stadler, \emph{Studien zum Wiener Kreis}, 388\hbox{--}395 und Dawson, \emph{Logical Dilemmas}, 68\hbox{--}72.} endlich fester Boden! Zimmer bei Pokull, Heumarkt\IO{Wien!Am Heumarkt}~3, einfach. Abends Stadthalle\IO{Wien!Stadthalle}, mit den anderen geges\-\tbtwoA{484}sen. \uline{Frank}\IN{\frankphilipp} kommt; wir sprechen auch mit \uline{Rausch von Traubenberg}\IN{\traubenberg}, dem Dekan. Er ist durch Reichenbachs\IN{\reichenbach} langes Verhandeln ungeduldig geworden.\fnE{Vgl. TB~6.\,X.\,1929\diaryref{TB-6-X-1929}.} Er sagt, er will erreichen, dass die Regierung\IO{Prag!Regierung Tschechien} deutlich sagt, was sie bieten kann; und dann möge ich mich schnell entscheiden. Späteres Ordinariat hänge von Fakultät\IO{Prag!Philosophische Fakultät} und von Regierung\IO{Prag!Regierung} ab; von ,,\unsicher{Systemati\-sierung}``; soll aber in einigen Jahren gemacht werden.{\tolerance500\par} \tbentry{5}{9}{1930}{} 9\textsuperscript{h} \uline{mein Vortrag} ,,Die Grundgedanken des Logizismus``\IC{\logizismuskoenigsberg};\fnE{Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``.} gelingt gut. Heyting\IN{\heyting} über Intuitionismus\IW{\heytingkoenigsberg}, von Neumann\IN{\neumannvon} über Formalismus\IW{\neumannvonkoenigsberg}. \tbentry{6}{9}{1930}{} Vorträge Tornier\IN{\tornier} und Scholz\IN{\scholzarnold}; dann Reichenbach\IN{\reichenbach} ,,Physikalischer Wahrheitsbegriff``\IW{\reichenbachkoenigsberg},\fnE{Reichenbach, ,,Der physikalische Wahrheitsbegriff``.} Heisenberg\IN{\heisenberg} ,,Kausalität und Quantenmechanik``\IW{\heisenbergkoenigsberg};\fnE{Heisenberg, ,,Kausalgesetz und Quanten\-mecha\-nik``.} Diskussion. Nachmittags Vortrag Gödel\IN{\goedel} ,,Vollständigkeit des Logikkalküls``\IW{\goedelkoenigsberg};\fnE{Vgl. Gödel, ,,Die Vollständigkeit der Axiome des logischen Funktionenkalküls``.} Scholz\IN{\scholzarnold} ,,Begriff Gesamtheit in der Axiomatik`` (Schüler von Zermelo\IN{\zermelo}, etwas unklar). Private Diskussion: mit von Neumann\IN{\neumannvon} über Interpretationsmöglichkeit der klassischen Mathematik (er hält das für schwieriger als den Widerspruchsfreiheitsbeweis); dem holländischen Professor Claij\IN{\clay}; dem russischen Naturphilosophieprofessor Hessen\IN{\hessenboris} über Positivismus und Materialismus; mit Heyting\IN{\heyting} über Brouwer\IN{\brouwer}. Meist zusammen gegessen, in Stadthalle\IO{Königsberg!Stadthalle} oder Parkhotel\IO{Königsberg!Parkhotel}; Schlosskonditorei\IO{Königsberg!Schlosskonditorei}; auch Grelling\IN{\grelling} und Frau\IN{\grellingfrau}. Sitzung für nächste Tagung: Bad Elster\IO{Bad Elster}. Hahn\IN{\hahnhans} will, dass ich über Extensionalitätsthese spreche. \tbentry{7}{9}{1930}{} Vormittags Vortrag Waismann\IN{\waismann} über Wittgensteins\IN{\wittgenstein} Grundlegung der Mathematik;\fnE{Vgl. Carnaps kurzschriftliche Skizze (\href{http://doi.org/10.48666/808154}{RC~102"~76"~11}).} klar und gut, gibt aber doch zu wenig Begriffe vom Wittgensteinschen\IN{\wittgenstein} Aufbau. Diskussion, lebhaft~\neueseite{539769} und gut. Mittags bei \uline{Reide\-meisters}\IN{\reidemeisterkurt} gegessen (gestern abend waren die anderen eingeladen, ohne mich). Nach Tisch sprechen Reidemeister\IN{\reidemeisterkurt} und Hahn\IN{\hahnhans} mit mir \gestrunl. Reidemeister\IN{\reidemeisterkurt} sagt, dass die soziologischen Bemerkungen im Vorwort zum ,,Aufbau``\IC{\konstitutionstheorie} unvorsichtig sind; man habe sogar gehört, dass eine Fakultät deswegen einen negativen Beschluss gefasst habe. Hahn\IN{\hahnhans} rät mir auch, ,,Von Gott \tbtwoA{485} und Seele``\IC{\scheinproblememachverein} noch nicht zu veröffentlichen.\fnE{Vgl. TB~14.\,VI.\,1929\diaryref{TB-14-VI-1929}.} Schlosskonditorei\IO{Königsberg!Schlosskonditorei}, Diskussion mit Hessen\IN{\hessenboris}; dass wir keine Idealisten sind. \tbentry{8}{9}{1930}{} Vortrag \uline{Hilbert}\IN{\hilbert} ,,Naturerkenntnis und Logik``\IW{\hilbertkoenigsberg}\II{\naturfokoen};\fnE{Hilbert, ,,Naturerkennen und Logik``. Hilberts Vortrag und die im folgenden erwähnten Vorträge fanden im Rahmen der 91. Versammlung der Gesellschaft deutscher Natur\-forscher und Ärzte statt, die in Königsberg vom 7. bis~11.\,IX.\,1930 ausgerichtet wurde. Vgl. die Kongressakten in \emph{Naturwissenschaften} 18, 1930, 957\hbox{--}1084.} Paneth\IN{\paneth} ,,Periodensystem``\IW{\panethkoenigsberg}.\fnE{Paneth, ,,Die Entwicklung und der heutige Stand unserer Kenntnisse über das natürliche System der Elemente``.} Nachmittags Bieberbach\IN{\bieberbach}, ,,Hilberts\IN{\hilbert} Pariser Probleme``; Baade\IN{\bader}, ,,Neuere Ergebnisse der Astronomie``. Abends auch die \gestrunl\ stenographierende Studentin, Fräulein \luecke , im Parkhotel\IO{Königsberg!Parkhotel} mit uns gegessen; Mathematik (allgemein), Physik, Psychologie (Arbeit über Führerprobleme; will Tagung der {\lspitz}Entscheid{\rspitz}schule {\lspitz}Referat{\rspitz} Berlin\IO{Berlin} besuchen), nette Russen\-bluse, Bayerin, 10~Jahre in Internat unter Klosterfrauen gewesen. Wir schauen uns gern an. \tbentry{9}{9}{1930}{} Mit Feigl\IN{\feigl}, Gödel\IN{\goedel}, Neider\IN{\neider} 10\,\hbox{--}\,19\,\textonehalf{} nach \uline{Berlin}\IO{Berlin}.\ort{Berlin} Hotel Prager Haus\IO{Prag!Hotel Prager Haus}, Prager Platz\IO{Prag!Prager Platz} 4\textit{a}. Geschrieben, die anderen ins Theater\IO{Prag!Theater}. (Zimmer mit fließendem Wasser 6,50; Feigl\IN{\feigl} kleiner 5,50) \tbentry{10}{9}{1930}{} Mit Feigl\IN{\feigl}, Gödel\IN{\goedel}, Neider\IN{\neider} in die Stadt; Wertheim\IO{Berlin!Wertheim}, Friedrichstraße. Abends wir mit Grellings\IN{\grelling}\IN{\grellingfrau} im Theater Stresemannstraße\IO{Berlin!Theater Stresemannstraße}; ,,Marguerite:~3`` von Schwiefert\IN{\schwiefert}, lustig. Nachher Caf\'{e}. \tbentry{11}{9}{1930}{} {\lspitz}Subaq{\rspitz} (Adam)\IN{\subaq}. Nachmittags \uline{Hempel}\IN{\hempel} mit uns ins Caf\'{e} Berlin\IO{Berlin!Caf\'{e} Berlin}, Dachgarten (arg teuer). Abends alle zu \uline{Grellings}\IN{\grelling}\IN{\grellingfrau}. Er liest Nelsons\IN{\nelsonleonard} Rezension\IW{\nelsonrezension} von Cohens\IN{\cohen} ,,Logik der reinen Erkenntnis``\IW{\cohenlogik}vor; sehr gut.\fnE{Nelson, ,,Rezension von \emph{Hermann Cohen: System der Philosophie, 1.~Teil. Logik der reinen Erkenntnis, Berlin 1902}``.}~\neueseite{539779} \tbentry{12}{9}{1930}{} Reisebüro\IO{Berlin!Reisebüro}. Zum Flughafen Tempelhof\IO{Berlin!Flughafen Tempelhof}, gegessen. Caf\'{e} Josty\IO{Berlin!Caf\'{e} Josty}, mit \uline{Dubislav}\IN{\dubislav}. Er hat Aussicht, als Professor nach Frankfurt\IO{Frankfurt} zu kommen, (für ,,Psychologie und Pädagogik``) an eine Art \sout{Aka} Pädagogische Akademie für Gewerbeschullehrer\IO{Frankfurt!Pädagogische Akademie für Gewerbeschullehrer}.\fnE{Vgl. Milkov, ,,On Walter Dubislav``, Abschnitt 7.} In diesem Falle würde er gerne helfen, die Habilitation in Charlottenburg\IO{Charlottenburg} für Feigl\IN{\feigl} zu ermöglichen. Im Voxhaus\IO{Berlin!Voxhaus} (Funkstunde) hören wir \ulinesp{Reichenbachs\IN{\reichenbach} Radiovortrag}, Bericht über Königsberg\IO{Königsberg}\II{\koenigsbergerkongress};\fnE{Zu Reichenbachs Radiovorträgen vgl. Gerner, \textit{Hans Reichenbach}, 118\hbox{--}121.\baustellex{WISS}} populär, gut. Alle ins Caf\'{e} Dobrin\IO{Berlin!Caf\'{e} Dobrin}: Feigl\IN{\feigl}, Gödel\IN{\goedel}, Reichenbach\IN{\reichenbach} (reist um \textonehalf{}\,9 nach München\IO{München}), Dubislav\IN{\dubislav},\shortenpage Grelling\IN{\grelling}, Hempel\IN{\hempel}, Poser\IN{\poser} \gestrunl\ Fräulein Neumann\IN{\neumannfraeulein} \tbtwoA{486} (seine Verlobte). Auch erkenntnistheoretische Probleme besprochen. Reichenbach\IN{\reichenbach} will auf der Reise in Jena\IO{Jena} mit Jentzsch\IN{\jentzsch} reden, wegen der Professur für Naturphilosophie, die man vielleicht von der Zeissstiftung\II{\zeissstiftung} aus machen will. Er meint, sie käme wohl mehr für ihn oder Feigl\IN{\feigl} als für mich in Betracht, weil die Physiker die Professur einrichten. \tbentry{13}{9}{1930}{} 12\textsuperscript{h} zu \uline{Fritz Dörpfeld}\IN{\doerpfeldfritz}; Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel} kommt erst abends. Über Mühlenauprozess.\II{Mühlenau Boden-AG}\fnE{Vgl. TB~7.\,XI.\,1923\diaryref{TB-7-XI-1923}.} Wir müssen doch einen Teil des Bechererhonorars bezahlen; auch Sommerfeld\IN{\sommerfeld} einen Teil (10-20000) seiner Vergleichszahlung ersetzen. Er rät, Zehlendorf West\II{\zehlendorfwest} \uline{Aktien} zu behalten, weil Grundstückswerte; aber AHAG\II{\ahag} vielleicht mal verkaufen, weil dieses Unternehmen ganz auf der Person Sommerfelds\IN{\sommerfeld} beruht.\fnE{AHAG-Sommerfeld des Bauunternehmers Adolf Sommerfeld. Auch Zehlendorf-West gehörte zum Unternehmensverbund von Sommerfeld.} Nachsehen, zu welchem Kurs erstanden. \uline{Feigl\IN{\feigl} über Maue\IN{\maue}} (schon morgens). Er redet mir zu, jetzt zu ihr zu fahren, weil nachher von Ina\IN{\ina} weg nicht so gut geht. Aber Kasper\IN{\kasper} hat gesagt, lieber nicht, oder mindestens sehr vorsichtig sein, damit nicht noch mal Salzburg\IO{Salzburg}. Ich schwanke lange; dann doch nicht, weil ich es jetzt gegen meinen Willen täte, und ihr dann~\neueseite{539775} ,,übelnehmen`` würde. \gestrunl~Nachmittags mit Feigl\IN{\feigl} ins~KdW\IO{Berlin!Kaufhaus des Westens}. Mit Feigl\IN{\feigl} und Gödel\IN{\goedel} 7\textsuperscript{h} Mozartsaal\IO{Berlin!Mozartsaal} Nollendorfplatz\IO{Berlin!Nollendorfplatz}, Tonfilm ,,Unter den Dächern von Paris``, nicht Handlung, aber gutes Milieubild. Nachher zusammen Caf\'{e} Eden\IO{Berlin!Caf\'{e} Eden}. \tbentry{14}{9}{1930}{} 10\,\hbox{--}\,1 nach \uline{Dresden}\IO{Dresden}.\ort{Dresden} Ganzen Nachmittag und Abend \uline{Hygiene\-aus\-stellung}\II{\hygienedresden}.\fnE{Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1930.} (Wohnung: Fremdenheim Sprick\IO{Dresden!Fremdenheim Sprick}, Reichsstraße\IO{Dresden!Reichsstraße} 1,5\,min vom Hauptbahnhof\IO{Dresden!Hauptbahnhof}; primitives Zimmer 4,\hbox{--}). \tbentry{15}{9}{1930}{\kreis} 10\,\hbox{--}\,8\,\textonehalf{} nach \uline{\ulinesp{Wien}}\IO{Wien}.\ort{Wien} Ostbahnhof\IO{Wien!Ostbahnhof}. Ina\IN{\ina} holt mich ab. \tbentry{16}{9}{1930}{} Gekramt, geschrieben. \sout{7\textsuperscript{h} Mathematisches} 6\textsuperscript{h} Caf\'{e} Thury\IO{Wien!Caf\'{e} Thury}: Neurath\IN{\neurath}. Sein Atlas\IW{\neurathatlas} ist fertig;\fnE{Neurath, \emph{Gesellschaft und Wirtschaft}.} er hat große Pläne mit Amerika\IO{Amerika}. 7\textsuperscript{h}~Mathematisches Institut\II{Mathematisches Institut der Universität Wien}: Vortrag \uline{Behmann\IN{\behmann}}: ,,Widersprüche in Mathematik und \mbox{Logik}``; 2~Stunden lang! Inhaltlich gut, aber pädagogisch ungeschickt, eintönig, ermüdend. Mit Ina\IN{\ina} nach Hause. Gr.\,Sp. mit Inas\IN{\ina} Assistenz. \tbentry{17}{9}{1930}{} Geschrieben. 5\,\hbox{--}\,10 bei Kaufmann\IN{\kaufmannfelix}; dann \uline{Behmann}\IN{\behmann} (wohnt dort), Hahn\IN{\hahnhans} und Gödels\IN{\goedel}. Behmanns\IN{\behmann} Modalitätslogik.\fnE{Vgl. Behmann, ,,Die typenfreie Logik und die Modalität``.} Gödels\IN{\goedel} Bemerkungen zur Russellschen\IN{\russell} Antinomie. \tbtwoA{487} \tbentry{18}{9}{1930}{\kreis} Geschrieben, gekramt. 4\,\hbox{--}\,8 bei \uline{Neurath}\IN{\neurath}; liest sein neues \textit{MS}\IW{\neurathneuesbuch} vor.\fnE{Vermutlich erneut Neurath, \emph{Empirische Soziologie}. Vgl. TB~27.\,VIII.\,1930\diaryref{TB-27-VIII-1930}.} Ina\IN{\ina} wohnt bis jetzt immer hier. Sie ist schrecklich verliebt. (Heute endlich fertig!) \tbentry{19}{9}{1930}{\strich} Geschrieben; nachmittags Gödel\IN{\goedel}; dann \uline{Behmann}\IN{\behmann}. Seine Entgegnung auf Gödels\IN{\goedel} Einwand. Beide bis~9\textsuperscript{h}. Heute Abend allein. \tbentry{20}{9}{1930}{} Geschrieben. Mittags aus. \uline{Ina}\IN{\ina} kommt, \uline{gekündigt}, wegen Krach~\neueseite{539777} (Beleidigung des Kassiers). Sie braucht \uline{nicht mehr ins Büro}, bekommt Gehalt bis~15.~Okt. Abends Kar. \tbentry{21}{9}{1930}{\kreis} Mit Ina\IN{\ina} das von ihr abgetippte \textit{MS} ,,Physikalische Sprache``\IC{\physikalischesprache} verglichen. Briefe diktiert. Anzeigen für Prager\IO{Prag} Wohnungen durchgesehen, und geschrieben. \tbentry{22}{9}{1930}{} Geschrieben. \textonehalf{}\,8 \uline{Kasperle}\IN{\kasper} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}; ich erzähle von Königsberg\IO{Königsberg}. Auch über Maue\IN{\maue}. Sie sagt, ich soll nur hin, wenn ich's wirklich von Herzen tun kann. \textonehalf{}\,9 bei Neurath\IN{\neurath}; \uline{Hahn}\IN{\hahnhans} liest sein \textit{MS} ,,Occam``\IW{\hahnoccam} vor;\fnE{Hahn, \emph{Überflüssige Wesenheiten}.} gut. \tbentry{23}{9}{1930}{} Ausarbeitung vom Königsberger Vortrag\IC{\logizismuskoenigsberg} angefangen.\fnE{Carnap, ,,Die logizistische Grundlegung der Mathematik``. Vgl. auch den auf diesen Tag datierten kurzschriftlichen Entwurf dazu (\href{http://doi.org/10.48666/808157}{RC~110"~03"~07}).} 7\,\hbox{--}\,9 mit Ina\IN{\ina} im Apollo \uline{Kino}\IO{Wien!Apollo Kino}, Tonfilm ,,Dreyfus``\IN{\dreyfus}; packend. Ina\IN{\ina} mit zu mir. \tbentry{24}{9}{1930}{} Ina\IN{\ina} Briefe diktiert. Gearbeitet. Abends Ina\IN{\ina} zum Kraus\IN{\krauskarl} Vortrag. \tbentry{25}{9}{1930}{} Königsberger Vortrag\IC{\logizismuskoenigsberg} fertig ausgearbeitet für ,,Erkenntnis``\II{\erkenntnis}. Abends gr.\,Sp., Anfang der Kur.{\tolerance5000\par} \tbentry{26}{9}{1930}{} Gearbeitet; Durcharbeitung des Aufsatzes ,,Psychologie``\IC{\psychologiesprache} angefangen.\fnE{Vgl. TB~3.\,V.\,1930\diaryref{TB-3-V-1930}} Sp. \tbentry{27}{9}{1930}{} \textwh{Durcharbeitung des Aufsatzes ,,Psychologie``\IC{\psychologiesprache} angefangen.} Sp.\fnA{Es folgt ein leerer Eintrag mit dem Symbol~\original{\kreis}.} %\tbentry{28}{9}{1930}{\kreis} \tbentry{29}{9}{1930}{} Psychologie\IC{\psychologiesprache} gearbeitet. Immer zu Hause. Ina\IN{\ina} jetzt immer vormittags ins Mineralogische Institut\IO{Wien!Mineralogisches Institut}. \hfill Sp. \tbentry{30}{9}{1930}{} Gearbeitet. Abends \uline{Ina}\IN{\ina}. Sie empfindet meine Bemerkung, dass ich froh war, allein arbeiten zu können, als unfreundlich. Das wird dann \tbtwoA{488} verschärft durch meine Mahnungen zu leisem Sprechen, auf der Straße. Abends langes Gespräch hierüber, und über Grundsätzliches dabei.~\neueseite{539771} \tbentry{1}{10}{1930}{\kreis} Gearbeitet. Nachmittags Ina\IN{\ina} hier getippt. \tbentry{2}{10}{1930}{\kreis} Getippt. \tbentry{3}{10}{1930}{} \textonehalf{}\,4 Professor \uline{Frank}\IN{\frankphilipp} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}. Über Prag\IO{Prag}. Politisches. Wohnungsfrage. Schwierigkeiten Schlick\IN{\schlick}~\hbox{--}~Neurath\IN{\neurath}. 6 zu \uline{Broadwin}\IN{\broadwin}, auch Lindemann\IN{\lindemann} dort. Sie haben ein Baby, Jungen. Das zweijährige Mädchen ist nett, kann Buchstaben erkennen. 7\textsuperscript{h}~Besprechung mit Zeisel\IN{\zeisel}, Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}, Wälder\IN{\waelder} über \uline{Studiengruppe}\II{\studiengruppe}. Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld} und Zeisel\IN{\zeisel} meinen, ich soll mit Wälder\IN{\waelder} über Geisteswissenschaften diskutieren; da er auf heideggerschem\IN{\heidegger} Standpunkt steht, meine ich, die Kluft ist zu groß. Vielleicht Vögelin\IN{\voegelin}. 9\textsuperscript{h}~zu \uline{Neurath}\IN{\neurath}, und Frau\IN{\neuratholga}. Er erzählt von Deutschland\IO{Deutschland}, hat wieder glänzende Erfolge in Berlin\IO{Berlin}, bei Minister, Schulrat, \unsicher{Karsen}, wegen Schulversuchen mit Bildstatistik.\fnE{Vgl. Sandner, \emph{Otto Neurath}, 182\,ff.} Er rät, lieber nicht die Vorlesungen abzusagen, mache schlechten Eindruck. \tbentry{4}{10}{1930}{} Ina\IN{\ina} tippt; auch Briefe diktiert. \tbentry{5}{10}{1930}{\kreis\ Ina}\IN{\ina} \textwh{Ina\IN{\ina} tippt;} wir kollationieren. \tbentry{6}{10}{1930}{} Ina\IN{\ina} mittags weg, Nachmittags \uline{Grelling}\IN{\grelling} und Neider\IN{\neider}; später \uline{Kauf\-mann}\IN{\kaufmannfelix}, abends auch \uline{Waismann}\IN{\waismann}. Bleiben zum Abend. Neider\IN{\neider} holt Esssachen. Über Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} Buch\IW{\kaufmanndasunendliche}; ich stimme Grellings\IN{\grelling} Einwänden zu. Über Waismanns\IN{\waismann} Wahrscheinlichkeitsbegriff;\fnE{Vgl. Waismann, ,,Logische Analyse des Wahrscheinlichkeitsbegriffs``.} ich verteidige ihn mit gegen Grelling\IN{\grelling}. Kaufmann\IN{\kaufmannfelix} kauft meine \textit{PM}\IW{\principiamathematica} (100\,\textit{S}). \tbentry{7}{10}{1930}{} Nachmittags mit \uline{Grelling}\IN{\grelling} zu Neurath\IN{\neurath}, auch Neider\IN{\neider}. Grellings\IN{\grelling} Bedenken gegen die materialistische Geschichtsauffassung. Abends ich allein bei Neurath\IN{\neurath}. Über Schlick\IN{\schlick}, über das Auseinanderkommen von Freunden durch Änderung der politischen Einstellung (Reidemeister\IN{\reidemeisterkurt}).~\neueseite{539773} \tbentry{8}{10}{1930}{\kreis} Nachmittags bei \uline{Broadwin\IN{\broadwin}}. Englisch gesprochen, ich bin sehr froh, dass es so gut geht. Auch Lindemann\IN{\lindemann} da; über Marxismus, Behaviorismus. \kreis\ trotz unwohl. \tbentry{9}{10}{1930}{} Nachmittags mit \uline{Grellings}\IN{\grelling}\IN{\grellingfrau} und Neider\IN{\neider} im Auto: Hütteldorf\IO{Wien!Hütteldorf}\,\hbox{--}\,Neu\-waldegg\IO{Wien!Neuwaldegg}\,\hbox{--}\,Salmannsdorf\IO{Wien!Salmannsdorf}\,\hbox{--}\,Sievering\IO{Wien!Sievering}\,\hbox{--}\,Grinzing\IO{Wien!Grinzing}\,\hbox{--}\,Kobenzl\IO{Mödling!Kobenzl}. Abends zurück. Über materialistische Geschichtsauffassung. Grelling\IN{\grelling} meint, er habe keine \tbtwoA{489} gefühlsmäßigen Widerstände, wolle nur vorsichtig formulieren und skeptisch sein. \tbentry{10}{10}{1930}{} 4 \uline{Vögelin}\IN{\voegelin} in Universität\II{Universität Wien} gesprochen. Grundlagen der Geisteswissenschaften. Schwierige Verständigung. Es müsse auch andere Definitionen geben als durch Kriterien der Verifikation. \textonehalf{}\,6\,\hbox{--}\,7 \uline{Maja}\IN{\maja}, aus Palästina\IO{Palästina} gekommen, wohnt bei Jerusalems\IN{\jerusalem}\IN{\jerusalemfrau}. Sieht schmal und \sout{bluss} blass aus. Fragt sehr nach Maue\IN{\maue}. Hat sehr viel gearbeitet und Moro\IN{\moro} vernachlässigt, will das aber künftig besser machen. \tbentry{11}{10}{1930}{} Gearbeitet und gelesen. Ich rufe Präsidentschaftskanzlei\IO{Wien!Präsidentschaftskanzlei Österreich} an: Verleihung des Titels ist schon 13.~Sept. erfolgt! \tbentry{12}{10}{1930}{\kreis} Morgens Kar., plötzlich \kreis. Mittags 1\,\hbox{--}\,4 bei \uline{Kaufmann}\IN{\kaufmannfelix}. Über Behmanns\IN{\behmann} Beweis, dass jeder Existenzbeweis konstruktiv, und Kaufmanns\IN{\kaufmannfelix} Note dazu.\fnE{Kaufmanns Note ist vermutlich das Dokument (\href{http://doi.org/10.48666/808160}{RC~28"~06"~17}). Vgl. auch Behmann an Kaufmann, 14.\,X.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808166}{RC~28"~06"~17}), TB~16.\,X.\,1930\diaryref{TB-16-X-1930} sowie die ausführliche Darlegung der Debatte zwischen Behmann, Kaufmann, Carnap und Gödel in Mancosu, \emph{\foreignlanguage{english}{The Adventure of Reason}}, 199\hbox{--}216 und Dawson, \emph{Logical Dilemmas}, 73.} Über Vögelin\IN{\voegelin} (Georgekreis\IN{\george}\II{\georgekreis}, aristokratisch). \tbentry{13}{10}{1930}{\kreis} Königsberger\IO{Königsberg} Diskussionsreferat fertig gemacht.\fnE{Vgl. (\href{http://doi.org/10.48666/808157}{RC~110"~03"~07}) sowie \emph{Erkenntnis} 2, 1931, 141\hbox{--}146.} \tbentry{14}{10}{1930}{} Nachmittags mit \uline{Schlick}\IN{\schlick} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}. Maja\IN{\maja} ist plötzlich nach Prag\IO{Prag} abgereist. Schlick\IN{\schlick} bringt mir das Dekret des \uline{Professorentitels}. Über Neuraths\IN{\neurath} \textit{MS}\IW{\neurathneuesbuch}. (Wir haben uns 3~Monate nicht gesehen.) Neurath\IN{\neurath} habe Schlicks\IN{\schlick} Verhalten als moralisch verkehrt bezeichnet; das sei doch wirklich kränkend; er habe Neurath\IN{\neurath} nicht beleidigt.~\neueseite{539789} %\tbentry{15}{10}{1930}{} \tbentry{16}{10}{1930}{} Nachmittags mit \uline{Gödel}\IN{\goedel}. Er widerlegt Behmanns\IN{\behmann} Beweis, dass jeder Existenzbeweis konstruktiv ist. Abends mit Ina\IN{\ina} in \uline{Kraus}\IN{\krauskarl} Vorlesung; er singt die ganze Offenbach\IN{\offenbach}-Operette ,,Pariser Leben``, Stimme und Gesten schauspielerisch gut. \tbentry{17}{10}{1930}{} Ina\IN{\ina} wohnt jetzt immer hier. Ich lese Schlicks\IN{\schlick} Ethik\IW{\schlickethik}.\fnE{Schlick, \emph{Fragen der Ethik}.} Gut und klar, aber sehr breit; und doch nicht scharf genug. \tbentry{18}{10}{1930}{\kreis} \textwh{Ich lese Schlicks\IN{\schlick} Ethik\IW{\schlickethik}}. Drieschs\IN{\driesch} Forschungswege\IW{\drieschforschungswege}; darin Kapitel über mich.\fnE{Driesch, \textit{Philosophische Forschungswege}, 40\hbox{--}47.\baustellex{LIT}} \tbtwoA{490} \tbentry{19}{10}{1930}{\kreis} Beide müde. Ina\IN{\ina} tippt aber fleißig; schließlich diktiere ich ihr. (Sp.~mit Malz, Leibschmerzen). \tbentry{20}{10}{1930}{} Ich tippe Psychologie\IC{\psychologiesprache} fertig. Abends zu Frau Neurath\IN{\neuratholga}. \tbentry{21}{10}{1930}{} Ina\IN{\ina} jetzt immer hier, lernt Mineralogie. \tbentry{22}{10}{1930}{\kreis} \uline{Maina}\IN{\maina} ruft plötzlich an! Ist mit Gerhard\IN{\gerhard} bei \unsicher{Murvitzens}\IN{\marvitzens}. \tbentry{23}{10}{1930}{} 5 im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}: {\lspitz}\uline{Boschan}{\rspitz}\IN{\boschan}; 6 \uline{Nelböck}\IN{\nellboeck} (seine Arbeit über die Logik im Empirismus\IW{\nelboeckdiss}; seine metaphysischen Bedürfnisse). \uline{Maja}\IN{\maja} kommt ins Caf\'{e} Schottentor\IO{Wien!Caf\'{e} Schottentor}, statt~\textonehalf{}\,9 um~9 und bringt noch eine Freundin mit! (Doktor Recha Stössl\IN{\stoessl} aus Graz\IO{Graz}). Maja\IN{\maja} war inzwischen in Prag\IO{Prag}. Nach~11 mit ihr bis Versorgungshaus\IO{Wien!Versorgungshaus}; sie möchte mit zu mir! Sie ist in Maues\IN{\maue} Namen auf Maina\IN{\maina} eifersüchtig. \textonehalf{}\,1 zu Hause. \tbentry{24}{10}{1930}{} 4\,\hbox{--}\,6 mit \uline{Maina}\IN{\maina} und \uline{Gerhard}\IN{\gerhard} (zum ersten Mal gesehen!) in Schönbrunn\IO{Wien!Schönbrunn}, auch auf der Gloriette\IO{Wien!Gloriette}. Gerhard\IN{\gerhard} mächtig, blond, irrationaler Mensch, eigentlich gut passend für Maina\IN{\maina}; dabei aber etwas verschlagen, sein Sächseln unangehm. Abends bei \uline{Waismanns}\IN{\waismann}\IN{\waismannfrau}. Sein Gedanke, dass der Behaviorismus zur Erklärung der Sprache nicht ausreicht, weil hierfür nicht nur Fakten, sondern Regeln nötig; ich dagegen, dass der Behaviorismus zur kausalen Erklärung der Sprache wohl ausreiche, dass daneben aber die Sprache~\neueseite{539781} auch vom logischen Gesichtspunkt aus untersucht werden kann. Über Themen für sein weiteres Proseminar.{\tolerance2000\par} \tbentry{25}{10}{1930}{} Vormittags kommt \uline{Maina}\IN{\maina} zu mir, 12\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,7. Sie wollte die Nacht hierbleiben, plötzlich ist aber Gerhard\IN{\gerhard} dageblieben, und beide sollen ins Theater. Sie verträgt sich jetzt sehr gut mit Gerhard\IN{\gerhard}, aber Ring am linken Finger; auch ist sie oft nicht mehr frigide, denkt sich aber zu oft aus der Wirklichkeit weg, nachts an mich und so. Nachmittags Karezza (2~von~1\unl). Sie ist stolz, nicht mehr frigide zu sein. Ich habe wieder Potenzhemmungen (wohl wegen Ina\IN{\ina}). Sie möchte mit mir beim Skilaufen zusammen sein, kann aber erst Februar. Vielleicht ist sie morgen noch hier; ich meine aber, besser jetzt schon Abschied. Abends kommt Ina\IN{\ina}. Ich müde, früh ins Bett, schlecht geschlafen. \tbentry{26}{10}{1930}{\kreis} \uline{Kummertag}. Ina\IN{\ina} gestern Mineralogie-Prüfung (genügend), und Maina\IN{\maina} Sache, jetzt ziemlich nervös, oft Tränen. Allerhand Verwundungen (Bettwäsche, offene Spetumschachtel, ein Witz von mir, ein nicht erwiderter Kuss und so); dann schreibt sie Kummerbrief mit heftigen Vorwürfen \tbtwoA{491} wegen mangelnder Delikatesse. Aussprache und Verständigung, wieder lieb zusammen.~\kreis. %\tbentry{27}{10}{1930}{} \tbentry{28}{10}{1930}{\kreis} Abends mit \uline{Maja}\IN{\maja} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}. Von ,,Freundin`` erzählt, sie ist eifersüchtig in Maues\IN{\maue} Namen. \tbentry{29}{10}{1930}{\strich} \uline{Kaila\IN{\kaila} Aufsatz}\IC{\konstitutionms} vom vorigen Winter wieder angefangen.\fnE{Carnap, ,,Konstitution des Nichtgegebenen``. Vgl. TB~8.\,XI.\,1929\diaryref{TB-8-XI-1929}.} Abends Kasper\IN{\kasper} getroffen; Feigl\IN{\feigl} schreibt begeistert aus Amerika\IO{Amerika}. Bei \uline{Neurath}\IN{\neurath}, erzählt aus Moskau\IO{Moskau}.\fnE{Vgl. Sandner, \emph{Otto Neurath}, 227\hbox{--}233.} \tbentry{30}{10}{1930}{\kreis} \textwh{Kaila\IN{\kaila} Aufsatz}\IC{\konstitutionms} fleißig gearbeitet. \tbentry{31}{10}{1930}{} Gearbeitet. \sout{Abends bei \ulinestr{Neurath}\IN{\neurath}, erzählt aus Moskau\IO{Moskau}.} \tbentry{1}{11}{1930}{} \textwh{Gearbeitet.}~\neueseite{539787} \tbentry{2}{11}{1930}{\kreis} Mittags Sp. Kar., pl. \kreis. \tbentry{3}{11}{1930}{} \uline{Ina}\IN{\ina} zieht unten ins Zimmer ein. ,,Nicht Gegebenes``\IC{\konstitutionms} gearbeitet; schwieriges Problem der Induktion. Der \uline{Partei}\II{\sozialdemokratischepartei} beigetreten;\fnE{Carnaps Beitritt zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Vgl. auch die Anrede mit ,,Genosse`` in Neurath an Carnap, 31.\,X.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808168}{RC~29"~14"~04}) sowie TB~9.\,XI.\,1930\diaryref{TB-9-XI-1930}.} gleichzeitig wird Neurath\IN{\neurath} aus der Kirche austreten. \tbentry{4}{11}{1930}{} ,,Nicht Gegebenes``\IC{\konstitutionms} gearbeitet; Neues: Metrik der Spielräume und Gehalte. \tbentry{5}{11}{1930}{} \textwh{,,Nicht Gegebenes``\IC{\konstitutionms} gearbeitet;} \tbentry{6}{11}{1930}{} 7 \uline{Schlick}\IN{\schlick} im Josephinum\IO{Wien!Josephinum}; er ist durch Maja\IN{\maja} ganz nervös gemacht, durch ihre persönlichen und sachlichen Ansprüche. 8\textsuperscript{h}~1.~\uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Hahn\IN{\hahnhans} referiert seinen Königsberger\IO{Königsberg} Vortrag über Grundlagen der Mathematik: Annahmen über die Reichhaltigkeit des Bestandes an Funktionen.\fnE{Vgl. ,,Diskussion zur Grundlegung der Mathematik am Sonntag, dem 7.~Sept. 1930``, \emph{Erkenntnis} 2, 1931, 135\hbox{--}141.} Ich spreche dagegen. \tbentry{7}{11}{1930}{} (Kopfschmerzen.)\fnA{Es folgt ein leerer Eintrag mit dem Symbol~\original{\kreis}.} %\tbentry{8}{11}{1930}{\kreis} \tbentry{9}{11}{1930}{} Vormittags bei \uline{Lazarsfeld}\IN{\lazarsfeld}, im Marxhof\IO{Wien!Karl-Marx-Hof}. Er stimmt meinen Thesen über Psychologie ganz zu; \pagebreak er weist außerdem auf die empirische Tatsache \tbtwoA{492} hin, dass zwischen meinem Erleben und den \unsicher{Vermittlungs}\sout{wesen}weisen des Anderen eine Begriffsisomorphie bestehe. Er glaubt, dass sich die Psychologen damit zufrieden geben würden. Wahltag; die Sozialdemokraten\II{\sozialdemokratischepartei} gewinnen ein Mandat, werden stärkste Partei\II{\sozialdemokratischepartei} im Parlament\IO{Wien!Parlament}. Ina\IN{\ina} und ich sind kurz der \uline{Partei}\II{\sozialdemokratischepartei} beigetreten. \tbentry{10}{11}{1930}{} Nachmittags: Ina\IN{\ina} tippt Briefe für mich. Abends zu Neurath\IN{\neurath}. Dort Hahn\IN{\hahnhans}, Kokstein\IN{\kochstein}, Josef Frank\IN{\frankjosef}, Reidemeisterin\IN{\reidemeistermarie}. Über die politische Lage. Keine Partei ist recht zufrieden. Die Heimwehr\II{\heimwehr} ist als schwach entlarvt. Kokstein\IN{\kochstein} und Hahn\IN{\hahnhans} zweifeln, ob der Schutzbund\II{\schutzbund} überhaupt Waffen habe; Neurath\IN{\neurath} aber sagt ja.\fnE{Heimwehr und Schutzbund waren paramilitärische Organisationen der Christdemokraten und Sozialdemokraten in der Ersten Republik. Vgl. Botz, \textit{Gewalt in der Politik}, 271.\baustellex{HIST}}~\neueseite{539783} \tbentry{11}{11}{1930}{} Nachmittags mit \uline{Vögelin}\IN{\voegelin} und Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}. Vögelin\IN{\voegelin} macht arge Metaphysik; die Geisteswissenschaften seien außerhalb des Gebietes, in dem es um wahr und falsch gehe; in der Ontologie \gestrunl\ seien alle einig, wenn sie sich auch verschieden ausdrückten (Augustin\IN{\augustin}, Kant\IN{\kant}~\ldots). Ich verzichte lieber auf die Diskussion in der Studiengruppe\II{\studiengruppe}. Mit Fräulein \uline{Feix}\IN{\feix}; liest eifrig russisch; arbeitet in der Arbeiterbibliothek\IO{Wien!Arbeiterbibliothek}, und in der Partei\II{\sozialdemokratischepartei}. \tbentry{12}{11}{1930}{} Briefordner gekramt. \tbentry{13}{11}{1930}{} \gestrunl\ \textonehalf{}\,7 \uline{Schlick}\IN{\schlick}. \textonehalf{}\,8 \uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. \uline{Kaufmann}\IN{\kaufmannfelix} trägt seine Hauptgedanken vor;\fnE{Siehe Carnaps zweiseitige kurzschriftliche Skizze (\href{http://doi.org/10.48666/808170}{RC~028"~26"~06}).} klar. Ich heiser. \tbentry{14}{11}{1930}{} Halsentzündung; nachmittags zu Bett. Mit Ina\IN{\ina} ganzen Tag an den neuen Briefordnern gekramt. \tbentry{15}{11}{1930}{} Zu Bett. \tbentry{16}{11}{1930}{} Wieder auf, aber noch Halsschmerzen. Briefordner. \tbentry{17}{11}{1930}{\kreis} \textwh{Wieder auf, aber noch Halsschmerzen. Briefordner.} Mit Ina\IN{\ina} über: Christiansens\IN{\christiansen} Analyse von mir;\fnE{Vgl. (\href{http://doi.org/10.48666/807974}{RC~21"~74"~02}).} Gleichberechtigung der Partner; ,,unberechtigte Gefühle``. \kreis\ zum ersten Mal Cunn. \tbentry{18}{11}{1930}{} Mit Ina\IN{\ina} über Stammbaum der Werte (Diskussion zwischen Kraft\IN{\kraftvictor} und Waismann\IN{\waismann}). Warschauer\IO{Warschau} Vorträge vorbereitet.\fnE{Siehe die auf diesen Tag datierte fünfseitige kurzschriftliche Skizze des Vortrages ,,Die Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache`` \pagebreak(\href{http://doi.org/10.48666/808173}{RC~110"~07"~21}) sowie die auf den 20.\,XI.\,1930 datierte dreiseitige kurzschriftliche Skizze zu ,,Der tautologische Charakter des Schließens`` (\href{http://doi.org/10.48666/808190}{RC~110"~07"~35}) und die auf den 22.\,XI.\,1930 datierte dreiseitige kurzschriftliche Skizze ,,Psychologie in physikalischer Sprache`` (\href{http://doi.org/10.48666/808193}{RC~110"~07"~12}).} \tbtwoA{493} %\tbentry{19}{11}{1930}{} \tbentry{20}{11}{1930}{\kreis} Nachmittags \uline{Broadwins}\IN{\broadwin}\IN{\broadwinfrau} hier; auch Ina\IN{\ina}, in roten Hosen. \tbentry{21}{11}{1930}{} Nachmittags mit \uline{Waismann}\IN{\waismann} im Caf\'{e}\IO{Wien!Caf\'{e}}; Adressenliste; kurz über Induktion.~\neueseite{539785} Dann mit \uline{Gödel}\IN{\goedel}. Über meine Königsberger\IO{Königsberg} Diskussionsbemerkung;\fnE{Vgl. TB~13.\,X.\,1930\diaryref{TB-13-X-1930}.} er sagt, wenn Interpretation möglich, würde Formalismus überflüssig. In die Urania\IO{Wien!Urania}; \uline{Klatts}\IN{\klattfritz} Vortrag (Geschlechtsleben) schon ausverkauft~\gestrunl. \luecke\ Abends \uline{Inas}\IN{\ina} langer Brief;\fnE{Vgl. den auf den 21.\,XI.\,1930 datierten Brief (\href{http://doi.org/10.48666/808195}{RC~25"~34"~15}).} Bilanz über unsere Beziehung. Mit ihr gesprochen über die Geldfragen. \tbentry{22}{11}{1930}{} Nachmittags \uline{Kasper}\IN{\kasper} hier. Sie ist sehr allein, wünscht von uns ,,Neues`` zu hören. \tbentry{23}{11}{1930}{} Abends \uline{mit Ina\IN{\ina} zu Neuraths\IN{\neurath}\IN{\neuratholga}} (zum 1.~Mal). Neurath\IN{\neurath} spricht für gemeinsame Einstellung; heftig gegen meine Bedenken, in sachlichen Abhandlungen unsachliche Zusätze zu machen (Orientierungen, wie die Thesen im Klassenkampf oder zum Katholizismus usw. stehen.) Ina\IN{\ina} stimmt ihm zu. Jedenfalls aber sind wir einig, \sout{wir gab} Bücher als Instrumente aufzufassen, und gemeinsam derartige praktische Erwägungen anzustellen. \tbentry{24}{11}{1930}{} Abends zu \uline{Zeisel}\IN{\zeisel}; dort Lazarsfeld\IN{\lazarsfeld}, Heinz Hartmann\IN{\hartmannheinz} und Haberler\IN{\haberler}. Interessantes Gespräch über Metaphysik, Psychologie; psychologischer Sinn der Metaphysik; Hartmann\IN{\hartmannheinz} meint, vielleicht ist sie praktisch unentbehrlich für geisteswissenschaftliche Forschung, wenn auch falsch oder sinnlos. \tbentry{25}{11}{1930}{\kreis} Reisevorbereitungen. Ina\IN{\ina} hat Sorge wegen starkem Wind, für meinen Flug. \tbentry{26}{11}{1930}{} 9\,\textonehalf{}\,\hbox{--}\,2\,\textonehalf{} nach {\lspitz}\uline{\ulinesp{Warschau}}{\rspitz}\IO{Warschau} geflogen.\ort{Warschau [Warszawa]}\fnE{Zu Carnaps Warschauer Vorträgen vgl. Brożek, ,,Carnap and the Members of the Lvov-Warsaw School`` sowie TB~18.\,XI.\,1930\diaryref{TB-18-XI-1930}.} Ina\IN{\ina} mit nach Aspern\IO{Wien!Aspern}, Flughafen. Vor Krakau\IO{Krakau} etwas böig, nachher ruhig. Kotarbinski\IN{\kotarbinski} und Tarski\IN{\tarski} holen mich ab. Privatzimmer. 5~mit Tarski\IN{\tarski} zur Universität\II{Universität Warschau}, Seminar. Später dort \uline{Łukasiewicz}\IN{\lukasiewicz}. Über Logik der Stoiker. Mit ihm und Tarski\IN{\tarski} in ein kleines Caf\'{e}. Über Wittgenstein\IN{\wittgenstein}, Heyting\IN{\heyting}. Später mit Tarski\IN{\tarski} über phänomenale und physikalische Sprache,~\neueseite{539797} Naturgesetze als Konventionen.\shortenpage \tbtwoA{494} \tbentry{27}{11}{1930}{} 12\textsuperscript{h} \uline{Kotarbiński}\IN{\kotarbinski} holt mich ab; spazieren im Königspark\IO{Krakau!Königspark}. Er hat demokratische Opposition gewählt, verteidigt aber doch Piłsudski\IN{\pilsudski}.\fnE{Józef Piłsudski regierte zu dieser Zeit in Polen autoritär.} Polen\IO{Polen} habe Angst vor einem Angriff Deutschlands\IO{Deutschland}. Über das Fremdpsychische. Über Esperanto. Mit \gestrunl\ ihm und Tarski\IN{\tarski} zu einem feinen Mittagessen. Dann helfen beide mir ein Hotelzimmer suchen; Hotel Saski\IO{Krakau!Hotel Saski}, alt, einfach. Ich hole meinen Koffer, komme \textonehalf{}\,6~sehr müde endlich in mein Hotelzimmer. Etwas aufs Bett gelegt und ausgeruht. \textonehalf{}\,7~Kotarbiński\IN{\kotarbinski} ins Seminar, mit ihm zum Dekan Halecki\IN{\halecki} (Historiker) (er fragt mich, wer in Wien\IO{Wien} Rektor ist; ich weiß es nicht), mit beiden zum Rektor (Kinderarzt). 7\,\textonequarter{}~\uline{mein Vortrag} ,,Die Psychologie in physikalischer Sprache``\IC{\psychologiesprache}; vorher Begrüßungsworte des Dekans\IN{\halecki}. Ich spreche langsam und ruhig, es gelingt gut, ich kann aber nur wenig sagen in der kurzen Zeit. Mit \uline{Leśniewski}\IN{\lesniewski} und Tarski\IN{\tarski} in das kleine Caf\'{e}\IO{Krakau!Caf\'{e}}; über sinnlose Sätze. Leśniewski\IN{\lesniewski} meint, es sei eine bloße sprachliche Konvention, ob man den Satz ,,Die Liebe ist viereckig`` sinnlos oder falsch nenne. 10\textsuperscript{h}~zu \uline{Kotarbiński}\IN{\kotarbinski}. Dort viele Professoren, auch der Rektor. Professor \uline{Witwicki}\IN{\witwicki}, der Psychologe mit grauen Haaren; diskutiert. Karte an Ina\IN{\ina} geschrieben.\fnE{Carnap an Ina Stöger, 27.\,XI.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808266}{RC~025"~34"~08}).} Der Rektor quatscht lange mit mir. Mit einigen diskutiert. Nach~12\textsuperscript{h} weg. Unter mir Tanzmusik bis gegen~5\textsuperscript{h}. \tbentry{28}{11}{1930}{} Vormittags zu \uline{Tarski}\IN{\tarski}; liegt zu Bett. Später auch Fräulein \uline{Hosiasson}\IN{\hosiasson}. Über Induktion und Wahrscheinlichkeit. Nur verifizierbare Sätze sind sinnvoll. 3\textsuperscript{h}~zum Essen \uline{Witwicki}\IN{\witwicki}, auch Kotarbiński\IN{\kotarbinski}. Witwicki\IN{\witwicki} erkennt aus meinem Körperbau und Vortragsinhalt: Ich sei nicht verheiratet, sei gern allein, passe mich schwer anderen an, liebe mehr Musik als Malerei; einer der Eltern sei groß, der andere pyknisch.~\neueseite{539795} Manches erstaunlich gut geraten. Später auch \uline{Leśniewski}\IN{\lesniewski}. Anstatt Konzert verabrede ich mit ihm Diskussion für abends. Abends im Hotel\IO{Krakau!Hotel Saski} hilft mir Kapitän Fenrich\IN{\fenrich}, polnischer Offizier, Verwandter des Astronomen Graff\IN{\graf}. Ich \gestrunl\ bekomme ruhiges, kleines Zimmer. 8\textsuperscript{h}~zu \uline{Leśniewski}\IN{\lesniewski}, ich will früh heim, bleibe aber bis~12\textsuperscript{h}. Über sein System: Protothetik, Ontologie, Mereologie. \tbentry{29}{11}{1930}{} Vormittags zu \uline{Tarski}\IN{\tarski}, und Fräulein \uline{Hosiasson}\IN{\hosiasson}. \textonehalf{}\,2 zu \uline{Leśniewski}\IN{\lesniewski}; seine Frau spricht nur Polnisch. Über Aufbau der Sprache, im Ganzen verstehen wir uns gut. \textonehalf{}\,5 auf mein Zimmer, ausgeruht. 8 \uline{mein Vortrag} ,,Die Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache``\IC{\ueberwindungdermetaphysik}, in einem theologischen Hörsaal, mit Kruzifix. Anschließend lebhafte Diskussion; erstaunlich viele sind einverstanden, sogar Witwicki\IN{\witwicki}; bis~\textonehalf{}\,12. Mit \tbtwoA{495} Kotarbiński\IN{\kotarbinski} und Leśniewski\IN{\lesniewski} noch kurz in ein Caf\'{e}\IO{Krakau!Caf\'{e}}. Leśniewski\IN{\lesniewski} lehnt die Frage nach dem unmittelbar Gegebenen ab. \tbentry{30}{11}{1930}{} Vormittags im Brülowski Hotel\IO{Warschau!Hotel Brülowski} endlich Post gefunden: 2~Briefe von Ina\IN{\ina}, 1~von Maue\IN{\maue}.\fnE{Vgl. Ina Stöger an Carnap, 27.\,XI.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808199}{RC~025"~34"~11}) u. 28.\,XI.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808197}{RC~025"~34"~10}) sowie Maue Gramm an Carnap, 26.\,XI.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808204}{RC~024"~37"~05}).} Kurz zu \uline{Tarski}\IN{\tarski}, ist wieder auf. Mittags \textonehalf{}\,2\,\hbox{--}\,4 bei \uline{Kotarbiński} \IN{\kotarbinski} Seine Thesen. Schon einiges über den tautologischen Charakter des Schließens. Ins Hotel\IO{Warschau!Hotel Brülowski}, kurz ausgeruht, an Ina\IN{\ina} geschrieben.\fnE{Carnap an Ina Stöger, 30.\,XI.\,1930 (\href{http://doi.org/10.48666/808201}{RC~025"~34"~06}).} Nach~5\textsuperscript{h} zu \uline{Tarski}\IN{\tarski}; seine Frau, Leśniewski\IN{\lesniewski}, Łukasiewicz\IN{\lukasiewicz}, Kotarbiński\IN{\kotarbinski}, Fräulein Sztejnbarg\IN{\steinberg} und Hosiasson\IN{\hosiasson}, Lindenbaum\IN{\lindenbaum}. Mit Tarski\IN{\tarski} und Hosiasson\IN{\hosiasson} über die Ableitung der physikalischen Sätze aus den phänomenalen. Abends zu Fräulein Hosiasson\IN{\hosiasson} mit Tarski\IN{\tarski}, Sztejnbarg\IN{\steinberg}, 2~Physikern (Poznański\IN{\poznanski} und~\ldots{}). Diese beiden wollen die Physik auf der Koinzidenz aufbauen, sind sich aber über die Bedeutung eines Konstitutionssystems nicht ganz klar. \tbentry{1}{12}{1930}{} Vormittags mit Tram über die Weichsel\IO{Weichsel}, im Park Skaryszweski\IO{Warschau!Park Skaryszweski} spazieren, trübes Wetter. Im Zimmer geschrieben.~\neueseite{539793} Nachmittags geschlafen; Besorgungen; Vortrag vorbereitet. 8 \uline{mein Vortrag} ,,Der tautologische Charakter des Schließens``; (jeder Satz ist eine Wahrheitsfunktion der Atomsätze); 1\,\textonequarter{} Stunde, schnell gesprochen, schwieriger als die ersten beiden; lebhafte Diskussion bis nach~11. Tarski\IN{\tarski} fragt, ob ein effektives Entscheidungsverfahren vorliegt dafür, ob $f_i \xrightarrow[\text{(R)}]{}\nobreak S$;\fnE{Vgl. die Vortragsskizze (\href{http://doi.org/10.48666/808190}{RC~110"~07"~35}), 2.} andernfalls falle die ganze Überlegung hin. Ich vermute, dass es eine Art Rechenverfahren ist. Łukasiewicz\IN{\lukasiewicz} vertritt den Standpunkt der an sich bestehenden Sachverhalte (\gestrunl~realistische). Zusammen ins Caf\'{e}\IO{Warschau!Caf\'{e}}, bis nach~12. \tbentry{2}{12}{1930}{} 11 mit Fräulein \uline{Hosiasson}\IN{\hosiasson} in Konditorei; sie berichtet über den Inhalt ihrer Arbeiten über Induktion und Wahrscheinlichkeit. Später auch Tarski.\IN{\tarski} Bis~1\textsuperscript{h}. \textonehalf{}\,3 mit Kotarbiński\IN{\kotarbinski} bei Doktor \uline{Ossowski}\IN{\ossowski} und Frau\IN{\ossowskifrau} (sympathisches Gesicht, gleicht Hilda Capp\IN{Capp, Hilda}). Beide Psychologen und Schüler von Kotarbiński\IN{\kotarbinski}. Sie hat Russell\IN{\russell} besucht. Auf Tarskis\IN{\tarski} Bitte versuche ich, einen Tag länger zu bleiben, obwohl ich schon Flugschein habe. Aber das Visum geht nur bis morgen. \textonehalf{}\,6 kommt \uline{Tarski}\IN{\tarski} zu mir. Über die Frage des Verlags seiner \textit{SA}-Broschüre\IW{\tarskiwahrheitsbegriff};\fnE{Bezug unklar, möglicherweise steht die Abkürzung für ,,Semantik-Broschüre`` o.\,ä., dann wäre Tarski, ,,Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen`` gemeint.} über die geplante Zeitschrift ,,Lo\-\tbtwoA{496}gica``\II{\logica};\fnE{Vermutlich gemeint ist die von Łukasiewicz gegründete und 1938 erstmals erschienene Zeitschrift \textit{Collectanea Logica}.}~es liegt\fnA{Wort nachträglich mit Tinte nachgebessert.} viel Stoff vor und Łukasiewicz\IN{\lukasiewicz} könnte vom Ministerium\IO{Warschau!Ministerium} Geld bekommen, zögert aber seit Jahren die Frage immer um einige Wochen hinaus, sodass jetzt Tarski\IN{\tarski} schon nicht mehr danach drängen will. Zusammen in kleinem Caf\'{e}\IO{Warschau!Caf\'{e}}. \textonehalf{}\,9~zusammen zu \uline{Kotarbiński}\IN{\kotarbinski}, dort auch Leśniewski\IN{\lesniewski}, Łukasiewicz\IN{\lukasiewicz}, Fräulein Hosiasson\IN{\hosiasson} und Sztejnbarg\IN{\steinberg}. Es werden Übereinstimmungen und Differenzen im Formallogischen und im Erkenntnistheoretischen kurz zusammengefasst. Dabei ergeben sich aber doch wieder längere Diskussionen. Sehr angeregt und gut (siehe besonderen Zettel).\fnE{Siehe die einseitige kurzschriftliche Skizze (\href{http://doi.org/10.48666/808206}{RC~088"~44"~01}).} \sout{Kotarbiński\IN{\kotarbinski} ,,Pansomatismus``}. Sehr herzlicher Abschied; sie (besonders Kotarbiński\IN{\kotarbinski} und Leśniewski\IN{\lesniewski}) scheinen wirklich sehr erfreut über meinen Besuch, sowohl wissenschaftlich wie persönlich.~\neueseite{539799} Sie regen an, dass wir uns im Sommer in der Tatra\IO{Tatra} treffen. Mit Tarski\IN{\tarski} und den beiden Damen\IN{\hosiasson}\IN{\steinberg} nach Hause gegangen, die beiden kommen vielleicht im März nach Wien\IO{Wien}. \textonehalf{}\,1~zu Hause. Kann nicht schlafen, trotz Bromural,\fnE{Schlafmittel.} ganze Nacht.{\looseness1\par} \tbentry{3}{12}{1930}{} 8,30 \uline{Abflug}. 10\textsuperscript{h}~(anstatt~10\,\textonehalf{}) in Krakau\IO{Krakau}. 11,15\,\hbox{--}\,13,15 (anstatt~13,45) nach \uline{Wien}\IO{Wien}.\ort{Wien} Etwas windig und neblig; flau im Magen. Warte im Reisebüro\IO{Wien!Reisebüro} auf Ina\IN{\ina}. Zu Hause ins Bett, nichts gegessen. Geschlafen; große Geschichte. \tbentry{4}{12}{1930}{} Gekramt, geschrieben. \textonehalf{}\,7 \uline{Schlick}\IN{\schlick} getroffen; ganz kurz auch \uline{Maja}\IN{\maja}. \textonehalf{}\,8~\uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Ich erzähle von Warschau\IO{Warschau}. Dann etwas diskutiert über Schlicks\IN{\schlick} Aufsatz ,,Kausalität``\IW{\schlickkausalitaet};\fnE{Schlick, ,,Die Kausalität in der gegenwärtigen Physik``.} außer Neumann\IN{\neumann} alle einverstanden. \tbentry{5}{12}{1930}{\kreis\ Ina}\IN{\ina} Mit Ina\IN{\ina} fleißig Briefe geschrieben. \kreis\ oral. \tbentry{6}{12}{1930}{} Ina\IN{\ina} zu Bett; Schmerzen. Geschrieben, gekramt. 5\,\hbox{--}\,7 2 \uline{Bauhäusler}\II{\bauhaus} (\uline{Collein}\IN{\collein} und Frau \uline{Gerson})\IN{\gerson} hier; auch Ina\IN{\ina}. Sie ist hübsch und tüchtig\sout{ig}, sympathischer als er. Sie wohnen in 1~Zimmer; sie sucht Stelle, ist Architektin. \tbentry{7}{12}{1930}{} \uline{Maja}\IN{\maja} kommt (anstatt~\textonehalf{}\,5) um~7, bis~10. \gestrunl\ Sie erzählt von Maue\IN{\maue}. Sie fühlt sich jetzt sehr alleingelassen. Maja\IN{\maja} versteht nicht, warum wir nicht zusammenziehen. Sie meint, die neue Beziehung sei entweder nicht besonders stark (und das glaubt sie), \pagebreak dann soll ich darauf wegen Maue\IN{\maue} ver\-\tbtwoA{497}zichten. Oder sie sei wirklich stark, dann sei es einfach Schicksal. Ich sage, dass es so stark ist. Ihr tut Maue\IN{\maue} schrecklich leid. Sie sagt, dass sie Treue zu Maue\IN{\maue} empfindet; vielleicht, wenn die andere Frau zuerst \gestrunl\ da gewesen wäre, würde sie zu dieser Treue empfinden. \textonehalf{}\,9~hole ich Ina\IN{\ina} herauf. Maja\IN{\maja} über sich und Moro\IN{\moro}; an Gutmann\IN{\gutmann}; Europa\IO{Europa} und Asien\IO{Asien}.~\neueseite{539805} \tbentry{8}{12}{1930}{} Mit Ina\IN{\ina} Briefe. Abends \textonehalf{}\,8\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,12 mit Ina\IN{\ina} bei \uline{Neuraths}\IN{\neurath}\IN{\neuratholga}. Neurath\IN{\neurath} liest aus \uline{Schlicks\IN{\schlick} Ethik\IW{\schlickethik}}\fnE{Schlick, \emph{Fragen der Ethik}.} vor und zeigt die Unwissenschaftlichkeit des Buches, Ina\IN{\ina} \gestrunl\ stimmt zu ,,Quatsch``, Präsident Kokstein\IN{\kochstein} ist auch entsetzt, besonders über den Abschnitt über Freiheit (Zurechnungsfähigkeit). Neurath\IN{\neurath} will sein abgelehntes \textit{MS} anderswo veröffentlichen.\fnE{Vgl. TB~26.\,XII.\,1930\diaryref{TB-26-XII-1930}, demnach könnte es sich um Neurath, ,,Einheitswissenschaft und Psychologie`` handeln.} \tbentry{9}{12}{1930}{} 5\,\hbox{--}\,6 mit Doktor von \uline{Muralt}\IN{\muralt}; ist Dr.~med., studiert jetzt Staatswissenschaften und Nationalökonomie, hat bei Kelsen\IN{\kelsen} gehört, jetzt auch \sout{Kl} Spann\IN{\spann}; weniger Interesse für Logik, und Schlickzirkel\II{\schlickzirkel}. Ich verabrede \uline{Vortrag Zürich}\IO{Zürich}\IC{\ueberwindungdermetaphysik}; er sagt, dass Dürr\IN{\duerr} sich für Russells\IN{\russell} Logik interessiert und Antimetaphysiker ist. \textonehalf{}\,7 \uline{Vortrag Heisenberg}\IN{\heisenberg} ,,Die Unbestimmtheitsrelation in der modernen Physik``; klar und gut; aber merkwürdige Bemerkung über Unmöglichkeit, das Organische physikalisch zu beschreiben. \tbentry{10}{12}{1930}{\kreis} Angefangen ,,Die Überwindung der Metaphysik``\IC{\ueberwindungdermetaphysik} zu schreiben, aufgrund des Warschauer\IO{Warschau} Vortrages.\fnE{Carnap, ,,Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache``. Vgl. die Warschauer Vortragsskizze (\href{http://doi.org/10.48666/808173}{RC~110"~07"~21}).} \tbentry{11}{12}{1930}{} Kaila\IN{\kaila}\IW{\kailapositivismus} gelesen, für Abend vorbereitet. \textonehalf{}\,5~mit Ina\IN{\ina} zu \uline{Broadwins}\IN{\broadwin}\IN{\broadwinfrau}; Wohnung am Arenbergring\IO{Wien!Arenbergring}, schwer gefunden. 7~\uline{Schlick}\IN{\schlick} im Josephinum\IO{Wien!Josephinum}. \textonehalf{}\,8~\uline{Zirkel}\II{\schlickzirkel}. Rand\IN{\rand} referiert über Kailas\IN{\kaila} Schrift ,,Der \sout{Neo} logis\editor{tis}che Neupositivmus``\IW{\kailapositivismus}; wir besprechen seine Einwände gegen die Konstitutionstheorie. Ina\IN{\ina} getroffen; sie spricht in der Tram zu viel Persönliches. Kummer und Tröstung. \tbentry{12}{12}{1930}{\kreis} Mit Ina\IN{\ina} Briefe. \tbentry{13}{12}{1930}{} 5 Abschiedstee für \uline{Maja}\IN{\maja} bei Frau Weiss\IN{\weissfrau},\fnE{Vermutlich Ruth Weiss bzw. deren Mutter Helene Weiss.} große Gesellschaft, auch Schlick\IN{\schlick}.~\neueseite{539809} %\tbentry{14}{12}{1930}{} \tbentry{15}{12}{1930}{} \uline{Erkältet}, heiser, Schnupfen. Teilweise im Bett. \tbtwoA{498} \tbentry{16}{12}{1930}{} Mit Ina\IN{\ina} \uline{Esperanto} angefangen. %\tbentry{17}{12}{1930}{} %\tbentry{18}{12}{1930}{} \tbentry{19}{12}{1930}{} Wieder auf. Abends \uline{Neurath}\IN{\neurath} bei uns. Über Psychologie; sie sei nicht vollständig übersetzbar; die behavioristische Psychologie würde völlig anders aussehen. Eine ,,Psychologie der moralischen Motive und Gefühle oder Werturteile`` sei nicht möglich, weil nicht abgrenzbar. \tbentry{20}{12}{1930}{} Mit Ina\IN{\ina} Weihnachtsbriefe an die Kinder. Nachmittags zusammen Besorgungen. \tbentry{21}{12}{1930}{\kreis} Neuraths\IN{\neurath} Korrekturbogen\IW{\neurathneuesbuch} gelesen, und Bemerkungen gemacht.\fnE{Druckfahnen zu Neurath, \emph{Empirische Soziologie}.} \tbentry{22}{12}{1930}{} Metaphysik\IC{\ueberwindungdermetaphysik} gearbeitet. Abends oft Esperanto. \tbentry{23}{12}{1930}{} \uline{Waismann}\IN{\waismann} \textonehalf{}\,12\,\hbox{--}\,\textonehalf{}\,1, Arkaden\IO{Wien!Caf\'{e} Arkaden}. Er schenkt mir: Daudet\IN{\daudet}, Tartarin\IW{\daudettartarin}.\fnE{Tartarin von Tarasco ist eine Figur in mehreren Romanen von Alphonse Daudet. Vgl. LL~404.} Wir sind über Psychologie anscheinend doch einig. Mittags mit \uline{Schlick}\IN{\schlick} gegessen. Er klagt über Maja\IN{\maja}. \textonehalf{}\,3\,\hbox{--}\,5 mit \uline{Gödel}\IN{\goedel}. Über seine Metamathematik (Korrekturbogen)\IW{\goedelmetamathematik}; sehr interessant.\fnE{Gödel, ,,Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica``.} Besorgungen. \tbentry{24}{12}{1930}{} Gearbeitet. Abends fleißig noch Neuraths\IN{\neurath} Korrektur\IW{\neurathneuesbuch} gelesen, Ina\IN{\ina} auch, sie schon im Bett. Kein Weihnachtsbaum, nur Mimosen und ein Tannenzweig, die schön duften. Ina\IN{\ina} schenkt mir einen sehr schönen warmen Pyjama.~\neueseite{539803} \tbentry{25}{12}{1930}{Weihnachten} Neurath\IN{\neurath} Korrektur\IW{\neurathneuesbuch} gelesen. Nachmittags mit Ina\IN{\ina} zu \uline{Neurath}\IN{\neurath},~4\,\hbox{--}\,7. Korrekturen des neuen Buches\IW{\neurathneuesbuch} durchgesprochen. \textonehalf{}\,8~zu \uline{Kasper}\IN{\kasper}, mit Ina\IN{\ina}; auch Broadwins\IN{\broadwin}\IN{\broadwinfrau}. Englisch gesprochen.~\hbox{--}~10. \tbentry{26}{12}{1930}{} Metaphysik\IC{\ueberwindungdermetaphysik} gearbeitet. Fertig. Nachmittags kommt \uline{Neurath}\IN{\neurath} 1~Stunde, erzählt vom Plan des Buches ,,Einheitswissenschaft``\IW{\neuratheinheitswissenschaftbuch}.\fnE{Vgl. Neurath, ,,Einheitswissenschaft und Psychologie``.} Wieder über Schlick\IN{\schlick}. \tbentry{27}{12}{1930}{\kreis} Mit Ina\IN{\ina} Briefe. Zusammen Agnes\IN{\agnes} Paket auf der Post geholt. \tbentry{28}{12}{1930}{\kreis} Gekramt, geschrieben. \tbentry{29}{12}{1930}{} 13,35\,\hbox{--}\,21,45 nach \uline{München}\IO{München},\ort{München} Hotel Eden\IO{München!Hotel Eden} (5,\hbox{--} mit fließendem Wasser).\pagebreak \tbtwoA{499} \tbentry{30}{12}{1930}{} 9,00\,\hbox{--}\,12,37 nach \uline{\ulinesp{Seefeld}}\IO{Seefeld}, Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} am Bahnhof\IO{Seefeld!Bahnhof}. Ich suche lange und mühsam Leih-Ski. Zusammen im Schlitten nach \uline{\ulinesp{Mösern}}\IO{Mösern}.\ort{Mösern} Gegessen, dabei auch Ille\IN{\elli}, Weils\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude}, Tschicholds\IN{\tschichold}\IN{\tschicholdfrau}. Mit Ille\IN{\elli} wieder~,,Du``. Sie hat sich, nach Rohs\IN{\rohfranz} Angabe, noch nicht recht assimiliert, anscheinend zu konventionell? Ausgeruht. Tschichold\IN{\tschichold} reist ab. In Rohs\IN{\rohfranz} Zimmer essen wir was alle zusammen zu Abend (außer Weils\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude} mit Kind, die im Kasslhof wohnen). Gespräche über Politik, mein bevorstehender Vortrag München\IO{München}, die heutige kulturpolitische Reaktion.~-- Schlecht geschlafen; die Höhe, und Geräusche aus dem Pferdestall. \tbentry{31}{12}{1930}{} Vormittags \uline{Ski} gelaufen, nach dem Mittag wieder bis~3\textsuperscript{h}. Subjektiv frisch, zu Hause doch plötzlich erschöpft. (Temperatur~8,7! Aber nach 1\,\textonehalf{}~Stunden~7,4).\fnE{Thermometer, das die erste Ziffer weglässt, sodass die Werte für 38,7 und 37,4\,\textdegree C stehen.} Im Bett ausgeruht. Abends alle im Kasslhof, ziemlich still. \gestrunl~Beim Weggehen, schon wieder in {\lspitz}Nagelstiefeln{\rspitz}, endlich mal wieder getanzt, mit Tschich\editor{oldskaja}\IN{\tschicholdfrau}, ging gut. Etwas besser geschlafen (aber doch gebrüllt).~\neueseite{539801} \tbentry{1}{1}{1931}{Neujahr, Ina}\IN{\ina} Alle spazieren, zum Geschwandtkopf\IO{Gschwandtkopf}, unterwegs mit Frau Weil\IN{\weilgertrude} umgekehrt. Weils\IN{\weilernst}\IN{\weilgertrude} reisen nach Tisch ab. Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} Verwandte Meissners\IN{\meissners} (Frau Russin\IN{\meissners}) sind da. Nachmittags 4 ausgeruht; geschrieben. \tbentry{2}{1}{1931}{} Hilde\IN{\rohhilde} für 2~Tage nach München\IO{München}. Ich gebe Ille\IN{\elli} Skiunterricht. \tbentry{3}{1}{1931}{} Morgens mit Ille\IN{\elli} Ski. Nach Tisch am Schlitten angehängt nach \uline{Seefeld}\IO{Seefeld}. Dort mit Ille\IN{\elli} im Caf\'{e} {\lspitz}Wosgo{\rspitz}\IO{Seefeld!Caf\'{e} Worgo}; später auch Roh\IN{\rohfranz} und Meissners\IN{\meissners}. Abends kommt Hilde\IN{\rohhilde} an. Lange Besorgungen. Dann zu Fuß nach Mösern\IO{Mösern}. Ich mit Ille\IN{\elli}; sie meint, dass Maue\IN{\maue} über die Kinder sehr glücklich ist; Ille\IN{\elli} selbst ist sehr einsam. \tbentry{4}{1}{1931}{} Mit Ille\IN{\elli} ein wenig Ski. Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} nach Seefeld\IO{Seefeld} zum Rennen. Kopfschmerzen. Nachmittags Ille\IN{\elli} zu Fuß nach Seefeld\IO{Seefeld}, ich etwas begleitet; dann alleine spazieren. Abends Schneesturm; die Kopfschmerzen weg, waren vom Föhn. \tbentry{5}{1}{1931}{} Vormittags mit Hilde\IN{\rohhilde} Ski geübt. Sonne. Nach Tisch oben in Liegestühlen gelegen. Dann mit Hilde\IN{\rohhilde} zum kleinen See, Skiabfahrt. Mit Rohs\IN{\rohfranz}\IN{\rohhilde} Kaffee im Denthof\IO{Denthof}, kurz spazieren; ich heim. Nicht sehr müde, trotz vieler Bewegung; aber doch~8,5 (nach~1~Stunde~7,3! Also gut). Geschrieben. Abends wird mein \textit{MS} ,,Metaphysik``\IC{\ueberwindungdermetaphysik} \gestrunl{} vorgelesen. \tbtwoA{500} \tbentry{6}{1}{1931}{} Sonne, wir bleiben deshalb bis morgen. Roh\IN{\rohfranz} nach Seefeld\IO{Seefeld}, um nochmal Pferderennen zu fotografieren. Ich begleite ihn mit Hilde\IN{\rohhilde} ein Stück. Plötzlich wieder Nervosität der beiden: wegen Gepäckbeförderung, Auto in München\IO{München} usw. Nachher beklagt sich Hilde\IN{\rohhilde} über seine Tyrannei (dunkler Pelz usw.),\fnA{Der Satz wird am Anfang des folgenden Konvoluts fortgesetzt.} %%% Local Variables: %%% TeX-PDF-mode: t %%% mode: latex %%% TeX-master: "Tagebuecher_1920_bis_1935" %%% End: