\tboneA{274} \diary{13}{[4] 2.\,X.\,1915\,--\,27.\,I.\,1916} \textspkl{\uline{Okt. 1915\,\hbox{--}\,Febr. 1916} \textcircledcn{\small{4}}}\fnA{Neben dieser nachträglich eingefügten Überschrift befinden sich auf dem Deckblatt des Konvoluts eine Reihe von (hier nicht wiedergegebenen) Notizen, die nicht zum Kontext des Tagebuchs gehören.} \uline{Tagebuch.} \textit{\uline{Okt.}} $\lceil$\fnA{Diese öffnende Hakenklammer und die dazu gehörende schließende Klammer beim Eintrag 20.\,X. stammen von Carnaps eigener Hand. Sie markieren einen Auszug aus dem vorangegangenen Tagebuchkonvolut. Deshalb beginnt dieses Konvolut mit bereits im vorigen zu findenden Einträgen zum 2.\,X. bis 20.\,X.\,1915.}Auszug: \ersteseite{541329} \tbentryllong{2}{10}{1915}{}\ort{Schmiedeberg [Kowary]} 125 Mann sind angefordert zum Rekrutendepot in die Alpen\IO{Alpen} (Innsbruck\IO{Innsbruck}). \tbentry{3}{10}{1915}{} Mutter\IN{\rjcarnapmutter} und Margret\IN{\rjmargret} geschrieben (Fotos). \tbentry{4}{10}{1915}{} Einteilen zum Transport, Graebsch\IN{\graebsch} will mit. \tbentry{5}{10}{1915}{} Krieke\IN{\krieke} lässt Stein\IN{\steinalfons} und mich mit einkleiden. \tbentry{6}{10}{1915}{} Die 4 Oberjäger gehen als Begleitkommando mit. Nachmittags kommt Becker\IN{\rjbeckerfritz}. \tbentry{7}{10}{1915}{} Morgen früh geht's los. Nachmittags: Vorläufig noch nicht abfahren, Mutter\IN{\rjcarnapmutter} schreibt: Gotthold\IN{\rohdengotthold} \textdagger{}. \tbentry{8}{10}{1915}{} Mittags: Brief Margret\IN{\rjmargret} mit Bild. Abends: Becker\IN{\rjbeckerfritz} fährt ab. \tbentry{10}{10}{1915}{} Gepackt, Zimmer im Stollen geräumt. Einteilen der neuen Kompanie; neue Inspektion. \tbentry{11}{10}{1915}{} Nietzschke\IN{\nietzschke} teilt die Kompanie ein. \tbentry{12}{10}{1915}{} Vielleicht nach Serbien\IO{Serbien}. Abends neuer Kompanieführer. \tbentry{16}{10}{1915}{} Bataillonswinkerdienst unter Korseck\IN{\korseck}. \tbentry{17}{10}{1915}{} Geschrieben (Flitner\IN{\flitner}, \textit{T}\IN{\tilly}). \tbentry{18}{10}{1915}{} Parolebefehl: Von Mittwoch früh an marschbereit. Exerzierpatrouille (also doch wohl Alpen\IO{Alpen}). \tbentry{19}{10}{1915}{} Nachmittags Appell, ärztliche Untersuchung, letzte Einkäufe; die Schneeschuhbataillone sollen in die Vogesen\IO{Vogesen} sein. \tbentry{20}{10}{1915}{} König\IN{\koenig} kommt rauf: Heut' Abend 8\textsuperscript{\uline{20}} soll's losgehen.$\rfloor$\pagebreak \tboneA{275} Der Transport kommt erst 3\textsuperscript{h} vom Marsch zurück. Ich war zum Glück zu Hause geblieben (wegen Winkerunterricht). Die Leute packen in \mbox{Eile}. \textonehalf{}\,7~Antritt. Vor der Kirche\IO{Kirche} Feldgottesdienst, im Dunkeln, Reiter mit Kerzen, der Oberstleutnant spricht schön; Bergkapelle\IO{Bergkapelle}. An der Bahn viel Volk. Abschied von Wendt\IN{\wendt}, Urban\IN{\urban} usw. Mit Müller\IN{\muellersoldat}, Gottschalk\IN{\gottschalksoldat}, {\lspitz}Schörung{\rspitz}\IN{\schoerung} (Stellvertreter Transportführer) im Abteil II. Neben dem Leutnant Graebsch\IN{\graebsch}. In Görlitz\IO{Görlitz}\ort{Görlitz} halten wir die ganze Nacht.{\tolerance1000\par} \tbentry{21}{10}{1915}{} Früh weiter. In Dresden\IO{Dresden} rangiert mit viel Aufenthalt. Ob Chemnitz\IO{Chemnitz}\,\hbox{--}\,Hof\IO{Hof} (Alpen\IO{Alpen}) oder \uline{Leipzig}\IO{Leipzig} (Vogesen\IO{Vogesen} oder Belgien\IO{Belgien})? Leipzig\IO{Leipzig}! An Hans Rothe\IN{\rothehans} telegrafiert (ist nicht angekommen). Nachmittags 3\textsuperscript{h} in Leipzig\IO{Leipzig}:\ort{Leipzig} \sout{von} Alles staunt auf den Straßen; \sout{es} wir singen trotz des schweren Gepäcks. \textonehalf{} Stunde Weg zur Schule Elsässer Straße\IO{Elsässer Straße}. Säle mit Strohsäcken und Decken.~\neueseite{541337} Um 7\textsuperscript{h} bei Rothes\IN{\rothes}. Frau Rothe\IN{\rothefrau}, dann Mäusch\IN{\mausch} in blauem Kleid. Eine Zeitlang mit Mäusch\IN{\mausch} allein, sie erzählt von Eva\IN{\eva}, sie hat sie in Miesbach\IO{Miesbach} besucht; Hans\IN{\rothehans} war seit August in Leipzig\IO{Leipzig}, meist gelesen oder so, sie war in der Schule\IO{Miesbach!Schule}, wenig zusammen. Sie spricht so leise und zaghaft, ich habe so lange mit keinem Mädchen mehr gesprochen. Ich habe das Gefühl, durch meine vielen Fragen sie einzuschüchtern und versuche deshalb, mehr von mir zu erzählen, von meinem Kursuspech, vom Transport, von den Leuten, den derben Westfalen dabei. Dann kommt Frau Rothe\IN{\rothefrau}, sie erzählt, dass Heims\IN{\heims} gefallen ist. Wir sprechen auch von den anderen Bekannten; ich bekomme wieder die so lange nicht gefühlte Fußspitzenreaktion. Vater Rothe\IN{\rjrothevater} kommt, wir gehen zum Essen. Wir sprechen von unseren verschiedenen möglichen Kriegszielen, der Kriegs- und politischen Lage. Dita\IN{\dita} kommt, sie ist sehr erstaunt. Nach dem Essen besehen wir alte Balkankarten\IO{Balkan}, welche Grenzverschiebungen schon seit damals. Die Aussichten des Vorgehens in Serbien\IO{Serbien}. Mutter Rothe\IN{\rothefrau} erzählt von der Griechenlandreise\IO{Griechenland}, von Spanien\IO{Spanien} und Tanger\IO{Tanger}; welche gemeinsam bekannten Orte. Mäusch\IN{\mausch} soll bald zu Bett, sie bittet sehr noch dazubleiben, das macht mir Spaß. Ich bekomme noch Obst, alles andere habe ich, man möchte gern Wünsche von mir; ich erzähle von Mäusch'\IN{\mausch} Pulswärmern. Abschied. Mäusch\IN{\mausch} drückt mir vor der Haustüre die Hand; ich soll mal schreiben, wenn ich draußen bin, (Als Grund: Wenn sie's durch Eva\IN{\eva} hört, erfährt sie alles erst so spät.). Froh nach Hause. \tbentry{22}{10}{1915}{} 7\textsuperscript{h} Wecken. Bald kommt Nachricht, es geht nach Schmiedeberg\IO{Schmiedeberg} zurück. Unglaube, dann Entsetzen. 10\textsuperscript{h} Essen. \textonehalf{}\,12~Abfahrt. Viel Umsteigen, meist~III. In Dresden\IO{Dresden} Neustadt\IO{Dresden!Neustadt} 2~Aufnahmen; abends durch \ort{Schmiedeberg [Kowary]}Schmiedeberg\IO{Schmiedeberg} herauf 10\,\hbox{--}\,11. Ins alte Zimmer. \tboneA{276}~\neueseite{541331} \tbentry{23}{10}{1915}{} Appell. Abteilungsbefehl: Der Transport wird bis Bekanntwerden des neuen Marschzieles in etwa 8~Tagen zurückgehalten. Ein~\textit{B} von~Cha\IN{\elisabeth}. Nachmittags wieder Appell. \tbentry{24}{10}{1915}{} Hohenzollernfeier: Umzug mit Musik, Kirche\IO{Schmiedeberg!Kirche}.\fnE{Fünfhundertjahrfeier des Brandenburg-Preußischen Herrscherhauses.} Nachmittags geschrieben. (Eva\IN{\eva}, Mutter\IN{\rjcarnapmutter},\fnE{Rudolf an Anna Carnap, 24.\,X.\,1915 (\href{http://doi.org/10.48666/808559}{RC~025"~01"~53}).} Mäusch\IN{\mausch} (aber noch nicht abgeschickt).) \tbentry{25}{10}{1915}{} Großer Marsch, Nebel und schwacher Regen, 6\,\hbox{--}\,8\textsuperscript{h}: Grenzbauden\IO{Grenzbauden}, Mohornmühle\IO{Mohornmühle}, Schneekoppe\IO{Schneekoppe} (etwas Schnee), kurz eingekehrt, Hampelbaude\IO{Hampelbaude}, eingekehrt weil Küche nicht raufgekommen, bei Kirche\IO{Wang!Kirche} Wang\IO{Wang} Feldküche, im Dunkeln mit beschleunigtem Tempo zurück. Becker\IN{\rjbeckerfritz} da. Zusammen im Kretscham\IO{Kretscham} abendgegessen. \tbentry{26}{10}{1915}{} Vor- und nachmittags Exerzieren. \tbentry{27}{10}{1915}{} Vormittags kleiner Marsch, nachmittags Exerzieren, Gesundheitsbesichtigung. \tbentry{28}{10}{1915}{} Vormittags zum Zahnarzt: Alles heil. Nachmittags ,,Kompaniefest`` (Ausgabe eines Fasses Bier). Zu Hause geblieben, an Lisi\IN{\rjlisi} und Agnes\IN{\agnes} geschrieben. \tbentry{29}{10}{1915}{} 7\,\hbox{--}\,11 kleiner Marsch, Passkretscham\IO{Passkretscham}. Man sagt, wir sollen nach Salzburg\IO{Salzburg} (?) kommen, \sout{am} Montag soll's losgehen. Nachmittags Exerzieren. \tbentry{30}{10}{1915}{} Waffen- und Schanzzeugappell. Nachmittags mit Becker\IN{\rjbeckerfritz} und Palmie\IN{\palmie} weg (trotz allgemeinen Kirchgangs). Im Dunkeln zur Teich\-mann\-baude\IO{Teichmannbaude}. \tbentry{31}{10}{1915}{} Bis 11\textsuperscript{h} wird uns nichts vom Ausrücken telefoniert. Wir gehen zum Rabenstein\IO{Rabenstein}, klettern dort mit Kompanieseil; fotografische Aufnahmen.\foto{neue Kamera!} Heiteres Sardinenmittagsmahl. In Mariensruh\IO{Mariensruh} Kaffee getrunken. Die Frau will uns Schneekoppenbitter\fnE{Aromatisierte Spirituose.} spendieren, und wünscht, wir möchten nicht so bald rauskommen. Im Dunkeln durch den Wald zurück. 7\textsuperscript{h}~im Stollen. Morgen früh geht's los! Wir finden als Freiplatz für Becker\IN{\rjbeckerfritz} Kalkmann\IN{\kalkmann}. Gefreiter Wendt\IN{\wendt} erzählt mir, dass 30 Aspiranten vom \textit{SB} zum Kursus in~\neueseite{541341}\fnA{Am Beginn dieser Seite stehen zwei hier nicht wiedergegebene Einschübe mit Auszügen aus Briefen.} Schmiedeberg\IO{Schmiedeberg} angekommen sind~\gestrunl, am~15. soll's schon losgehen, also wieder zu spät? Wir treffen Graebsch\IN{\graebsch} unten in der Stadt. \pagebreak Schickt Becker\IN{\rjbeckerfritz} \tboneA{277} zum Leutnant Lohöfner\IN{\lohoefner}, rät mir, doch mitzugehen, will unten für mich sprechen.~\neueseite{541345} Es soll über Dresden\IO{Dresden} nach Weißkirch\IO{Weißkirch} (Südungarn\IO{Südungarn}) zum Rekrutendepot des Alpenkorps gehen. Bis 1\textsuperscript{h} gepackt. Paket von Mutter\IN{\rjcarnapmutter} mit Schlafsack. Wäsche gerade noch gekommen. \tbentry{1}{11}{1915}{} 6\textsuperscript{30} Antreten, \uline{9\textsuperscript{h} Abfahrt von Schmiedeberg}\IO{Schmiedeberg}. Becker\IN{\rjbeckerfritz} ist glücklich mitgekommen, halbwegs durch Überrumpelung Nietzschkes\IN{\nietzschke}, der sich recht knurrend gebärdet. Allein im Abteil, Becker\IN{\rjbeckerfritz} kommt zu mir. Abends Dresden\IO{Dresden};\ort{Dresden} die Butterbrotausteilerin ist erstaunt, uns wiederzusehen. Leider nachts durchs Gebirge. \tbentry{2}{11}{1915}{} Durch Böhmen\IO{Böhmen}, abends spät auf Wiener\ort{Wien} Vorstadtbahnhof\IO{Wiener Vorstadtbahnhof} ,,Me\-nage``\fnE{Österreichisch für Verpflegung.}. Nachts bessere Heizung. \tbentry{3}{11}{1915}{} Man gewöhnt sich wieder ans Schlafen auf der Bahn. Morgens am linken Donauufer\IO{Donauufer} entlang. In Budapest\IO{Budapest}\ort{Budapest} ,,Menage``, genau an der Stelle wurden vorigen Winter die Skier ausgeladen. \tbentry{4}{11}{1915}{} Früh in der Nacht Käufe in \textit{Szegedin}\IO{Szegedin};\ort{Szegedin} mittags großer Bahnhof\IO{Temeswar!Bahnhof} Temeswar\IO{Temeswar}; dann auf dem ,,Aussichtswagen`` durch die Steppe; von Osten kommen Karpatenausläufer\IO{Karpaten}, steile kahle Berge, heran, bei Versecz\IO{Versecz} (5\textsuperscript{h}) Umrangierung. Nachts fahren wir irrtümlich Richtung \uline{Semendria}. \tbentry{5}{11}{1915}{} Einige Stationen weiter, in \textit{Ternes Miklos}\IO{Ternes Miklos}\ort{Ternes Miklos} bleiben wir bis Mittag. Alles kocht draußen ab, Fleisch, Kaffee, Kürbis. Die Puszta\IO{Puszta} schön in der Sonne, leider sind die Tümpel zum Baden zu seicht. 3\textsuperscript{h}~wieder in Versecz\IO{Versecz}. Dann Richtung Weißkirchen\IO{Weißkirchen}. Jaedicke\IN{\jaedicke} usw. haben einen famosen kleinen Wolfsspitz (Diana) requiriert, \gestrunl\ schwarz und weiß. Wir fahren durch nach \textit{Bazias}\IO{Bazias}.\ort{Bazias} Die Donau\IO{Donau} dicht neben der Bahn und drüben die serbischen Berge\IO{Serbische Berge}. Ein Granattreffer mitten in der Bahnhofsfassade. Wir sollen nach Weißkirchen\IO{Weißkirchen} zurück, dort Verpflegung für 2~Tage empfangen und in 2~Tagen nach Westen (\textit{Kubin} = \textit{Kevevára}\IO{Kevevára}, gegenüber Semendria\IO{Semendria}) marschieren. Leider ist kein Dampfer zu bekommen. \tbentry{6}{11}{1915}{} Nachts nach Weißkirchen\IO{Weißkirchen}\ort{Weißkirchen} zurück; da der Leutnant nicht aussteigen, sondern bis früh in den Wagen bleiben~\neueseite{541343} will, fährt man uns nach Versecz\IO{Versecz} zurück. Morgens dort Kaffee getrunken; Rauhut\IN{\rauhut} empfängt viel Proviant (auch 50\,\textit{l} Schnaps und pro Mann 1~Flasche Wein, sehr viel Zigaretten und Zigarren, Brot, Makkaroni), dann warmes Mittagessen. \textonehalf{}\,3~Abfahrt. Sehr langsam, die ganze Nacht rangiert auf Zwischenstationen. Abends Regen; mit Jaedicke\IN{\jaedicke} und Lehnertz\IN{\lehnertz} Schach gespielt.\vspace{-2mm}\pagebreak \tboneA{278} \tbentry{7}{11}{1915}{} Gegen 10\textsuperscript{h} in {\lspitz}Pegre{\rspitz}\IO{Pegre}. Alles kocht ab. 2\textsuperscript{h} Abfahrt, Lachmann\IN{\lachmann} und Quienke\IN{\quienke} sind zurückgeblieben. Kommen mit nächstem Zug nachmittags nach; dieser überholt uns, wir bummeln langsam weiter. Nachts kalt. \tbentry{8}{11}{1915}{} Kühler, klarer Morgen. Um 12\textsuperscript{h} endlich in \textit{\uline{Kevevára}}\IO{Kevevára}.\ort{Kevevára [Kubin]} Aussteigen; seit einer Woche sind wir auf der Bahn. Man erzählt, eine serbische Armee habe kapituliert. Verpflegung. 3\textsuperscript{h} Abmarsch nach Semendria\IO{Semendria}. Mordsschweres Gepäck. Schiffbrücke, prachtvolle Bilder, leider schon zu dunkel zum Fotografieren. Doppelte Brücke auf großen Donaukähnen. Daneben Einladebrücke für Fähre. Dazwischen überschwemmtes Gebiet. Unter den großen Bäumen auf Inseln Maschinenanlagen, Rotes Kreuz, Verpflegungsstelle usw. Im Dunkeln (6\textsuperscript{h}) Ausladen von Gefangenen, Pferden, Autos. Auf die Fähre. Unterwegs gesungen. Ich stehe oben auf dem Balken. In der Ferne sucht ein Scheinwerfer den Himmel ab. Die Lichter der Brücke verschwinden allmählich, die von \gestrunl\ dem Ort gegenüber Semendria\IO{Semnedria} tauchen auf.\ort{Semendria [Smederevo]} Blitzschnelle Motorboote fahren vorbei. Was wird aus uns? Über 1~Stunde Fahrt. Aussteigen, Etappeninspektion, Quartier auf Holzboden mit dickem Staub. \tbentry{9}{11}{1915}{} Quartier reinigen. Währenddessen zum Waschen gegangen. Dann in die Zitadelle\IO{Semedria!Zitadelle} mit Stein\IN{\steinalfons}. Prachtvolle alte Mauer mit hohen Türmen, darauf Krähen. Wasser ringsum; dicht an der Donau\IO{Donau}. Darin Station für drahtlose Telegrafie. \sout{Die} Neben der Zitadelle\IO{Semedria!Zitadelle} auf kleinerem Turm (Wasserwerk) schöner Rundblick über Hafen\IO{Donau!Hafen}, Donau\IO{Donau} und Stadt, und Vorhügel. \sout{Vom} Im Hafen\IO{Semedria!Hafen} großer weißer Dampfer,~\neueseite{541339} Stabsquartier von Mackensen\IN{\mackensen}, Lazarettschiffe, große Barken usw. Reger Betrieb, Gefangene schleppen Bahnschwellen usw. Man erzählt, dass gewisse Truppen schon wieder von der Front zurückkommen sollen. Die Leute holen in den Weinbergen massenhaft Trauben, müssen aber dort bewaffnet gehen. 9\textsuperscript{h} Antreten. Noch keine Nachricht \sout{da} von Alpenkorps da. Mit Becker\IN{\rjbeckerfritz} und Palmie\IN{\palmie} in die Weinberge, haben uns ordentlich sattgegessen. Durch die Stadt zurück, zerstörte Häuser, zerschossene Kirche\IO{Semedria!Kirche}, viele Gefangene. Mittagessen. Nachmittags mit Becker\IN{\rjbeckerfritz} und Palmie\IN{\palmie} und Stein\IN{\steinalfons} zur Zitadelle\IO{Semendria!Zitadelle}, auf einen der Türme, der serbischer Beobachtungspunkt war, an die zerschossene \textit{NO}-Ecke. In einzelnem Turm noch 2 Kanonen ohne Verschluss. \sout{Land} Daneben Landungsstelle des Trajekts, wir sehen zu, wie Waggons und Lokomotive geladen werden. \textonehalf{}\,7~zurück. Wir fühlen uns alle sehr müde, ob von den Weintrauben oder der langen Eisenbahnfahrt? Diesmal auf Heu geschlafen.\pagebreak \tboneA{279} \tbentry{10}{11}{1915}{} Gewehrreinigen. Graebsch\IN{\graebsch} kommt, \sout{kam} hat auf sein Telegramm ans Alpenkorps (darin auch meine Angelegenheit) noch immer keine Antwort; will mich selbst zum Kursus schicken. Ich gehe auf die Etappenkomtur\IO{Etappenkomtur} und mache Schwierigkeiten, der Leutnant geht selbst mit hin und sagt, dass er mich auf eigene Verantwortung schicken will. Ich bitte ihn mich zur Zeitersparnis gleich nach Döberitz\IO{Döberitz} zu schicken. Bei Rauhut\IN{\rauhut} neben unserem Quartier holen wir den Schein, er fügt ,,Döberitz``\IO{Döberitz} hinzu. Ich bringe den Schein auf die Etappenkomtur\IO{Etappenkomtur}. Zur Fahrt brauche ich eine ,,offene Order``. Auf mein Ersuchen will man sie schreiben. Mittagessen mit Becker\IN{\rjbeckerfritz}, Jaedicke\IN{\jaedicke}, Lachmann\IN{\lachmann}, Quienke\IN{\quienke}, Lehnertz\IN{\lehnertz} im Hause neben dem Quartier (westlich) bei einer Deutsch-Österreicherin, die von der Einnahme von Semendria\IO{Semendria} erzählt (am anderen Ufer Transparent, ,,Warschau\IO{Warschau} gefallen``). Ich bin noch ungewiss,~\neueseite{541347} ob mir mein Wegkommen gelingt. Ich gebe Becker\IN{\rjbeckerfritz} Sachen aus dem Rucksack. 2\textsuperscript{h} zur Etappenkomtur\IO{Etappenkomtur}. Bekomme die Order. 2\,\textonehalf{}~sehe ich die Fähre ankommen. Die Leute sind leider seit~1\textsuperscript{h} alle auf dem Übungsmarsch (nur Rauhut\IN{\rauhut}, Saas\IN{\saas}, Kreske\IN{\kreske} sind schon, weil angefordert, abgefahren), so habe ich mich nicht verabschieden können. 3\textsuperscript{30}~Abfahrt, leider konnte Becker\IN{\rjbeckerfritz} nicht mehr hinkommen. Die Zitadelle\IO{Semendria!Zitadelle} von der Wasserseite. 4\textsuperscript{h}~schon Ankunft. Wohlgemut in rüstigem Schritt nach Kevevára\IO{Kevevára},\ort{Kevevára [Kubin]} kurz vor der Stadt etwa 200\,\textit{m} mit Lastauto gefahren, dann durch die ganze lange Stadt gegangen. 5\textsuperscript{h}~schon am Bahnhof\IO{Kevevára!Bahnhof}. Langweiliges Warten im dunklen Vorraum. 8\textsuperscript{h} Abfahrt. \tbentry{11}{11}{1915}{} 3\textsuperscript{h} Versecz\IO{Versecz}.\ort{Versecz} Mit einem Flieger aus Benrath\IO{Benrath} gefahren, findiger Kopf, der sich überall zu helfen weiß. Sehr unbequem, da alles besetzt. Schließlich lege ich mich, weil zu müde, auf den Boden. \textonehalf{}\,6\,\hbox{--}\,8 nach Temeswar\IO{Temeswar}. \sout{Beim Roten} Er findet 2 Bänke für uns. In Temeswar\IO{Temeswar} beim Roten Kreuz Frühstück; gründlich gewaschen. 1\textsuperscript{h} Abfahrt, 2. Klasse nach Budapest\IO{Budapest},\ort{Budapest}~7\textsuperscript{h}. Ins Straßengewimmel hinein. Mit allem Gepäck sind uns aber die Lokale entweder zu fein oder zu schlecht. Kursbuch gekauft, ich fahre nicht über Wien\IO{Wien}. 8\textsuperscript{\uline{40}} ab, auf einer Bank einigermaßen geschlafen. \tbentry{12}{11}{1915}{} 10\textsuperscript{h} Oberberg\IO{Oberberg}, gefrühstückt, gewaschen. Gottseidank von hier ab Schnellzug. 12\textsuperscript{18} über Breslau\IO{Breslau}, Liegnitz\IO{Liegnitz}, Charlottenburg\IO{Charlottenburg}, nach Spandau\IO{Spandau}.\ort{Spandau} Im Hotel geschlafen. \tbentry{13}{11}{1915}{} Früh nach \uline{Döberitz}\IO{Döberitz}.\ort{Döberitz} Gemeldet, Urlaub eingereicht. 10\textsuperscript{46} nach Berlin\IO{Berlin}; in der Prinzregentenstraße\IO{Berlin!Prinzregentenstraße} vergeblich nach Lisi\IN{\rjlisi} gesucht. Über Naumburg\IO{Naumburg} (Räubers\IN{\rjraeuber}\IN{\rjraeuberfrau} leider nicht zu Hause) nach Jena\IO{Jena}.\ort{Jena} Mutter\IN{\rjcarnapmutter} ist überrascht. Sie \tboneA{280} ist ohne Mädchen, und hat noch eine Kriegersfrau und Kind aus Remscheid\IO{Remscheid} zu Tisch.~\neueseite{541313} \tbentry{14}{11}{1915}{} Sachen gepackt. Wir beide alleine. Mutter\IN{\rjcarnapmutter} freut sich, dass ich Weihnachten in Bergneustadt\IO{Bergneustadt} sein kann. 3\textsuperscript{h} weg. In Naumburg\IO{Naumburg}\ort{Naumburg} mit Räubers\IN{\rjraeuber}\IN{\rjraeuberfrau} Kaffee getrunken. Die Blumen gebe ich einer Studentin, die ich in der Bahn treffe, die zufällig auch im Studentinnenheim\IO{Naumburg!Studentinnenheim} wohnt, für Lisi\IN{\rjlisi}. Zum Zug 8\textsuperscript{39} zu spät, deshalb selbst zu Lisi\IN{\rjlisi}; treffe die Studentin wieder in der Untergrundbahn. Lisi\IN{\rjlisi} überrascht. Ich erzähle ihr von Schmiedeberg\IO{Schmiedeberg}, Becker\IN{\rjbeckerfritz}, Serbien\IO{Serbien}, sie geht mit zum Lehrter Bahnhof\IO{Berlin!Lehrter Bahnhof}. Da viele Skiläufer. Ich versäume den ersten Zug. \sout{Zu} Dann \textonehalf{}\,1 in Döberitz\IO{Döberitz}.\ort{Döberitz/Berlin}\fnE{Der westlich von Berlin gelegene große Truppenübungsplatz Döberitz diente auch zur Unteroffiziers- und Offiziersausbildung.} Noch ein Bett gefunden. \tbentry{15}{11}{1915}{} Einteilung nach Armeekorps. Die Schmiedeberger sollen mit den Freiburgern zum 14. \editor{Armeekorps} gehören. Deshalb 11.~Kompanie. Einteilung in Korpschaften, der Größe nach. Einräumen der Baracke\IO{Döberitz!Baracke}~(11,4) der Betten und Spinde. 9\textsuperscript{h} ist für alle Zapfenstreich. \tbentry{16}{11}{1915}{} Weiter einrichten und einteilen. Nachmittags Ehrenbezeugung, Unterricht über Verhalten in Döberitz\IO{Döberitz}, Beschäftigungsstunde. \tbentry{17}{11}{1915}{} Bußtag. Margret\IN{\rjmargret} und Lisi\IN{\rjlisi} kommen. Spaziergang auf den Übungsplatz. Leider mittags Appell, lange Rede vom Hauptmann; im nächsten Dorf Kaffee getrunken, um 6 fahren sie schon zurück. Mal treffe ich zufällig abends Ruge\IN{\ruge}, dann können wir uns lange nicht wiederfinden. \tbentry{21}{11}{1915}{} Erst Mittags Urlaub. Zu Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel}. Else\IN{\uhdeelse} und Inge\IN{\uhdeinge} da. Nachmittags kommt auch die verlobte Agnes\IN{\doerpfeldagnes}. Mit Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel} zu Tante Annes\IN{\annetante} Grab (Totensonntag),\fnE{Anna Dörpfeld war am 7.\,9.\,1915 gestorben.} nach~\neueseite{541315} Dahlem\IO{Dahlem}; Onkel Hans\IN{\hansonkel} im Lazarett besucht. Um~8\textsuperscript{h} müssen wir schon wieder zurückfahren. \tbentry{24}{11}{1915}{} Besichtigung; der Besichtigende kommt aber nicht. Ich markiere zu Pferde den Zugführer mit 3~Fahrzeugen. \tbentry{27}{11}{1915}{} 5\textsuperscript{h} nach Berlin\IO{Berlin} gefahren. Margret\IN{\rjmargret} besucht. Mit ihr in die Stadt; Aschinger\IO{Berlin!Aschinger}, Leipziger\IO{Berlin!Leipziger Straße} und Friedrichstraße\IO{Berlin!Friedrichstraße}, Wertheim\IO{Berlin!Wertheim}. Abends zu Ruges\IN{\ruges} hinaus. Bleibe dort. \tbentry{28}{11}{1915}{} Morgens mit Ruge\IN{\ruge} nach Schöneberg\IO{Schöneberg}, er macht Besuch, ich Einkäufe. Nachmittags kommt Fräulein Necker\IN{\neckerilse}, Ruges\IN{\ruge} Kusine, Freischärlerin, \tboneA{281} nach Steglitz\IO{Steglitz}. Ruge\IN{\ruge} sagt, Wannsee\IO{Wannsee} liegt außerhalb des Urlaubsbereichs. Ich telefoniere deshalb Margret\IN{\rjmargret} ab; sie fährt mit Herta Böhse\IN{\boehseherta} alleine hin. Abends höre ich, dass man ruhig hinfahren kann. \tbentry{30}{11}{1915}{} Bierabend; ich lerne Fikentscher\IN{\fikentscher} kennen, der mir von seinem Alkohol Frauenwein mitgibt. \sout{Das} Wir sitzen oben am Offizierstisch, neben ihm Leutnant Kronen\IN{\kronen}, der aber kaum mit ihm spricht. Bis \textonehalf{}\,2. \tbentrylong{4}{12}{1915}{} Nachmittags nach Berlin\IO{Berlin}; zu Lisi\IN{\rjlisi}, sie erzählt von Heinz\IN{\heinz}, er ist zum Balkan\IO{Balkan} abgereist. Abends in Margrets\IN{\rjmargret} neuer Wohnung; gemütlich am Teetisch, auch Herta Böhse\IN{\boehseherta}. Bei Ruge\IN{\ruge} übernachtet. \tbentry{5}{12}{1915}{} 11\textsuperscript{h} nach Berlin\IO{Berlin}, Singakademie\IO{Berlin!Singakademie}, dort Margret\IN{\rjmargret}. \textit{Missa solemnis}. Mit Margret\IN{\rjmargret} im Vegetarischen\IO{Berlin!Vegetarisches Restaurant} gegessen. Nach Wannsee\IO{Wannsee} gefahren, zu Kuithans\IN{\rjkuithan}\IN{\rjkuithanfrau}. Dort ist Fikentschers\IN{\fikentscher} Schwester\IN{\rjfikenschergert}.\fnE{Vermutlich Gert Fikentscher.} Lisi\IN{\rjlisi} kommt auch. 5\,\hbox{--}\,9 dort. Dann eilig zur Bahn.~\neueseite{541309} \tbentry{11}{12}{1915}{} Schon 1\textsuperscript{22} in großer Eile zur Bahn. Linden-\IO{Berlin!Lindenstraße}, Friedrichstraße\IO{Berlin!Friedrichstraße}, mehrmals Lisi\IN{\rjlisi} vergeblich antelefoniert. Lohmanns\IN{\rjlohmanns} aufgesucht, nicht zu Hause. Bei Margret\IN{\rjmargret} auf sie gewartet. Sie ist zu Salomonsohns\IN{\salomonsohns} eingeladen. Ich erfahre: Ich und Ruge\IN{\ruge} auch. Er hat aber keinen Urlaub für heute bekommen. 8\,\textonequarter{} sind wir dort. Lisi\IN{\rjlisi}, Lohmann\IN{\rjlohmann} und Schwester, Fräulein Tierkopf\IN{\tierkopffraeulein}, Herta Böhse\IN{\boehseherta}, Lilli\IN{\lilly} und Eltern\IN{\salomonsohns}.\fnE{Elisabeth Warburg, Alma Salomonsohn und Rudolf Daniel Warburg.} Wohltätig, der hohe, helle Raum, leise ruhige Unterhaltung beim Essen. \sout{\unl\ sie} Wir sprechen von Fendrich\IN{\fendrich} und seiner neuen Schrift,\fnE{Bezug unklar. Vgl. Leseliste, Einträge \refcn{788} und \refcn{793}.} dem relegierten Joel\IN{\joelernst} und seinen Flugschriften,\fnE{Im Unterschied zum vehementen Kriegsbefürworter Fendrich war der Mediziner Ernst Joel überzeugter Kriegsgegner und Herausgeber der Zeitschrift \emph{Aufbruch}, was zu seiner Verweisung (Relegierung) von der Universität Berlin führte. Joel war beteiligt an der Herausgabe der bei Diederichs erscheinenden ,,Flugblätter an die deutsche Jugend``.} von meinem Kursuspech und Reise nach Serbien\IO{Serbien}. Später die Jüngeren allein. Plötzlich ist 10\,\textonequarter{}. Ich stürze weg, Lohmann\IN{\rjlohmann} noch ein Stück mit. In Friedenau\IO{Berlin!Friedenau} Hotel. \tbentry{12}{12}{1915}{} Zu Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel}. Politisches; schlimme Lage der Feinde in Saloniki\IO{Saloniki} und Dardanellen\IO{Dardanellen}. Ich erzähle, dass Heinz\IN{\heinz} in der Türkei\IO{Türkei} anscheinend. Seine Homerforschung, Tagesplan, phönikische Kultur (Phäaken~usw.). Nachmittags regnet's, deshalb bleiben wir zu Hause. \pagebreak Er sagt, dass die Mut\-\tboneA{282}ter\IN{\rjcarnapmutter} mit ihm wegen Dahlem\IO{Dahlem} und Nernst\IN{\nernst} gesprochen hat;\fnE{Der Physiker und Chemiker Walther Nernst und das Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem. Nernst war Mitglied des Verwaltungsausschusses der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Vgl. Rudolf an Anna Carnap, 14.\,XII.\,1915 (\href{http://doi.org/10.48666/807684}{RC~25"~01"~58}).} ich will lieber erst den Doktor bei Wien\IN{\rjwien} machen. Abends Agnes'\IN{\doerpfeldagnes} Bräutigam\fnE{Reinhard Kaufmann.} kurz gesehen. 7\textsuperscript{h}~weg; noch Margret\IN{\rjmargret} besucht.~--- $\lceil$\fnA{Der folgende, durch von Carnap selbst stammende Hakenklammern markierte Einschub ist in derselben Tinte verfasst wie das Tagebuch. Carnap hat offensichtlich in den Tagen am Truppenübungsplatz vom 13. bis 17.\,XII. nur diese Charakterisierungen von Kameraden verfasst und keine Tagebucheinträge im üblichen Format.} \uline{Kameraden in Döberitz\IO{Döberitz}:} \uline{Kramer\IN{\kramer}}, war bei den Funkern, wir besprechen gern physikalische und technische Sachen, Funkerei, Schießlehre usw., mein Nebenmann; \uline{Schellens}\IN{\schellens}, aus gutem Haus, schon ziemlich gefestigter Eindruck, viel im Ausland, Spanien\IO{Spanien}, Marokko\IO{Marokko},~\neueseite{541311} kennt Reinhard Mannesmann\IN{\mannesmannreinhard}; \gestrunl\ \uline{Bücherle}\IN{\buecherle}, Germanist aus Freiburg\IO{Freiburg}, Dragonervize, war mit Trude Kolund\IN{\kolundtrude} sehr befreundet, nicht so vornehm wie Schellens\IN{\schellens} und Schleidt\IN{\schleidt}, steht \gestrunl\ mir aber als Akademiker in intellektuellen Dingen näher, alemannischer Dickschädel, häufig graphologische Unterhaltung; \uline{Schleidt}\IN{\schleidt}, Dragonervize, Vater Medizinalrat in Mannheim\IO{Mannheim}, vornehm, schneidig, energisch, kein Verstandesmensch, und doch weiter Horizont, und häufig vorzüg\-liche Sachlichkeit gegen anderer Pedanterie, \textit{EK}, spielt Schach (zu meinem Erstaunen) allerdings mit mehr Selbstvertrauen als großer Fähigkeit, wäre sicher vorzüglicher aktiver Offizier; \uline{Bauerstedde}\IN{\bauerstedde}, jetzt längst vom Feldregiment zum Leutnant befördert, bekommt immer noch nicht die Bestätigung, ist inzwischen übermütig und oft ausgelassen im Glied, manchmal auch lässig, Westfale, in Freiburg\IO{Freiburg} einjährig \sout{studiert} gedient und dabei als Mediziner immatrikuliert, will aber jetzt Nationalökonomie ergreifen.$\rfloor$ \tbentry{18}{12}{1915}{} Einkäufe im Offizierverein\IO{Berlin!Offizierverein}. Lohmanns\IN{\rjlohmanns} nicht getroffen. Abends bei Margret\IN{\rjmargret}. \tbentry{19}{12}{1915}{} Nachts bei Ruges\IN{\ruges}. 12\textsuperscript{h} Treffpunkt Nikolassee\IO{Nikolassee}. Es kommen außer uns beiden Lohmanns\IN{\rjlohmanns}, Margret\IN{\rjmargret}, Lisi\IN{\rjlisi}, Fräulein Necker\IN{\neckerilse}, Friedrichs. Durch den Grunewald\IO{Grunewald} spaziert. Drüben Schwanenwerder\IO{Schwanenwerder}. Am Ufer klirrt das Eis. Beim Mittagessen unter den Kiefern \textit{MH}s\IN{\hoermann} Rundbrief vorgelesen. Abends mit Margret\IN{\rjmargret} und Lohmanns\IN{\rjlohmanns} zu Kuithans\IN{\rjkuithan}\IN{\rjkuithanfrau}. \pagebreak Dort Lotte Körner\IN{\koernerlotte} und Albrecht \tboneA{283} Winkler\IN{\winkleralbrecht}. Lotte\IN{\koernerlotte} {\lspitz}recht{\rspitz} streitlustig, gegen Margret\IN{\rjmargret}, die sie von Schliersee\IO{Schliersee} kennt. \tbentry{21}{12}{1915}{} \sout{Bei} Weihnachtsabend der Kompanie. Ich mit Apfelwein am Hauptmannstisch. Schöner Baum~\neueseite{541321} und schöne Lieder. Dann Beförderungen! \tbentry{22}{12}{1915}{} Bauerstedde\IN{\bauerstedde} ist endlich Leutnant; er verkündet uns \sout{die}: Urlaub bis~3.\,I.! \tbentry{23}{12}{1915}{} Morgens noch kräftig Schleifen: \gestrunl\ Angriff im Schnee am Zieldorf Warendorf\IO{Warendorf}. Durch Schwindel schon 12\textsuperscript{35} gefahren. In Spandau\IO{Spandau} der gepfropfte Schnellzug, keine Möglichkeit hineinzukommen; Schellens\IN{\schellens} steigt durchs Fenster. Nach Berlin\IO{Berlin}, Einkäufe (Bücher für zu Hause). Lisi\IN{\rjlisi} schon weg. In der Kantstraße\IO{Berlin!Kantstraße} auf Margret\IN{\rjmargret} gewartet. Dann nicht in die Stadt, sondern dortgeblieben. Wir wollen noch Skier kaufen, bei Steidel\IO{Berlin!Steidel}. Plötzlich schon höchste Zeit. 9\textsuperscript{h} vom Schlesischen Bahnhof\IO{Berlin!Schlesischer Bahnhof}. Mit Kramer\IN{\kramer} und Rönz\IN{\roenz}. \tbentry{24}{12}{1915}{Heiliger Abend} Morgens in Hagen\IO{Hagen} 1\,\textonehalf{} Stunde Verspätung. In Gummersbach\IO{Gummersbach} trotzdem die Mutter\IN{\rjcarnapmutter} an der Bahn. Trotz Regen von Derschlag\IO{Derschlag} zu Fuß. \uline{Bergneustadt\IO{Bergneustadt}.}\ort{Bergneustadt} Abends den Lichterbaum angezündet, während Ursula\IN{\kaufmannursula} ungeduldig im dunklen Zimmer wartet. Allerhand Bücher. 2~Bodenseebücher von Mutter\IN{\rjcarnapmutter}, von Gertrud\IN{\carnapgertrud} Alpenkalender, Naumanns\IN{\naumann} Mittel\-europa\IW{\naumannmitteleuropa}.\fnE{Naumann, \emph{Mitteleuropa}. Nicht in der Leseliste.} Von Mutter\IN{\rjcarnapmutter} einen Amethysten ,,für nach dem Kriege``! Mutter\IN{\rjcarnapmutter} auch 2~Büchlein von Agnes Günther\IN{\guentheragnes} ,,Von der Hexe, die eine Heilige war``\IW{\guentherhexe},\fnE{Siehe LL \refcn{790}.} und Erinnerungen an sie von Karl Friedrich\IN{\friedrichkarl} mit Zeichnung\IW{\friedrichagnesguenther}.\fnE{Friedrich, \emph{Die Heilige}. Siehe LL \refcn{791}.} Noch zusammen gesungen. Reinhard\IN{\reinhardkaufmann} hat aus Hirschberg\IO{Hirschberg} telegrafiert. \tbentry{25}{12}{1915}{Weihnachten} Etwas spazieren; ruhig beim Baum gesessen und gelesen. Abends die Verwandten da, Onkel Bernhard\IN{\krawinkelbernhard}. \tbentry{26}{12}{1915}{} Mittags nach Vollmerhausen\IO{Vollmerhausen}, bei Kommerzienrats\IN{\krawinkels} gegessen.\fnE{Vermutlich die Familie von (Kommerzienrat?) Adolf Krawinkel.}~\neueseite{541319} Mit ihm spazieren, abends zurück.~-- Wir versuchen noch 3-stimmige Lieder. \tbentry{27}{12}{1915}{} Gelesen. Nachmittags zusammen hinter den Seilberg\IO{Seilberg} ins Stille Tal\IO{Stilles Tal} spaziert. Gertrud\IN{\carnapgertrud} lädt uns nach Ronsdorf\IO{Ronsdorf} ein. \tbentry{28}{12}{1915}{} Früh mit Mutter\IN{\rjcarnapmutter} nach \uline{Ronsdorf}\IO{Ronsdorf}.\ort{Ronsdorf} Miechen\IN{\michen} und Klara\IN{\clararonsdorf} besucht. Mittags zu Else\IN{\pfeiferelse}, dort auch Gretchen\IN{\gretchen} und ihr Hans\IN{\kleinhans}. Johannes\IN{\carnapjosephjohannes} und Gertrud\IN{\carnapgertrud} \tboneA{284} kommen. Nachmittags zu Maria\IN{\maria}. Abends wieder alle bei Else\IN{\pfeiferelse}. Ernst\IN{\pfeiferernst} hat Geburtstag, Arnold\IN{\arnoldmaja} telegrafiert: Fähnrich geworden. Johannes\IN{\carnapjosephjohannes} mit Kneifer und viel grauem Haar, aber noch immer Rittmeister-Haltung. Er wird 54~Jahre, war 24~Jahre bei der Reserve. \tbentry{29}{12}{1915}{} Morgens mit Mutter\IN{\rjcarnapmutter} zum Rechtsanwalt nach Remscheid\IO{Remscheid}. Mittags nach \textit{BN}\IO{Bergneustadt}.\ort{Bergneustadt} Abends geschrieben. \tbentry{30}{12}{1915}{} Nachmittags spazieren; abends {\lspitz}Testament{\rspitz}, Bücher und Sachen. \tbentry{31}{12}{1915}{} Wir sind nicht aufgeblieben. \tbentry{1}{1}{1916}{Neujahr} Morgens zu Meiers\IN{\meiers} nach Dieringhausen\IO{Dieringhausen}, auch ins Werk\IO{Dieringhausen!Werk}.\fnE{Das Werk der Firma ,,Leopold Krawinkel``.} Nachmittags zu Krawinkels\IN{\krawinkels} nach Gummersbach\IO{Gummersbach}; die jungen Mädchen singen Weihnachtslieder, die 2 Schwestern spielen vierhändig; Bilder und Zeichnungen der Söhne. {\lspitz}Testament{\rspitz} geschrieben. \tbentry{2}{1}{1916}{} Nachmittags Meiers\IN{\meiers} da. Abends wir drei gesungen. \tbentry{3}{1}{1916}{} Mit Agnes\IN{\agnes} nach Berlin\IO{Berlin} gefahren; von Hagen\IO{Hagen} ab III., sehr volle Züge, zuletzt sitzen wir in zweiter, so hält es Agnes\IN{\agnes} besser aus; sie ist auch tapfer beim Abschied. Morgen will sie zu Reinhard\IN{\reinhardkaufmann} nach Hirschberg\IO{Hirschberg} weiterfahren. Nachts in Döberitz\IO{Döberitz};\ort{Döberitz/Berlin} frohes Wiedersehen mit den Kameraden.~\neueseite{541325} \tbentry{8}{1}{1916}{} 2\,\hbox{--}\,3 dritte Prüfungsarbeit. 4\textsuperscript{h} nach Berlin\IO{Berlin}. Gleich zu Margret\IN{\rjmargret}. Mit ihr Besorgung. Abends kommt Lisi\IN{\rjlisi}. Für Ruge\IN{\ruge} wird's zu spät. 11\textsuperscript{h} Lisi\IN{\rjlisi} nach Hause gebracht. In Friedenau\IO{Friedenau} lange vergeblich Hotel gesucht. Endlich~1\textsuperscript{h}. Strömender Regen. \tbentry{9}{1}{1916}{} Zu Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel}. Fritz\IN{\doerpfeldfritz} kommt bald auf Urlaub. Über Archäologie, Theaterfragen. Nachmittags 2\textsuperscript{h} zu den Kammerspielen. Mit Margret\IN{\rjmargret}. Strindbergs\IN{\strindberg} ,,Wetterleuchten``; eindrucksvoll. Beide zu Lisi\IN{\rjlisi}; ihr das Stück erzählt. Aquarelle besehen. Abends ich bei Margret\IN{\rjmargret}. Wir schweigen uns zuweilen an. \gestrunl\ ,,Unerzogen; Lisi\IN{\rjlisi} würde das nicht tun.`` Wir sprechen über die andere Einstellung, wenn man Soldat ist. Unbekümmert, die häufigen Besuche. Ob sie's auch im Frieden gestatten würde. Ja, sie möchte mich kennenlernen. Aber vielleicht ich nicht? Jetzt allerdings recht unbekümmert; aber auch früher, z.\,B. Naumburger Besuche.~-- Trotz \gestrunl\ Rückfahrtstempel erst 10\textsuperscript{h} gefahren. \tboneA{285} \tbentry{15}{1}{1916}{} Erst 4\textsuperscript{h} gefahren. Besorgungen im Offiziersverein\IO{Berlin!Offiziersverein}. \textonehalf{}\,8 erst zu Margret\IN{\rjmargret}. \textonehalf{}\,10~weg. 11\textsuperscript{h}~bei Ruge\IN{\ruge}, schläft schon, noch geplaudert. \tbentry{16}{1}{1916}{} Ausgeschlafen. Mittags zu Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel}. Fritz\IN{\doerpfeldfritz} dort, wir freuen uns beide sehr über das Wiedersehen. Er erzählt viel von den Unternehmungen der Kavalleriedivision, auch mit Schneeschuhläufern (nach Mitau\IO{Mitau} hin), seiner Tätigkeit als Abteilungsadjutant, den Vorbereitungen zur Mobilmachung, der Einnahme Lüttichs\IO{Lüttich}, der Kriegsschule\IO{Berlin!Kriegsschule} usw. Agnes\IN{\doerpfeldagnes} spielt etwas Klavier, erzählt von dem Griechenabend bei Liscos\IN{\liskohermann} vor dem Kriege. Else\IN{\uhdeelse} besuche ich nachmittags etwas am Bett. 7\textsuperscript{\uline{07}} mit der \textit{F} gefahren,\fnE{Vermutlich ein öffentliches Verkehrsmittel (Straßenbahnlinie F, Fernbahn o.\,dgl.).} Fritz\IN{\doerpfeldfritz} bringt mich zum Zoo\IO{Berlin!Zoo}, ich fahre bis Tiergarten\IO{Berlin!Tiergarten} (mein Zug fährt~8\textsuperscript{\uline{03}} vom~\neueseite{541323} Lehrter\IO{Berlin!Lehrter Bahnhof}), steige aus, rufe Lisi\IN{\rjlisi} an, keine Antwort, fahre hin, sie nicht zu Hause. Fahre in die Wilmersdorfer Straße\IO{Berlin!Wilmersdorfer Straße}, Margret\IN{\rjmargret} nicht zu Hause. 8\textsuperscript{h}~Bahnhof Charlottenburg\IO{Berlin!Bahnhof Charlottenburg}. 8\textsuperscript{\uline{09}} mit Eilzug nach Spandau\IO{Spandau}, dort gerade noch den 8\textsuperscript{\uline{03}} erreicht. \tbentry{20}{1}{1916}{} Abends Urlaub nach Berlin\IO{Berlin}. Einkäufe gemacht (auch für Haller\IN{\haller}, mit Selbstverständlichkeit). \textonehalf{}\,8 zu Margret\IN{\rjmargret}, mit ihr ins Studienhaus\IO{Berlin!Studienhaus} und dort in Lisis\IN{\rjlisi} Zimmer gewartet, während Margret\IN{\rjmargret} der Tanzgymnastik zusieht. Lisi\IN{\rjlisi} kommt, Margret\IN{\rjmargret} später auch. Zusammen zu Margret\IN{\rjmargret}. Lisi\IN{\rjlisi} ,,erlaubt`` mir den letzten Zug. So können wir in Ruhe essen. Dann Lisi\IN{\rjlisi} nach Hause gebracht. \tbentry{22}{1}{1916}{} Nachmittags \sout{Besorgungen in Berlin}\IO{Berlin} nach Friedenau\IO{Friedenau}. Dörpfelds\IN{\doerpfelds} gehen gerade zu Liscos\IN{\liskohermann}. Ich ruhe mich erst bei Dörpfelds\IN{\doerpfelds} aus, dann komme ich auch hin; vorher vergeblich im KaDeWe\IO{Berlin!Kaufhaus des Westens} Theaterkarten gesucht. Zum ersten Mal Richard Uhde\IN{\uhderichard} gesehen. Einer der Brüderchen (Friedel?)\IN{\friedeluhde} als Kavallerieleutnant. Vater Lisco\IN{\liskohermann} rät Fritz\IN{\doerpfeldfritz}, doch seinen Sprachkenntnissen entsprechend auf den Balkan\IO{Balkan} zu gehen. Plötzlich \textonehalf{}\,8. Im Auto mit Fritz\IN{\doerpfeldfritz} zu den Kammerspielen (Weibsteufel), ausverkauft. Zu spät für anderes, also in Zirkus Schumann\IO{Berlin!Zirkus Schumann}.\fnE{Von dem Wiener Zirkusunternehmer Albert Schumann betrieben, 1918 von Max Reinhard zum Großen Schauspielhaus umgebaut.} Mehr Variet\'{e}, die besseren Pferde und Leute sind im Krieg. Die Kriegspantomime oft lächerlich. In den Aschinger\IO{Berlin!Aschinger}.\fnE{Großes Berliner Restaurantunternehmen mit zahlreichen Filialen.} Spät nach Friedenau\IO{Friedenau}. Bei Dörpfelds\IN{\doerpfelds} geschlafen. \tbentry{23}{1}{1916}{} Mit Fritz\IN{\doerpfeldfritz} und Onkel Wilhelm\IN{\wilhelmonkel} spazieren. Nach Dahlem\IO{Berlin!Dahlem}, Tante Annes\IN{\annetante} Grab, Arndt-Gymnasium\II{Arndt-Gymnasium, Berlin},\fnE{1908 gegründetes reformpädagogisches Gymnasium in Berlin-Dahlem.} Grunewald\IO{Berlin!Grunewald}, Dahlem\IO{Berlin!Dahlem} Villenkolonie. Dann \tboneA{286} ich alleine Bahnhof Lichterfelde\IO{Berlin!Bahnhof Lichterfelde}. Dort steig' ich 1\textsuperscript{h} \sout{zu} in den Zug zu \uline{Gabert}\IN{\gabert},~\neueseite{541327} Margret\IN{\rjmargret}, Herta Böhse\IN{\boehseherta}, Lisi\IN{\rjlisi}, Lilli\IN{\lilly}. Ruge\IN{\ruge} und Schrickler\IN{\schrickler} kommen leider nicht. Von Zehlendorf West\IO{Berlin!Zehlendorf West} am Schlachtensee\IO{Berlin!Schlachtensee} vorbei. Dann Wannsee\IO{Berlin!Wannsee}\,\hbox{--}\,Havel\IO{Havel}. Unten der Strand überschwemmt, wo wir neulich gegangen sind. Über \sout{H\unl} dem Steilufer herrlicher Platz unter den Kiefern; dort haben früher die Berliner mal getanzt. Nach Schwanenwerder\IO{Berlin!Schwanenwerder}. Ins Blockhaus\IO{Berlin!Blockhaus}. Nett und einladend. Der saubere Kaffeetisch. Hinauf in die Stube, da sind Kurt Wölk\IN{\woelkkurt}, Irmgard Faltin\IN{\faltinirmgard}, Grittli Boecklen\IN{\rjgritli}. Kaffee getrunken. Dann hinaus in den Garten. Darin das große Landhaus\IO{Berlin!Landhaus} von Salomonsohns\IN{\salomonsohns}. Den Rasenhang hinunter, unten \gestrunl\ Weg am See, Röhricht. Wölk\IN{\woelkkurt} erzählt mir von seiner Artillerie; von seiner Patrouille beim Gasangriff. Dann die Straße rund herum. Es dunkelt, die Sterne kommen. Nochmal Kaffee getrunken. Ein heiterer lebhafter Kreis. Zurück mit Gesang. Zwischen den Kiefernwipfeln die Sterne. Lisi\IN{\rjlisi} kann sich auch kaum trennen. Wär' nicht Krieg, Soldatentum usw., ich glaube, wir würden hier liegen bleiben. Abschied von Wölk\IN{\woelkkurt} und den beiden Freischärlerinnen\II{\freischar}. Ich bringe \gestrunl\ Gabert\IN{\gabert} zu Lohmann\IN{\rjlohmann}, dann schnell in der Droschke zu Lisi\IN{\rjlisi}. Dort auch Margret\IN{\rjmargret} und Herta\IN{\boehseherta}. An \textit{MH}\IN{\hoermann} geschrieben. Abendbrot mit Tee, Äpfel und Nüssen. \textthreequarters{}\,10~Aufbruch. \sout{Margret}\IN{\rjmargret} Die anderen bringen Gabert\IN{\gabert} zur Bahn. Ich nach Döberitz\IO{Döberitz}. \tbentry{24}{1}{1916}{} Es wird verlesen, wer morgen abreist, dabei alle Kavalleristen. Nun wissen wir, dass wir befördert werden. \tbentry{25}{1}{1916}{} Influenza. Schon seit mehreren Tagen. Mittags mach' ich keinen Dienst mehr, obwohl ich für abends Urlaub eingereicht, weil \uline{Kremers}\IN{\rjkremers} kommt. Ich geh' ins Bett und schwitze. 6\textsuperscript{h} auf, um Personalien zu schreiben. Kremers\IN{\rjkremers} hat plötzlich telegrafiert, dass er in Berlin\IO{Berlin} ist. Ihm telefoniert, soll herkommen. Kommt um 8\textsuperscript{h}. Mit ihm ins~\neueseite{541333} Soldatenheim\IO{Berlin!Soldatenheim}. Er möchte wissen, wie man ins Alpenkorps kommen kann. Er kommt sich überflüssig vor und ist die langweilige Sache drüben leid. Er hat Nohl\IN{\rjnohl} in Gent\IO{Gent} getroffen, der ist dort auf einer Schreibstube, auch überflüssig. Teubner will ihn wegen Dilthey\IN{\dilthey} reklamieren.\fnE{Vermutlich geht es um Wilhelm Dilthey, \emph{Gesammelte Schriften}. Diese Ausgabe er\-schien zunächst im Teubner Verlag in Leipzig und wurde von Herman Nohl mit herausgegeben. Der von Georg Misch edierte Band II erschien bereits 1914, es folgte der von Herman Nohl edierte Band IV (\emph{Die Jugendgeschichte Hegels}), der allerdings erst 1921 erschienen ist. Die Reklamation Teubners bezieht sich also wohl auf diesen Band.} 9\textsuperscript{h} zurück. \tboneA{287} \tbentry{26}{1}{1916}{} Es geht mir etwas besser, aber stark erkältet. Nachmittags nach Berlin\IO{Berlin}, Besorgungen, dann zu Dörpfelds\IN{\doerpfelds}. Abschied. Agnes\IN{\doerpfeldagnes} spielt Klavier. Griechische Politik, ob man bald Venizelos\IN{\venizelos}\fnE{Der griechische Premierminister Eleftherios Venizelos stand mit dem Parlament aufseiten der Alliierten, während König Konstantin~I. die Mittelmächte unterstützte.} verhaften wird? \tbentry{27}{1}{1916}{} Vormittags Beförderung;\fnE{Zum Leutnant.} ungeduldiges Warten auf die Schneider. Wir Kameraden von der~11. essen im Soldatenheim\IO{Berlin!Soldatenheim} 1\,\hbox{--}\,4. Dann gepackt. Abends wieder zusammen dort.\fnA{Am unteren Rand dieses Blattes sowie auf der Rückseite stehen hier nicht wiedergegebene, in Bleistift notierte Angaben zu Zugverbindungen von Berlin nach Hirschberg, Schmiedeberg und Warmbrunn bzw. (Rückseite) von Berlin nach Hagen.} %%% Local Variables: %%% TeX-PDF-mode: t %%% mode: latex %%% TeX-master: "Tagebuecher_1908_bis_1919" %%% End: